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Arbeitsschutz: Gefahrenquellen am Arbeitsplatz von Gesundheitseinrichtungen und Vorgehen bei Unfällen

Letzte Aktualisierung: 16.7.2025

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Beschäftigte in Gesundheitseinrichtungen begegnen täglich verschiedenen Gefahren. Dazu zählen körperliche, chemische, biologische und psychische Belastungen, die nahezu alle Berufsgruppen betreffen. Sie reichen von Muskel- und Gelenkproblemen, etwa durch ungünstige Körperhaltungen an Bildschirmarbeitsplätzen oder schweres Heben, über Hautschäden, z.B. durch häufigen Kontakt zu Desinfektionsmitteln, bis hin zu Arbeitsunfällen. Ziel des Arbeitsschutzes ist es, Gesundheitsschäden vorzubeugen und die Sicherheit im Arbeitsalltag zu verbessern.

Nach diesem Kapitel kennst du:

  • Die häufigsten Gefährdungen am Arbeitsplatz in Gesundheitseinrichtungen
  • Maßnahmen zur ergonomischen Arbeitsplatzgestaltung
  • Rückenschonende Techniken beim Heben, Tragen usw. sowie die richtige Nutzung von Hilfsmitteln
  • Hautschutzmaßnahmen bei häufigem Desinfizieren und Waschen, inkl. passender Pflegeprodukte
  • Strategien zum Umgang mit psychischen Belastungen wie Stress, emotionaler Erschöpfung oder Gewalterfahrungen
  • Vorbeugung von Arbeitsunfällen und Sofortmaßnahmen, insb. bei Nadelstichverletzungen
  • Wichtige Pflichten im Arbeitsschutz

Es gibt 3 Säulen zur Prävention von Arbeitsunfällen: organisatorische Maßnahmen , bauliche Maßnahmen und personenbezogene Maßnahmen !

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Allgemeine Gefahren am Arbeitsplatztoggle arrow icon

Diese Gefahren können nahezu alle Berufsgruppen in Gesundheitseinrichtungen betreffen:

Belastungen am Computerarbeitsplatz

  • Mögliche Gesundheitsbelastung: Sitzen (v.a. mit der falschen Körperhaltung) kann zu Haltungsschäden, Rückenschmerzen und Bandscheibenvorfällen führen
  • Tipps zur Prävention
    • Sitzposition regelmäßig verändern und langes Sitzen vermeiden
    • Auf physiologische Sitzhaltung achten
    • Stehphasen integrieren
    • Ergonomische Arbeitsplatzeinstellungen beachten (siehe unten)
  • Anforderungen an Arbeitgeber:innen: Ein gesetzlich geregelter Arbeitsplatz sollte spezielle Anforderungen an Ergonomie und Arbeitssicherheit erfüllen
    • Ergonomische Einrichtung
      • Höhenverstellbarer Stuhl und/oder Tisch
      • Höhen- und neigungsverstellbarer Bildschirm
      • Ggf. Fußstütze
      • Ausreichender Bewegungsraum
      • Blendfreie Bildschirmaufstellung
      • Zusatzbeleuchtung ca. 500 Lux
      • Zeilenabstand zur Augenhöhe ca. 25 cm
      • Bildschirmabstand ca. 60–70 cm
      • Angemessene Raumtemperatur
      • Kompatible Hardware und Software
    • Technische Wartung: Reparaturen und Wartung nur durch technisches Fachpersonal

Das Arbeitsschutzgesetz verpflichtet Arbeitgeber:innen, die Arbeitsorte so zu gestalten, dass eine Gesundheitsgefährdung möglichst vermieden wird. Dazu gehört auch eine ergonomische Gestaltung von Computerarbeitsplätzen!

Belastungen des Rückens

  • Mögliche Gesundheitsbelastung: Durch falsches Heben, ungünstige Bewegungen und Dauerbelastung des Rückens werden die Bandscheiben zusammengedrückt
  • Tipps zur Prävention: Rückenschonend arbeiten (ergonomische Techniken und Verhaltensweisen anwenden), körperliche Belastung reduzieren und Hilfsmittel nutzen
    • Techniken zur Lastenhandhabung
      • Rückenschonende Hebe- und Positionierungstechniken
      • Kleine, kontrollierte Bewegungsabläufe
      • Aus den Beinen heben, Schultern dabei leicht zurück, mit geradem Rücken
      • Breiter Stand zur Vergrößerung der Standfläche
      • Pressatmung vermeiden
      • Lasten körpernah stabilisieren (kein vorgebeugtes Heben oder Tragen)
      • Individuelle Grenzen beachten
      • Hohe Lasten zu zweit heben oder Hilfsmittel nutzen
      • Keine ruckartigen Bewegungen mit Last
      • Keine Rotation der Wirbelsäule unter Last
    • Hilfsmittel
      • Rollbrett
      • Gabelhubwagen
      • Patientenlifter
      • Transportwagen
      • Festes Schuhwerk
  • Anforderungen an Arbeitgeber:innen
    • Auf eine rückenschonende Arbeitshöhe einstellbare Arbeitsflächen
    • Hilfsmittel in den jeweiligen Bereichen

Belastungen der Haut

  • Mögliche Gesundheitsbelastung: Häufiges Händewaschen und -desinfizieren ist im Arbeitsalltag in Gesundheitseinrichtungen unverzichtbar, belastet aber die Haut stark
  • Tipps zur Prävention
    • Nach jedem Händewaschen gut abtrocknen
    • Regelmäßig pflegende Handcremes verwenden
    • Desinfektion dem Händewaschen vorziehen
    • Schutzhandschuhe je nach Arbeitsfeld tragen
  • Anforderungen an Arbeitgeber:innen
    • Geeignete Hautschutz- und Hautpflegemittel bereitstellen
    • Hautschutzplan erstellen
    • Mitarbeitende zum hautschonenden Arbeiten und richtigen Umgang mit Hautpflegemitteln unterweisen
    • Schutzausrüstung bereitstellen
    • Möglichst Desinfektionsmittel statt häufigen Waschens anbieten, wo es hygienisch vertretbar ist
    • Hautschutzmaßnahmen überwachen und anpassen

Creme ist nicht gleich Creme! Es gibt verschiedene Arten, die je nach Hautzustand und Situation Vor- und Nachteile haben. Öl-in-Wasser-Emulsionen (O/W) ziehen schnell ein. Wasser-in-Öl-Emulsionen (W/O) sind reichhaltiger und schützen noch besser, brauchen aber viel länger zum Einziehen.

Bei der Arbeit schnell und fein – Öl-in-Wasser soll es sein. Nach der Schicht, da macht’s dir nutz – Wasser-in-Öl gibt dir Schutz!

Psychische Belastungen

  • Mögliche Gesundheitsbelastung: Durch die emotionalen Anforderungen, Zeitdruck, belastende (auch gewaltsame) Situationen, häufige Konfrontation mit Leid und Tod sowie zwischenmenschliche Konflikte am Arbeitsplatz kann es zu einer akuten und chronischen psychischen Überlastung kommen; dies kann sich u.a. durch Schlafstörungen, emotionale Erschöpfung, Konzentrationsprobleme, innerer Leere oder körperliche Beschwerden äußern und langfristig zu Burnout oder depressiven Erkrankungen führen
  • Tipps zur Prävention
    • Individuelle Schutzstrategien
      • Achtsamkeitstraining und Selbstreflexion
      • Mitgefühl und Selbstempathie
      • Selbstbeobachtung zur Früherkennung von Überforderung
      • Grenzen kennen und setzen – „Nein“ sagen
      • Gesunde Lebensführung
      • Risikoverhalten vermeiden
        • Dauerhafte Selbstüberforderung
        • Isolation im Team
        • Eigene Warnsignale ignorieren
        • Perfektionismus und Helfersyndrom
    • Soziale Unterstützung und Kommunikation
      • Supervision
      • Kollegiale Fallbesprechungen
      • Gesundheitscoaching
      • Kommunikationstechniken
      • Feedbackgespräche
      • Belastende Situationen teilen
    • Strukturelle Schutzmaßnahmen und Notfallstrategien
      • Deeskalationstechniken
      • Hilfe holen bei Gewalt
      • Entspannungsübungen
      • Zeitmanagement
  • Anforderungen an Arbeitgeber:innen
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Spezielle Gefahrentoggle arrow icon

Diese Gefahren betreffen hauptsächlich medizinische und pflegerische Berufsgruppen.

Nadelstichverletzung

  • Mögliche Gesundheitsbelastung: Bei bekannter Erkrankung der Kontaktperson gilt für das Übertragungsrisiko die Dreier-Regel
    • 30%iges Risiko für Hepatitis B
    • 3%iges Risiko für Hepatitis C
    • 0,3%iges Risiko für HIV
    • Infektionswahrscheinlichkeit hängt auch von Größe und Tiefe der Verletzung, Viruslast sowie Sekretmenge ab
  • Risikofaktoren
    • Verwendung unsicherer Instrumente
    • Fehlende Vorbereitung
    • Unachtsamkeit und Ablenkung
    • Arbeiten unter Zeitdruck
    • Recapping
  • Tipps zur Prävention
    • Sichere Instrumente verwenden
    • Fertigspritzen nutzen
    • Handschuhe tragen
    • Sicherungsmechanismus sofort aktivieren
    • Sofort in stichfeste Behälter entsorgen
    • Kein Recapping
  • Anforderungen an Arbeitgeber:innen
    • Sichere Instrumente mit Schutzmechanismus bereitstellen
    • Klare Entsorgungswege für gebrauchte Kanülen organisieren
    • Regelmäßig unterweisen, um Nadelstichverletzungen zu vermeiden
    • Stichfeste Abwurfbehälter in ausreichender Anzahl bereitstellen

Das Wiederaufsetzen der Schutzkappe auf gebrauchte Nadeln (Recapping) verdoppelt das Risiko für Nadelstichverletzungen!

Infektionen

Mitarbeitende im Gesundheitssystem sind besonders durch Infektionen gefährdet – entweder durch den direkten Kontakt mit Erkrankten oder indirekt, etwa bei Reinigungsarbeiten, der Entsorgung von Abfällen oder dem Umgang mit Medizinprodukten. Eine gute Hygienepraxis ist daher unerlässlich. Mehr Informationen gibt es in unseren Kursen zur Basishygiene und speziellen Hygiene.

Strahlung

Alle Mitarbeitende, die Zutritt zu Räumen mit möglicher Strahlenexposition haben , müssen über die besonderen Gefahren in diesem Bereich und die entsprechenden Schutzmaßnahmen aufgeklärt sein. Mehr zu diesem Thema steht in unserer Strahlenschutzunterweisung.

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Vorgehen bei Arbeitsunfällentoggle arrow icon

Ein Arbeitsunfall ist ein plötzliches Ereignis, bei dem sich eine Person im Zusammenhang mit ihrer Arbeit verletzt oder sogar ums Leben kommt. Dies umfasst Unfälle, die sich während der Arbeitszeit am Arbeitsplatz, auf Dienstreisen oder auf dem Weg zu oder von der Dienststätte (Wegeunfall) ereignen.

Arbeitsunfälle sind über die gesetzliche Unfallversicherung abgesichert, die Schutz und Unterstützung bei der Genesung bietet!

Allgemeines Vorgehen

  1. Erstmaßnahmen / Erste Hilfe und Notruf absetzen
  2. Unfallstelle absichern
  3. Abwicklung mit verantwortlichen Vorgesetzten, Durchgangsärzt:innen und/oder ggf. Behörden
  4. Unfall dokumentieren

Die Tabelle zeigt die allgemeinen Abläufe. Jedoch ist jeder Unfall individuell zu betrachten!

Allgemeiner Ablauf bei Arbeitsunfällen nach Wirkungsstätte
Ort Erstmaßnahmen Maßnahmen an der Unfallstelle (Beispiele) Wer muss informiert werden? Dokumentation
Klinik Erste Hilfe durch geschultes Personal; innerklinisches Notfallteam kontaktieren oder 112 außerhalb des klinischen Umfelds wählen
  • Personen im Umfeld schützen
  • Gefahr beseitigen
    • Geräte/Strom abschalten
    • Kleine Brandherde löschen, falls möglich
    • Materialien sichern (z.B. defekte Geräte kennzeichnen)
  • Unfallstelle sichern
    • Hinweisschilder aufstellen (z.B. „Achtung Rutschgefahr“)
    • Umfeld oder Zugang absperren
    • Bei Verkehrsunfall: Warnblinkanlage, Warndreieck, Warnweste
Stationsleitung, Durchgangsarzt bzw. -ärztin, Berufsgenossenschaft (BG) Eintrag im Verbandbuch, interne Dokumentation, 5 Jahre Aufbewahrungspflicht
Wohnheim oder ambulant Erste Hilfe, Notruf 112, ggf. Begleitung zum Arzt bzw. zur Ärztin Pflegedienstleitung, ggf. Träger, Durchgangsarzt bzw. -ärztin Unfallprotokoll in Klientenakte, Weiterleitung an Träger/Unfallversicherung
Wegeunfall Notruf 112, Erste Hilfe, ggf. Eigenschutz beachten (bei potenziellen Gefahrenquellen) Arbeitgeber:in, Berufsgenossenschaft (BG) Hergang, Ort, Uhrzeit und Zeug:innen schriftlich dokumentieren, BG-Formular verwenden

Die Unfallstelle muss situationsbedingt und intuitiv gesichert werden! Ein paar Beispiele: Gab es einen Sturz aufgrund einer feuchten Stelle am Boden, muss diese beseitigt oder abgesperrt werden! Bei Stromunfällen können die Geräte nur ausgeschaltet werden (z.B. Stecker ziehen), wenn dadurch keine Gefahr für die Helfer:in entsteht! Diese Liste könnte endlos weitergeführt werden. Wichtig ist: Der Eigenschutz muss stets beachtet werden!

Hygiene und Sofortmaßnahmen nach Nadelstichverletzung

  1. Eintrittsstelle bluten lassen: Mind. 1 Minute offen halten
  2. Wunde desinfizieren: Stichkanal mit viruzidem Antiseptikum gründlich spülen, ggf. Kanaleingang leicht spreizen
  3. Unverzüglich ärztlich vorstellen: Zur infektiologischen Beratung, siehe dazu: Vorgehen bei Nadelstichverletzung

Sofortmaßnahmen nach Kontamination durch Sekret oder Blut

  • Intakte Haut: Sofort mit Ethanol (>82%) oder vergleichbarem Hautantiseptikum desinfizieren, anschließend gründlich mit Wasser und Seife abwaschen
  • Verletzte Haut: Grobe Verschmutzungen vorsichtig mit Wasser und ggf. Seife entfernen, anschließend mit Wunddesinfektionsmittel großzügig desinfizieren
  • Auge oder Mundhöhle: Sofort mit steriler 0,9%iger Kochsalzlösung, destilliertem Wasser oder verdünnter Iodlösung (1:4) spülen, mehrere Minuten lang

Berichtspflicht und Prävention

  1. Vorfall melden: Pflichtgemäß dokumentieren und an die zuständige Stelle melden
  2. Bei unklarem Infektionsstatus: Exposition behandeln wie bei Hochrisikokontakt
  3. Prävention: Schulungen zur sicheren Handhabung von Kanülen und Schutzmaßnahmen, sichere Instrumente nutzen

Die gesetzliche Unfallversicherung gewährleistet, dass im Falle eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit schnelle und effektive Hilfe geleistet wird, ohne dass die betroffene Person die Kosten selbst tragen muss! Grundvoraussetzung ist, dass der Vorfall eindeutig als solcher dokumentiert wurde. Ohne Bericht und Dokumentation (z.B. im Verbandsbuch) gibt es somit keinen Anspruch auf die Leistungen der Unfallkasse!

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Allgemeine Unfallverhütungsvorschriften für Mitarbeitendetoggle arrow icon

Arbeitgeber:innen müssen eine Menge Grundvoraussetzungen erfüllen, um ein sicheres Arbeitsumfeld ermöglichen zu können. Das funktioniert jedoch nur, wenn die Mitarbeitenden auch ihren Pflichten nachkommen:

  • Für die eigene Sicherheit und die der anderen Mitarbeitenden sowie der Hilfebedürftigen sorgen
  • Allen Maßnahmen befolgen, die Unfälle, Berufskrankheiten und Gesundheitsgefahren verhindern können
  • Alle Sicherheitshinweise der Dienststelle einhalten
  • Arbeiten, die erkennbar Sicherheit und Gesundheit gefährden, nicht ausführen, sondern melden
  • Sicherheitsmängel melden
  • Mangelhafte oder beschädigte Medikamente, Medizinprodukte etc. nicht einsetzen
  • Produkte nur bestimmungsgemäß einsetzen
  • Verbot des Konsums von Alkohol, Drogen oder anderen berauschenden Mitteln bzw. Medikamenten
  • Nur Arbeitsbereiche betreten, für die man eingeteilt ist (gilt nicht für allgemeine Bereiche wie Flure, Kantine etc.)
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