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Schussverletzungen

Letzte Aktualisierung: 7.9.2022

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Bei Suizidgedanken oder Sorgen um Betroffene sei auf die von der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention gelisteten Hilfsangebote verwiesen, siehe Tipps & Links.

Schussverletzungen sind eine Form der stumpfen Gewalteinwirkung und häufig Folge eines kriminologischen Tatbestandes. Dementsprechend ist insbesondere die rechtsmedizinische Beurteilung des Tathergangs von Bedeutung. Anhand der Beurteilung der Charakteristika der Wunden können Hinweise über die Schussdistanz und über Fremd- oder Selbstbeibringung gewonnen werden.

Einschuss Ausschuss

Wundgröße

  • Meist kleiner als Ausschuss
  • Meist größer als Einschuss

Wundränder

  • Können nicht adaptiert werden
  • Adaptierbar

Abstreifring

  • Häufig vorhanden
  • Kann von Blut überdeckt sein
  • Nicht vorhanden

Gewebsteile

  • In den Körper hereinragend
  • Herausragend
Textilfasereinschleppung
  • Textilfasern und andere Fremdkörper im Anfangsteil des Schusskanals
  • Nicht vorhanden

Schürfsaum/Kontusionsring

  • Vorhanden
  • Nicht vorhanden
Trichterförmige Erweiterung des Schusskanals in platten Knochen
  • Trichter erweitert sich von der Lamina externa zur Lamina interna
  • Trichter erweitert sich von der Lamina interna zur Lamina externa
Absoluter Nahschuss Relativer Nahschuss Fernschuss
Definition
  • Waffenmündung auf Körper aufgesetzt
  • Schussentfernung <1 m
  • Schussentfernung >1 m
Charakteristika

Schmauch und Pulverreste

  • Schmauch: Schmauch bezeichnet Verbrennungsprodukte, die durch das Abfeuern einer Schusswaffe entstehen und nach dem Abschuss über kurze Distanz durch die Luft wirbeln.
Beschreibung Entstehung Hinweis auf
Schmauchhöhle
  • Lokalisation: Unter der Haut in der Subkutis
  • Charakteristika
    • Grau-schwarz gefärbter, ausgehöhlter Schusskanal
    • Durch CO hellrot gefärbte Muskulatur
  • Der Schmauch, der sonst frei durch die Luft wirbeln würde, folgt dem Geschoss größtenteils in die Eintrittswunde.
Schmauchhof
  • Lokalisation: Ringförmig um den Einschuss auf Haut oder Kleidung
  • Charakteristika
    • Flächiger, grauer, rußiger Kranz
    • Auch noch einige Zentimeter von der Wunde entfernt nachweisbar
  • Frei durch die Luft wirbelnder Schmauch schlägt sich auf der Haut oder der Kleidung des Betroffenen nieder
Abstreifring
  • Lokalisation: Wundränder
  • Charakteristika
    • Klar begrenzte, grau-schwarze Wundränder
  • Pulverreste aus dem Laufinneren werden beim Abschuss vom Projektil mitgenommen (haften also am Projektil) und beim Durchtritt durch Haut oder Kleidung am Gewebe wieder „abgestreift“
  • Einschusswunde (liefert keine Hinweise auf die Schussdistanz)
Pulvereinsprengungen
  • Lokalisation: Auf der Haut in der Nähe des Einschusses
  • Charakteristika
    • Punktförmige Oberhautverbrennungen
    • Kann Hinweise auf Schussrichtung geben
  • Heiße Pulverklümpchen wirbeln nach dem Abschuss durch die Luft und verbrennen die Haut beim Auftreffen
Hinweise auf Fremdhandlung (z.B. Mord) Hinweise auf Selbsthandlung (Suizid)
Einschüsse
  • Multiple Einschüsse möglich
  • Einzelner Einschuss
  • Entblößte Einschussstelle
  • Rechte Schläfe → Rechtshänder
  • Linke Schläfe → Linkshänder
Distanz
Waffenlage (unsicher)
  • Waffe in der Hand des Betroffenen
  • Waffe ist nicht am Tatort vorzufinden
  • Waffe in nächster Umgebung (CAVE: bei bis zu 25% aber auch in der Hand des Betroffenen)
Schmauch
  • Weder Schmauch- noch Blutspuren an den Händen
  • Schmauch- und Blutspuren an der Schusshand

Bei V.a. vorsätzliche Selbstschädigung siehe: Suizidalität

  • Schwaches Geschoss: Prellschuss
  • Mittelenergetisches Geschoss: Ringel-Konturschuss
  • Mittelenergetisches Geschoss: Steckschuss
  • Hochenergetisches Geschoss: Krönlein-Schuss
  • Rikoschettschuss (auch Gellerschuss oder „Geller“): Projektil wird von der Oberfläche eines Zwischenziels (Straßenbelag, Hauswand) abgelenkt [1]
  • Kodierung der jeweiligen Verletzung(en) (Fraktur, Weichteilschaden, usw.)
  • Ergänzend Ursachenkodierung:
    • W49.-:! Exposition gegenüber mechanischen Kräften unbelebter Objekte
      • W49.9!: Unfall durch Exposition gegenüber mechanischen Kräften unbelebter Objekte
        • Exposition gegenüber:
          • Lärm
          • Vibration
        • Unfall durch:
          • Eindringen eines Fremdkörpers durch die Haut
          • (fallende) (geworfene) Gegenstände
          • Feuerwaffen
          • Feuerwerkskörper
          • Injektionsnadel
          • Kesselexplosion
          • Maschinen
          • Messerstich
          • Werkzeuge
    • Y35.-:! Verletzungen bei gesetzlichen Maßnahmen
      • Y35.7!: Verletzung bei gesetzlichen Maßnahmen
        • Verletzung bei gesetzlichen Maßnahmen durch Tränengas, Knüppelschlag oder Feuerwaffe
    • Y36.-:! Verletzungen durch Kriegshandlungen
      • Y36.9!: Verletzungen durch Kriegshandlungen
        • Verletzung bei Unruhen

Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2023, DIMDI.

  1. Madea: Praxis Rechtsmedizin. 2. Auflage Springer 2006, ISBN: 978-3-540-33719-5 .
  2. Madea, Dettmeyer: Basiswissen Rechtsmedizin. 1. Auflage Springer 2007, ISBN: 978-3-540-71428-6 .
  3. Skriptum Rechtsmedizin .