Abstract
Der psychopathologische Befund fasst die Ergebnisse einer psychiatrischen Untersuchung zusammen und bildet die Grundlage für diagnostische Entscheidungen sowie therapeutische Maßnahmen. Dabei werden u.a. Bewusstsein, Orientierung, Gedächtnis, Wahrnehmung und Denken, Ich-Grenzen und Affekt beurteilt.
Die Erhebung der zahlreichen möglichen Befunde gibt Hinweise über die Erkrankung und ist unerlässlich für eine Diagnosestellung nach ICD-10-Kriterien. Einige Symptome sind fast pathognomonisch für eine Diagnose (z.B. imperative Stimmen bei paranoider Schizophrenie), die meisten Symptome können jedoch bei verschiedenen Krankheitsbildern und im Einzelfall auch bei Gesunden vorkommen.
Zur Erhebung des psychopathologischen Befundes hat sich das AMDP-System als strukturierendes, diagnostisches Hilfssystem bewährt und soll in Deutschland standardisiert angewandt werden. Es umfasst sowohl die Anamnese als auch den psychischen und somatischen Befund eines Patienten. In dem folgenden Kapitel werden die Inhalte der psychischen Befunderhebung in Anlehnung an das AMDP-System näher dargestellt.
Überblick
Einteilung psychopathologischer Symptome (in Anlehnung an das AMDP-System )
- Bewusstseins- und Orientierungsstörungen
- Aufmerksamkeits- und Gedächtnisstörungen
- Formale Denkstörungen
- Inhaltliche Denkstörungen
- Befürchtungen und Zwänge
- Wahn
- Sinnestäuschungen
- Ich-Störungen
- Störungen der Affektivität
- Störungen des Antriebs und der Psychomotorik
- Zirkadiane Besonderheiten
- Andere Störungen : U.a. Aggressivität, Suizidalität, sozialer Rückzug, mangelnde Krankheitseinsicht , Selbstbeschädigung, mangelndes Krankheitsgefühl
Bewusstseins- und Orientierungsstörungen
Bewusstseinsstörungen
- Qualitativ : Bewusstseinstrübung, Bewusstseinseinengung und Bewusstseinsverschiebung
- Quantitativ : Vigilanzminderung (Benommenheit, Somnolenz, Sopor, Koma)
Bewusstseinsstörung | Erklärung | Vorkommen (Beispiele) | ||
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Qualitativ | Bewusstseinstrübung | Beeinträchtigung der geistigen Klarheit in Bezug auf das gesamte Erleben und Verhalten. Die Fähigkeit, Aspekte zu verstehen, sinnvoll miteinander zu verbinden, sich mitzuteilen und sinnvoll zu handeln geht verloren. | ||
Bewusstseinseinengung | Das gesamte Erleben und Verhalten ist eingeengt, z.B. durch Fokussierung auf ein bestimmtes Thema. |
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Bewusstseinsverschiebung | Das Bewusstsein ist im Gegensatz zum sonstigen normalen Tagesbewusstsein verändert und die Wahrnehmung von Raum, Zeit und Sinnesempfindungen ist intensiviert. Patienten fühlen sich wacher, lebendiger und offener. |
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Quantitativ | Der Patient ist verlangsamt und in der Informationsverarbeitung eingeschränkt. Das Ausmaß der Bewusstseinsverminderung reicht von Benommenheit über Somnolenz und Sopor bis hin zum Koma. |
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Orientierungsstörungen [1]
Die Orientierung ist die kognitive Fähigkeit, sich zeitlich, örtlich, bezüglich der aktuellen Situation und der eigenen Person zurechtzufinden. Beeinträchtigungen treten meist in unten genannter Abfolge (ZOSP-Schema) auf. Bereits kleine Abweichungen gelten als auffällig und sollten Beachtung finden. Wichtig dabei ist das genaue Nachfragen und Dokumentieren.
- Z: Zeitlich
- O: Örtlich
- S: Zur Situation
- P: Zur eigenen Person
Die Orientierung zur eigenen Person geht typischerweise zuletzt verloren!
Aufmerksamkeits- und Gedächtnisstörungen
Diagnostik
- Subjektive Beobachtungen in der Untersuchungssituation
- Angaben des Patienten
- Objektive Tests: Konzentrationstest unter Belastung (z.B. d2-Konzentrationstest)
Aufmerksamkeits-/ Gedächtnisstörung | Erklärung | Vorkommen (Beispiele) | |
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Auffassungsstörungen | Verminderte Fähigkeit, Auffassungen oder Texte in ihrer Bedeutung zu begreifen und miteinander zu verbinden
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Konzentrationsstörungen | Verminderte Fähigkeit, sich ausdauernd konzentriert einer Tätigkeit oder einem Thema zuzuwenden | ||
Merkfähigkeitsstörungen | Verminderte oder aufgehobene Fähigkeit, sich neue Inhalte über einen Zeitraum von ca. zehn Minuten zu merken | ||
Gedächtnisstörungen | Verminderte oder aufgehobene Fähigkeit, sich Informationen längerfristig zu merken (>10 Minuten) bzw. Erlerntes aus dem Gedächtnis abzurufen | ||
Konfabulationen | Erfundene, objektiv falsche Aussagen, die von Patienten mit zerebralen Schädigungen unbewusst genutzt werden, um Gedächtnislücken zu füllen. Dabei halten die Betroffenen die Aussagen für wahr, auch wenn die gleiche Lücke jedes Mal mit einem anderen Inhalt gefüllt wird. | ||
Paramnesie | Verfälschtes Erinnern von Ereignissen oder Erinnern von Ereignissen, die nicht stattgefunden haben
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Formale Denkstörungen
Definition: Störungen des Denkablaufs, die sich in sprachlichen Äußerungen zeigen. Hierbei kann es sich um Veränderungen der Geschwindigkeit, fehlende Zusammenhänge oder mangelnde Schlüssigkeit der Gedankenabläufe handeln. Formale Denkstörungen stehen im Gegensatz zu inhaltlichen Denkstörungen, bei denen der Inhalt des Denkens und die Realitätskontrolle beeinträchtigt sind.
Formale Denkstörung | Erklärung | Vorkommen (Beispiele) [2][3] |
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Denkzerfahrenheit (Denkinkohärenz) |
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Denkhemmung/-verlangsamung |
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Ideenflucht |
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Perseveration/Gedankenkreisen |
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Grübeln |
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Eingeengtes Denken |
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Umständliches Denken |
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Gedankendrängen |
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Vorbeireden |
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Neologismen |
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Inhaltliche Denkstörungen
Definition: Beeinträchtigung des Denkinhalts und der Realitätskontrolle. Zu unterscheiden sind hierbei Befürchtungen und Zwangssymptome von wahnhaften Denkstörungen. Inhaltliche Denkstörungen stehen im Gegensatz zu formalen Denkstörungen, bei denen der Ablauf des Denkens gestört ist.
Befürchtungen und Zwänge
Definition: Reihe von Störungen, denen ängstliche Einstellungen, Verhaltensweisen oder Befürchtungen zugrunde liegen. Siehe auch: Zwangsstörungen, Phobische Störungen und Hypochondrische Störung
- Zwangsgedanken
- Zwangshandlungen
- Zwangsimpulse
- Phobien
- Hypochondrie
- Misstrauen: Ängstliches, feindseliges oder unsicheres Beziehen des Verhaltens anderer Menschen auf die eigene Person
Wahn
- Definition: Subjektive Fehlbeurteilung der Realität, die die Lebensführung behindert und trotz objektiver Widersprüchlichkeit nicht verworfen wird
- Allgemeine Kriterien eines Wahns (nach Jaspers) [5]
- Gewissheit
- Unkorrigierbarkeit
- Inhalte sind objektiv falsch
- Wahninhalte
- Parathymer Wahn: Der Wahninhalt passt nicht zur Stimmung
- Typisch für die Schizophrenie und wahnhafte Störungen
- Synthymer Wahn: Der Wahninhalt entspricht der Stimmung
- Parathymer Wahn: Der Wahninhalt passt nicht zur Stimmung
- Überwertige Idee: Die überwertige Idee beschreibt einen dauerhaft lebensbestimmenden Gedanken, der wahnhaft gesteigert sein kann, wobei die Kriterien eines Wahns nicht vollständig erfüllt sind
Das Vorliegen eines synthymen Wahns spricht eher für eine affektive Störung (Depression, bipolare Störung); ein parathymer Wahn eher für eine paranoide Schizophrenie!
Formale Wahnmerkmale
Formales Wahnmerkmal | Erklärung | |
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Wahnwahrnehmung | Wahnhafte Fehlinterpretation / Umdeutung eines realen Ereignisses | |
Wahnstimmung | Die Wahnstimmung ist ein unspezifisches Gefühl, dass etwas (mit einem selbst) passieren wird. Die Realität bzw. die Situation wird dabei vom Patienten als bedrohlich und unheimlich empfunden, ohne dass die Ursache genau benannt werden kann. | |
Wahndynamik | Beschreibt den Grad der affektiven Beteiligung, den ein Patient im Zusammenhang mit dem wahnhaften Erleben zeigt | |
Wahnarbeit | Ausgestaltung des Wahns mit Verknüpfungen, Begründungen und Beweisen | |
Wahneinfall (Wahnidee) | Plötzliches Auftreten einer wahnhaften Vorstellung oder einer wahnhaften Überzeugung | |
Wahngedanken | Aus Wahnwahrnehmungen oder Wahneinfällen entwickeln sich wahnhafte Überzeugungen | |
Wahnsystem (Systematisierter Wahn) | Durch Wahnarbeit und Herstellen weiterer Verknüpfungen zu anderen Wahnphänomenen entsteht ein Wahnsystem |
Inhaltliche Wahnmerkmale
Inhaltliches Wahnmerkmal | Erklärung | Vorkommen (Beispiele) |
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Beziehungswahn | Patient bezieht Ereignisse aus der Umwelt ausschließlich auf sich, alles geschieht nur seinetwegen | Schizophrenie |
Beeinträchtigungswahn | Patient empfindet, dass alle Ereignisse gegen ihn gerichtet seien | |
Verfolgungswahn | Patient fühlt sich verfolgt. Er integriert dabei persönliche Erfahrungen und aktuelle Ereignisse in seinen Verfolgungswahn
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Größenwahn | Wahnhafte Selbstüberschätzung und Selbstüberhöhung | Manie |
Verarmungswahn | Wahnhafte Überzeugung, zu verarmen oder z.B. die Familie nicht mehr versorgen zu können | Wahnhafte Depression |
Schuldwahn | Wahnhafte Überzeugung, einen Fehler begangen und schwere Schuld auf sich geladen zu haben, häufig kombiniert mit der Überzeugung, gegen göttliche oder moralische Prinzipien verstoßen zu haben (Versündigungswahn) und für das Vergehen auch bestraft zu werden | |
Nihilistischer Wahn | Wahnhafte Überzeugung, nicht zu existieren | |
Hypochondrischer Wahn | Wahnhafte Überzeugung, an einer schweren Krankheit zu leiden | |
Eifersuchtswahn | Wahnhafte Überzeugung, vom Lebenspartner hintergangen und betrogen zu werden | Alkoholabhängigkeit |
Sinnestäuschungen
Illusionäre Verkennungen
- Definition: Verfälschte Wahrnehmung und Verkennung der Realität
- Vorkommen: Bspw. bei Dunkelheit, Übermüdung, affektiver Anspannung oder unter Drogeneinfluss
Halluzinationen
- Definition: Eine Halluzination ist eine Sinneswahrnehmung ohne objektiv nachweisbaren Reiz. Definitionsgemäß kann der Betroffene die irreale Wahrnehmung nicht von einer realen unterscheiden.
Erklärung | Vorkommen (Beispiele) | ||
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Akustische Halluzinationen | Akoasmen | Non-Verbale Halluzinationen, die Geräusche jeder Art sein können (Rauschen, Summen, Pfeifen, Zischen, etc.) |
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Kommentierende Stimmen | Die vom Patienten wahrgenommenen Stimmen kommentieren das Handeln des Patienten | ||
Dialogisierende Stimmen | Die vom Patienten wahrgenommenen Stimmen unterhalten sich miteinander | ||
Imperative Stimmen | Die vom Patienten wahrgenommenen Stimmen fordern den Patienten zu einer Handlung auf (z.B. einen Suizid zu begehen) | ||
Optische Halluzinationen | Bei optischen Halluzinationen sehen Betroffene Objekte und/oder Personen, die objektiv nicht vorhanden sind |
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Körperhalluzinationen | Taktile Halluzinationen (Haptische Halluzinationen) | Patienten fühlen sich von etwas Unsichtbarem berührt, angefasst und nicht selten auch sexuell belästigt | |
Sonderform: Chronische taktile Halluzinose (Dermatozoenwahn) → Überzeugung, dass Insekten oder andere Tiere in der Haut leben | |||
Zönästhesien | Bizarre Leibempfindungen |
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Pseudohalluzinationen | Ist der Patient in der Lage zu erkennen, dass seine Halluzinationen irreal sind, werden diese als Pseudohalluzinationen bezeichnet | ||
Hypnagoge Halluzinationen | Optische und akustische Sinnestäuschungen, zu denen es in Halbschlafphasen kommen kann |
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Geruchs- und Geschmackshalluzinationen | Geschmäcker und Gerüche werden wahrgenommen, ohne dass eine entsprechende Reizquelle vorhanden ist |
Weitere Wahrnehmungsstörungen
- Metamorphopsien
- Mikropsien/Makropsien: Gegenstände werden kleiner/größer wahrgenommen als sie in Wahrheit sind
- Dysmorphopsien: Gegenstände bzw. Teile der Umgebung werden deformiert wahrgenommen
Die folgenden drei Begriffe werden häufig gefragt und man sollte sie voneinander abgrenzen können. Illusionäre Verkennung bedeutet, dass etwas tatsächlich Vorhandenes verfälscht wahrgenommen und verkannt wird. Im Rahmen von Halluzinationen wird etwas nicht Existentes wahrgenommen. Und bei einer Wahnwahrnehmung wird etwas tatsächlich Vorhandenes korrekt wahrgenommen, aber wahnhaft umgedeutet!
Ich-Störungen
Definition: Bei den Ich-Störungen ist die Ich-Umwelt-Grenze beeinträchtigt. Der Patient nimmt die Umwelt oder sich selbst verändert wahr (Ich-Störungen auf der Gefühlsebene) oder glaubt, dass persönliche Aspekte (z.B. Gedanken) in die Umwelt gelangen oder von der Umwelt manipuliert werden (Ich-Störungen mit Fremdbeeinflussungserleben).
Erklärung | Vorkommen (Beispiele) | |
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Ich-Störungen auf der Gefühlsebene | ||
Derealisation | Der Patient empfindet die Umwelt als fremd, unvertraut und unwirklich. Die Derealisation wird von Betroffenen als ausgesprochen quälend empfunden | |
Depersonalisation | Der Patient empfindet den eigenen Körper als fremd. Er kann das Gefühl haben, in einer Traumwelt zu sein oder komplett losgelöst von seinem Körper nur als Geist zu existieren | |
Ich-Störungen mit Fremdbeeinflussungserleben | ||
Gedankenentzug | Der Patient empfindet, dass ihm Gedanken und Vorstellungen von der Umwelt (z.B. anderen Personen, Institutionen, Objekten) entzogen werden |
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Gedankeneingebung | Der Patient empfindet, dass seine Gedanken und Vorstellungen von der Umwelt gelenkt werden | |
Gedankenausbreitung | Der Patient empfindet, dass sich seine Gedanken im Raum ausbreiten. Folglich stellt sich auch das Gefühl ein, nicht verhindern zu können, dass die Gedanken von Dritten gelesen oder gehört werden (Gedankenlautwerden) | |
Andere Fremdbeeinflussungserlebnisse | Der Patient empfindet, dass sein Charakter, sein Wille, sein Verhalten und/oder seine Körperfunktionen durch eine äußere Kraft beeinflusst werden (meist mit spirituellem Charakter) |
Ich-Störungen mit Fremdbeeinflussung sind stets ein Hinweis für eine paranoide Schizophrenie!
Störungen der Affektivität
Störungen der Affektivität können sowohl bei psychisch Gesunden als auch im Rahmen psychischer Erkrankungen vorkommen, wobei sich der Krankheitswert an der Stärke der Ausprägung bemisst.
Störung | Erklärung | Vorkommen (Beispiele) |
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Affektarmut (Athymie) | Die Anzahl der gezeigten Gefühle ist vermindert. Der Patient wirkt gleichgültig. | |
Affektstarre | Verringerte Schwingungsfähigkeit: Die Stimmung des Patienten bleibt stets auf einem Niveau (z.B. stetige Gereiztheit) |
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Affektlabilität | Schneller Stimmungswechsel auf äußere Reize (rascher Wechsel von Weinen zu Lachen) |
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Affektinkontinenz | Affekte können schon bei geringem Anstoß nicht mehr beherrscht werden und kommen stärker als angemessen zum Ausdruck | |
Ambivalenz | Gleichzeitiges Vorliegen widersprüchlicher Gefühle, Gedanken oder Intentionen |
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Parathymie | Affekt und berichteter Inhalt stimmen nicht überein |
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Gefühl der Gefühlslosigkeit | Der Patient empfindet keine Gefühle und leidet sehr darunter. Dieser häufig als „Leere“ empfundene Zustand ist für Außenstehende nur schwer nachzuvollziehen |
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Insuffizienzgefühl | Der Patient hat das Vertrauen in sich verloren und das Gefühl, weniger oder nichts wert zu sein | |
Gesteigertes Selbstwertgefühl | Als angenehm empfundenes Gefühl, mehr Wert zu sein oder mehr vollbringen zu können als normalerweise | |
Euphorie | Übersteigertes Wohlbefinden und Zuversicht |
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Dysphorie | Missmutige Verstimmung: Patient ist verstimmt, schnell gereizt und unzufrieden |
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Störung der Vitalgefühle | Als vermindert empfundene Kraft und Energie |
Im AMDP-System werden noch folgende weitere Affekte aufgelistet: Schuldgefühle, Verarmungsgefühle, ratlos, deprimiert, hoffnungslos, ängstlich, gereizt, innerlich unruhig, klagsam/jammerig.
Störungen des Antriebs und der Psychomotorik
Störungen des Antriebs
- Definition: Störungen des Antriebs äußern sich als Veränderung der Energie, Aktivität und Initiative eines Menschen. Der Antrieb wird in erster Linie am Aktivitätsniveau sowie an der Psychomotorik erkennbar und kann häufig schon aus der Beobachtung eines Patienten im Untersuchungsgespräch beurteilt werden.
Antriebsstörung | Erklärung | Vorkommen (Beispiele) |
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Antriebsarmut | Mangel an Energie, Initiative, Elan und Anteilnahme mit spärlicher spontaner Motorik. Der Patient wirkt in sich selbst versunken und zieht sich häufig im Verlauf immer mehr von der Außenwelt zurück. |
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Antriebshemmung | Energie, Initiative und Anteilnahme werden als gebremst/blockiert erlebt. Der Patient will etwas Bestimmtes machen, schafft es aber nicht, bricht ab, fühlt sich blockiert und gebremst, rafft sich wieder auf, etc. |
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Antriebssteigerung | Zunahme an Energie und Initiative im Rahmen einer geordneten (zielgerichteten) Tätigkeit, die objektiv nicht sinnvoll sein muss. Betroffene können häufig unruhig oder hyperaktiv sein. Die Antriebssteigerung kann bis zur Antriebsenthemmung gesteigert sein, die sich dann in ziellosen Tätigkeiten äußert |
Ist eine Antriebsarmut vorhanden, sind Energie und Initiative einer Person vermindert. Bei der Antriebshemmung hingegen werden Energie und Initiative als gebremst oder blockiert wahrgenommen!
Störungen der Psychomotorik
- Definition: Psychomotorische Störungen können u.a. im Rahmen von psychischen Erkrankungen auftreten. Sie ziehen eine Beeinträchtigung der Bewegungen und der Gesamtheit des Bewegungsablaufs mit sich.
Psychomotorische Störung | Erklärung | Vorkommen (Beispiele) |
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Motorische Unruhe | Ziellose, gesteigerte und ungerichtete motorische Aktivität, die sich bis zur Tobsucht steigern kann | |
Parakinesen |
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Manierismen | Sonderbare, unnatürliche, posenhafte, gekünstelte Bewegungen und Handlungen |
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Theatralisches Verhalten | Situationen, Beschwerden und Störungen werden vom Patienten aufgebauscht und dramatisiert | |
Mutismus | Wortkargheit bis hin zu vollständigem Schweigen über längere Zeit (Tage, Wochen, Jahre), obwohl das Sprachvermögen erhalten ist. Ursache sind psychische, selten auch organische Beschwerden.
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Logorrhö | Unstillbarer Rededrang mit übermäßigem Reden, der eine sinnvolle Kommunikation mit dem Patienten erschwert |
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Zirkadiane Besonderheiten
- Häufig unterliegen psychische Störungen einem Tagesrhythmus. Diese zirkadianen Besonderheiten werden erfasst, indem regelhafte Schwankungen der Befindlichkeit und des Verhaltens des Patienten in 24-Stunden-Perioden registriert werden (z.B. Morgentief oder Veränderungen des Schlaf-Wach-Rhythmus).
- Beim Auftreten der Symptomatik einer psychischen Störung wird unterschieden zwischen
- Morgens schlechter (z.B. Morgentief bei Depressionen)
- Abends schlechter (z.B. Verlängerung der Einschlaflatenz bei Angsterkrankungen)
- Abends besser (z.B. verbesserte Stimmungslage bei Depressionen)