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Erkrankungen durch organische Lösungsmittel, Insektizide, Halogenkohlenwasserstoffe, Benzol und Homologe

Letzte Aktualisierung: 29.10.2020

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In diesem Kapitel sind verschiedene (organische) Stoffe erfasst, die u.a. als Lösungsmittel, Insektizide, Reinigungsmittel oder industriell verwendet werden. Sie zeichnen sich meist durch eine hohe Lipidlöslichkeit aus und führen daher häufig zu ZNS-Störungen und Polyneuropathie. Die Abbauprodukte einiger Vertreter werden zudem als kanzerogen eingestuft.

Für weiterführende Informationen zu akuten Intoxikationen siehe auch: Überblick über Vergiftungen und Grundlagen der Akuttoxikologie.

Die in diesem Kapitel aufgeführten organischen Stoffe werden in vielen unterschiedlichen Bereichen eingesetzt (u.a. als Lösungsmittel, Insektizid, Reinigungsmittel, in der Kunststoff-, Kleber- und Farbindustrie).

Wird als Ursache eine Exposition am Arbeitsplatz angenommen, muss eine Anzeige mit Verdacht auf das Vorliegen einer Berufskrankheit erfolgen!

Lösungsmittel-induzierte toxische Enzephalopathie

  • Kurzbeschreibung: Diffuse Störung der Hirnfunktion, die mit Konzentrationsdefiziten, Merkschwächen, Denkstörungen, Persönlichkeits- und Affektveränderungen einhergeht
  • Vorkommen: Gehäuft bei „Lösungsmittelschnüfflern“
  • Klinik: Auftreten meist während des Expositionszeitraums. Eine Latenz über Monate würde eher für eine andere Ursache sprechen (z.B. Altersdemenz). Folgende Stadien (Schweregrade) werden unterschieden
Klinik Diagnostik Prognose
Stadium I

Anamnese und psychopathologischer Befund

Vollständige Ausheilung innerhalb von zwei Jahren bei Expositionskarenz
Stadium II A
  • Zusätzlich Persönlichkeitsveränderungen
Zusätzlich Nachweis testpsychologischer Leistungsminderungen Verzögerte Heilungstendenz
B
  • Zusätzlich Tremor, Ataxie und andere Koordinationsstörungen
Zusätzlich Nachweis sensomotorischer Ausfälle in der neurologischen Untersuchung
Stadium III Nachweis hirnatrophischer Veränderungen in der kranialen Bildgebung Nur selten kommt es zur Besserung der Symptome
  • Vorkommen
    • Herstellung synthetischer Farben, Sprengstoffherstellung, Schädlingsbekämpfungsmittel, Arzneimittel
    • Tabakrauch
  • Folgen
  • Vorkommen: Lösemittel
  • Klinik: Toxische Hepatopathie (Fettleber)
  • Vorkommen: Kleber, diverse Farben (z.B. im Haushalt bei/nach Renovierungen)
  • Klinik
  • Lindan ist ein Halogenkohlenwasserstoff
  • Vorkommen: Holzschutzmittel, Insektizide, stark verdünnt als Therapeutikum bei Krätze oder Läusebefall (seit Anfang 2008 in Europa verboten)
  • Folgen
    • Schwindel, Kopfschmerzen, Übererregbarkeit, Krämpfe, krebserregende Wirkung wird diskutiert
    • Biologische Halbwertzeit beträgt bis zu 10 Tage
  • Diagnostik: Lindanbestimmung im Blut

Diagnostik durch Bestimmung der Thiodiglykolsäure im Urin!

  • Vorkommen: Einsatz in der Lack-, Mineralöl- und Kautschukverarbeitung
  • Folgen
  • Vorkommen: Polyesterherstellung, Lösungsmittel
  • Folgen (meist inhalative Aufnahme)
  • Diagnostik
    • Mandelsäure im Urin
    • Phenylglyoxylsäure im Urin
    • Styrol im Blut
  • Vorkommen: Weichmacher und Flammschutzmittel
  • Folgen: Neurotoxizität (z.B. Polyneuropathie)
  • T60.-: Toxische Wirkung von Schädlingsbekämpfungsmitteln [Pestiziden]
    • Inklusive: Holzschutzmittel
    • T60.0: Organophosphat- und Carbamat-Insektizide
    • T60.1: Halogenierte Insektizide
    • T60.2: Sonstige und nicht näher bezeichnete Insektizide
    • T60.3: Herbizide und Fungizide
    • T60.4: Rodentizide
    • T60.8: Sonstige Schädlingsbekämpfungsmittel
    • T60.9: Schädlingsbekämpfungsmittel, nicht näher bezeichnet

Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2023, DIMDI.

  1. Nowak: Arbeitsmedizin und klinische Umweltmedizin. 2. Auflage Urban & Fischer 2010, ISBN: 3-437-41169-1 .