Abstract
Antipsychotika sind eine heterogene Gruppe von Substanzen, die insb. zur Behandlung von Schizophrenien, Manien, Wahn- und Erregungszuständen eingesetzt werden. Der Begriff „Neuroleptika“ ("Nerven-beruhigendes Medikament") wird zunehmend durch den Begriff „Antipsychotika“ ersetzt, der die Wirkung der Substanzen besser beschreibt. Während die typischen Antipsychotika (Leitsubstanz: Haloperidol) vor allem über einen D2-Antagonismus antipsychotisch wirken, ist die Wirkung bei den atypischen Antipsychotika über mehrere Rezeptoren vermittelt (D2, D3, D4, 5-HT und weitere). Niedrigpotente Medikamente wirken vor allem sedierend und kaum antipsychotisch. Der D2-Antagonismus führt als entscheidende Nebenwirkung zu extrapyramidal-motorischen Störungen (z.B. Dyskinesien, Akathisie) und Hyperprolaktinämie. Die atypischen Antipsychotika haben aufgrund ihrer unterschiedlichen Rezeptorprofile diverse Nebenwirkungen, bei Olanzapin, Clozapin und Quetiapin müssen vor allem die metabolischen Störungen (Adipositas, Diabetes mellitus) bedacht werden. Als weitere wichtige Nebenwirkung aller Substanzen ist das maligne neuroleptische Syndrom zu nennen, das sich mit Fieber, Hypertonie, Rigor, Tremor und psychopathologischen Symptomen präsentieren kann.
Wirkstoffe und Dosierungshinweise
Haloperidol
Wirkstoff | Haloperidol (z.B. Haldol®) | |||||
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Zu beachten |
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Flupentixol
Wirkstoff | Flupentixol (z.B. Fluanxol®) | |||||
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Zu beachten |
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Levomepromazin
Wirkstoff | Levomepromazin (z.B. Neurocil®) | |||||
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Pipamperon
Wirkstoff | Pipamperon (z.B. Dipiperon®) | |||||
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Zu beachten |
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Clozapin
Wirkstoff | Clozapin (z.B. Leponex®) | |||||
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Zu beachten |
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Olanzapin
Wirkstoff | Olanzapin (z.B. Zyprexa®) | |||||
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Zu beachten |
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Risperidon
Wirkstoff | Risperidon (z.B. Risperdal®) | |||||
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Standarddosierungen und Indikationen |
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Zu beachten |
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Kontraindikationen |
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Keine Gewähr für Vollständigkeit, Richtigkeit und Aktualität der bereitgestellten Inhalte. Die Angaben erfolgen nach sorgfältigster redaktioneller Recherche. Insbesondere aktuelle Warnhinweise und veränderte Empfehlungen müssen beachtet werden. Soweit nicht anders genannt, beziehen sich die genannten Empfehlungen auf Erwachsene.
Wirkung
Begriffe
- Der Begriff "Neuroleptika" ("Nerven-beruhigendes Medikament") wird zunehmend durch den Begriff "Antipsychotika" ersetzt. In den deutschen Leitlinien sowie in der englischen und amerikanischen Literatur wird der Begriff "Antipsychotika" bzw. "Antipsychotic Drugs" inzwischen ausschließlich verwendet. Einzige Ausnahme ist das "maligne neuroleptische Syndrom" (MNS), da es sich hierbei um eine feststehende Diagnose handelt.
- Die klassische Einteilung in "typische" und "atypische" Antipsychotika wird immer weiter verlassen, da eine strikte Abgrenzung nicht ohne Weiteres möglich ist. Nichtsdestotrotz ist diese Einteilung didaktisch sinnvoll und wird deswegen an dieser Stelle noch verwendet.
Typische Antipsychotika
- Wirkmechanismus: Dopaminantagonismus am D2-Rezeptor
- Hochpotente Antipsychotika sind reine Dopaminantagonisten und wirken schon in relativ niedriger Dosis stark antipsychotisch
- Niedrigpotente Antipsychotika wirken antidopaminerg, antihistaminerg und anticholinerg – und damit insg. vor allem sedierend
- Bei Phenothiazinen (Chlorpromazin, Levomepromazin, Perphenazin) ist im Vergleich zu Butyrophenonen (Melperon, Benperidol, Pipamperon) neben der sedierenden, antihistaminergen Wirkung vermehrt mit vegetativen, anticholinergen Nebenwirkungen zu rechnen
Substanzen | Antipsychotische Wirkung | Sedierende und antiemetische Wirkung | |
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Hochpotente Antipsychotika |
| ↑↑↑ | ↑ |
Mittelpotente Antipsychotika |
| ↑↑ | ↑↑ |
Niedrigpotente Antipsychotika |
| ↑ | ↑↑↑ |
Atypische Antipsychotika
Atypische Antipsychotika sind Medikamente, die eine geringere Wirkung am D2-Rezeptor zeigen (→ Schwächere extrapyramidal-motorische Nebenwirkungen). Sie entfalten ihre antipsychotische Wirkung auch an anderen Rezeptoren (D3, D4, 5-HT und weitere). Es konnte gezeigt werden, dass einige atypische Substanzen gegen primäre Negativsymptome eine bessere Wirkung als vergleichbare typische Antipsychotika erzielen. Bezüglich sekundärer Negativsymptome (z.B. sozialer Rückzug aufgrund paranoider Halluzinationen) wurden bisher keine Unterschiede festgestellt.
- Definitionen
- Enge Definition: Antipsychotisch wirksame Substanz ohne klinisch relevante motorische Nebenwirkung → Gilt im Prinzip nur für Clozapin!
- Weite Definition: Antipsychotisch wirksame Substanz mit deutlich geringeren motorischen Nebenwirkungen und geringerer Prolaktinspiegelerhöhung im Vergleich zu den typischen Antipsychotika → Gilt für alle gebräuchlichen atypischen Antipsychotika
- Wirkmechanismus: Dopaminantagonismus an verschiedenen Rezeptoren
- Verwendete Substanzen: Clozapin, Olanzapin, Risperidon (als Depot möglich), Quetiapin, Amisulprid, Ziprasidon, Aripiprazol
Nebenwirkung
Typische Antipsychotika
Alle Antipsychotika senken die Krampfschwelle und können dadurch Krampfanfälle verschiedener Genese provozieren!
Hochpotente Antipsychotika
- Extrapyramidal-motorische Störungen (EPS): Im Prinzip können alle Antipsychotika, die über den D2-Rezeptor wirken, EPS verursachen. Bei den hochpotenten ist diese Nebenwirkung aber deutlich häufiger zu erwarten
- Typische hochpotente Antipsychotika: D2-Antagonismus → EPS
- Atypische Antipsychotika: Weniger D2-Antagonismus → Kaum EPS
- Hyperprolaktinämie
- QT-Zeit-Verlängerung
Extrapyramidal-motorische Störungen (EPS)
Beginn | Symptome | Therapie | |
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Frühdyskinesie | 1. Woche |
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Spätdyskinesie | Monate–Jahre |
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Parkinsonoid | 1.–8. Woche |
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Akathisie (Sitzunruhe) | 1.–8. Woche |
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Niedrig- und mittelpotente Antipsychotika
Niedrigpotente Antipsychotika wirken weniger auf den Dopamin-D2-Rezeptor und zeigen deshalb seltener EPS und Prolaktinspiegelerhöhungen als Nebenwirkungen. Allerdings ist eine deutliche anticholinerge und antihistaminerge Wirkung zu erwarten.
- Anticholinerge Wirkung: Mundtrockenheit, Mydriasis, Obstipation, tachykarde Herz-Rhythmus-Störungen
- α-sympatholytische Wirkung: Orthostatische Dysregulation
- Antihistaminerge Wirkung: Sedierung
- Kardiale Wirkung: QT-Zeit-Verlängerung
- Metabolische Wirkung: I.d.R. Gewichtszunahme, gelegentlich aber auch Appetitverlust mit Gewichtsabnahme
Atypische Antipsychotika
Atypische Antipsychotika sind grundsätzlich nicht nebenwirkungsärmer als typische Antipsychotika!
Das Nebenwirkungsprofil ist je nach Substanz sehr unterschiedlich. Zu beachten sind vor allem metabolische und kardiale Nebenwirkungen (QT-Zeit-Verlängerung).
Wirkstoff | Nebenwirkungen |
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Clozapin |
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Olanzapin |
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Quetiapin |
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Risperidon |
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Amisulprid |
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Malignes neuroleptisches Syndrom (MNS)
Beim MNS handelt es sich um eine lebensbedrohliche neurologische Störung, die in den meisten Fällen mit der Einnahme von Antipsychotika assoziiert ist und sich in extrapyramidal-motorischen, vegetativen und psychopathologischen Symptomen äußert. Wichtigste therapeutische Maßnahme ist das Absetzen des auslösenden Wirkstoffes. Dopaminagonisten und Dantrolen werden supportiv eingesetzt.
- Ätiologie
- Meistens innerhalb von vier Wochen nach Beginn der Einnahme von Antipsychotika (aber auch anderer ZNS-wirksamer Stoffe wie Carbamazepin, Lithium, Venlafaxin)
- Der genaue Mechanismus ist ungeklärt, eine Abhängigkeit von der Therapiedauer oder der Dosierung konnte nicht gezeigt werden
- Pathophysiologie: Es wird vermutet, dass die auslösenden Substanzen bei prädisponierten Menschen zu einer Dopaminmangelsituation führen können
- Klinik
- Vegetative Symptome: Hohes Fieber, Tachykardie, Tachypnoe
-
Psychiatrische Symptome: Vigilanzminderung, Stupor, Verwirrtheitszustände, Mutismus
- CAVE: Katatones Dilemma! → Siehe: Differentialdiagnosen
- Extrapyramidal-motorische Symptome: Akinese, Tremor, Rigor
FALTER – Fieber, Autonome Instabilität, Leukozytose, Tremor, Erhöhte Enzyme (CK, Transaminasen), Rigor
- Diagnostik: CK↑↑, Transaminasen↑, Leukozytose, metabolische Azidose, Myoglobinurie
- Differentialdiagnosen
- Therapie
- Antipsychotika absetzen!
- Intensivmedizinische Betreuung
- Dopaminagonisten: L-Dopa, Apomorphin, Bromocriptin
- NMDA-Rezeptorantagonist: Amantadin
- Dantrolen
- Elektrokrampftherapie
Aufgrund der Rhabdomyolyse besteht die Gefahr einer Crush-Niere!
Es werden die wichtigsten Nebenwirkungen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.
Indikation
Wichtige Indikationen | Substanzen | |
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Akuttherapie | Akute wahnhafte Symptome (z.B. bei paranoider Schizophrenie) | |
Bipolar-affektive Störung bzw. bei manischem Syndrom | ||
Delir |
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Unruhe-, Erregungs- und Verwirrtheitszustände |
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Psychotische Symptome durch Dopamin-agonistische Therapie eines Morbus Parkinson |
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Langfristige Therapie | Paranoide Schizophrenien und wahnhafte Störungen |
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Begleitmedikation bei Zwangsstörungen |
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Ticstörungen |
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Bei älteren Menschen sollten bevorzugt höherpotente Substanzen (z.B. Haloperidol oder Risperidon) oder Melperon eingesetzt werden, da diese weniger/keine anticholinergen Nebenwirkungen zeigen!
Neuroleptika für Verhaltens- und Psychologische Symptome (BPSD) bei demenziell Erkrankten sollen nicht ohne ein Assessment für die Ursachen solcher Symptome verordnet werden (DGIM - Klug entscheiden in der Geriatrie).
Studientelegramme zum Thema
- DGIM-Studientelegramm 1-2019-2/8: Keine Evidenz für die Gabe von Antipsychotika zur Therapie oder Prävention des Delirs
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Typische Antipsychotika
Atypische Antipsychotika
Malignes neuroleptisches Syndrom
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