Zusammenfassung
Deprivation beschreibt den Entzug wesentlicher Bedürfnisse und kann sowohl objektive Faktoren, wie die gesellschaftliche Stellung, als auch subjektive Aspekte, wie emotionale Bindungen, betreffen. In der Pflege stehen v.a. die sensorische und soziale Deprivation im Fokus, doch auch emotionale und kognitive Formen sind relevant. Dabei geht es um den Mangel an Sinnesreizen, sozialen Kontakten, emotionaler Zuwendung oder geistiger Anregung.
Zu den wichtigsten Risikofaktoren zählen längere Aufenthalte in Krankenhäusern oder Pflegeheimen, Immobilität, eine reizarme Umgebung sowie soziale Isolation. Ohne geeignete Maßnahmen kann dies zu körperlichem Abbau, kognitiven Einschränkungen, emotionaler Instabilität und sozialem Rückzug führen. Schwere Folgen wie Kachexie, Delir oder eine erhöhte Sterblichkeit sind ebenfalls möglich.
Um dem entgegenzuwirken, können Pflegende u.a. präventive Konzepte wie die basale Stimulation einsetzen, Angehörige aktiv einbinden, Orientierungshilfen bieten und soziale Kontakte gezielt fördern.
Arten der Deprivation
- Sensorische Deprivation: Sinnesreize↓
- Soziale Deprivation: Sozialkontakte↓
- Emotionale Deprivation: Emotionale Fürsorge↓
- Kognitive Deprivation: Geistige Stimulation↓
Diese Arten der Deprivation können unter dem Begriff „psychische Deprivation“ zusammengefasst werden!
Risikofaktoren und Risikoeinschätzung
Risikofaktoren
- Allgemein, bspw.
- Aufenthalt in Krankenhaus oder Pflegeheim
- Immobilität
- Kognitive Einschränkungen
- Sensorische Deprivation, bspw.
- Reizarme Umwelt
- Nicht ausreichend wahrnehmbare Reize
- Wahrnehmungsstörungen
- Soziale Deprivation, bspw.
- Mangelnde Körperhygiene
- Unzureichendes Selbstvertrauen
- Sprachbarrieren
- Armut
- Verlust geliebter Menschen
- Zusätzlich bei Kindern
- Verlust der Bezugsperson
- Liebesentzug durch Bezugsperson
- Schwerwiegende emotionale Vernachlässigung
Risikoeinschätzung
- Bewegung/Mobilisation: Ja/Nein?
- Sinnesanregung (Berührung, Geräusche, Gerüche): Ja/Nein?
- Komplexe Entscheidungsprozesse: Ja/Nein?
- Soziales Umfeld: Ja/Nein?
Symptome bei Deprivation
Allgemeine Symptomatik
- Autostimulation, bspw.
- Körperlich, bspw.
- Kachexie
- Muskelatrophie
- Kontrakturen
- Infektanfälligkeit↑
- Mortalität↑
- Kognitiv, bspw.
- Emotional und psychisch, bspw.
- Depressive Stimmung
- Weinerlichkeit
- Ängstlichkeit
- Passivität
- Anklammern an Bezugsperson
- Herabgesetzte oder fehlende Frustrationstoleranz
- Reizbarkeit und aggressives Verhalten
- Sozial, bspw.
- Kontaktstörungen
- Rückzug aus der Gemeinschaft
- Vermeidung sozialer Interaktionen
Kinder
- Säuglinge und Kleinkinder
- Ältere Kinder
- Schwierigkeiten beim Lernen
- Regressives Verhalten
- Stereotypisches Schaukeln des Oberkörpers
- Selbstverletzendes Verhalten
- Verdauungsbeschwerden
- Folgeerkrankungen , bspw.
Patient:innen auf der Intensivstation
- Körperlich
- Koordinations- und Körperbildstörungen
- Deprivation von Schutzreflexen
- Emotional und psychisch
- Unruhe, Angst, Rastlosigkeit
- Eingeschränkte kognitive Funktionen und Orientierung
- Aggressives Verhalten
- Schlafstörungen
- Delir
Menschen im hohen Lebensalter
- Körperlich
- Inkontinenz
- Fortschreitender körperlicher Abbau
- Sprachunfähigkeit
- Kognitiv: Orientierungslosigkeit
Sterbende Menschen
- Verhaltensauffälligkeiten
- Schmieren mit Exkrementen
- Ängstliche Unruhe mit Rufen und nervösem Nesteln
Präventive Maßnahmen und Hilfsmittel
Allgemeine Maßnahmen
- Visuelle Stimulation, bspw.
- Umgebung ansprechend gestalten
- Kräftige Farben und Kontraste nutzen
- Erweitertes Sichtfeld ermöglichen
- Ggf. Tragen der Brille sicherstellen
- Akustische Stimulation, bspw.
- Musik und Hörbücher anbieten
- Gesprächsbereitschaft zeigen
- Betroffene verbal begleiten
- Ggf. Nutzung von Hörgeräten sicherstellen
- Taktile und haptische Stimulation, bspw.
- Haptische Reize bereitstellen
- Körperliche Berührungen und Massagen
- Belebende und beruhigende Waschung
- Verschiedene Positionierungen und Mobilisation anbieten
- Olfaktorische Stimulation, bspw.: Verschiedene Gerüche etablieren
- Orale Stimulation, bspw.: Wohlschmeckende Lebensmittel anbieten
- Kognitive Stimulation, bspw.
- Lesen ermöglichen
- Geistig anregende Spiele anbieten
- Entscheidungen treffen lassen
- Emotionale Stimulation, bspw.
- Offenes Umfeld für Gefühlsausdrücke schaffen
- Lob und Anerkennung aussprechen
- Nette Worte an Betroffene richten
- Komplimente machen
- Orientierungshilfen, bspw.
- Örtliche Orientierung unterstützen
- Betroffene mit ihrem Namen ansprechen
- Zeitliche Orientierung fördern
- Integration in den Alltag und Aktivitätsförderung, bspw.
- In tägliche Aktivitäten einbeziehen
- Hilfsmittel nutzen
- Ergotherapie, Musiktherapie
- Mahlzeitengestaltung, bspw.
- Mahlzeiten ansprechend präsentieren
- Gemeinsames Essen ermöglichen
- Soziale Kontakte und Kommunikation, bspw.
- Ggf. Angehörige und Bezugspersonen in die Pflege einbinden
- Förderung von Gesprächen
- Besuche von Außenstehenden fördern
- Tiergestützte Maßnahmen ermöglichen
- Gemeinsame Aktivitäten und Erlebnisse schaffen
Bei Kindern
- Bezugspersonen
- Kontakt zu Eltern und Bezugspersonen ermöglichen
- Rooming-in
- Kindgerechte Pflege
- Säuglinge „känguruhen“ oder pucken (festes Einwickeln des Säuglings)
- Pflegeinterventionen spielerisch gestalten und kindgerecht erklären
- Kinderfreundliche Umgebung: Spielen und altersgerechte Aktivitäten ermöglichen
Bei Menschen im hohen Lebensalter
- Umzug ins Pflegeheim
- Persönliche Möbel und Gegenstände für Zimmergestaltung nutzen
- Validation