Reanimation von Erwachsenen
Dieses Kapitel konzentriert sich auf den BLS- und ALS-Algorithmus. Für weitere Hintergrundinformationen siehe auch: Grundlagen der Reanimation
Algorithmus je nach Setting
- Basic Life Support (BLS): Maßnahmen der grundlegenden Lebenserhaltung nach Auffinden einer bewusstlosen Person mit Kreislaufstillstand, die möglichst ohne jegliche Zeitverzögerung begonnen werden sollten
- Setting/Anwender: Ambulante Ersthelfer
- Advanced Life Support (ALS): Enthält neben grundlegenden Maßnahmen der CPR (wie bei BLS) weiterführende Maßnahmen wie Defibrillation, Medikamentengabe und ggf. Intubation
- Setting/Anwender: Medizinisches Fachpersonal im Krankenhaus oder Rettungsdienst
Unverzügliche kardiopulmonale Reanimation, Minimierung der Thoraxkompressionspausen und frühzeitige Defibrillation sind die wichtigsten Grundlagen einer erfolgreichen Reanimation!
Beachte bitte aus aktuellem Anlass auch die Hinweise zu Reanimation in der COVID-19-Pandemie!
Basic Life Support (BLS)
Maßnahmen bei Auffinden einer bewusstlosen Person | |
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Maßnahmen | Erklärung |
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Notruf absetzen (lassen): 112 und AED holen lassen | |
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Fortführen der kardiopulmonalen Reanimation bis professionelle Hilfe eintrifft, die Person wieder reagiert oder die Ersthelfer erschöpft sind |
Zu Beginn eines Kreislaufstillstands findet sich in bis zu 40% der Fälle eine Schnappatmung, die jedoch wie eine fehlende Atmung bewertet werden sollte und somit eine Indikation für den Beginn einer CPR darstellt!
Advanced Life Support (ALS)
Erweiterte Reanimationsmaßnahmen
- Reanimationsbeginn (wenn keine Reaktion und keine normale Atmung vorliegen)
- Vorheriges Tasten des Karotispulses nur für medizinisches Fachpersonal bei innerklinischer Reanimation empfohlen
- Herzdruckmassage und Beatmung im Verhältnis 30:2, Zyklus kontinuierlich wiederholen
- Etablieren erweiterter Maßnahmen (parallel zur CPR)
- Defibrillationselektroden platzieren und anschließen (siehe: Defibrillation - AMBOSS-SOP)
- Zugang für die Medikamentengabe etablieren (primär i.v., falls nicht möglich intraossär)
- Erweiterte Maßnahmen zur (Be‑)Atmung
- Gabe von 100%igem Sauerstoff
- Guedel-Tubus und Beatmungsbeutel
- Endotracheale Intubation oder Anlage einer supraglottischen Atemwegshilfe, d.h. Larynxmaske oder -tubus (zweitrangig vor möglichst lückenloser Thoraxkompression!) und Kapnografie
- Notfall-EKG-Diagnostik und ggf. Schock- und Medikamentengabe
- Bei defibrillierbarem Rhythmus (Kammerflimmern oder pulslose VT)
- 1-mal Schock (Defibrillation mit mind. 150 Joule biphasisch), danach sofortige Wiederaufnahme der CPR, vorausschauendes Laden des Defibrillators, nach 2 min CPR erneut Notfall-EKG-Diagnostik, ggf. Defibrillation (kontinuierliche Wiederholung dieses Zyklus)
- Sonderfall beobachteter Kreislaufstillstand im Krankenhaus: Initial Abgabe von 3 Schocks
- Adrenalin (1 mg) i.v. oder intraossär nach der 3. Schockabgabe, danach alle 3–5 min (nach 5., 7., 9. Schock)
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Amiodaron (300 mg) ebenfalls nach der 3. Schockabgabe (nach 5. Schock evtl. nochmals 150 mg)
- Mögliche Alternative : Lidocain (100 mg nach der 3. Schockabgabe, nach 5. Schock evtl. nochmals 50 mg) [1]
- Bei Torsade de Pointes: Magnesiumgabe (siehe auch: Torsade de Pointes - Klinisches Management)
- 1-mal Schock (Defibrillation mit mind. 150 Joule biphasisch), danach sofortige Wiederaufnahme der CPR, vorausschauendes Laden des Defibrillators, nach 2 min CPR erneut Notfall-EKG-Diagnostik, ggf. Defibrillation (kontinuierliche Wiederholung dieses Zyklus)
- Bei nicht-defibrillierbarem Rhythmus (Asystolie, PEA)
- Nach zwei Minuten CPR erneut Notfall-EKG-Diagnostik
- Bei Kammerflimmern oder pulsloser VT in der Notfall-EKG-Diagnostik: Sofortige Defibrillation
- Kontinuierliche Wiederholung dieses Zyklus
- Adrenalin (1 mg) i.v. oder intraossär sobald Gefäßzugang vorhanden ist, danach alle 3–5 min
- Nach zwei Minuten CPR erneut Notfall-EKG-Diagnostik
- Bei defibrillierbarem Rhythmus (Kammerflimmern oder pulslose VT)
- Je nach Verlauf
- Ggf. extrakorporale Unterstützungssysteme einsetzen (vaECMO oder ECLS)
- Bei Wiedereinsetzen des Spontankreislaufs (ROSC) siehe: Postreanimationsphase
- Bei nicht einsetzendem Spontankreislauf
- Abarbeiten der reversiblen Ursachen eines Kreislaufstillstands (4 H und 4 T) oder
- Beschluss zur Beendigung der CPR: Einzelfallentscheidung
- Angehörige informieren
Die Thoraxkompressionen haben Priorität und sollten, wenn überhaupt, nur kurz unterbrochen werden (Richtwert <5 s)!
Reversible Ursachen eines Kreislaufstillstands
4 H und 4 T [1][2]
- 4 H: Hypoxie, Hypovolämie, Hypo- oder Hyperkaliämie, Hypo- oder Hyperthermie
- 4 T: Tamponade (des Perikards), Toxine, Thrombose (der Lungenarterien oder Herzkranzgefäße), Tension (Spannungpneumothorax)
- Alternativ: „HITS“ für Herzbeuteltamponade, Intoxikationen, Thromboembolie und Spannungspneumothorax
Diagnostische Schritte zur Ursachenfindung
Erfolgen parallel zur CPR und sollen die Thoraxkompression so wenig wie möglich unterbrechen:
- Klinische Untersuchung: Hinweise auf behebbare Ursache, z.B. schwere Hypothermie, Pneumothorax oder Anaphylaxie?
- BGA: Hypoxie? Azidose? Kaliumspiegel? Hb? Blutzucker?
- Echokardiografie: Hinweise auf Lungenembolie, Perikardtamponade, schwere Hypovolämie?
- Notfallsonografie (E-FAST) und Thoraxsonografie: Hinweise auf Pneumothorax, Aortendissektion, innere Blutung?
Notfallmanagement: Reversible Ursachen eines Kreislaufstillstands | |||
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Hinweisgebende Befunde | Erstmaßnahmen | ||
Hypoxie |
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Hypovolämie | Hämorrhagie |
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Hypovolämie |
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Hypo-/Hyperkaliämie |
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Hypothermie |
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Tamponade (Perikardtamponade) |
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Toxine |
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Thrombose | Myokardinfarkt |
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LAE |
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Tension (Spannungspneumothorax) |
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Während oder nach einer Reanimation soll schnellstmöglich eine Notfallsonografie zur Diagnostik behebbarer Ursachen eines Herz-Kreislauf-Stillstandes erfolgen. (DGIM - Klug entscheiden in der Notaufnahme 2)