Abstract
Die Schenkelhalsanomalien sind Achsfehlstellungen des Schenkelhalses bezogen auf den Collum-Centrum-Diaphysen-Winkel (CCD-Winkel) und den Antetorsionswinkel. Sowohl eine Valgusfehlstellung (Coxa valga) als auch ein erhöhter Antetorsionswinkel (Coxa antetorta) kann bei Neugeborenen bzw. Kindern physiologisch sein, bildet sich aber meist durch Wachstum und zunehmende körperliche Belastung selbstständig zurück. Die Coxa antetorta fällt dabei durch ein charakteristisch innenrotiertes Gangbild auf, was dazu führt, dass die Kinder wortwörtlich über ihre eigenen Füße fallen.
Eine Varusstellung des Hüftgelenks (Coxa vara) kann auch bei Patienten mit weichen Knochen (Osteomalazie, Rachitis) durch die axiale Belastung entstehen. Sind beide Schenkelhälse betroffen, fällt ein typischer Watschelgang auf (Duchenne-Hinken).
Allgemeines
- Definition: Achsfehlstellungen des Schenkelhalses werden auf den CCD-Winkel und Antetorsionswinkel bezogen
- Centrum-Collum-Diaphysen-Winkel (CCD-Winkel)
- Winkel, der von der Hauptachse des Oberschenkelhalses und der Längsachse des Oberschenkelschaftes gebildet wird
- Normwert: 126–130° (Erwachsene), 115–120° (Greise)
- Antetorsionswinkel
- Winkel, der von der Hauptachse des Oberschenkelhalses und der Querachse der beiden Oberschenkelkondylen des distalen Oberschenkels gebildet wird
- Normwert: Ca. 12–15°
- Centrum-Collum-Diaphysen-Winkel (CCD-Winkel)
- Diagnostik: Röntgen
- Mögliche Aufnahmen (Auswahl)[1][2]
- Becken/Hüfte a.p.
- Rippstein-I-Aufnahme (modifizierte a.p.-Aufnahme)
- 90°-Dunn-Aufnahme (wird auch als Rippstein-II-Aufnahme bezeichnet)
- Hüfte axial (auch als „Cross-table“-Aufnahme bezeichnet)
- Lauenstein-Aufnahme
- Mögliche Aufnahmen (Auswahl)[1][2]
Coxa vara
- Definition: CCD-Winkel <120°
- Ätiologie
- Zu hohe axiale Belastung bei weichem Knochen (Rachitis, Osteomalazie)
- Posttraumatisch
- Morbus Perthes
- Klinik
- Beinverkürzung
- Trendelenburgzeichen
- Bei beidseitiger Coxa vara: Duchenne-Hinken (Watschelgang)
- Komplikation: Präarthrotische Deformität
- Therapie: Valgisierende Umstellungsosteotomie, Trochanterversetzung
Coxa valga
- Definition: CCD-Winkel >140°
- Ätiologie
- Physiologisch bei Neugeborenen/Kleinkindern
- Durch zu geringe axiale Belastung
- Klinik
- Eventuell Leistenschmerzen
- Keine präarthrotische Deformität!
- Therapie
- Während des Wachstums Spontannormalisierung abwarten
- Bei Persistenz: Varisierungsosteotomie
Coxa antetorta
- Definition: Antetorsionswinkel >20°
- Klinik: Innenrotiertes Gangbild, bei dem die Fußspitzen nach innen zeigen
- Epidemiologie: Bei etwa 15% Kinder physiologisch im Wachstumsalter
- Verlauf: Bildet sich meist spontan zurück
- Therapie
- Während des Wachstums mögliche Spontannormalisierung abwarten
- Nicht erfolgsversprechend sind konservative Behandlungsmaßnahmen wie Krankengymnastik oder orthopädietechnische Ansätze (Orthesen oder Schuheinlagen), die eine Korrektur des Einwärtsganges zum Ziel haben
- Derotationsosteotomie nur bei massiver Gangstörung
Leicht stolpernde Kleinkinder können an einer Coxa antetorta leiden!
Coxa retrotorta
- Definition: Antetorsionswinkel <0°
- Klinik: Außenrotiertes Gangbild, bei dem die Fußspitzen nach außen zeigen
Kodierung nach ICD-10-GM Version 2021
- Q65.-: Angeborene Deformitäten der Hüfte
- Q65.8: Sonstige angeborene Deformitäten der Hüfte
- Angeborene Azetabulumdysplasie
- Coxa valga oder vara congenita
- Vermehrte Antetorsion des Schenkelhalses
- Q65.8: Sonstige angeborene Deformitäten der Hüfte
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2021, DIMDI.