Abstract
Bei der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) kommt es vorwiegend durch inhalative Noxen zu einer Entzündung der kleinen Atemwege. Dies führt zu einer fortschreitenden, irreversiblen Verengung der Bronchien und zu einer Überblähung der Alveolen mit Verlust der zur Verfügung stehenden „Lungenaustauschfläche“ (Emphysem), die der Organismus für die Sauerstoffaufnahme und die Kohlendioxidabgabe benötigt. Die Lunge kann folglich nicht mehr ihrer Funktion nachkommen – Sauerstoffmangel (Hypoxie) sowie später eine Erhöhung des Kohlendioxidgehalts im Blut (Hyperkapnie) sind die Folgen. Die erschwerte Atmung erfordert einen erschöpfenden Einsatz der Atemhilfsmuskulatur und führt im Endstadium zum völligen körperlichen Verfall (Kachexie). In 90% der Fälle ist die Erkrankung eine Folge des Rauchens. Leitsymptome sind progrediente Luftnot und produktiver Husten. Mittels Lungenfunktionsuntersuchung und Klinik wird der Schweregrad der COPD bestimmt und anschließend die stadiengerechte symptomatische Therapie mit bronchodilatatorischen und entzündungshemmenden Medikamenten eingeleitet. Die einzige Maßnahme, die den Krankheitsverlauf aufhalten kann, ist der Verzicht auf weitere Noxen (Rauchstopp).
Definition
- Chronische Bronchitis (nach WHO): Husten und Auswurf (produktiver Husten) in zwei aufeinanderfolgenden Jahren für jeweils mindestens drei Monate
- COPD (Chronic Obstructive Pulmonary Disease, chronisch obstruktive Lungenerkrankung): Nicht vollständig reversible Einschränkung des Atemflusses bei assoziierter inflammatorischer Reaktion; meist progredienter Verlauf mit extrapulmonalen Auswirkungen
- Lungenemphysem: Irreversible Erweiterung der Lufträume distal der Bronchioli terminales als Folge der zerstörten Lungenarchitektur; sowohl das Lungengerüst (Destruktion der Alveolenwände) als auch die Gasaustauschfläche (Destruktion der pulmonalen Kapillaren) sind betroffen
Epidemiologie
Ätiologie
- Exogene Faktoren
- Rauchen jeglicher Art (90%), inkl. Cannabiszubereitungen
- Zigaretten: Ab ca. 20–30 Pack Years ist bei 80–90% der Raucher mit der Entstehung einer chronischen Bronchitis zu rechnen, die in eine COPD übergehen kann
- Tabakpfeifen, Wasserpfeifen
- Passivrauchen
- Rezidivierende bronchopulmonale Infekte beschleunigen die Progression der Erkrankung
- Luftverschmutzung und Feinstaubbelastung
-
Berufliche Exposition gegenüber organischen und anorganischen Stäuben
- Bspw. Bergmannbronchitis als Berufserkrankung bei Steinkohleabbau
- Krankheiten und Zustände, die eine normale Entwicklung der Lunge in der Kindheit behindern, führen zu einem erhöhten COPD-Risiko
- Rezidivierende pulmonale Infektionen und insb. Tuberkulose
- Rauchen der Mutter während der Schwangerschaft
- Exposition gegenüber Tabakrauch in Kindheit und Jugend
- Rauchen jeglicher Art (90%), inkl. Cannabiszubereitungen
- Endogene Faktoren
- α1-Antitrypsin-Mangel
- Antikörpermangelsyndrome (z.B. IgA-Mangel)
- Primäre Ziliendyskinesie (z.B. im Rahmen eines Kartagener-Syndroms)
- Frühgeburtlichkeit
Klassifikation
COPD-Einteilung
- Relevanz der Spirometrie: Stellenwert der COPD-Einteilung nach GOLD zur Beurteilung der Atemwegsobstruktion (in der Spirometrie mittels FEV1) wird in den aktuellen Leitlinien heruntergestuft [2][3]
- Therapieentscheidung
- Maßgeblich ist COPD-Einteilung in ABCD-Gruppen
- Kombinierte Einschätzung der COPD: Berücksichtigt weiterhin Schweregrad der Obstruktion
Einteilung nach GOLD [3]
- Prinzip: Klassifikation liegt eine Lungenfunktionstestung mit Messung des Tiffeneau-Index und der FEV1 (Einsekundenkapazität) zugrunde
- Normwertiger Tiffeneau-Index möglich: Bei erniedrigter CO-Diffusionskapazität und schwerem Emphysem sowie massiver Lungenüberblähung mit RV↑, FRC↑, TLC↑ und FVC↓
COPD-Einteilung nach GOLD zur Beurteilung der Atemwegsobstruktion | |||
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Tiffeneau-Index (FEV1/VC) | FEV1 % vom Soll | Schweregrad der Atemwegsobstruktion | |
GOLD 1 | <70% | ≥80% | Leicht |
GOLD 2 | 50–79% | Mittel | |
GOLD 3 | 30–49% | Schwer | |
GOLD 4 | <30% | Sehr schwer |
Der Schweregrad der Obstruktion wird nach inhalativer Bronchodilatation bestimmt! Die Bestimmung sollte nicht während einer akuten Exazerbation erfolgen!
Bei normalem Tiffeneau-Index mit TLC↓ und DLCO↓ ist immer differenzialdiagnostisch an eine restriktive Lungenerkrankung zu denken!
Einteilung in ABCD-Gruppen
- Prinzip: Die neuen Empfehlungen berücksichtigen vorrangig die Symptomschwere anhand spezieller Fragebögen und die Anzahl der vorausgegangenen Exazerbationen
- Standardisierte Befragungsinstrumente: Zum Einsatz kommen der mMRC und der CAT (COPD Assessment Test)
- mMRC-Dyspnoe-Skala (Modified medical Research Council)
- Graduierung anhand der Schwere der Dyspnoe (nach Belastungstoleranz) und des Einflusses auf die Alltagsaktivitäten
- 0 – Atemnot nur bei starker körperlicher Belastung
- 1 – Atemnot bei schnellem Gehen und leichtem Bergaufgehen
- 2 – Vermeidungsverhalten, geht langsamer als Gleichaltrige ohne Erkrankung bzw. benötigt beim Gehen Pausen zur Erholung
- 3 – Benötigt beim Gehen nach 100 m Strecke oder wenigen Minuten eine Pause zur Erholung
- 4 – Verlässt das Haus nicht mehr und ist wegen Dyspnoe kaum noch in der Lage, sich selbstständig zu versorgen
- Interpretation: mMRC ≥2 spricht für das Vorliegen einer schweren Symptomatik
- Graduierung anhand der Schwere der Dyspnoe (nach Belastungstoleranz) und des Einflusses auf die Alltagsaktivitäten
- CAT (COPD Assessment Test)
- Beantwortung von 8 Fragen über Beschwerden und deren Schweregrad durch den Patienten (numerische Skala, siehe: Tipps & Links)
- Interpretation
- 0–10 Punkte: Geringe individuelle Symptomatik
- 11–20 Punkte: Mittelgradige individuelle Symptomatik
- ≥20 Punkte: Ausgeprägte individuelle Symptomatik
- mMRC-Dyspnoe-Skala (Modified medical Research Council)
COPD-Einteilung in ABCD-Gruppen zur Beurteilung der Symptome und des Exazerbationsrisikos | ||
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Exazerbationen/Jahr | Klinische Symptomatik | |
A |
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B |
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C |
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D |
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Kombinierte Einschätzung der COPD
- Hintergrund: Nach aktueller Leitlinie wird das verfeinerte ABCD-Beurteilungsinstrument empfohlen
- Beispiel 1
- FEV1 von 40% in der Spirometrie → GOLD 3
- mMRC = 3 Punkte, ≥2 Exazerbationen im zurückliegenden Jahr → Gruppe D
- Ergebnis: Einstufung als GOLD 3 D, wobei das „D“ für die Therapieentscheidung maßgeblich ist
- Beispiel 2
- FEV1 von 40% in der Spirometrie → GOLD 3
- mMRC = 1 Punkt, ≥2 Exazerbationen im zurückliegenden Jahr → Gruppe C
- Ergebnis: Einstufung als GOLD 3 C, wobei das „C“ für die Therapieentscheidung maßgeblich ist
- Beispiel 3
- FEV1 von 75% in der Spirometrie → GOLD 2
- mMRC = 2 Punkte, 2 Exazerbationen im zurückliegenden Jahr → Gruppe D
- Ergebnis: Einstufung als GOLD 2 D, wobei das „D“ für die Therapieentscheidung maßgeblich ist
Bisher wird in der klinischen Praxis das Symptom-Scoring noch zu selten angewendet – wesentlich gängiger ist noch die Schweregradeinteilung nach dem spirometrischen Befund!
Lungenemphysem-Klassifikation
- Zentrilobuläres (zentroazinäres) Lungenemphysem: Häufig (Vorkommen insb bei Tabakrauchen), Lokalisation bevorzugt im Oberlappen
- Panlobuläres (panazinäres) Lungenemphysem: Selten (Vorkommen insb. bei α1-Antitrypsin-Mangel), Lokalisation bevorzugt im Unterlappen
- Weitere Klassifizierungen bzw. Typen
- Narbenemphysem: Chronische Entzündung mit knotiger Narbenbildung bei Quarzstaubbelastung
- Großbullöses Emphysem: Große Bullae (angeboren oder erworben) mit verdrängendem Effekt; Rupturgefahr, die zu einem Pneumothorax führen kann; je nach Ausprägung muss Resektion der Bullae erwogen werden
- Altersemphysem: Altersbedingte Abnahme der Lungenelastizität, was zu einer emphysematischen Lunge führt, ohne echten Krankheitswert
Pathophysiologie
- Durch inhalative Noxen kommt es zur chronischen Entzündung der kleinen Atemwege (Bronchiolen) → Fibrosierung, Parenchymverlust (u.a. Zerstörung des Flimmerepithels) der Atemwege, bronchiale Instabilität und vermehrte Schleimproduktion → (Forcierte) Exspiration führt zum Bronchialkollaps = FEV1↓ → Chronisch progrediente Obstruktion
- Die Kombination folgender Faktoren begünstigt den Parenchymverlust der Alveolen
- Rauchen und bronchopulmonale Infekte verschieben das Proteasen-/Proteaseninhibitor-Gleichgewicht zugunsten der Proteasen
- Oxidativer Stress durch Tabakrauch potenziert die Schädigungsmechanismen im pulmonalen Gewebe
- Proinflammatorische Zytokine aus Entzündungszellen begünstigen die Migration weiterer destruktiv wirkender Entzündungszellen in das pulmonale Gewebe
- Die gestörte Exspiration führt zur Lungenüberblähung (Air trapping)
- Konsequenz: Residualvolumen↑ + Intrathorakales Gasvolumen↑ + Atemzugvolumen↓ → Emphysem
Eine obstruktive Ventilationsstörung ist bei fortschreitender COPD und Lungenemphysem kaum reversibel, da pathophysiologisch irreversible Prozesse wie Fibrose und Destruktion im Vordergrund stehen!
Symptome/Klinik
Spezifische Symptome
- Leitsymptome
Leitsymptome: „AHA“ = Auswurf, Husten, Atemnot
- Weitere Symptome
- Ggf. Lippen- und Fingernagelzyanose durch Hypoxämie
- Ggf. Zeichen der Rechtsherzdekompensation bei fortgeschrittenem Cor pulmonale
- Unterschenkelödeme
- Gestaute Halsvenen
- Bei langjähriger Hypoxie: Ggf. Uhrglasnägel und Trommelschlägelfinger, ggf. auch als Hinweis auf ein Lungenkarzinom zu werten
- Bei langjähriger COPD (insb. im Emphysemstadium): „Fassthorax“
Veraltet: Pink-Puffer (Emphysemtyp) und Blue-Bloater (Bronchitistyp)
Stereotype Erscheinungsbilder, da sich klinisch in der Regel ein Mischbild zeigt!
Pink-Puffer | Blue-Bloater | |
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Pathophysiologie |
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Klinik |
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Diagnostik
Anamnese
Folgende Punkte sind hierbei von besonderer Bedeutung:
- Art und Umfang des Tabakkonsums
- Bei Rauchen: Seit wann? Wie viel? Auf welche Weise?
- Bei Nichtrauchen: Exposition mit Tabakrauch vorhanden?
- Gab es bereits Versuche, mit dem Rauchen aufzuhören?
- Allergien: Bestehen oder bestanden in der Vergangenheit allergische bzw. allergisch-asthmatische Erkrankungen?
- Atemwegsinfekte: Rezidivierende Infektionen der oberen Atemwege (Nasenatmungsbehinderung? Chronische Sinusitiden?)
- Belastbarkeit: Besteht Vermeidungsverhalten in alltäglichen Situationen?
- Schlaf: Schlafstörungen? Tagesmüdigkeit?
- Berufsanamnese: Tätigkeit, die mit Dämpfen, Stäuben, Gasen etc. zu tun hat (z.B. Bergbau, Metallindustrie)?
Körperliche Untersuchung
- Inspektion
- „Fassthorax“
- Kachexie
- Einsatz der Atemhilfsmuskulatur
- Zyanose
- Periphere Ödeme (meist Knöchelödeme)
- Perkussion: Insb. bei Patienten mit ausgeprägter Emphysemkomponente aussagekräftig!
- Hypersonorer Klopfschall
- Tiefstehendes, wenig verschiebliches Zwerchfell
- Relativ verkleinerte Herzdämpfung
- Auskultation
- Trockenes Nebengeräusch
- Verlängertes Exspirium
- Giemen und Brummen
-
Abgeschwächtes Atemgeräusch
- Eventuell „Silent Lung“ (Silent Chest)
- Bei Infiltrat: Feuchte Rasselgeräusche
- Oftmals leise Herztöne, ggf. Systolikum 4. ICR parasternal rechts
- Trockenes Nebengeräusch
Blutuntersuchung
- Entzündungsparameter: Kleines Blutbild (Leukozytose), CRP, ggf. PCT
- Blutgasanalyse: Initial und auch als Verlaufskontrolle während des stationären Aufenthalts
- Typische Befundkonstellationen
- pO2↓ = Hypoxämische respiratorische Insuffizienz durch ventilatorische Verteilungsstörung infolge der Obstruktion von Atemwegen
- pO2↓ und pCO2↑ = Hyperkapnische respiratorische Insuffizienz
- Spezielle Fragestellungen der BGA bei COPD
- Hyperkapnie mit pH-Erniedrigung (pH↓ und pCO2↑) oder kompensiert (pH 7,35–7,45 und pCO2↑)
- In Ruhe vs. nach körperlicher Belastung: Nachweis latenter Störungen des Gasaustausches
- Ohne O2 vs. mit O2: Prüfung einer Therapieeffektivität vor Verordnung einer Langzeit-Sauerstoff-Therapie (LTOT)
- Typische Befundkonstellationen
- Blutkulturen: Insb. bei Fieber oder Nachweis eines Infiltrats im Röntgen-Thorax
- α1-Antitrypsin: Spiegelbestimmung bei allen Betroffenen <50 Jahre bei Erstdiagnose zum Ausschluss eines α1-Antitrypsin-Mangels
Apparative Diagnostik [2] [3]
- Pulsoxymetrie: Bei Sauerstoffsättigung (spO2) <94% oder jedem kleinsten Verdacht auf eine Hyperkapnie ist eine BGA indiziert
- Lungenfunktionstestung
- Typische Befunde
- FEV1 und FEV1/VC (Tiffeneau-Index)↓, Residualvolumen↑, intrathorakales Gasvolumen↑, Diffusionskapazität↓
- Differenzierung COPD / Asthma bronchiale
- Spezielle Konstellationen bei COPD und Emphysem
- Stellenwert/Aussagekraft: Zur Diagnosesicherung (siehe: Klassifikation)
- Bei Exazerbation sind die Werte nicht zur Klassifikation geeignet
- Indikationen für spezielle Untersuchungen
- (Belastungs‑)Dyspnoe bei normaler FEV1/VC oder bei fehlender Durchführbarkeit einer Spirometrie : Bodyplethysmografie
- Differenzierung zwischen kardialer und pulmonaler Ursache bei Belastungsdyspnoe: Spiroergometrie
- Typische Befunde
- Konventionelles Röntgen-Thorax
- Ausschluss eines Infiltrates
- Zeichen eines Lungenemphysems
- Bild eines „Fassthorax“
- Horizontal verlaufende Rippen, weite Interkostalräume
- Zwerchfell tief stehend und abgeflacht
- Strahlentransparente Lunge mit Rarefizierung der peripheren Gefäße
- Durch emphysematisch verändertes Lungengewebe vergrößerter Retrosternalraum im Seitenbild
- Bild eines „Fassthorax“
- Zeichen eines Cor pulmonale
- Erweiterte Pulmonalarterien
- CT-Thorax
- Charakterisierung und Beurteilung der Verteilung eines Lungenemphysems
- Darstellung von Bronchiektasen als Ursache für rezidivierende Infektexazerbation
- Darstellung von Bullae, ggf. vor einer operativen Resektion
- Planung von operativen/interventionellen Eingriffen zur Lungenvolumenreduktion bei Patienten mit Emphysem
- Differenzialdiagnose bei Lungenkarzinom oder bspw. zur Diagnose einer zusätzlichen Aspergillose bei COPD
- EKG
- Prüfung auf Rechtsherzhypertrophiezeichen (P pulmonale?, Rechtstyp?)
- Ggf. Erfassung von Ischämiezeichen als Korrelat einer KHK als Komorbidität
- Ggf. Erfassung von Herzrhythmusstörungen
- Echokardiografie
- Abmessung der rechten Herzhöhlen zur Prüfung auf eine chronische Rechtsherzbelastung (Cor pulmonale)
- Abschätzung des pulmonalarteriellen Drucks
- Bestimmung der systolischen und diastolischen Funktion des linken Ventrikels als Differenzialdiagnose bezüglich einer Dyspnoe
- Polysomnografie
- Bei Verdacht auf ein Schlafapnoe-Syndrom
- Belastungsdyspnoe, Tagesmüdigkeit und ein schlecht einstellbarer Hypertonus können auf ein Schlafapnoe-Syndrom hinweisen
- Das Schlafapnoe-Syndrom kann als Differenzialdiagnose (eher bei leichteren Beschwerden) sowie als Komorbidität im Rahmen einer COPD auftreten
- Eine Abklärung mittels Polysomnografie und ggf. eine Therapie mit Überdruckbeatmung sollten nach Möglichkeit immer angeboten werden
- Bei Verdacht auf ein Schlafapnoe-Syndrom
Interventionell
- Bronchoskopie
- Bei schwerer, infektbedingter akuter Exazerbation einer COPD zur Erregerdiagnostik, insb. nach Versagen einer primären kalkulierten antibiotischen Therapie
- Zum Ausschluss zentraler, bronchusstenosierender Prozesse
- Zur differenzialdiagnostischen Abklärung bzgl. diffuser parenchymatöser Erkrankungen der Lunge (z.B. Sarkoidose, pulmonale Beteiligung bei rheumatologischen Systemerkrankungen, BOOP), hierbei u.a. auch Bestimmung der CD4/CD8-Ratio
- Zur symptomatisch-therapeutischen Mukolyse und Freispülung der Bronchien bei Schleimverlegung („erweiterte Bronchialtoilette“)
Differenzialdiagnosen
Asthma bronchiale | COPD | |
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Erstdiagnose |
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Ätiologie |
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Klinik |
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Lungenfunktion |
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Bronchiale Hyperreagibilität |
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Diffusionskapazität für Kohlenmonoxid (DLCO) |
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FeNO |
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Eosinophilie |
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Medikamentöse Besonderheiten |
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- Lungenkarzinom
- Asthma cardiale
- (Spannungs‑)Pneumothorax
- Lungenembolie
- Sinubronchitis (sinubronchiales Syndrom)
AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differenzialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Therapie
Allgemein
- Verzicht auf Rauchen bzw. Expositionsstopp
- Impfungen: Influenzaviren (jährlich), Pneumokokken-Impfung
- Patientenschulung: Atemtraining, bspw. Lippenbremse
- Sole-Inhalation (Kochsalzlösung), Drainagelagerung
- Körperliche Aktivität: Erhält Belastbarkeit, lindert Dyspnoe
- Osteoporoseprophylaxe mit Vitamin D3 und Calcium
- Ambulante oder stationäre Rehabilitationsmaßnahmen
Die Therapie der COPD kann lediglich eine Symptomlinderung und somit einen Erhalt der Alltagskompetenz ermöglichen. Eine Verzögerung der Krankheitsprogression ist für die medikamentösen Therapien nicht nachgewiesen! Therapieziel ist die Vermeidung von Exazerbationen.
Patienten mit chronischen Lungenerkrankungen sollen ab dem 60. Lebensjahr gegen Influenza und Pneumokokken geimpft werden. (DGIM - Klug entscheiden in der Pneumologie)
Medikamentös
COPD-Stufentherapie (Stand 2018) [2][3]
- Leitsubstanzen
- SABA – Inhalative kurzwirksame β2-Sympathomimetika (β2-Agonisten): Salbutamol, Fenoterol
- SAMA – Inhalative kurzwirksame Muskarinrezeptor-Antagonisten (Anticholinergika): Ipratropiumbromid
- LABA – Inhalative langwirksame β2-Sympathomimetika (β2-Agonisten): Salmeterol, Formoterol, Indacaterol
- LAMA – Inhalative langwirksame Muskarinrezeptor-Antagonisten (Anticholinergika): Tiotropiumbromid
- ICS („Inhaled Corticosteroids“) – Inhalative Glucocorticoide: Budesonid, Fluticason, Beclometason
- PDE-4-Hemmer – Phosphodiesterase-4-Hemmer: Roflumilast
COPD-Stufentherapie gemäß Einteilung in ABCD-Gruppen | ||||
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COPD-Einteilung in ABCD-Gruppen | Therapie der 1. Wahl | Alternative (bei nicht ausreichendem Ansprechen) | Bedarfsmedikation | |
Gruppe A |
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Gruppe B | ||||
Gruppe C |
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Gruppe D |
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|
Bei Patienten mit obstruktiven Atemwegserkrankungen wie Asthma und COPD soll eine Therapie mit Inhalatoren nicht begonnen oder geändert werden, ohne dass der Patient im Gebrauch des Inhalationssystems geschult ist und die korrekte Anwendung der Inhalatoren überprüft wurde. (DGIM - Klug entscheiden in der Pneumologie)
Theophyllin als Therapieoption bei COPD
- Wirkung: Wahrscheinlich über unspezifische Phosphodiesterase-(PDE‑)Hemmung und Adenosin-Rezeptor-Blockade
- Indikation
- In der Therapie der COPD nur in begründeten Ausnahmefällen [2]
- Bei akuten Exazerbationen wird Theophyllin nicht mehr empfohlen [2]
- Dosierung
- Niedrige therapeutische Breite: Therapie niedrig dosiert beginnen, Serumspiegelbestimmung nach einer Woche , dann ggf. Dosisanpassung nach Zielbereich
- Pharmakokinetische Besonderheit: Raucher metabolisieren Theophyllin schneller, benötigen also ggf. eine höhere Dosierung
- Serumspiegel-Zielbereich: 10–15 mg/L, individuelle Dosisanpassung erforderlich
- Dauertherapie: Retardpräparate per os
- Akutbehandlung: Intravenös, unretardiertes Theophyllin (Serumspiegel irrelevant)
- Nebenwirkungen (sehr geringe therapeutische Breite und individuell unterschiedliche Eliminationszeit von Theophyllin → Drug monitoring durch Plasmaspiegelbestimmung notwendig)
-
ZNS
- Tremor
- Unruhe und Schlaflosigkeit
- Psychotische Veränderungen
- Zerebrale Krampfanfälle
- Herz-Kreislauf: Tachykarde Herzrhythmusstörungen
- Vegetativ
- Gesteigerte Diurese
- Übelkeit, gastrointestinale Nebenwirkungen
-
ZNS
- Kontraindikationen
- Vor allem kardiale Schädigung (frischer Herzinfarkt, Tachyarrhythmie, HOCM)
- Interaktionen
- Steigerung der Ausscheidung und Verkürzung der Wirkdauer durch Rauchen (s. auch Dosierung)
- Verlangsamung der Ausscheidung und Verlängerung der Wirkdauer durch zahlreiche Medikamente (u.a. Ciprofloxacin, Makrolide, Allopurinol), Infekte, Herz- oder Leberinsuffizienz
- Prüfung des Therapieerfolges vor Dauerverordnung
- Theophyllin ist nur in ca. 50% der Fälle symptomatisch effektiv
- Zur Prüfung der Wirksamkeit wird die Therapie 3 Tage ausgesetzt
- Bei Verschlechterung der COPD-Symptomatik: Weiterverordnung und Wiederbeginn der Therapie
- Bei unveränderter Symptomatik: Absetzen des Theophyllins
Physiotherapie
- Effekte der Physiotherapie
- Ökonomisierung der Atemarbeit
- Verbesserung der Sekretmobilisation
- Verbesserung der Beweglichkeit des Thorax
- Therapeutische Optionen
- Relaxations- und Atemtechniken
- Huffing: Auf eine tiefe Inspiration folgt eine forcierte Exspiration bei maximal weiter Glottis
- Lippenbremse zur Verhinderung eines endexspiratorischen Kollapses
- Dehnlagerungen und bestimmte Sitzhaltungen (Kutschersitz) können die thorakale Beweglichkeit und die Effektivität der Atemhilfsmuskulatur steigern
- Maßnahmen zur Sekretelimination
- Technische Hilfsmittel wie ein Flutter oder Cornet-Systeme können zur Sekretmobilisation eingesetzt werden
- Vibrax-Massagen mit Anwendung einer hochfrequenten Perkussion des Thorax, zuvor unbedingt Wirbelkörperfrakturen bzw. deren Instabilität und/oder Schmerzhaftigkeit ausschließen
- Drainagelagerungen
- IPPB („Intermittent Positive Pressure Breathing“) zur zeitweisen Anwendung eines positiven endexspiratorischen Druckes kann bei regelmäßiger Anwendung die Sekretretention bessern
- Kombination aus Atemtechniken und Maßnahmen zur Sekretelimination sind sinnvoll und zeitlich effektiv durchführbar
- Die Kooperation und die Lernfähigkeit des Patienten bzgl. einer Eigenanwendung der Maßnahmen sind absolut entscheidende Faktoren für den therapeutischen Erfolg
- Relaxations- und Atemtechniken
Medikamentöse Therapie in der klinischen Anwendung
Optimierungsmöglichkeiten der inhalativen Therapie
- Schulung und Anleitung im Umgang mit dem Präparat und dessen Applikationsform
- Verwendung von Dampfinhalationsverneblern, auch zu Hause (z.B. Pariboy®)
- Inhalationstherapien in atemtherapeutische Beübung einbinden, ggf. Rücksprache mit Physiotherapeuten
- Für Hinweise zur praktischen Umsetzung inhalativer Therapien siehe auch
Der Nutzen von neuen Inhalatoren und inhalativen Wirkstoffen ist häufig ungenügend belegt. Daher sollten bewährte Substanzen eingesetzt, möglichst effektive Applikationswege gefunden und so die Compliance des Patienten gestärkt werden!
β2-Sympathomimetika (SABA & LABA)
- Indikation: Als Basistherapie jeder COPD symptomlindernd, beugen Exazerbationen vor, akut bei COPD bedingter Dyspnoe
- Wirkstoffe
- Inhalativ und kurzwirksam (SABA)
- Leitsubstanz: Salbutamol
- Alternativ: Fenoterol
- Auch als Kombinationspräparat verfügbar: Fenoterol + Ipratropiumbromid
- Wirkdauer: 3–6 h
- Inhalativ und langwirksam (LABA)
- Leitsubstanz: Formoterol
- Als Dosieraerosol
- Als Pulverinhalator
- Alternativ
-
Salmeterol
- Als Dosieraerosol
- Als Pulverinhalator
- Indacaterol als Pulverinhalator
-
Salmeterol
- Wirkdauer: 12 h
- Leitsubstanz: Formoterol
- Intravenöse Gabe im Notfall
- Leitsubstanz: Reproterol i.v.
- Bolusinjektion: Dosierung ab 18 Jahren
- Dauerinfusion: Dosierung ab 18 Jahren
- Leitsubstanz: Reproterol i.v.
- Subkutane Gabe
- Leitsubstanz: Terbutalin s.c.
- Wenn Gabe p.o. erforderlich
- Leitsubstanz: Bambuterol p.o.
- Alternativ: Salbutamol
- Inhalativ und kurzwirksam (SABA)
Anticholinergika (SAMA & LAMA)
- Indikation und Einsatzmöglichkeiten
- Ab Gruppe A (gemäß COPD-Einteilung in ABCD-Gruppen) einsetzbar
- In kurzwirksamer Form als Inhalation über den Vernebler zur symptomatischen Therapie
- In langwirksamer Form als Dauertherapie zur Symptomkontrolle und Vorbeugung von Exazerbationen
- Wirkstoffe
- Inhalativ und kurzwirksam (Short Acting Muscarinic Antagonist, SAMA): Ipratropiumbromid
- Standardsubstanz zur Inhalation über Vernebler, auch als Kombinationspräparation mit Salbutamol erhältlich
- Wirkdauer: Ca. 6 Stunden
- Inhalativ und langwirksam (Long Acting Muscarinic Antagonist, LAMA)
- Leitsubstanz: Tiotropiumbromid
- Als Inhalationslösung (z.B. Spiriva® Respimat®)
- Als Pulverinhalator (z.B. Spiriva® Hartkapseln)
- Alternativ
- Aclidinium als Pulverinhalator (z.B. Bretaris® Genuair® bzw. Eklira® Genuair®)
- Glycopyrroniumbromid als Pulverinhalator (z.B. Seebri® Breezhaler®)
- Leitsubstanz: Tiotropiumbromid
- Wirkdauer: Ca. 24 Stunden
- Inhalativ und kurzwirksam (Short Acting Muscarinic Antagonist, SAMA): Ipratropiumbromid
β2-Sympathomimetika und Anticholinergika können bei nicht ausreichender Wirksamkeit einer Monotherapie oder bei Nebenwirkungen unter Dosiserhöhung auch miteinander kombiniert werden. Es besteht eine synergistische Wirkung!
Inhalative Glucocorticoide (ICS)
- Wirkung: Entzündungshemmend, beugt Exazerbationen vor, allenfalls geringe Bronchodilatation
- Indikation: Nur in Kombinationstherapie zu Bronchodilatatoren, nie als Monotherapie
- Ab Gruppe C (gemäß COPD-Einteilung in ABCD-Gruppen) einsetzbar
- Bei häufigen Exazerbationen
- Anwendung
- Bevorzugt inhalativ
- Systemisch so selten und so kurz wie möglich
- Gängige Wirkstoffe bei inhalativer Therapie
- Budesonid inhalativ (Standardsubstanz)
- Budesonid als Dosieraerosol (z.B. Budiair®)
- Budesonid als Pulverinhalator (z.B. Novopulmon® Novolizer)
- Fluticason inhalativ : Dosierungen von 25–500 μg werden vertrieben, für die COPD sind Dosierungen von 250–500 μg relevant.
- Fluticason als Dosieraerosol (z.B. Flutide® Dosieraerosol)
- Fluticason als Pulverinhalator (z.B. Flutide® Diskus®)
- Beclometason inhalativ (z.B. Junik® Dosieraerosol)
- Budesonid inhalativ (Standardsubstanz)
- Auswahl eines geeigneten Corticoids: Grundsätzlich sollten die Anwendungspraktikabilität eines Präparats beim Patienten und die persönliche Erfahrung des Verordners in die Entscheidung zugunsten eines Wirkstoffes einfließen
- Hinweise für den Patienten
- Mundspülung nach Anwendung immer empfehlen, da dies Pilzinfektionen (Soor) der Mundschleimhaut vorbeugt
- Aufklärung des Patienten über einen/den allenfalls mittelfristig zu erwartenden symptomatischen Effekt
- Absetzen bei fehlender Wirkung: ICS sollten wieder abgesetzt werden, wenn sie weder einen symptomatischen noch einen spirometrisch nachweisbaren Effekt haben, um die Gefahr einer Pneumonie nicht unnötig zu erhöhen
Die systemische Anwendung sollte nur bei Exazerbation erfolgen und immer so kurz wie möglich gehalten werden. Nach aktuellen Erkenntnissen ist eine Therapiedauer von 5 Tagen einer 10–14-tägigen Therapie nicht unterlegen (s.u.)!
Systemische Glucocorticoid-Therapie bei COPD
- Indikation: Akut bei exazerbierter COPD, Anwendung so kurz wie möglich, keine Dauertherapie empfohlen
- Wirkstoffe
- Prednisolon (Standardsubstanz)
- Dexamethason
- Einsatz: Häufig in der intravenösen Akuttherapie als Alternative angewendet
- Zur Therapie per os ebenfalls verfügbar
- Nachteile einer langfristigen Anwendung
- Alle systemischen unerwünschten Wirkungen bis hin zum Cushing-Syndrom
- Speziell die Steroidmyopathie kann auch bei niedrigen Dosierungen unter 10 mg Prednisolon täglich auftreten
Kombinationspräparate LABA+ICS
Für die ab Gruppe C anwendbare Kombination aus LABA+ICS gibt es Kombinationspräparate, sodass der Patient mit einer Inhalation beide Wirkstoffe aufnehmen kann und die Compliance deutlich erleichtert ist. Die Kombinationspräparate stehen in verschiedenen Inhalations-Applikatoren und Dosierungsstufen zur Verfügung.
- Indikation: Ab Gruppe C (gemäß COPD-Einteilung in ABCD-Gruppen) einsetzbar
- Eigenschaften
- Verschiedene Applikationssysteme (z.B. Diskus-Inhalator mit Pulver, Dosieraerosole)
- Vereinfachung der Compliance → Mit einer Inhalation werden beide Wirkstoffe aufgenommen
- Gängige Kombinationen aus ICS und LABA
- Budesonid + Formoterol als Pulverinhalator
- z.B. Symbicort® Turbohaler®
- z.B. DuoResp® Spiromax®
- Beclometason + Formoterol als Dosieraerosol (z.B. Foster® Dosieraerosol)
- Fluticason + Salmeterol inhalativ
- Fluticason + Salmeterol als Dosieraerosol (z.B. Viani® Dosieraerosol)
- Fluticason + Salmeterol als Pulverinhalator (z.B. Viani® Diskus)
- Fluticason + Vilanterol als Pulverinhalator (z.B. Relvar® Ellipta® 92/22)
- Budesonid + Formoterol als Pulverinhalator
Kombinationspräparate LABA+LAMA
Kombinationspräparate verschiedener Hersteller stehen zur Verfügung, die Dosierungsfrequenz beträgt 1 oder 2× täglich.
- Indikation: Ab Gruppe C (gemäß COPD-Einteilung in ABCD-Gruppen) einsetzbar
- Gängige Kombinationen aus LABA und LAMA
- Indacaterol + Glycopyrronium (z.B. Ultibro® Breezhaler® bzw. Xoterna® Breezhaler® bzw. Ulunar® Breezhaler®)
- Vilanterol + Umeclidinium (z.B. Anoro®)
- Formoterol + Aclidiniumbromid (z.B. Duaklir® Genuair® bzw. Brimica® Genuair®)
- Olodaterol + Tiotropium (z.B. Spiolto® Respimat®)
Kombinationspräparate ICS+LAMA+LABA (sog. „Triple Therapie“ der COPD)
Die Dreifach-Kombination aus ICS+LAMA+LABA kann bei der Gruppe D (gemäß COPD-Einteilung in ABCD-Gruppen) eingesetzt werden, wenn unter LAMA+LABA-Therapie keine ausreichende Kontrolle der COPD erreicht werden kann.
- Beclometason + Formoterol + Glycopyrronium als Dosieraerosol (z.B. Trimbow® Druckgasinhalation)
- Fluticason + Umeclidinium + Vilanterol als Pulverinhalator (z.B. Trelegy® Ellipta®)
Roflumilast
- Wirkung: Hemmung der entzündlichen Aktivität, keine bronchodilatatorische Wirkung
- Indikation
- Bei Gruppe D (gemäß COPD-Einteilung in ABCD-Gruppen) einsetzbar
- Zur Senkung der Exazerbationsrate
- Vorsichtsmaßnahmen bei der Anwendung
- Keine Anwendung bei Kachexie
- Keine Anwendung bei Depression und Suizidalität
- Es ist nicht eindeutig geklärt, ob mit ICS + LABA behandelte Patienten tatsächlich von einer zusätzlichen Gabe von Roflumilast profitieren
Sonstige medikamentöse Therapieoptionen
- Mukolytika
- Indikation
- Anwendung möglich bei Patienten, die symptomatisch profitieren
- Therapieversuch bei häufigen Exazerbationen gerechtfertigt
- Wirkstoffe
- Leitsubstanz: N-Acetylcystein (NAC)
- Alternativen: Ambroxol, Cineol und Myrtol
- Indikation
Bei der Verordnung von N-Acetylcystein ist „NAC“ als Kürzel gegenüber dem bekannten Handelsnamen „ACC®“ zu bevorzugen. Möglicherweise wird durch unordentliche Arztschrift und Übertragungsfehler fälschlicherweise ASS statt N-Acetylcystein verabreicht. Dies kann zu schwerwiegenden Medikationskomplikationen führen. Die Dunkelziffer von Falschverabreichungen in diesem Zusammenhang ist sehr hoch einzuschätzen!
- Antitussiva
- Indikation
- Kritische Indikationsstellung!
- Kurzfristig zur symptomatischen Linderung (bspw. bei gestörter Nachtruhe durch Reizhusten)
- Kontraindikation: Chronische respiratorische Insuffizienz
- Bei dringlichem Patientenwunsch: Antitussive Therapie mit dem nicht atemdepressiven Noscapin
- Therapiehinweis: Effektive Dosierung einsetzen
- Wirkstoffe
- Nicht atemdepressive Antitussiva: Leitsubstanz Noscapin
- Potenziell atemdepressive Antitussiva
- Indikation
- Opioide zur symptomatischen Linderung der Luftnot
- Wirkung: Keine Verbesserung der respiratorischen Parameter, jedoch des Empfindens, der Belastungstoleranz und somit auch der Lebensqualität
- Indikation: Palliative Therapie
- Risiko: Hyperkapnie
- BGA zur Prüfung auf Hyperkapnie 2–3 Tage nach Therapiebeginn
- Therapie absetzen, wenn klinisch negative Effekte oder bei massiver Zunahme der Hyperkapnie
Komplikationen
Akute Exazerbationen (AECOPD)
- Ätiologie
- Ca. 80% eindeutig infektbedingt (v.a. in Winter und Herbst) → Häufige Erreger sind Haemophilus influenzae und Streptococcus pneumoniae oder Viren [4]
- Klinik
- Zunehmende Atemnot mit respiratorischer Insuffizienz
- Zentrale Zyanose
Die exazerbierte COPD ist häufig ein lebensbedrohlicher Notfall! Daher sollte der Zustand des Patienten bei Erstkontakt dringlich erfasst werden und ggf. eine sofortige Verlegung auf die Intensivstation erfolgen!
Klinisches Management
- Ersteinschätzung durch klinische Untersuchung und Erfassung der erweiterten Vitalzeichen (Pulsoxymetrie, BGA)
- Kriterien für Intensivstation bzw. Intermediate care
- Bewusstseinsstörung
- Hämodynamische Instabilität
- Persistierende arterielle Hypoxämie (pO2 <50 mmHg) trotz Sauerstoffgabe
- Schwere oder unter Sauerstoffgabe progrediente Hyperkapnie pCO2 >70 mmHg
- Ausgeprägte, persistierende Tachypnoe (>25/min) als Risiko für eine Erschöpfung: Überwachung auf der Intensivstation zumindest in Betracht ziehen
Differenzialdiagnosen
- Kardiale Dekompensation mit Lungenödem
- Anamnestische Hinweise: Kardiale Vorerkrankungen, Hinweise auf Ursachen einer akuten Herzinsuffizienz (Myokardinfarkt, HRST)
- Klinische Hinweise: Ödeme, inspiratorische Rasselgeräusche bibasal, abnorme Gewichtszunahme in den letzten Tagen
- Bildgebung: Pulmonalvenöse Stauungszeichen im Röntgen-Thorax, (beidseitige) Pleuraergüsse in der Sonografie
- Lungenembolie
- Anamnestische Hinweise: Angabe einer (transienten) Beinschwellung, plötzliches Eintreten einer Dyspnoe
- Klinische Hinweise: Einseitige Beinschwellung, Hypotonie, gestaute Halsvenen, ggf. echokardiografisch akute Rechtsherzbelastung
- Labor: D-Dimere
- Pneumothorax (bei bullösem Emphysem)
- Anamnestische Hinweise: Bekannte Emphysembullae
- Leitsymptom: Plötzlich einsetzender, meist einseitig betonter Thoraxschmerz mit (Verschlechterung der) Dyspnoe
- Diagnosesicherung mittels Röntgen-Thorax
Therapie der AECOPD
Je nach klinischer Ausprägung
- Sitzende Lagerung
- Inhalative Therapie
- β2-Sympathikomimetika (z.B. Salbutamol)
- Parasympathikolytika (z.B. Ipratropiumbromid)
- Anwendungshinweise für die Akutsituation
- Kombination beider Substanzen sinnvoll
- Inhalative Anwendung über Vernebler sinnvoll, ggf. über die aufsitzende Sauerstoffmaske
- Intravenöse Applikation
- Ausreichende Flüssigkeitsgabe
- Bei Herzinsuffizienz als Komorbidität kann jedoch im Rahmen einer begleitenden kardialen Dekompensation auch ein Flüssigkeitsentzug notwendig sein, z.B. durch Gabe des Schleifendiuretikums Furosemid
- Glucocorticoide (in der Akutsituation für 5–14 Tage)
- Morphin in individuell adaptierter Dosierung zur Beruhigung bei starker Dyspnoe
- β2-Sympathikomimetika, wenn auf die inhalative Therapie kein gutes Ansprechen feststellbar ist: z.B. Reproterol i.v. oder alternativ bei fehlendem Venenzugang Terbutalin s.c.
- Theophyllin: Bei nicht ausreichendem Effekt der anderen Therapiemaßnahmen
- Medikationskonflikte: Koinzidenz von Tachyarrhythmia absoluta und COPD-Exazerbation
- Frequenzkontrolle
- Verapamil statt Betablocker einsetzen
- Digoxin
- Ggf. dennoch Einsatz von β1-selektiven Betablockern, auch wenn dadurch eine Abschwächung der β2-Sympathomimetika-Wirkung möglich ist
- Begleitend bei tachyarrhythmisch bedingter kardialer Dekompensation: Furosemid
- Frequenzkontrolle
- Ausreichende Flüssigkeitsgabe
- Antibiotische Therapie der AECOPD [3][5]
- Indikation
- Bei purulentem Sputum und Hinweisen auf eine bakterielle Infektion (z.B. Aminopenicillin +/- β-Lactamase-Inhibitor) [5] [2]
- Bei schwerer Exazerbation
- Beatmete Patienten
- Bei fehlender Purulenz wird ein konservatives Vorgehen ohne antibiotische Therapie empfohlen
- Durchführung
- Standardtherapie: Aminopenicillin (ggf. + β-Lactamase-Inhibitor), z.B. Amoxicillin oder Ampicillin/Sulbactam
- Bei mittelgradiger Exazerbation: Makrolid (z.B. Clarithromycin ) oder Doxycyclin
- Bei schwerer Exazerbation: Chinolone (z.B. Levofloxacin ) [6]
- Bei Pseudomonasrisiko (siehe Infektionen durch Pseudomonas aeruginosa): Eine kalkulierte antibiotische Therapie ist nicht per se indiziert! Es gilt individuell unter Berücksichtigung des Patienten und der lokalen Gegebenheiten zu entscheiden. [2]
- Piperacillin + Tazobactam
- Alternativ: Standardtherapie um Ciprofloxacin erweitern [6]
- Indikation
- Sauerstoffgabe
- Über eine Nasenbrille → Aufgrund der drohenden schweren Hyperkapnie langfristig nicht mehr als 1–2 Liter pro Minute geben
- Zielwert spO2 85–95% bei fortgeschrittener COPD i.d.R. ausreichend
- Ggf. Beatmung
- Indikation: Bei zunehmender respiratorischer Insuffizienz: Nichtinvasive Beatmung (NIV); als Ultima Ratio invasive Beatmung
- Grundsätze zur NIV bei COPD
- Start mit niedrigem PEEP: 5 cmH2O, Triggerung durch den Patienten, sodass eigene Atemanstrengungen unterstützt werden
- Start mit niedriger Amplitude: Druckunterstützung 5 cmH2O
- Schrittweise Steigerung der Amplitude: Druckamplitude auf 10–15 cmH2O, hierbei persönliche Zuwendung mit beruhigender und trotzdem klarer Kommunikation
- Arterielle Kanülierung: Ermöglicht schmerzlose engmaschige BGA-Kontrollen
- Bei Verschlechterung der Hyperkapnie und Azidose Intubationsindikation prüfen
- NIV-Toleranz medikamentös unterstützen: Individuelle Dosistitration von Morphin zur Anxiolyse und oberflächlichen Sedierung, der Patient sollte jedoch ansprechbar bleiben
- Intubationskriterien
- Hauptkriterien: Apnoe, Schnappatmung, Bewusstseinsverlust, nicht beherrschbare Agitation und Kooperationsmangel, anhaltende Bradykardie <50/min, hämodynamische Instabilität (RR syst. <70 mmHg)
- Nebenkriterien: Atemfrequenz >35/min bzw. im Verlauf ansteigend, pH <7,3 bzw. Abfall unter NIV, pO2<40 mmHg trotz Sauerstoffgabe und NIV, fortschreitende Bewusstseinstrübung
- Folgezustände einer invasiven Beatmung: Dauerhafte Beatmungspflichtigkeit bei Patienten, die nicht von der Beatmung entwöhnt werden können
- Prävention: Zunächst Versuch und ggf. Optimierung einer (vollständigen) Entwöhnung vom Beatmungsgerät (Weaning), ggf. auch in spezialisierten Kliniken
- Teilweise Entwöhnung möglich: Ein Teil der Patienten benötigt zur Erholung der Atemmuskulatur zwischen Phasen einer Spontanatmung intermittierend eine Druckunterstützung mittels nichtinvasiver Beatmung.
- Keine Entwöhnung möglich: Die Patienten müssen dauerhaft invasiv beatmet werden, dies erfordert i.d.R. eine 24-Stunden-Betreuung durch spezialisierte Beatmungspflegeeinrichtungen
Die invasive Beatmungstherapie kann beim akut erkrankten Patienten mit terminaler COPD auch zu einer dauerhaften Abhängigkeit vom Beatmungsgerät führen – darüber sollten Patienten im Verlauf ihrer progredienten Erkrankung ärztlich aufgeklärt werden!
Bei schwerer exazerbierter chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) und kardialem Lungenödem soll frühzeitig eine nichtinvasive Atemunterstützung (NIV beziehungsweise CPAP) eingesetzt werden. (DGIM - Klug entscheiden in der internistischen Intensivmedizin)
Nach einer akuten Exazerbation einer COPD, die zu einem Krankenhausaufenthalt führte, soll eine pneumologische Rehabilitation erfolgen. (DGIM - Klug entscheiden in der Pneumologie)
Beatmete Intensivpatienten sollen ohne spezifische Indikation keine tiefe Sedierung erhalten. (DGIM - Klug entscheiden in der internistischen Intensivmedizin)
Chronische respiratorische Insuffizienz
- Kurzbeschreibung: Durch zunehmenden emphysematischen Ausbau und fortschreitenden Verlust der effektiven Diffusionsfläche ergibt sich in fortgeschrittenen Stadien der Erkrankung häufig eine chronische respiratorische Insuffizienz. Diese kann je nach Ausmaß und führender Ursache durch eine Langzeit-Sauerstofftherapie, eine Heimbeatmung, lungenvolumenreduktive Verfahren und als Ultima ratio mit einer Lungentransplantation behandelt werden.
- Kriterien: Dauerhafte hypoxämische (pO2 in Ruhe <60 mmHg) bis hyperkapnische respiratorische Insuffizienz (zusätzlich pCO2 >45 mmHg)
- Langzeit-Sauerstofftherapie (LTOT): Mind. 16 Stunden täglich, senkt die Mortalität
- Indikation: COPD Grad IV und schwere respiratorischer Insuffizienz, trotz optimaler Medikation dauerhaft pO2-Werte von <55 mmHg
- Voraussetzung für eine sinnvolle Verordnung ist, dass der pO2 durch die Sauerstofftherapie ansteigt und das pCO2 60–70 mmHg nicht überschreitet bzw. die Hyperkapnie nicht zu einer respiratorischen Azidose bzw. Bewusstseinstrübung führt
- Bei erhaltener Eigenmobilität können auch mobile Sauerstoffkonzentratoren mit Akku und Triggerfunktion verordnet werden
- Indikation: COPD Grad IV und schwere respiratorischer Insuffizienz, trotz optimaler Medikation dauerhaft pO2-Werte von <55 mmHg
- Heimbeatmung
- Prinzip: Es erfolgt eine nichtinvasive Beatmung über Nacht, die eine Erholung der Atemmuskulatur erlaubt, damit auch tagsüber eine bessere respiratorische Funktion erzielt werden kann
- Indikation: Chronische respiratorische Insuffizienz mit pCO2 >50 mmHg und Ruhedyspnoe, Belastungsintoleranz, zentralnervösen Einschränkungen durch Hyperkapnie trotz Ausschöpfen aller konservativen Maßnahmen inklusive Langzeit-Sauerstofftherapie
- Volumenreduzierende Verfahren
- Prinzip: Stark emphysematische Areale werden von der Ventilation ausgeschaltet. Hierdurch sollen die Überblähung verringert und die Dyspnoe und die Lungenfunktion verbessert werden. Es stehen operative und endoskopische Verfahren zur Verfügung
- Präinterventionelle Diagnostik: CT, Lungenfunktionsuntersuchung und ggf. Bronchoskopie
- Verfahren
- Operative Lungenvolumenresektion: Am ehesten bei Patienten mit einem in den Oberlappen betonten Emphysem und eingeschränkter Belastbarkeit, die FEV1 sollte noch oberhalb von 20–25% liegen. Die operative Sterblichkeit ist hoch, der Gewinn an Lebensqualität ist im Einzelfall schwer vorherzusehen
- Endoskopische Lungenvolumenresektion: Bronchoskopisches Verfahren mit Einsatz von Okklusions- oder Ventilsystemen in überblähte Lungenanteile, ahmt den Effekt einer operativen Volumenreduktion nach
- Bullektomie: Operative Resektion von Bullae, die mehr als ⅓ eines Lungenflügels einnehmen und benachbartes funktionales Lungengewebe komprimieren, Option bei rezidivierenden schweren Hämoptysen bzw. schwer sanierbaren rezidivierenden Infekten in bullaetragenden Arealen
- Lungentransplantation: Als Ultima ratio bei fortgeschrittener COPD mit Lungenemphysem und schwerster Diffusionsstörung
- Indikationsstellung
- Insb. Patienten <60 Jahre mit ansonsten guter Prognose
- Weitere Indikationen und Voraussetzungen
- Rauchabstinenz seit mind. 6 Monaten und (!) FEV1 <20–25%, DLCO <20%
- Langzeit-Sauerstofftherapie oder Heimbeatmung
- Pulmonale Hypertonie
- Hyperkapnie mit pCO2 >50–55 mmHg oder progrediente Leistungsminderung
- Kontraindikationen
- Altersgrenze bei 60, max. 65 Jahren
- Extrapulmonale Morbidität und schlechte Prognose (KHK, Leberzirrhose, hochgradige Niereninsuffizienz, Adipositas)
- Indikationsstellung
Bei Patienten, denen im Krankenhaus wegen einer akuten Verschlechterung ihrer Erkrankung eine Langzeit-Sauerstofftherapie verordnet wurde, soll ohne Überprüfung der Notwendigkeit (weiter andauernde Hypoxämie) keine Weiterverordnung erfolgen. (DGIM - Klug entscheiden in der Pneumologie)
Weitere Komplikationen und Spätkomplikationen
- Alveoläre Hypoventilation → Hypoxische pulmonale Vasokonstriktion (Euler-Liljestrand-Mechanismus) → Pulmonale Hypertonie → Cor pulmonale
- Pulmonale Kachexie
- Sekundärer Spontanpneumothorax durch Ruptur einer Bulla (insb. bei bullösem Emphysem)
Palliative Therapie im Endstadium
- Es gibt keine klar definierten Kriterien, wann ein Patient palliativ zu betreuen ist
- In der palliativen Situation bewährte Therapieoptionen sind:
- Einsatz von Opioiden zur Linderung einer (finalen) Dyspnoe
- Im Endstadium auch als Perfusortherapie mit Morphin 1 mg/mL, Beginn mit 1–2 mL/h, Dosistitration nach Wirkung
- Alternativ transdermale Fentanyltherapie
- Seelsorgerische und psychotherapeutische Betreuung bei aufgeschlossenen Patienten
- Einübung von Entspannungstechniken
- Befeuchtende Mundpflege zur Linderung der Mundtrockenheit bei erschwerten Atmungsbedingungen
- Sauerstoffgabe, sofern die Dyspnoe hierdurch subjektiv gelindert wird
- Einsatz von Opioiden zur Linderung einer (finalen) Dyspnoe
Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.
Prognose
- Insb. bei anhaltendem Rauchen: Zunehmende und irreversible Funktionseinschränkung der Lunge mit stark eingeschränkter Lebenserwartung
- Fehlende kausale Therapieansätze
- Endstadium
- Gehäufte Exazerbationen
- Chronisch respiratorische Insuffizienz (nur supportiv behandelbar)
- Körperlicher Verfall mit wiederholten, sehr leidvollen „Erstickungszuständen“'
- BODE-Skala: Validierter Score zur Beurteilung der Prognose
Checkliste stationäres Management
Einschätzung bei Erstkontakt
- Anamnese (Patient orientiert? Vorausgehender Infekt? Signifikante Verschlimmerung der „bekannten“ Dyspnoe?)
- Inspektion (Atemfrequenz >20/min? „Fassthorax“ als Ausdruck einer langjährigen Erkrankung?)
- Pulsoximetrie (Hypoxie? spO2 <93%? Akute respiratorische Insuffizienz?)
- Siehe auch: AECOPD - Intubationskriterien
- Herzfrequenz (Tachykardie? Arrhythmisch?)
- Blutdruck (Entgleisung, ggf. auch hypertensives Lungenödem bei bibasal feuchten Rasselgeräuschen in der Auskultation?)
- Auskultation (Obstruktion mit Giemen und Brummen bei verlängertem Exspirium? „Silent lung“ bei Emphysem?)
Akute Therapiemaßnahmen
- Allgemeine Therapiemaßnahmen
- Bei Dyspnoe: Sitzende Lagerung, ggf. Kissen als Unterlage für die Arme zur Optimierung des Einsatzes der Atemhilfsmuskulatur
- Bei Hypoxie: 1–2 L Sauerstoff/min über Nasenbrille, Vorsicht bei chronischer Hyperkapnie!
- Bei Patienten mit bekannter chronischer respiratorischer Insuffizienz ist der Ziel-spO2 88–92%
- Spezielle Therapiemaßnahmen
- Zur Behandlung der Obstruktion: Vernebelung bei Salbutamol – i.d.R. Zufuhr mit Sauerstoffmaske möglich
- Bei Ineffektivität der Inhalation: Systemische Applikation von b2-Mimetika (Reproterol i.v. oder Terbutalin s.c. )
- Glucocorticoid-Stoß
- Für weitere Optionen siehe: AECOPD
- Zur Behandlung der Obstruktion: Vernebelung bei Salbutamol – i.d.R. Zufuhr mit Sauerstoffmaske möglich
Reevaluiere den Patienten fortlaufend bzgl. des Ansprechens auf die eingeleitete Therapie!
Aufnahme auf die Intensivstation bei Vigilanzminderung, unter Erstmaßnahmen ausbleibender Besserung von Hypoxie und/oder Hyperkapnie und persistierender Tachypnoe!
Akutdiagnostik komplettieren
- BGA (Ausmaß der Hyperkapnie? Kompensierte oder akute respiratorische Azidose?)
- EKG (Rhythmusstabilität? Tachykardie?)
- Venöse Blutentnahme: Blutbild, Kreatinin, Harnstoff, Na, K, AST, ALT, CRP, Gerinnung
- Blutkulturen (Infektion?)
- Röntgen-Thorax (Infiltrat? Pulmonalvenöse Stauungszeichen? Pneumothorax?)
Anordnung für Normalstation
- Ausreichende Hydrierung gewährleisten
- Glucocorticoide p.o. und insb. ihren geplanten Stopp anordnen
- Inhalative Therapie anordnen: Dampfverneblung von Salbutamol 4×/Tag
- Inhalative Dauertherapie optimieren: Benötigt der Patient ein langwirksames β2-Sympathikomimetikum (LABA) oder ein langwirksames Anticholinergikum (LAMA) ?
- Anleitung des Patienten zur Nutzung ggf. neuer Inhalatoren
- Bedarfsmedikation für obstruktive Episoden: Reproterol i.v. oder Terbutalin s.c.
- Sauerstoffgaben anordnen und limitieren: 1–2 L O2/min, spO2-Ziel 88–92%
- Antibiotika anordnen wenn erforderlich (CRP? Infiltrat? Auskultationsbefund? Fieber?)
- Thromboseprophylaxe mit NMH
- Medikation prüfen
- Begleiterkrankungen wie Hypertonus und Herzinsuffizienz optimal behandelt?
- Zwischenzeitlich neue Medikamente als mögliche Auslöser einer Exazerbation ?
- Physiotherapie: Zur Atemtherapie und Mobilisation
Verlaufsdiagnostik
- 1–3×/Tag spO2-Bestimmung
- BGA mit und ohne Sauerstoffgabe (Sauerstoffgabe effektiv? Oxygenierung verbessert? Verschlechterung einer Hyperkapnie?)
- CRP-Kontrolle an den Tagen 4 und 7 bei antibiotischer Therapie, weitere Laborkontrollen individuell
Im Verlauf des stationären Aufenthaltes
- Lungenfunktionsuntersuchung: Bei Patienten nach Rekompensation im stabilen Zustand (entlassungsnah)
- Echokardiografie: Bei Verdacht auf Komorbidität Herzinsuffizienz und diesbezüglichem Optimierungsbedarf
- Chronische respiratorische Insuffizienz: Prüfen anhand der BGA-Kontrollen
- Blutzucker und Blutdruck auf Entgleisungen prüfen (Glucocorticoide!)
- Handhabung der Inhalatoren seitens des Patienten wiederholt prüfen und ansprechen, ggf. Angehörige schulen
- Rauchentwöhnung thematisieren
- Ggf. Verordnung eines Sauerstoffgerätes zur Langzeit-Sauerstofftherapie (BGA mit und ohne O2 erforderlich zur Übernahme durch Krankenkasse)
- Optimierung der Therapie häufiger Komorbiditäten, insb. einer Herzinsuffizienz
- Ggf. früh Optimierungsbedarf bzgl. häuslicher Versorgung eruieren, Sozialdienst hinzuziehen
- Weitere Diagnostik abhängig von den Komorbiditäten
Bei nahender Entlassung
- Geriatrische Rehabilitation erwägen, wenn Mobilisation und Belastungstoleranz nicht ausreichend für Alltagsbewältigung
- Nochmalige Rückversicherung über ggf. eingeleitete sozialdienstliche Maßnahmen (wann wird das Sauerstoffgerät geliefert? Ist jemand zu Hause?)
- Änderungen insb. der inhalativen Therapien kommunizieren (ggf. auch mit betreuenden Angehörigen!)
- Weiterverordnung der Medikation durch den Hausarzt sicherstellen (ggf. telefonischer Kontakt, angebrochene Inhalatoren bei Entlassung mit Einnahmeanweisung mitgeben)
Studientelegramme zum Thema
- Studientelegramm 136-2020-1/3: In thunder, lighting, or in rain – Unwetter und Vorstellungen in der Rettungsstelle
- Studientelegramm 86-2019-1/3: CRP-gesteuerte Antibiotika-Therapie bei AECOPD?
- Studientelegramm 37-2018-1/3: Antibiotikatherapie bei COPD-Patienten mit akuter Exazerbation?
- Studientelegramm 24-2018-3/3: COPD - Triple-Inhalatoren der dualen Therapie überlegen?
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Patienteninformationen
Meditricks
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Pathogenese
Pathogenese der COPD
Atemregulation
Diagnostik
Diagnostik der COPD
Diagnostische Verfahren
Lungenfunktion
Blutgasanalyse
Therapie
Therapie der COPD
Wirkstoffe der medikamentösen Therapie
Glucocorticoide
β2-Sympathomimetika
Ipratropiumbromid & Tiotropiumbromid
Theophyllin
N-Acetylcystein
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Kodierung nach ICD-10-GM Version 2022
- J44.-: Sonstige chronische obstruktive Lungenkrankheit
- Inklusive: Chronische:
- Bronchitis:
- asthmatisch (obstruktiv)
- emphysematös
- mit Emphysem
- obstruktiv:
- Bronchitis
- Tracheobronchitis
- Die aufgeführten Krankheitszustände zusammen mit Asthma bronchiale
- Bronchitis:
- Exklusive:
- J44.0-: Chronische obstruktive Lungenkrankheit mit akuter Infektion der unteren Atemwege
- J44.1-: Chronische obstruktive Lungenkrankheit mit akuter Exazerbation, nicht näher bezeichnet
- J44.8-: Sonstige näher bezeichnete chronische obstruktive Lungenkrankheit
-
Chronische Bronchitis:
- asthmatisch (obstruktiv) o.n.A.
- emphysematös o.n.A.
- obstruktiv o.n.A.
- Exklusive: Mit akuter Exazerbation(J44.1‑), Mit akuter Infektion der unteren Atemwege (J44.0‑)
-
Chronische Bronchitis:
- J44.9-: Chronische obstruktive Lungenkrankheit, nicht näher bezeichnet
- Chronische obstruktive Krankheit der Atemwege o.n.A.
- Chronische obstruktive Lungenkrankheit o.n.A.
- Inklusive: Chronische:
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2022, DIMDI.