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Medizinprodukte

Letzte Aktualisierung: 16.9.2025

Zusammenfassungtoggle arrow icon

In Einrichtungen des Gesundheitswesens gehören Medizinprodukte zum täglichen Arbeitsalltag: vom einfachen Blutzuckergerät über Infusionspumpen bis hin zu hochkomplexen Anlagen. Damit diese Produkte sicher eingesetzt werden können, braucht es klare gesetzliche Vorgaben und eine strukturierte Organisation. Fehler im Umgang, fehlende Einweisungen oder mangelnde Kontrollen bergen nicht nur rechtliche Risiken, sondern können vor allem die Sicherheit von Patient:innen und Personal gefährden.

Ziel der gesetzlichen Regelungen rund um das Medizinprodukterecht ist es daher, den sicheren Betrieb, die qualifizierte Anwendung und die kontinuierliche Überwachung von Medizinprodukten zu gewährleisten. Dazu gehören u.a. verbindliche Einweisungen, Dokumentationen, Prüfungen und Meldepflichten. Klare Verantwortlichkeiten zwischen Hersteller:innen, Betreiber:innen und Anwender:innen stellen sicher, dass jedes Gerät bestimmungsgemäß genutzt wird und Vorkommnisse rechtzeitig erkannt und gemeldet werden.

Nach diesem Kapitel kennst du:

  • Die grundlegenden Gesetze, die Medizinprodukte betreffen
  • Die Rolle der Hersteller:innen und Behörden bei Marktzulassungen, der Kennzeichnungspflicht und der Marktüberwachung
  • Die Aufgaben von Hersteller:innen, Betreiber:innen, Anwender:innen und Medizinproduktebeauftragten
  • Die Bedeutung von Einweisungspflichten, des Medizinproduktebuchs und Medizinproduktepasses für die Praxis
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Definitionentoggle arrow icon

  • Medizinprodukt: Gegenstand oder Utensil mit medizinischer Zweckbestimmung, das zugelassen werden muss und einer Einweisung bedarf
    • Dazu zählen bspw.
      • Technische Geräte zur Diagnostik oder Therapie (bspw. Blutzuckermessgeräte, Infusionspumpen, Röntgengeräte, Software)
      • Produkte zur Unterstützung physiologischer Funktionen (bspw. Implantate oder Instrumente, Sehhilfen)
      • Utensilien für Labortests
      • u.v.m.

Medizinprodukt oder doch nur ein „Gebrauchsgegenstand“? Die Medizinproduktebeauftragten der Einrichtungen stellen i.d.R. Listen zusammen, damit jedem klar ist, welche Utensilien Medizinprodukte sind und welche nicht!

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Gesetzliche Grundlagen und Zulassungsprozessetoggle arrow icon

Damit Medizinprodukte in Deutschland und der EU eingesetzt werden dürfen, gelten klare rechtliche Vorgaben. Einerseits ist genau geregelt, unter welchen Bedingungen ein Produkt überhaupt als Medizinprodukt zugelassen wird. Andererseits gibt es Vorschriften, die bestimmen, wie diese Produkte in Gesundheitseinrichtungen angewendet und überwacht werden müssen. Dadurch soll sichergestellt werden, dass Patient:innen, Anwender:innen und Pflegepersonal jederzeit mit sicheren und geprüften Geräten arbeiten. Folgende Kernpunkte sollten bekannt sein:

Gesetzliche Grundlagen

  • Medizinprodukterecht-Durchführungsgesetz (MPDG): Nationale Umsetzung der EU-Vorgaben zur Medical Device Regulation (MDR) in Deutschland
  • Medizinprodukte-Betreiberverordnung (MPBetreibV): Regelt den sicheren Betrieb und die Anwendung von Medizinprodukten in Einrichtungen des Gesundheitswesens
  • Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM): Zuständig für Meldungen, Marktüberwachung, Klassifikation, Sicherheitsinformationen und nationale Umsetzung europäischer Vorgaben

Zulassungsverfahren und Marktüberwachung

  • CE-Kennzeichnung: Voraussetzung für das Inverkehrbringen eines Produkts in der EU
  • Konformitätsbewertung: Verfahren zur Sicherstellung der Produktsicherheit
  • Unique Device Identification (UDI): Einheitliche Produktkennzeichnung für jedes Medizinprodukt
  • Überwachung und Meldepflicht: Medizinprodukte unterliegen der ständigen Marktbeobachtung
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Verantwortlichkeiten von Hersteller:innen, Betreiber:innen und Nutzer:innentoggle arrow icon

Die sichere Nutzung von Medizinprodukten ist nur möglich, wenn alle Beteiligten ihre jeweiligen Pflichten kennen und wahrnehmen. Dabei sind die Verantwortlichkeiten klar verteilt:

Hersteller:innen

Diese tragen die Hauptverantwortung für Sicherheit, Qualität und Konformität eines Medizinproduktes.

  • Stellen sicher, dass alle Anforderungen erfüllt sind
  • Führen das sog. Konformitätsbewertungsverfahren durch und bringen die CE-Kennzeichnung an
  • Liefern Gebrauchsanweisungen, Sicherheitshinweise und Zweckbestimmung
  • Betreiben ein System zur Marktüberwachung (Post-Market Surveillance)
  • Richten die Möglichkeit der Rückverfolgung ein
  • Erstellen einen Plan für die klinische Nachbeobachtung
  • Müssen Vorkommnisse und schwerwiegende Sicherheitskorrekturmaßnahmen an EUDAMED melden

Betreiber:innen

Als Betreiber:innen gelten Einrichtungen oder Personen, die ein Medizinprodukt bereitstellen oder betreiben (bspw. Krankenhäuser, Pflegeheime).

  • Sind verantwortlich für die Auswahl, Einweisung, Überwachung und Prüfung von Medizinprodukten
  • Organisieren regelmäßige Kontrollen
  • Stellen sicher, dass alle Nutzer:innen vor der ersten Nutzung fachgerecht eingewiesen sind
  • Führen ein Medizinproduktebuch mit allen relevanten Dokumentationen
  • Erfüllen Meldepflichten bei Vorkommnissen
  • Halten Medizinprodukte in einem sicheren Zustand und nehmen defekte Geräte sofort außer Betrieb
  • Berücksichtigen Herstellerangaben zu Prüfintervallen und der Gebrauchsdauer

Anwender:innen (Nutzer:innen)

Damit sind Personen gemeint, die im Gesundheitswesen Medizinprodukte einsetzen (bspw. Pflegefachpersonen, Ärzt:innen).

  • Dürfen das Produkt nur nach dokumentierter Einweisung nutzen
  • Müssen vor jeder Anwendung eine Sicht- und Funktionsprüfung durchführen
  • Verwenden das Produkt ausschließlich entsprechend der Zweckbestimmung und Herstellerangaben (keine Zweckentfremdung)
  • Melden sicherheitsrelevante Vorkommnisse sofort
  • Unterbrechen bei Störungen oder Unsicherheiten sofort die Anwendung
  • Bei Verdacht auf Fehlfunktion darf das Gerät nicht weiterverwendet werden
  • Rücksprache mit zuständigen Stellen ist erforderlich
  • Beachten produktspezifische Lagerungs-, Hygiene- und Instandhaltungsanforderungen

Mehr praxisnahe Details für Anwender:innen gibt es im nächsten Abschnitt „Qualifizierte Nutzung“!

Medizinproduktebeauftragte

Diese fungieren als Bindeglied zwischen Betreiber:innen, Anwender:innen und ggf. Behörden.

  • Organisieren und dokumentieren Einweisungen
  • Überwachen die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben in der Einrichtung
  • Führen das Medizinproduktebuch und/oder kontrollieren dessen Vollständigkeit
  • Unterstützen bei Rückrufen, sicherheitsrelevanten Ereignissen und Meldepflichten
  • Sind Ansprechpartner:innen bei Unsicherheiten im Umgang mit Geräten
  • Begleiten Audits, externe Kontrollen oder Begehungen
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Qualifizierte Nutzungtoggle arrow icon

Pflichten und Verantwortungsbereiche

  • Einweisungspflicht: Medizinprodukte dürfen nur nach dokumentierter Einweisung genutzt werden
    • Einweisung vor der ersten Anwendung durch befugte, sachkundige Personen (bspw. Medizinproduktebeauftragte)
    • Verpflichtend und in geeigneter Form zu dokumentieren
    • Bei Software gilt dies auch nach relevanten Updates, sofern diese die Bedienung wesentlich verändern
  • Zweckbestimmung einhalten: Anwendung ausschließlich gemäß Herstellerangaben
    • Abweichungen sind unzulässig und können die Sicherheit von Patient:innen gefährden
  • Sicht- und Funktionsprüfung: Vor jeder Nutzung verpflichtend
    • Zu prüfen sind bspw. äußere Beschädigungen, Kabel, Geräusche, Displays oder Leuchten
    • Bei Auffälligkeiten darf das Produkt nicht verwendet werden
  • Verwendung baugleicher Geräte: Bei dokumentierter Einweisung erlaubt
    • Gilt nur bei nahezu identischen Produkten, bspw. bei einem Nachfolgemodell mit derselben Funktionsweise, aber modernem Design
    • Technische Änderungen (bspw. Software-Updates, Varianten) können eine erneute Schulung erforderlich machen
  • Anwenderverantwortung: Jede nutzende Person ist für den sachgerechten Umgang verantwortlich
    • Die Verantwortung ist nicht delegierbar – bei Fehlanwendung kann persönliche Haftung bestehen
  • Verwendung untersagt bei
    • Fehlender oder nicht dokumentierter Einweisung
    • Abgelaufenem Verfallsdatum oder fehlender Prüfplakette
    • Erkennbaren Schäden (bspw. Brüche, defekte Kabel, Undichtigkeiten)
    • Unklarem Zustand

Unsicherheit ist keine Schwäche, sondern verantwortungsbewusstes Risikomanagement. Wer ein zweifelhaftes Produkt nicht einsetzt, schützt sich und andere!

Nachweise und Dokumentation

  • Einweisungsnachweis: Dient als rechtlicher Beleg bei Prüfungen und Vorkommnissen
    • Enthält Angaben zu Datum, Ort, geschultem Gerät und einweisender Person
    • Kann digital oder handschriftlich erfolgen
  • Medizinproduktepass: Persönliches Dokumentationsinstrument
    • Erfasst alle Einweisungen der jeweiligen Person
    • Hilfreich bei Stationswechsel, externen Einsätzen oder behördlichen Nachfragen
  • Medizinproduktebuch: Einrichtungsspezifische Sammlung aller gerätetechnisch relevanten Daten
    • Beinhaltet Gebrauchsanweisungen, Einweisungsprotokolle, Wartungsunterlagen sowie die Kontrollnachweise
    • Auch Zwischenfallberichte und Rückrufe können hier dokumentiert werden

Vergiss nie deinen persönlichen Medizinproduktepass! Da dort genau festgehalten wird, für welches Medizinprodukt man wann und von wem eingewiesen wurde, gilt dieser auch als Nachweis, dass man das entsprechende Medizinprodukt benutzen darf!

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Meldepflichtige Ereignisse und Verantwortlichkeitentoggle arrow icon

Meldepflicht der Medizinproduktebeauftragten

  • Medizinproduktebeauftragte: Als Bindeglied zwischen Anwender:innen, Betreiber:innen und Behörden sind sie auch für die Meldung von Vorkommnissen zuständig
    • Stehen als Ansprechperson bei Geräteproblemen zur Verfügung
    • Unterstützen bei interner Fehleranalyse und Risikobewertung
    • Initiieren ggf. Rückrufmaßnahmen in Abstimmung mit dem Betreiber
    • Meldung bei Vorkommnissen: Bei schwerwiegenden Zwischenfällen besteht eine gesetzliche Pflicht zur Meldung
  • Meldeweg
    1. Personal informiert i.d.R. die Medizinproduktebeauftragten
    2. Das Gerät wird aus dem Alltagsbetrieb genommen
    3. Kontaktaufnahme zu den Betreiber:innen und/oder
    4. Meldung an das BfArM

Beispiele für meldepflichtige Ereignisse

  • Fehlfunktion eines Defibrillators während eines Notfalls
  • Implantatversagen mit erforderlicher Re-Operation
  • Falschanzeige eines Blutzuckermessgeräts mit therapeutischer Fehlentscheidung
  • Stromschlag durch defektes Gerät
  • Überhitzung oder Brandentwicklung bei aktiven Medizinprodukten

Produkte, die augenscheinlich beschädigt oder funktionsuntüchtig sind, dürfen nicht weiterverwendet werden! Verdachtsfälle müssen immer gemeldet werden. Auch „Beinahe-Zwischenfälle“ sollten angezeigt und dokumentiert werden. So kann ein größerer Schaden ggf. verhindert und die Patientensicherheit verbessert werden!

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