Zusammenfassung
In Kliniken können jederzeit außergewöhnliche Situationen auftreten. In einem Katastrophenfall kann es zu einem Massenanfall von Verletzten (MANV) oder einem Massenanfall von Erkrankten (MANE) kommen. Solche Ereignisse stellen das gesamte Krankenhaus vor enorme Herausforderungen: Die Zahl der Patient:innen übersteigt schnell die verfügbaren Kapazitäten, Abläufe müssen in kürzester Zeit angepasst werden und begrenzte Ressourcen erfordern klare Priorisierungen. Ohne eine strukturierte Vorbereitung drohen Versorgungsengpässe, organisatorisches Chaos und eine erhebliche Belastung für alle Beteiligten.
Ziel des innerklinischen Notfallsystems ist es daher, durch feste Alarm- und Einsatzpläne, klar geregelte Zuständigkeiten und eine abgestimmte Kommunikation eine sichere und effiziente Versorgung auch in Ausnahmesituationen zu gewährleisten. Damit dies im Ernstfall funktioniert, sollte das System regelmäßig durch Übungen getestet und fortlaufend weiterentwickelt werden.
Nach diesem Kapitel kennst du:
- Die grundlegende Bedeutung und Ziele eines innerklinischen Notfallsystems
- Die wichtigsten Bestandteile wie Alarmierungsketten, Einsatzleitung, Zuständigkeiten usw.
- Die Funktionsweise von Triage-Systemen und deren Unterschiede (3-stufig, 5-stufig, internationale Varianten)
- Den Ablauf und die Besonderheiten bei einem Massenanfall von Verletzten (MANV) und einem Massenanfall von Erkrankten (MANE)
- Die Inhalte und Funktionen von Krankenhausalarm- und -einsatzplänen (KAEP)
- Die Bedeutung der medizinisch-organisatorischen und psychosozialen Nachsorge nach einem Notfall
Innerklinisches Notfallsystem
Der Begriff „innerklinisches Notfallsystem“ beschreibt alle organisatorischen und strukturellen Maßnahmen, mit denen eine Klinik auf einen Notfall vorbereitet ist. Herzstück des Systems sind vordefinierte Alarm- und Einsatzpläne, klare Zuständigkeiten sowie die Fähigkeit, schnell auf sich verändernde Lagen zu reagieren. Das System wird regelmäßig durch Übungen getestet und weiterentwickelt, um im Ernstfall reibungslos zu funktionieren.
Ein funktionierendes Notfallsystem ist essenziell, um in kurzer Zeit viele Patient:innen versorgen und lebensrettende Maßnahmen zielgerichtet umsetzen zu können!
Bestandteile eines innerklinischen Notfallsystems
- Alarmierungskette: Aktivierung nach festgelegten internen Plänen
- Einsatzleitung: Bildung einer innerklinischen Führungsstruktur
- Zuständigkeiten: Aufgabenverteilung im Voraus festlegen
- Kommunikation: Standardisierte interne und externe Meldewege nutzen
- Dokumentation: Verlauf, Triage-Entscheidungen und Ressourcenverbrauch lückenlos erfassen
- Ressourcenmanagement: Erhebung und Koordination verfügbarer Kapazitäten
- Training und Übungen: Regelmäßige Schulungen
Ablauf der innerklinischen Notfallkette bei Verschlechterung des Patientenzustands
Eine klar strukturierte Vorgehensweise bei einem innerklinischen Notfall sorgt dafür, dass kritische Zustände sofort erkannt und behandelt werden. Denn nur wer weiß, wie man in einer lebensbedrohlichen Lage richtig reagiert, der kann auch im Katastrophenfall schnell und koordiniert handeln.
Jedem Mitarbeitenden sollte klar sein, wie ein Notfallalarm in dem jeweiligen Arbeitsbereich ausgelöst wird! Es gibt i.d.R. einen Notfallfunk oder eine spezielle innerklinische Rufnummer!
- Erkennen der Verschlechterung des Patientenzustandes
- Mitarbeitende bemerken eine akute Veränderung (bspw. der Vitalzeichen oder des Bewusstseins)
- Erste schnelle Einschätzung nach dem cABCDE-Schema
- Interner Notruf
- Alarmierung des Reanimationsteams/MET (Medical Emergency Team)
- Besteht i.d.R. aus Ärzt:innen (Anästhesie/Intensivmedizin) und erfahrenen Pflegefachpersonen
- Bringt Notfallausrüstung und Medikamente mit und übernimmt die Akutversorgung
- Dabei nach den „5 Ws“ vorgehen
- Wo ist der Notfall?
- Was ist passiert?
- Wie viele Personen sind betroffen?
- Welche Symptome oder Verletzungen liegen vor?
- Warten auf Rückfragen!
- Alarmierung des Reanimationsteams/MET (Medical Emergency Team)
- Maßnahmen bis zum Eintreffen des Teams
- Basismaßnahmen beginnen: Atemwege freimachen, Reanimation starten (CPR), Defibrillator holen
- Vitalzeichen engmaschig kontrollieren
- Wenn möglich: Informationen für das Notfall-Team vorbereiten
- Übergabe an das Reanimationsteam/MET
- Klare, strukturierte Information (bspw. Situation, bisherige Maßnahmen, Besonderheiten)
- Danach übernimmt das Notfall-Team
Notfall? Vergiss nicht die 5 Ws: Wo (ist der Notfall)? Was (ist passiert)? Wie viele (Personen)? Welche (Art von Verletzungen liegt vor?) Warten (auf Rückfragen)!
Triage-Systeme bei Notfällen
Das Triage-System (von frz. triage = „auswählen“, „sichten“) ist eine strukturierte Methode, um die Behandlung von Patient:innen, basierend auf ihrer Dringlichkeit sowie Schwere der Erkrankung oder Verletzung, priorisieren zu können. Das ist v.a. wichtig, wenn viele Personen gleichzeitig behandelt werden müssen. In den letzten Jahrzehnten haben sich verschiedene Triage-Systeme entwickelt, die auf unterschiedlichen Kriterien, Farbkodierungen oder auch Nummern basieren. Die Entscheidung darüber, welches Triage-System in einer Klinik angewendet wird, liegt normalerweise bei der Einrichtungsleitung (und ggf. auch beim Fachpersonal einer entsprechenden Arbeitsgruppe). Die bekanntesten sind:
3-stufige Triage-Systeme
Ähnelt einem Ampelsystem, typischerweise eingeteilt in:
- Rot (Kategorie 1): Lebensbedrohliche Zustände → Sofortige Behandlung nötig
- Gelb (Kategorie 2): Schwere Verletzungen/Erkrankungen, die nicht lebensbedrohlich sind → Behandlung so schnell es geht
- Grün (Kategorie 3): Leichte Verletzungen/Erkrankungen → Spätere Behandlung
5-stufige Triage-Systeme
Die 5 Stufen sind nicht nur farblich markiert, sondern auch in sog. Sichtungskategorien (SK) eingeteilt:
- Rot (SK 1): Akute vitale Bedrohung → Sofortige Behandlung
- Gelb (SK 2): Schwer verletzt/erkrankt → Behandlung kann nur kurzzeitig verschoben werden
- Grün (SK 3): Leicht verletzt/erkrankt → Behandlung kann später erfolgen
- Blau (SK 4): Keine Überlebenschance
- Schwarz (SK 5): Verstorben
Die genauen Kriterien und Bezeichnungen können je nach System und den örtlichen Richtlinien variieren!
Weitere (internationale) Triage-Systeme
- Manchester Triage System (MTS): In Europa weitverbreitetes, 5-stufiges Triage-System, das Patient:innen anhand von Algorithmen und Leitsymptomen farbkodiert einordnet
- Australasian Triage Scale (ATS): In Australien und Neuseeland eingesetztes 5-Stufen-System, das v.a. auf klar definierte Zeitvorgaben für die Behandlung setzt
- Canadian Triage and Acuity Scale (CTAS): Kanadisches System, das Patient:innen nach Symptomen und Dringlichkeit auf 5 Schweregrade verteilt und so die Ressourcenzuteilung erleichtert
- Emergency Severity Index (ESI): In den USA entwickeltes Triage-System, das nicht nur die Dringlichkeit, sondern auch den voraussichtlichen Ressourcenbedarf berücksichtigt
Triage bedeutet: Dringlichkeit vor Aufnahmezeitpunkt!
Massenanfall von Verletzten (MANV)
MANV steht für einen „Massenanfall von Verletzten“. Damit ist eine Situation gemeint, in der gleichzeitig so viele Verletzte auftreten, dass sie mit den normalen Rettungs- und Behandlungskapazitäten nicht mehr ausreichend versorgt werden können.
Das bedeutet:
- Es gibt mehr Betroffene, als normalerweise gleichzeitig behandelt werden können
- Rettungsdienste und Krankenhäuser müssen ihre Abläufe anpassen und oft besondere Alarm- und Einsatzpläne aktivieren, um die Versorgung sicherzustellen
Herausforderungen bei einem MANV
- Hohe Zahl an Verletzten: Mehr Patient:innen, als mit normalen Kapazitäten versorgt werden können
- Triage: Schwierige Entscheidung, wer zuerst behandelt werden muss
- Organisation: Routinen können nicht regulär durchgeführt werden, klare Führungsstrukturen sind nötig
- Zeitdruck: Vorbereitung von Notaufnahme und OPs in wenigen Minuten
- Kommunikation: Gefahr von Missverständnissen zwischen Rettung und Klinik
- Ressourcenknappheit: Zu wenig Personal, Material und Behandlungsplätze
- Selbsteinweisungen: Unerwartet viele Betroffene kommen direkt in Kliniken
- Psychische Belastung: Stress kann zu Fehlern und Überforderung führen
Ablauf eines MANV (Kurzform)
- Alarmierung: Leitstelle meldet das Ereignis und alarmiert Rettungsdienst, Polizei, Feuerwehr und Kliniken
- Lageeinschätzung: Erste Kräfte vor Ort verschaffen sich einen Überblick und geben eine Rückmeldung an die Leitstelle
- Triage: Verletzte werden nach Dringlichkeit in Sichtungskategorien eingeteilt
- Transport: Patient:innen werden nach Verteilungsplänen auf umliegende Kliniken verteilt
- Klinikalarm: Krankenhäuser aktivieren ihren Alarmplan und bereiten Notaufnahme, OP und Intensivstation vor
- Klinikversorgung: Patient:innen werden am Sichtungspunkt aufgenommen und entsprechend der Priorität behandelt
- Koordination: Einsatzleitung stimmt fortlaufend Ressourcen, Kommunikation und Alarmierungsschema ab
- Nachsorge: Nach Ende der Akutphase erfolgt Rückkehr zum Normalbetrieb mit Dokumentation und Auswertung
Alarmpläne in Kliniken
Krankenhausalarm- und -einsatzpläne (KAEP) sind schriftlich festgelegte Anleitungen, wie Kliniken im Katastrophen- oder MANV-Fall handeln sollen. Sie enthalten klare Abläufe, Zuständigkeiten und Alarmierungswege, damit keine Zeit verloren geht. Ziel ist es, eine koordinierte und effiziente Versorgung betroffener Patient:innen zu gewährleisten – trotz begrenzter Ressourcen und hoher Belastung.
Ein Alarmplan ist wie ein „Drehbuch“ für Kliniken im Katastrophenfall. Er sorgt dafür, dass alle wissen, wer, wann, was zu tun hat, um viele Verletzte gleichzeitig versorgen zu können!
Inhalte eines MANV-Alarmplans
- Alarmierung: Wer wird wann und wie informiert (bspw. dienstfreies Personal per Telefon)?
- Führungsstruktur: Wer übernimmt die Einsatzleitung im Krankenhaus (bspw. Oberarzt Anästhesie, Oberarzt ZNA, Triage-Beauftragte)?
- Ressourcenplanung: Welche Räume werden genutzt (bspw. Schockraum, OPs, Sichtungszonen)?
- Stufenpläne: Je nach Zahl der angekündigten Verletzten wird eine bestimmte Alarmstufe ausgelöst
- Kommunikation: Festgelegte Meldewege zwischen Rettungsdienst, Leitstelle und Klinik
MANV-Stufen und Alarmstufen
MANV-Stufen geben an, wie viele Verletzte oder Erkrankte bei einem Notfall erwartet werden. Innerklinisch werden daraufhin die entsprechenden Alarmstufen ausgelöst. Diese legen fest, wie stark die Klinik selbst reagieren muss (bspw. interner Bereitschaftsalarm, Teil- oder Vollalarm).
In Deutschland gibt es keine landesweit verbindlichen MANV-Stufen, sondern sie variieren je nach Bundesland und sogar nach Region. Nur so können sie den lokalen Gegebenheiten, Ressourcen und Behördenstrukturen entsprechen!
Daher ist es wichtig, sich über die lokalen MANV‑Strukturen zu informieren und zu wissen, wann welche innerklinische Alarmstufe ausgelöst werden kann!
Vereinfachtes Beispiel: Alarmstufen-Maßnahmen je nach MANV-Stufe | |||
---|---|---|---|
MANV-Stufe | Verletztenzahl | Beispielereignisse | Alarmstufe |
MANV 1 | Weniger als 50 Verletzte | Busunfall oder Brand mit vielen Betroffenen | Alarmstufe A: Bereitschaftsdienste kontaktieren |
MANV 2 | 50–500 Verletzte | Zugunglück, Massenpanik oder großes Attentat | Alarmstufe B: Zusätzliche OP-Teams, Intensivplätze vorbereiten, interne Bettenfreimachung starten |
MANV 3 | Mehr als 500 Verletzte | Flugzeugunglück oder internationale Katastrophe | Alarmstufe C: Gesamte Klinik im Einsatz, alle Abteilungen mobilisieren, Notfallstationen erweitern |
MANV 4 | Großschadenslage mit zerstörter Infrastruktur | Hochwasser, Sturmflut oder großflächiges Ereignis | Alarmstufe D: Überregionale Koordination, Aufnahme-/Versorgungsstopp für Nicht-Notfälle |
Massenanfall von Erkrankten (MANE)
MANE steht für einen „Massenanfall von Erkrankten“. Damit ist eine Situation gemeint, in der gleichzeitig so viele akut Erkrankte auftreten, dass sie mit den normalen Rettungs- und Behandlungskapazitäten nicht mehr ausreichend versorgt werden können.
Das bedeutet:
- Es gibt mehr Erkrankte, als normalerweise gleichzeitig behandelt werden können
- Rettungsdienste, Kliniken und Gesundheitsämter müssen ihre Abläufe anpassen und besondere Alarm- und Einsatzpläne aktivieren, um die Versorgung sicherzustellen
Herausforderungen bei einem MANE
- Hohe Zahl an Erkrankten: Viele Patient:innen mit ähnlichen Symptomen (bspw. Infektion, Vergiftung) gleichzeitig
- Infektionsgefahr: Oft handelt es sich um ansteckende Krankheiten, daher sind Isolation und Hygienemaßnahmen entscheidend
- Erschwerte Diagnostik: Abklärung, ob es sich um eine Epidemie, eine Vergiftungswelle oder einen anderen Auslöser handelt
- Ressourcenknappheit: Mangel an Betten, Schutzausrüstung, Medikamenten oder Personal
- Organisationshürden: Routinen können nicht regulär durchgeführt werden, Notfall- und Quarantänebereiche müssen eingerichtet werden
- Umfangreiche Kommunikation: Zusammenarbeit zwischen Kliniken, Rettungsdienst, Gesundheitsamt und ggf. Katastrophenschutz ist zwingend notwendig
- Psychische Belastung: Angst in der Bevölkerung kann zu Panik, Fehlinformationen und vielen Selbsteinweisungen führen
Ablauf eines MANE (Kurzform)
- Alarmierung: Meldung durch Leitstelle oder Gesundheitsamt (bspw. viele Erkrankte nach einer Veranstaltung)
- Lageeinschätzung: Erste Einsatzkräfte prüfen Ursache, Zahl und Schwere der Fälle
- Triage: Erkrankte werden nach Schweregrad und Infektionsrisiko eingeteilt
- Transport/Verteilung: Patient:innen werden auf umliegende Kliniken verteilt, oft mit Schwerpunktinfektionsabteilungen
- Klinikalarm: Krankenhäuser aktivieren Alarmpläne, richten Isolierbereiche ein und alarmieren zusätzliche Kräfte
- Klinikversorgung: Erkrankte werden nach Dringlichkeit behandelt, Quarantäne- und Hygienemaßnahmen greifen
- Koordination: Fortlaufende Abstimmung zwischen Einsatzleitung, Gesundheitsamt und Klinik
- Nachsorge: Dokumentation, ggf. seuchenhygienische Ermittlungen und Rückkehr zum Normalbetrieb
Alarmpläne in Kliniken bei MANE
Die Krankenhausarm- und -einsatzpläne (KAEP) regeln auch das Vorgehen bei einem MANE.
Beim MANE gibt es ebenfalls keine einheitlichen Bundesstufen. Die Konzepte richten sich jedoch nach den bundesweiten Pandemie- und Infektionsschutzplänen!
Inhalte eines MANE-Alarmplans
- Alarmierung: Wer wird wann und wie informiert (bspw. Hygieneteam, Infektiologie, Gesundheitsamt)?
- Führungsstruktur: Wer übernimmt die Einsatzleitung im Krankenhaus (bspw. Hygienebeauftragte, Oberarzt Infektiologie, Leitung ZNA)?
- Ressourcenplanung: Welche Räume werden genutzt (bspw. Isolierstation, Quarantänebereiche)?
- Stufenpläne: Je nach Zahl der Erkrankten wird eine bestimmte Alarmstufe ausgelöst
- Kommunikation: Festgelegte Meldewege zu Gesundheitsamt, Krisenstäben und Klinikleitung
Vereinfachtes Beispiel: Alarmstufen-Maßnahmen je nach MANE-Stufe | |||
---|---|---|---|
MANE-Stufe | Verletztenzahl | Beispielereignisse | Alarmstufe |
MANE 1 | Weniger als 50 Erkrankte | Norovirus-Ausbruch in einer Klinik | Alarmstufe A: Bereitschaftsdienste kontaktieren, Hygieneteam aktivieren |
MANE 2 | 50–500 Erkrankte | Legionellen-Infektionswelle nach einem Festival | Alarmstufe B: Schwerpunktstationen öffnen, zusätzliche Medikamente und Hilfsmittel beschaffen, Betten freimachen |
MANE 3 | Mehr als 500 Erkrankte | Vergiftungen nach großflächigem Chemieunfall | Alarmstufe C: Gesamte Klinik im Einsatz, Krisenstab dauerhaft aktiv, alle Abteilungen mobilisieren, Notfallstationen erweitern |
MANE 4 | Großschadenslage durch Pandemie | Neue Pandemie mit Versorgungsengpässen | Alarmstufe D: Überregionale Koordination, Aufnahme-/Versorgungsstopp für Nicht-Notfälle |
Auch hier handelt es sich lediglich um ein vereinfachtes tabellarisches Beispiel! Beachte bitte immer die regionalen MANE-Stufen und hausinternen Alarm- und Einsatzpläne!
Tabellarischer Vergleich vom MANV und MANE
Tabellarische Gegenüberstellung MANV und MANE | ||
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Merkmal | MANV – Massenanfall von Verletzten | MANE – Massenanfall von Erkrankten |
Art der Betroffenen | Viele verletzte Personen gleichzeitig | Viele akut erkrankte Personen gleichzeitig |
Typische Ursachen | Verkehrsunfälle, Explosionen, Brände, Anschläge | Infektionsausbrüche, Vergiftungen, Hitzewellen |
Medizinischer Fokus | Akutversorgung von Traumata | Behandlung internistischer Erkrankungen |
Besondere Herausforderung | Triage bei vielen Verletzten, Notfall-OPs, Verteilung auf umliegende Kliniken | Infektionsschutz, Isolation, Quarantäne, Engpässe bei Medikamenten und Personal |
Organisation im Krankenhaus | Primär über Notaufnahme, OP-Säle, Intensivstationen | Aufbau von Isolierstationen, Quarantänebereichen und Hygieneteams |
Gefahr für Klinikbetrieb | Akute Überlastung durch hohe Zahl an Schwerverletzten in kurzer Zeit | Längerfristige Belastung durch Infektionsausbrüche und mögliche nosokomiale Übertragung |
Einsatzpartner:innen | Rettungsdienst, Feuerwehr, Polizei, Kliniken | Kliniken, Gesundheitsämter, Infektiolog:innen, Katastrophenschutz |
Beispiel | Busunfall mit 30 Verletzten, Zugunglück | Norovirus-Ausbruch in einer Schule, Grippewelle mit hunderten Erkrankten |
Notfallnachsorge
Sobald sich die Lage in der Klinik nach einem Ausnahmezustand wieder beruhigt hat, gilt es, die Situation Revue passieren zu lassen und zu bewerten.
Medizinisch-organisatorische Nachsorge
- Strukturelle Anpassung: Nach einer Ausnahmesituation müssen Kliniken ihre Abläufe und Ressourcen überprüfen
- Checklisten helfen, die Prozesse standardisiert abzuarbeiten und Fehlerquellen zu vermeiden
- Verteilungspläne evaluieren: Auswertung, ob die Patientenverteilung an die Kliniken funktioniert hat oder ob es zu Überlastungen kam
- Ziel ist es, Lehren für künftige Ereignisse zu ziehen und die Versorgungsqualität zu sichern
- Dokumentation: Nach dem Einsatz sollen alle Schritte dokumentiert, Abläufe überprüft und Verbesserungsmaßnahmen abgeleitet werden
- Dazu gehören auch die Schnittstellen zwischen Rettungsdienst und Klinik
Die Ex-Post-Triage (auch als „nachträgliche Triage“ bezeichnet) ist die Bewertung und Überprüfung von medizinischen Behandlungsentscheidungen, nachdem eine Krise oder ein Notfall abgeschlossen ist. Ziel ist es, bereits getroffene Entscheidungen im Nachhinein zu analysieren und zu bewerten!
Psychosoziale Nachsorge (PSNV)
Die psychosoziale Versorgung für Überlebende, Angehörige, Hinterbliebene, Zeug:innen sowie auch für Einsatzkräfte und Ersthelfer:innen gilt als ein fester Bestandteil nach Katastrophen. Wichtige Aspekte sind:
- Psychische Erste Hilfe: Unmittelbar nach dem Ereignis Unterstützung durch Gespräch, Orientierung und emotionale Stabilisierung
- Psychosoziale Akuthilfen: In den ersten Tagen strukturierte Hilfen wie Krisenintervention, Bedarfserhebung und Anbindung an soziale Netzwerke
- Mittelfristige und langfristige Hilfe: Beratung, Therapie und Begleitung zur Verarbeitung, auch über Selbsthilfegruppen oder seelsorgerische Angebote
Die seelische Belastung kann auch für erfahrenes Personal sehr groß sein! Eine Fallbesprechung, die kollegiale Hilfe oder eine Supervision können helfen, die Erlebnisse zu verarbeiten und mit solchen Herausforderungen besser umgehen zu können!
Für Einsatzkräfte
- Primäre Prävention (Vorbereitung): Schulungen, gute Arbeitsstrukturen, Förderung von Selbstfürsorge, um Belastungsfolgen zu reduzieren
- Sekundäre Prävention (Nachsorgegespräche): Innerhalb von 2–3 Wochen strukturierte Einzel- oder Gruppengespräche, Erhebung von Belastungen und ggf. Vermittlung weiterer Hilfen
- Tertiäre Prävention (Langzeitbetreuung): Psychotherapeutische Intervention bei Traumafolgestörungen, um eine Chronifizierung zu verhindern und die Rückkehr in Alltag und Beruf zu ermöglichen
Hinweise für die Praxis
Vorbereitet sein
- Notfallpläne kennen: Kenntnisse der gültigen innerklinischen Notfallpläne und deren regelmäßiges Üben im Team sicherstellen
- Bereitschaft zeigen: Durch persönliche Vorbereitung und Aufmerksamkeit Krisensituationen frühzeitig erkennen und adäquat reagieren
- Ausrüstung überprüfen: Regelmäßig Funktionsfähigkeit und Vollständigkeit der Notfallausrüstung kontrollieren
Lernbereitschaft zeigen
- Reflexion: Nach einem Notfall oder einer Übung systematisch analysieren, was gut lief und was verbessert werden kann
- Kernfragen bei der Nachbesprechung
- Wie kam es zum Vorfall?
- Welche Auswirkungen hatte er?
- Wie effektiv war die Reaktion?
- Welche Verbesserungsmöglichkeiten gibt es?
- Fortbildung: Aktive Teilnahme an Schulungen und Informationsveranstaltungen zu neuen Verfahren
Arbeitsorganisation
- Abläufe optimieren: Erkenntnisse aus Übungen und realen Ereignissen nutzen, um Notfallpläne und interne Prozesse anzupassen
- Technologie integrieren: Offenheit für neue Systeme und digitale Lösungen zeigen