ambossIconambossIcon

Bandscheibenprolaps

Letzte Aktualisierung: 15.7.2025

Zusammenfassungtoggle arrow icon

Im Laufe des Lebens kommt es bei vielen Menschen zu relevanten Rückenschmerzen – davon wird jedoch nur ein Bruchteil durch Bandscheibenvorfälle verursacht. Eine radikuläre Schmerzsymptomatik ist in den meisten Fällen auf eine Kompression von Spinalnerven durch eine Diskusprotrusion oder einen Diskusprolaps (Austritt von Bandscheibenmaterial) zurückzuführen. Der Altersgipfel für symptomatische Bandscheibenvorfälle liegt zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr. Übergewicht, mangelnde Bewegung oder verstärkte biomechanische Belastung begünstigen einen Bandscheibenvorfall. Anhand der Symptomatik (radikuläre Schmerzausstrahlung, Sensibilitätsstörungen, motorische Einschränkungen, Reflexminderung) kann auf die Höhe der Läsion geschlossen werden. Dabei sind lumbale Bandscheibenvorfälle in den Bewegungssegmenten L4/5 und L5/S1 am häufigsten.

Du möchtest diesen Artikel lieber hören als lesen? Wir haben ihn für dich im Rahmen unserer studentischen AMBOSS-Audio-Reihe vertont. Den Link findest du am Kapitelende in der Sektion „Tipps & Links“.

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Definitiontoggle arrow icon

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Epidemiologietoggle arrow icon

  • Alter
    • Häufigkeitsgipfel: 30.–50. Lebensjahr
    • Nach dem 50. Lebensjahr: Seltener aufgrund des abnehmenden Expansionsdrucks des Nucleus pulposus
  • Lokalisation [1]
  • Geschlechterverhältnis: Insg. ausgewogen

Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Ätiologietoggle arrow icon

  • Degenerativer Bandscheibenvorfall
  • Traumatischer Bandscheibenvorfall
    • Isoliert sehr selten
    • Häufiger in Kombination mit Wirbelsäulenverletzung
    • Meist infolge einer traumatischen Belastung oder Extrembewegung
Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Pathophysiologietoggle arrow icon

Anatomische Grundlagen der Bandscheibe [3][4][5][6]

  • Aufbau
    • Gallertartiger Nucleus-pulposus-Kern
    • Faserknorpeliger Anulus-fibrosus-Ring
    • Knorpelige Grund- und Deckplatte der angrenzenden Wirbelkörper
  • Durchblutung des Anulus fibrosus
    • Beim Kleinkind: Stark vaskularisiert
    • Beim Erwachsenen: Größtenteils avaskulär
  • Innervation des Anulus fibrosus: Perivaskuläre und sensible Nerven
  • Funktion: Gleichmäßige Verteilung der axialen Belastung auf die Deck- und Bodenplatten der Wirbelkörper
  • Siehe auch: Gelenke der Wirbelsäule

Pathophysiologie der Bandscheibendegeneration [3][7]

Pathophysiologie des Bandscheiben-assoziierten Schmerzes [3]

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Symptomatiktoggle arrow icon

Allgemeine Symptome

Die radikulären Dermatome haben überlappende Grenzen, sodass die unterschiedlichen Dermatomkarten in der Literatur immer einen Kompromiss darstellen!

Bei hohen lumbalen Bandscheibenvorfällen können Rückenschmerzen weitestgehend fehlen. Hier steht bei der L3-Kompression der Knieschmerz im Vordergrund!

Als Warnzeichen für das Absterben eines Nerven gilt ein plötzliches Nachlassen der Schmerzsymptomatik bei gleichzeitig zunehmender Parese. In einem solchen Fall droht ein Wurzeltod!

Häufige radikuläre Syndrome und ihre Kennmuskeln

Zervikale radikuläre Syndrome [10]

Zervikale radikuläre Syndrome

Syndrom

Kennmuskel/Parese

Dermatom (Sensibilitätsstörung/Schmerzausstrahlung) Reflex(-minderung)

C3/4-Syndrom

C5-Syndrom

  • Dorsal: Übergang vom Nacken zu den Schultern
  • Frontal: Oberster Anteil des Thorax und Palmarseite von Ober- und Unterarm (lateraler Anteil)

C6-Syndrom

  • Lateraler Oberarm, radialseitiger Unterarm, Daumen und Zeigefinger radialseitig

C7-Syndrom

  • Dorsal: Nacken, dorsaler Ober- und Unterarm sowie ulnarseitiger Zeigefinger, Mittelfinger und radialseitiger Ringfinger
  • Palmar: Ulnarseitiger Zeige- und Mittelfinger sowie mittlere Anteile der Handfläche

C8-Syndrom

  • Ulnare Seite des Unterarms
  • Kleinfinger und ulnarseitiger Ringfinger

Lumbale radikuläre Syndrome [10][11]

Lumbale radikuläre Syndrome
Syndrom

Kennmuskel-Parese

Dermatom (Sensibilitätsstörung/Schmerzausstrahlung) Reflex(-minderung)

L3-Syndrom

  • Vorderseite des Oberschenkels und mediale Seite des Knies (schräg von kraniolateral nach kaudomedial)

L4-Syndrom

  • Oberschenkelaußenseite über Patella zur Unterschenkelinnenseite und Tibiavorderkante
  • Medialer Fußrand

L5-Syndrom

S1-Syndrom

  • Außen- und Rückseite des Ober- und Unterschenkels
  • Äußerer Malleolus und laterale Fußkante

Ein lateraler Bandscheibenprolaps auf Höhe LWK 4/5 betrifft i.d.R. nur die Nervenwurzel L5 auf einer Seite, wohingegen ein medialer Bandscheibenprolaps auf dieser Höhe ein Cauda-equina-Syndrom verursachen kann!

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Verlaufs- und Sonderformentoggle arrow icon

Das Konus- und das Kaudasyndrom stellen schwerwiegende Verlaufsformen eines Bandscheibenvorfalls dar. Beide Syndrome können sowohl isoliert als auch kombiniert auftreten. Das Konus-Kauda-Syndrom, also die Kombination beider Syndrome, ist oft durch eine sehr große Raumforderung (bspw. posteromedialer Vorfall, Tumor) bedingt, die eine massive Kompression des Rückenmarks und der Spinalnerven bewirkt.

Vergleich von Konussyndrom und Kaudasyndrom
Conus-medullaris-Syndrom Cauda-equina-Syndrom
Anatomie
Lokalisation
  • Symmetrisch
  • Eher im Sakralbereich
  • Asymmetrisch
  • Eher beinbezogen
Abgeschwächte/ausfallende Reflexe
Symptomatik

Das Konussyndrom und das Kaudasyndrom sind absolute Notfallsituationen und bedürfen eines sofortigen operativen Eingriffs!

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Vorgehen in der Notaufnahmetoggle arrow icon

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Diagnostiktoggle arrow icon

Ziele

Anamnese

  • Schmerzanamnese
    • Beginn: Akut oder subakut (sog. Hexenschuss)
    • Auslöser: Trauma oder Fehlbelastung
    • Charakter und Intensität
    • Bewegungsabhängigkeit
    • Verlauf
  • Radikuläre Symptome und Hinweise für die Schädigung des Rückenmarks
  • Weitere Symptome: Zur differenzialdiagnostischen Einordnung, siehe auch: Red Flags bei Rückenschmerzen

Fokussierte körperliche Untersuchung

Ob es sich um eine radikuläre oder pseudoradikuläre Schmerzausbreitung handelt, ist klinisch nicht leicht zu unterscheiden und erfordert eine gründliche neurologische Untersuchung!

Bei lumbalen Bandscheibenvorfällen wird häufig nicht die unmittelbar auf der gleichen Höhe austretende Wurzel geschädigt, sondern die darunter!

Bildgebende Diagnostik bei Bandscheibenprolaps [1][11][18][19]

Bei akutem Rückenschmerz und fehlenden Hinweisen auf Red Flags bei Rückenschmerzen ist eine bildgebende Diagnostik initial nicht routinemäßig indiziert!

  • Indikation
  • Verfahren
    • MRT: Bildgebung der Wahl, insb. bei Red-Flags-Symptomatik ohne Hinweis auf Fraktur und vor PRT
    • Konventionelle Röntgenaufnahme: Bei starkem Schmerz nach Trauma, Hinweis auf segmentale Instabilität, Wirbelsäulenklopfschmerz, Hinweis auf rheumatische Grunderkrankung
Auswahl bildgebender Verfahren zur Diagnostik eines Bandscheibenvorfalls
Verfahren Typische Indikation Durchführung Möglicher Befund
Magnetresonanztomografie
  • Dünnschichtsequenzen (≤3 mm) [15]
  • Sagittale und transversale Darstellung des Wirbelsäulenabschnitts
  • Ggf. Kontrastmittelgabe [19]
Konventionelle Röntgenaufnahme
  • Wirbelsäulenabschnitt in 2 Ebenen
  • Ggf. Funktionsaufnahmen
Computertomografie
  • Fraktur im konventionellen Röntgenbild
  • Präoperative Planung
  • MRT nicht zeitnah verfügbar
  • Detaillierte Beurteilung knöcherner Strukturen
  • Wirbelsäulenabschnitt
  • I.d.R. ohne KM
Myelografie [22]
  • Bewegungsabhängige radikuläre Symptomatik
  • MRT und CT ohne wegweisenden Befund

Eine bildmorphologische Pathologie hat keinen prädiktiven Wert für das Auftreten einer klinischen Symptomatik! Hier sollte das akute Beschwerdebild genau auf Übereinstimmung mit der morphologischen Veränderung in Röntgen/MRT/CT kontrolliert werden!

Erweiterte Diagnostik

Labor

Neurophysiologische Diagnostik

  • Elektromyografie (EMG)
    • Indikation: Differenzierung einer peripheren Nervenläsion von einer Wurzelschädigung
    • Durchführung
      • Untersuchung mehrerer Muskeln, die durch die gleiche Nervenwurzel, aber unterschiedliche Nerven innerviert werden
      • Periphere und paravertebrale Ableitung des Versorgungsgebietes einer Nervenwurzel (Myotom)
      • Vergleich mit nicht-betroffenen Muskeln, die durch andere Nervenwurzeln innerviert werden
    • Interpretation: Denervierungszeichen paravertebral (insb. pathologische Spontanaktivität) sprechen für Läsion der Nervenwurzel oder Vorderhornzelle
  • Sensible Elektroneurografie (ENG)
    • Indikation: Differenzierung einer infra- von einer supraganglionären Schädigung
    • Durchführung: Betroffene Nerven im Seitenvergleich
    • Interpretation
      • Erhaltene sensible Nervenaktionspotenziale (SNAP) bei gestörter Sensibilität: Hinweis auf Wurzelläsion (supraganglionär)
      • Ausgefallene oder amplitudengeminderte sensible Nervenaktionspotenziale: Hinweis auf periphere Nervenläsion oder Plexusläsion (infraganglionär)
  • Motorische Elektroneurografie (ENG)
    • Indikation: Differenzierung einer Wurzelläsion von einer Mononeuropathie
    • Interpretation
      • Erniedrigtes Muskelsummenaktionspotenzial (MSAP), ggf. verlängerte F-Wellen-Latenz oder reduzierte Persistenz
      • Bei S1- oder C7-Läsion: H-Reflex auf betroffener Seite ausgefallen oder verlängerte Latenz

Diagnostische periradikuläre Infiltration (PRT) [1]

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Wurzeldehnungszeichentoggle arrow icon

AMBOSS-Video-Tutorials zur Prüfung des (umgekehrten) Lasègue- sowie des Bragard-Zeichens:

Lasègue-Test [1][14]

  • Durchführung
    • Untersuchung des betroffenen Beines in Rückenlage
    • Anheben des gestreckten Beines durch die untersuchende Person
  • Lasègue-Zeichen positiv: Schnell einschießende Schmerzen in das ipsilaterale Bein mit Ausbreitung im motorischen/sensiblen Areal der betroffenen Nervenwurzel bei einem Beugungswinkel im Hüftgelenk von meist 40–60°
    • Hinweis auf: Wurzelreizung im Bereich L4–S1, Reizung des N. ischiadicus oder meningeale Reizung
  • Pseudo-Lasègue-Zeichen: Ziehende Schmerzen im Bereich der LWS und des Oberschenkels mit nur langsam zunehmender Stärke und ohne Schmerzausstrahlung
    • Hinweis auf: Muskuloskelettale Dysfunktionen

Gekreuzter Lasègue-Test

  • Durchführung
    • Untersuchung des nicht-betroffenen Beines in Rückenlage
    • Analog zum Lasègue-Test
  • Gekreuztes Lasègue-Zeichen positiv: Einschießende Schmerzen in das kontralaterale Bein mit Ausbreitung im motorischen/sensiblen Areal der betroffenen Nervenwurzel
    • Hinweis auf: Wurzelreizung im Bereich L4–S1 oder des N. ischiadicus des kontralateralen Beines, meningeale Reizung (analog zum Lasègue-Test)

Umgekehrter Lasègue-Test [11]

  • Durchführung
    • Untersuchung des betroffenen Beines in Bauchlage
    • Bein wird in der Hüfte gestreckt und optional im Knie flektiert
    • Anschließend wird das Hüftgelenk durch passives Anheben des Oberschenkels durch die untersuchende Person überstreckt
  • Umgekehrtes Lasègue-Zeichen positiv: Einschießende Schmerzen in die Vorderseite des Oberschenkels durch Hyperextension im Hüftgelenk

Bragard-Test (Wirbelsäule) [10][11]

Kernig-Zeichen [23]

  • Variante A
    • Durchführung: Passives Anheben des gestreckten Beines in Rückenlage durch die untersuchende Person
    • Kernig-Zeichen positiv: Einschießende Schmerzen ab einem bestimmten Beugungswinkel des Hüftgelenks sowie reflektorische Beugung des Beines im Kniegelenk zur Schmerzreduktion
  • Variante B
    • Durchführung: Passive Beugung des Beines in Hüft- und Kniegelenk um je 90° in Rückenlage, anschließend erfolgt eine langsame, passive Streckung im Kniegelenk
    • Kernig-Zeichen positiv: Einschießende Schmerzen bei Streckung des Kniegelenks mit fühlbarer Abwehrspannung, typisch ist das Auftreten von Schmerzen bzw. einer Abwehrspannung bei einem Streckungswinkel <135° (bzw. Knieflexion >45° und <90°)
  • Hinweis auf: Wurzelreizung im Bereich L4–S1, Reizung des N. ischiadicus oder meningeale Reizung

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Differenzialdiagnosentoggle arrow icon

Unspezifischer Rückenschmerz

  • Definition: Lumbale Rückenschmerzen, die auf keine spezifisch feststellbare Ursache zurückzuführen sind
  • Symptomatik: Lokaler Rückenschmerz ohne radikuläre Reizung
  • Therapie: Konservativ
    • Aufklärung über Krankheitsbild
    • Kurzfristige medikamentöse Schmerztherapie: NSAR (bspw. Ibuprofen, Diclofenac) , ggf. kurzfristig schwache Retard-Opioide
    • Beibehaltung von körperlicher Aktivität, Bewegungstherapie, keine(!) Bettruhe
    • Reevaluation der Beschwerden nach (2–)4 Wochen
      • Therapiedeeskalation bei Besserung
      • Therapieeskalation bei Persistenz der Beschwerden: Abklärung von Yellow Flags, erweitertes diagnostisches Vorgehen bei Kreuzschmerz (Überprüfung der Indikation einer Bildgebung, ggf. Einbeziehen weiterer Fachdisziplinen)
    • Bzgl. weiterer Details zur Therapie siehe auch: Rückenschmerz

Spezifischer Rückenschmerz

Extravertebragene Ursachen

AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differenzialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Therapietoggle arrow icon

Ziele

  • Schnellstmögliche Rückbildung der Symptomatik
  • Soziale und berufliche Reintegration
  • Verhinderung einer Chronifizierung

Indikation

  • Konservative Therapie
    • Stärkster Rückenschmerz ohne relevante sensomotorische Defizite
    • Radikuläre Symptome mit sensiblem Defizit
    • Radikuläre Symptome mit geringem motorischen Defizit, Kraftgrad ≥4/5
  • Operative Therapie [1]
    • Konus- oder Kaudasyndrom: Notfallindikation
    • Myelonkompression, zentrale Ausfälle (bspw. pathologische Fremdreflexe) unabhängig vom Schweregrad
    • Radikuläre Symptome mit motorischem Defizit, Kraftgrad ≤3/5
    • Progredienter radikulärer Schmerz
    • Persistierender radikulärer Schmerz >6–12 Wochen unter konservativer Therapie

Therapieformen

Konservative Therapie des Bandscheibenvorfalls

Operative Therapie des Bandscheibenvorfalls

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Konservative Therapietoggle arrow icon

Indikation

  • Therapie der 1. Wahl bei Ausschluss absoluter OP-Indikationen
  • Rückenschmerzen ohne radikuläre Symptomatik
  • Keine passende Korrelation von Klinik und Bildgebung
  • Begleitend bei operativer Therapie

Prinzip

Die wichtigste therapeutische Maßnahme bei einem Bandscheibenvorfall mit radikulären Symptomen ist die Bewegungstherapie! Unterstützend ist jedoch insb. initial häufig eine medikamentöse Schmerztherapie notwendig.

Medikamentöse Therapie

Nicht-Medikamentöse Therapie

Empfehlungen der S2k-Leitlinie zur konservativen nicht-medikamentösen Therapie bei Bandscheibenvorfällen mit radikulärer Symptomatik [1]

Behandlungsoption Akute radikuläre Symptome Postoperative radikuläre Symptome Subakute oder chronifizierungsgefährdete radikuläre Symptome
Ggf. empfohlene Maßnahmen
Bewegungstherapie
  • Schmerz-adaptierte Bewegung: ↑↑
  • Sporttherapie: ↓
  • ↔︎
  • Rehasport: ↑
Krankengymnastik
  • ↑↑
  • ↑↑
Verhaltenstherapie
  • ↑↑
  • Subakut: ↑
  • Chronifizierungsgefährdet: ↑↑
Thermotherapie (Wärmetherapie)
  • ↔︎
  • ↔︎
  • ↔︎
Hydro- und Balneotherapie
  • ↔︎
  • ↔︎
  • ↔︎
Manuelle Therapie
  • Im betroffenen Segment: ↓↓
  • Segmentfern: ↔︎
  • Im betroffenen Segment: ↓↓
  • Segmentfern: ↔︎
  • Im betroffenen Segment: ↓↓
  • Segmentfern: ↔︎
Ergotherapie
  • ↔︎
  • Subakut: ↔︎
  • Chronifizierungsgefährdet: ↑↑
Progressive Muskelrelaxation
  • ↔︎
  • ↔︎
Massage
  • Segmentfern: ↔︎
  • ↔︎
Rückenschule (biopsychologischer Ansatz)
  • ↔︎
  • Subakut: ↔︎
  • Chronisch: ↑↑
Orthesen
  • ↔︎
  • ↔︎
Elektrotherapie
  • ↔︎
  • ↔︎
Ultraschall
  • ↔︎
  • ↔︎
Akupunktur
  • Subakut: ↔︎
  • Chronifizierungsgefährdet: ↔︎
Gerätegestützte Traktion
  • ↔︎

↑↑ = starke Empfehlung („soll“), ↑ = empfohlen („sollte“)

↔︎ = offene Empfehlung („kann“)

↓ = nicht empfohlen, ↓↓ = starke Nicht-Empfehlung

Epidurale Injektion [1][24]

Periradikuläre Therapie (PRT)

An der HWS sollten zur PRT aufgrund des Risikos für schwerwiegende Nebenwirkungen keine Lokalanästhetika verwendet werden!

Interlaminäre Injektion

Landmarkengestützte Injektion

  • Definition: Epidurale Injektion von Medikamenten anhand klinischer Palpationsbefunde
  • Indikation: Lumbale radikuläre Schmerzen, wenn keine Bildgebung zu Verfügung steht
  • Wirksamkeit: Limitierte Evidenz für kurzfristigen schmerzlindernden Effekt
  • Sicherheit: Abhängig von Erfahrung der durchführenden Person; limitierte Evidenz
Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Operative Therapietoggle arrow icon

Allgemeines [1][14][19][25]

  • Ziel: Entlastung neuronaler Strukturen
  • Indikation
    • Absolute OP-Indikation
    • Relative OP-Indikation
      • Ausbleibende Besserung der Beschwerden unter konservativer Therapie >6 Wochen
      • Eindeutiger Wunsch der betroffenen Person nach einer OP zur Verkürzung des Beschwerdeverlaufs
  • Zeitpunkt
    • Dringliche OP: Bei absoluter OP-Indikation
    • Elektive OP: Bei relativer OP-Indikation
  • Auswahl operativer Techniken: Technik und Umfang des Eingriffs stark von der zugrundeliegenden Indikation abhängig

Typisches Vorgehen

Zervikaler Bandscheibenvorfall [19]

  • Standardverfahren: Anteriore Diskektomie und Fusion
  • Alternative Verfahren
    • Anteriore Diskektomie und Einsatz einer Bandscheibenprothese
    • Dorsale Foraminotomie und Sequestrektomie (mikrochirurgisch oder endoskopisch)

Thorakaler Bandscheibenvorfall [25][26]

  • Standardverfahren: Dekompression mit Sequestrektomie oder Diskektomie
    • Standardzugang: Ventral (thorakoskopisch oder Mini-Open)
    • Alternativer Zugang: Dorsal, bspw. transforaminal oder transpedikulär
  • Ggf. zusätzliche Spondylodese

Lumbaler Bandscheibenvorfall [14]

  • Standardverfahren: Dekompression mit Sequestrektomie
    • Mikrochirurgische Technik
      • Interlaminär
      • Extraforaminal
      • Translaminär
    • Endoskopische Technik
      • Interlaminär
      • Transforaminal
  • Ggf. zusätzliche Spondylodese

Nachbehandlung [14][19][25]

  • Allgemeine Hinweise
    • Körperliche Schonung für 6 Wochen
    • Physiotherapie: 1–2 ×/Woche
    • Thromboseprophylaxe bis zur gesicherten Mobilisierung
  • Lokalisationsabhängiges Vorgehen
    • Bei zervikalen Vorfällen: Ggf. kurzfristig weiche Halskrawatte
    • Bei thorakalen Vorfällen: Postoperative Kontrolle mittels MRT oder CT
    • Bei lumbalen Vorfällen: Ggf. weiches Lumbalmieder für 6 Wochen

Komplikationen bei Bandscheibenoperation [14][19][25]

Zugangsspezifische Komplikationen

Persistent-Spinal-Pain-Syndrom, ehemals: Postdiskektomie-Syndrom [27][28]

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Ambulante Nachsorgetoggle arrow icon

Nach einem Bandscheibenvorfall sollten den Betroffenen gezielte Nachsorgemaßnahmen angeboten werden!

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Komplikationentoggle arrow icon

Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Prognosetoggle arrow icon

Risikofaktoren

  • Alter >40 Jahre
  • Krankenstand >3 Monate
  • Symptomdauer >6 Monate
  • Vorbestehende chronische Schmerzen
  • Schlechtere Performance-Scores oder neurologische Defizite
  • Rezidivprolaps
  • Art des Bandscheibenvorfalls
  • Belastende psychische Faktoren
  • Laufende Entschädigungszahlungen der Unfallversicherung
  • Geringer Bildungsstatus
  • Beziehungsstatus

Prognose je nach Therapieverfahren [33][34]

  • Konservative vs. operative Therapie
    • Schnellere Rekonvaleszenz nach OP
    • Keine signifikanten Unterschiede bzgl. der Langzeitergebnisse nach 1–2 Jahren
    • Deutliche Besserung der Symptomatik unter konservativer Therapie bei ca. 80–90% der Betroffenen innerhalb eines Jahres
    • Deutliche Besserung der Bein- oder Rückenschmerzen nach lumbalem Bandscheibenprolaps nach 10 Jahren: Bei ca. 60% der konservativ und ca. 70% der operativ therapierten Personen
  • Vergleich operativer Verfahren
    • Höchste Erfolgsrate und geringste Komplikationsrate bei perkutaner Dekompression
    • Geringste Reoperationsrate bei mikrochirurgischer, offener Dekompression
Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Präventiontoggle arrow icon

  • Regelmäßige Bewegung/sportliche Aktivität, insb. [35][36]
    • Kräftigung der Rumpfmuskulatur
    • Dehnübungen
  • Maßnahmen am Arbeitsplatz, bspw. [37]
    • Schulungen zu rückengerechtem Heben
    • Ergonomische Arbeitsplatzgestaltung
    • Schulungen/Programme, insb. für besonders gefährdete Berufsgruppen wie bspw. Pflegekräfte [38]

Unter Tipps & Links finden sich verschiedene Übungsprogramme für Rückengesundheit sowie Programme zur arbeitsbezogenen Prävention von Rückenschmerzen und Bandscheibenschäden!

Um den Druck möglichst gleichmäßig auf die Bandscheiben zu verteilen und das Risiko für Verletzungen zu reduzieren, sollte man größere Lasten rückengerecht aus den Beinen heben und nah am Körper tragen!

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Patienteninformationentoggle arrow icon

  • Bandscheibenprolaps
  • Bandscheibenprolaps: Entscheidungshilfe OP
Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Meditrickstoggle arrow icon

In Kooperation mit Meditricks bieten wir durchdachte Merkhilfen an, mit denen du dir relevante Fakten optimal einprägen kannst. Dabei handelt es sich um animierte Videos und Erkundungsbilder, die auf AMBOSS abgestimmt oder ergänzend sind. Die Inhalte liegen meist in Lang- und Kurzfassung vor, enthalten Basis- sowie Expertenwissen und teilweise auch ein Quiz sowie eine Kurzwiederholung. Eine Übersicht aller Inhalte findest du im Kapitel „Meditricks“. Meditricks gibt es in unterschiedlichen Paketen – für genauere Informationen empfehlen wir einen Besuch im Shop.

Diskusprolaps

Inhaltliches Feedback zu den Meditricks-Videos bitte über den zugehörigen Feedback-Button einreichen (dieser erscheint beim Öffnen der Meditricks).

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025toggle arrow icon

M50.-: Zervikale Bandscheibenschäden

  • Inklusive: Zervikale Bandscheibenschäden mit Zervikalneuralgie, Zervikothorakale Bandscheibenschäden
  • M50.0: Zervikaler Bandscheibenschaden mit Myelopathie (G99.2*)
  • M50.1: Zervikaler Bandscheibenschaden mit Radikulopathie
  • M50.2: Sonstige zervikale Bandscheibenverlagerung
  • M50.3: Sonstige zervikale Bandscheibendegeneration
  • M50.8: Sonstige zervikale Bandscheibenschäden
  • M50.9: Zervikaler Bandscheibenschaden, nicht näher bezeichnet

M51.-: Sonstige Bandscheibenschäden

  • Inklusive: Thorakale, thorakolumbale und lumbosakrale Bandscheibenschäden
  • M51.0: Lumbale und sonstige Bandscheibenschäden mit Myelopathie (G99.2*)
  • M51.1: Lumbale und sonstige Bandscheibenschäden mit Radikulopathie (G55.1*)
    • Ischialgie durch Bandscheibenschaden
    • Exklusive: Lumbale Radikulitis o.n.A. (M54.16)
  • M51.2: Sonstige näher bezeichnete Bandscheibenverlagerung
    • Lumbago durch Bandscheibenverlagerung
  • M51.3: Sonstige näher bezeichnete Bandscheibendegeneration
  • M51.4: Schmorl-Knötchen
  • M51.8: Sonstige näher bezeichnete Bandscheibenschäden
  • M51.9: Bandscheibenschaden, nicht näher bezeichnet

M96.-: Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems nach medizinischen Maßnahmen, anderenorts nicht klassifiziert

Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Probiere die Testversion aus und erhalte 30 Tage lang unbegrenzten Zugang zu über 1.400 Kapiteln und +17.000 IMPP-Fragen.
disclaimer Evidenzbasierte Inhalte, von festem ärztlichem Redaktionsteam erstellt & geprüft. Disclaimer aufrufen.