Abstract
Das Erysipel ist eine bakterielle Infektion der Haut, die meist durch β-hämolysierende A-Streptokokken hervorgerufen wird und sich entlang der Lymphgefäße und dem Interstitium ausbreitet. Eintrittspforten sind hierbei in der Regel kleinste Verletzungen der Haut, wobei die unteren Extremitäten und das Gesicht von der Infektion bevorzugt betroffen werden. Klinisch zeigt sich eine scharf begrenzte, schmerzhafte Rötung der Haut mit zungen- oder flammenförmigen Ausläufern, häufig in Begleitung von Allgemeinsymptomen wie Fieber und reduziertem Allgemeinbefinden. Diagnostisch ist die Kombination aus der Klinik und den erhöhten laborchemischen Infektparametern wegweisend. Die Therapie besteht aus einer Immobilisation des betroffenen Gebiets in Kombination mit einer systemischen Antibiotikatherapie.
Definition
Das Erysipel beschreibt im deutschen Sprachraum eine bakterielle, meist durch Streptokokken hervorgerufene Infektion der Haut, die sich typischerweise als eine scharf abgegrenzte Rötung mit Allgemeinsymptomen wie Fieber und Leukozytose zeigt .
Insb. im angloamerikanischen Sprachgebrauch beschreibt das Erysipel ausschließlich eine durch Streptokokken hervorgerufene oberflächliche Hautinfektion.
Ätiologie
- Erreger
- Meist β-hämolysierende Streptokokken
- Selten Staphylococcus aureus oder Klebsiellen
- Übertragungsweg
- Eintrittspforten sind insb. kleine Verletzungen (Rhagaden, Fußpilz, kleine Ulzera, Einstichstellen bei i.v. Drogenabusus)
- Verbreitung erfolgt über die Lymphgefäße
- Risikofaktoren
- Diabetes mellitus
- Immunschwäche
- Paraneoplasien
- Adipositas mit chronisch-venöser Insuffizienz
- Chronisches Lymphödem
Häufig ist eine kleine Hautläsion (z.B. Interdigitalmykose) die Eintrittspforte für den Erreger!
Symptome/Klinik
- Symptome
- Typische flächige, scharf begrenzte, flammenförmige Rötung
- Schmerzhafte Schwellung und Überwärmung der Haut
- Lymphadenitis (Schwellung der regionalen Lymphknoten)
- Fieber, Schüttelfrost sowie weitere Allgemeinsymptome (Generalisierung möglich)
- Befund typischerweise einseitig
- Prädilektionsstellen: Untere Extremitäten und Gesicht
- Varianten
- Bullöses Erysipel (Blasenbildung)
- Hämorrhagisches Erysipel (Einblutungen)
- Nekrotisierendes Erysipel
Diagnostik
- Blickdiagnose (Lokalbefund)
- Anamnese und Allgemeinsymptome
- Suche nach der Eintrittspforte!
- Labor: Blutbild, CRP/BSG (Deutliche Erhöhung der Entzündungsparameter)
- Bei hohem Infektlabor, deutlicher klinischer Beeinträchtigung und/oder hohem Fieber: Abnahme von Blutkulturen
Therapie
- Ausmaß des Befundes markieren!
- Physikalische Maßnahmen
- Ruhigstellung und Hochlagerung der Extremität
- Kühlung
- Antibiotische Therapie bei Erysipel: Bei den im Folgenden genannten Wirkstoffen empfiehlt sich zunächst eine intravenöse Applikation und Oralisierung im Verlauf (nach ca. 2–3 Tagen) in Abhängigkeit von der klinischen Besserung. Der Anwendungszeitraum aller im Folgenden aufgeführten Substanzen sollte 10–14 Tage betragen.
- 1. Wahl: Penicilline (insb. bei Streptokokkennachweis)
- Penicillin G
- Oralisierung auf Penicillin V
- Für pädiatrische Dosierungen siehe: Penicillin G (pädiatrisch)
- Bei Penicillinallergie
-
Makrolide, z.B. Erythromycin
- Erythromycin i.v.
- Oralisierung auf Erythromycin p.o.
- Für pädiatrische Dosierungen siehe: Makrolide im Kindes- und Jugendalter
- Oder Clindamycin i.v.
- Oralisierung auf Clindamycin p.o.
- Für pädiatrische Dosierungen siehe: Clindamycin (pädiatrisch)
-
Makrolide, z.B. Erythromycin
- Bei Verdacht auf Koinfektion mit S. aureus: Cephalosporine
- Cefuroxim i.v.
- Oralisierung auf Cefuroxim p.o.
- Für pädiatrische Dosierungen siehe: Cefuroxim (pädiatrisch)
- Bei Verdacht auf Koinfektion mit gramnegativen Erregern : Aminopenicillin plus Betalaktamaseinhibitor
- Piperacillin/Tazobactam
- Für pädiatrische Dosierungen siehe: Piperacillin/Tazobactam (pädiatrisch)
- Bei septischem Verlauf: siehe Sepsis - Initialtherapie bei Fokus Haut und Weichteile
- 1. Wahl: Penicilline (insb. bei Streptokokkennachweis)
- Thromboseprophylaxe mit niedermolekularem Heparin, z.B. mit
- Dalteparin
- Oder Enoxaparin
- Erregerpfortensanierung, bspw. Behandlung einer Tinea pedis
- Therapie einer möglichen prädisponierenden Erkrankung
Differentialdiagnosen
- Phlegmone
- Thrombophlebitis
- Erythema nodosum
- Dermatitiden: Stauungsdermatitis , Kontaktdermatitis
AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differentialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Komplikationen
Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.
Kodierung nach ICD-10-GM Version 2021
- A46: Erysipel (Wundrose)
- Exklusive: Postpartales oder puerperales Erysipel (O86.8
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2021, DIMDI.