Abstract
Die altersbedingte Makuladegeneration (AMD) ist in den Industriestaaten die häufigste Erblindungsursache des höheren Lebensalters. Ursächlich ist eine fortschreitende Degeneration der Makula durch eine Stoffwechselstörung der Fotorezeptoren und des retinalen Pigmentepithels, welche zur Ansammlung und Ablagerung von Stoffwechselendprodukten in den Pigmentepithelzellen und der Bruch-Membran führt. Durch den Befall der Makula ist das zentrale Sehen eingeschränkt, während das periphere Sehen erhalten bleibt. Es wird die nicht-exsudative von der exsudativen AMD unterschieden. Die nicht-exsudative AMD ist gekennzeichnet durch Sehstörungen (Beeinträchtigung der Sehschärfe, ggf. Metamorphopsien) und das Auftreten von Drusen. Bei der exsudativen AMD kann es durch Neovaskularisationen, seröse Abhebung der Makula und Blutungen zur Verstärkung der Metamorphopsien und zum massiven Visusverlust kommen. Therapeutisch wird versucht das Voranschreiten der Erkrankung zu verhindern, eine kausale Therapie ist nicht möglich.
Definition
Progrediente degenerative Veränderungen der Makula im Alter durch Alterungsprozesse des retinalen Pigmentepithels
Epidemiologie
- ca. 4,5 Millionen Erkrankte in Deutschland
- Erkrankungsalter meist >60 Jahre
- In den Industriestaaten häufigste Ursache für Erblindung bei Personen >65 Jahren
- Häufigste Erblindungsursachen
- Makuladegeneration
- Glaukom
- Diabetische Retinopathie
- Häufigste Erblindungsursachen
Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.
Ätiologie
- Degeneration der Makula ausgehend vom retinalen Pigmentepithel, der Bruch-Membran und der Aderhaut durch Alterungsprozesse
- Risikofaktoren
- Gesichert
- Alter
- Rauchen
- Genetische Prädisposition
- Fraglich
- Umweltfaktoren (intensive Sonneneinstrahlung)
- Arterielle Hypertonie und weitere
- Gesichert
Klassifikation
- Nicht-exsudative (trockene) AMD (ca. 80% der AMD)
- Drusen
- Sehstörungen (Beeinträchtigung der Sehschärfe, ggf. Metamorphopsien)
- Langsame Progredienz
- Exsudative (feuchte) AMD
Pathophysiologie
- Ablagerung von Stoffwechselprodukten (Drusen) zwischen retinalem Pigmentepithel und der Bruch-Membran
- Zelluntergang und Hypoxie führen zu ungünstigen reaktiven Prozessen und chorioidalen Neovaskularisationen
Symptome/Klinik
- Insbesondere das zentrale Sehen (z.B. Lesefähigkeit) ist beeinträchtigt → Das periphere Sehen bleibt auch im fortgeschrittenen Stadium erhalten
- Häufig beidseitig
- Grauer Schatten im zentralen Gesichtsfeld
- Abnahme der Sehschärfe
- Bei nicht exsudativer AMD → Langsam progredient
- Bei exsudativer AMD → Rasch
- Bei Blutungen → Plötzlicher Visusverlust
- Bis zum kompletten Verlust des zentralen Sehens
- Metamorphopsien
- Abnahme des Kontrastempfindens
Diagnostik
- Amsler-Karte
- Ophthalmoskopie
- Frühe Stadien der AMD
- Späte Stadien der AMD
- Fundusphotographie zur Verlaufskontrolle
- Fluoreszenzangiographie (Goldstandard zur Diagnosesicherung einer exsudativen AMD)
- Optische Kohärenz-Tomographie (OCT)
- Darstellung von subfovealen chorioidalen Neovaskularisationen, intra- oder subretinaler Flüssigkeitseinlagerung, Ablagerung von hyperreflektivem subretinalem Material und von Pigmentepithelabhebungen
- Zur Diagnosesicherung einer exsudativen AMD vor Therapieentscheidung; außerdem gut geeignet zur Verlaufskontrolle
Therapie
Ziele der Therapie
- Erhaltung oder evtl. Verbesserung der vorhandenen Sehschärfe
- Frühzeitige Erkennung von behandlungsbedürftigen Stadien (durch Vorsorgeuntersuchung der Bevölkerung ab dem 55. Lebensjahr, Untersuchung der Makula bei suspekten Sehverschlechterungen und Aufklärung der Patienten über Verlauf und Bedeutung der AMD)
Therapieansätze
- Keine kausale Therapie bekannt
- Allgemeine Maßnahmen
- Aufklärung des Patienten
- Aufklärung des Patienten über Selbstkontrolle mittels Amsler-Karte
- Vergrößernde Seh- und Lesehilfen (Lupen)
- Empfehlung einer Rauchentwöhnung
- Blutdruckeinstellung
- Substitution von Antioxidantien, Zinkoxid und Kupferoxid kann positiven Effekt haben
- Etablierte Behandlungsmöglichkeiten bei Auftreten von chorioidalen Neovaskularisationen
-
Injektion von VEGF-Inhibitoren (Ranibizumab oder Bevacizumab) in den Glaskörper (IVOM- intravitreale operative Medikamenteneingabe)
- Rote-Hand-Brief zu Lucentis® (Fertigspritze mit Wirkstoff Ranibizumab): Potentielle Fehldosierungen durch schwergängigen Spritzenkolben [1][2]
- Verödung von Neovaskularisationen per Lasertherapie oder photodynamischer Therapie
-
Injektion von VEGF-Inhibitoren (Ranibizumab oder Bevacizumab) in den Glaskörper (IVOM- intravitreale operative Medikamenteneingabe)
- Chirurgische Therapieansätze bei fortgeschrittener AMD (experimenteller Charakter)
- Chirurgische Entfernung subretinaler Neovaskularisationen
- Makulatranslokation/Netzhautrotation
Prognose
- Chronisch progredienter Verlauf
- Übergang von nicht-exsudativer AMD zu exsudativer AMD möglich
-
Wichtigste Komplikation der exsudativen AMD: Subretinale Blutung
- Häufig bei Patienten mit hohem kardiovaskulären Risikoprofil
- Erhöhtes Risiko bei Dauertherapie mit Antikoagulanzien (bspw. NOAKs wie Rivaroxaban, Phenprocoumon)
- Im Endstadium Verlust des zentralen Sehens
Patienteninformationen
Kodierung nach ICD-10-GM Version 2021
- H35.-: Sonstige Affektionen der Netzhaut
- H35.3: Degeneration der Makula und des hinteren Poles
- Drusen (degenerativ)
- Fältelung
- Gefäßähnliche Streifen [Angioid streaks]
- Loch
- Zyste
- Kuhnt-Junius-Degeneration
- Senile Makuladegeneration (atrophisch) (exsudativ)
- Toxische Makulaerkrankung
- H35.3: Degeneration der Makula und des hinteren Poles
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2021, DIMDI.