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Glomeruläre Erkrankungen

Letzte Aktualisierung: 2.3.2023

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In den Glomeruli der Nieren wird das Blut filtriert, um ausscheidungspflichtige Substanzen und Flüssigkeit als selektiertes „Ultrafiltrat“ über den Harn abgeben zu können. Folglich führen alle Schädigungen der Glomeruli zu einer Störung der Filtration mit einem unangemessenen Auftreten von Blutbestandteilen im Urin – typischerweise lassen sich dann Proteine und Erythrozyten finden, die im physiologischen Zustand durch die Glomeruli im Körper gehalten werden. Ursächlich sind hier insbesondere immunvermittelte Prozesse auszumachen, die zum Krankheitsbild der Glomerulonephritis führen. Allerdings sind auch Schädigungen der Glomeruli durch nichtentzündliche Prozesse, beispielsweise im Rahmen von metabolischen Erkrankungen oder durch Ablagerungen, bedeutsam. Stellvertretend hierfür stehen die diabetische Nephropathie oder eine Amyloidose.

Langfristig können alle glomerulären Erkrankungen zu einer chronischen Niereninsuffizienz führen. Einen absoluten nephrologischen Notfall stellen die sogenannten Rapid-progressive Glomerulonephritiden mit einem raschen destruktiven Geschehen dar. Klinisch können diese Erkrankungen mit für den Patienten harmlosen Symptomen wie Flankenschmerzen und verringerter Urinproduktion einhergehen. Diagnostisch sind ein rascher Kreatininanstieg sowie der Nachweis von Erythrozytenzylindern und dysmorphen Erythrozyten im Urin wegweisend. Nur eine rasche Abklärung und Einleitung einer immunsupprimierenden Therapie kann dann einen ungünstigen Verlauf abwenden.

Zu den glomerulären Erkrankungen gehören die

  1. Glomerulonephritis = Abakterielle, immunvermittelte, entzündliche Erkrankung der Glomeruli verschiedenster Genese, die stets beide Nieren betrifft
  2. Nichtentzündliche Glomerulopathie = Strukturelle Erkrankung der Glomeruli verschiedenster Genese

Anmerkung: Nomenklatur hier nicht einheitlich, aus didaktischen Gründen wird die hier genannte Einteilung verwendet

Glomerulonephritis (GN)

Nichtentzündliche Glomerulopathien

  • Definition: Strukturelle Erkrankung der Glomeruli verschiedenster Genese
Metabolische Genese
Mechanische Genese

Ablagerungen

Vaskuläre Erkrankungen
Angeborene Defekte
Toxische Genese

Ablauf der Schädigung

Sehr vereinfacht betrachtet – aber hilfreich zum Verständnis – können zwei verschiedene Pathomechanismen auftreten

Schädigung der glomerulären Kapillarwand → „Nephritisches Syndrom“ → Geringe Proteinurie, Mikrohämaturie, GFR↓, Kreatinin↑!

Störung der glomerulären Filtrationsbarriere → „Nephrotisches Syndrom“ → Starke Proteinurie, keine Hämaturie, initial GFR und Kreatinin normal!

Ursachen glomerulärer Schädigung

Immunologisch Metabolisch Mechanisch Ablagerungen (keine Antikörper) Toxisch Kongenital
Glomeruläre Kapillarwand („nephritisch“) x x x
Glomeruläre Filtrationsbarriere („nephrotisch“) x x x x x

Verlaufsformen

Leider ist in der Praxis eine Differenzierung der theoretisch deutlich unterscheidbaren Pathomechanismen nicht immer so eindeutig. Schließlich spielen sich diese Vorgänge auch in einem unterschiedlichen Ausmaß in bis zu 2 Millionen Nierenkörperchen ab, zudem besitzen die einzelnen ursächlichen Erkrankungen ihre Besonderheiten. Folgende klinische Varianten werden unterschieden

Verlaufsformen mit nephritischem Sediment Asymptomatische Hämaturie Milde, meist rezidivierende glomeruläre Schädigung (z.B. IgA-Nephropathie, Alport-Syndrom, Syndrom der dünnen Basalmembran)
Akutes nephritisches Syndrom Stärkere akute Schädigung, meist symptomatisch durch eingeschränkte Nierenfunktion mit Ödemen und Hypertonie (z.B. akute postinfektiöse GN)
Rapid-progressive Glomerulonephritis Maximalform mit starker Schädigung (z.B. Antibasalmembran-GN, ANCA-assoziierte GN )
Verlaufsformen mit nephrotischem Sediment Asymptomatische Proteinurie Milde Filterfunktionsstörung (z.B. Beginn der diabetischen oder hypertensiven Nephropathie)
Nephrotisches Syndrom Starke Filterfunktionsstörung, bei der die Eiweißverluste zu hypalbuminämischen Ödemen führen (z.B. Minimal-Change-GN, membranöse GN)
Unabhängig von der Genese Chronische Niereninsuffizienz

Ein plötzlicher Kreatininanstieg erfordert eine zügige Abklärung. Bei Nachweis von Akanthozyten oder Erythrozytenzylindern im Urin muss eine Rapid-progressive Glomerulonephritis angenommen werden, die einer raschen Behandlung bedarf!

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Nephritisches Syndrom

Nephrotisches Syndrom

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Morphologische Veränderungen bei glomerulären Krankheiten

Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2023, DIMDI.

  1. Dietel et al.: Harrisons Innere Medizin (2 Bände). 16. Auflage ABW Wissenschaftsverlagsgesellschaft 2005, ISBN: 978-3-936-07229-7 .
  2. Riede: Allgemeine und spezielle Pathologie. 1. Auflage Thieme 2001, ISBN: 978-3-131-29684-9 .