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Systematik der Bakterien

Letzte Aktualisierung: 4.11.2022

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Nachdem die erste Beschreibung der Bakterien durch Antoni van Leeuwenhoek im 17. Jahrhundert erfolgte, sollte es fast 200 Jahre dauern, bis erste Erreger klassifiziert und als Lebewesen anerkannt wurden. Die Systematik der Bakterien ist komplex und nicht immer für alle Subspezies exakt möglich. Die humanpathogenen Erreger werden vor allem anhand ihrer Form (Kokken, Stäbchen, kokkoide Stäbchen) und ihres Verhaltens in der Gramfärbung (grampositiv, gramnegativ, atypisches Gramverhalten) eingeteilt. Eine weitere Einteilung ist beispielsweise anhand von Stoffwechselleistungen (Aerobier oder Anaerobier), Virulenzfaktoren (z.B. Bildung von Koagulase oder Enterotoxinen) oder dem Verhalten in der kulturellen Anzucht möglich.

In diesem Kapitel werden die wichtigsten humanpathogenen Bakterienarten behandelt. Eine Übersicht über die Grundlagen der Bakteriologie wie Vorkommen, Diagnostik und Genetik liefert das Kapitel „Grundlagen der Bakteriologie“.

Du kannst Dir die Systematik der Bakterien als PDF-Dokument unter „Tipps & Links“ (ganz unten in diesem Kapitel) oder unter www.amboss.com/de/aerztliche-pdfs/systematik-der-bakterien herunterladen!

Die folgenden Tabellen geben eine Systematik der Bakterien nach Form und Verhalten in der Gramfärbung wieder. Es wurden die wichtigsten krankheitsrelevanten Erreger berücksichtigt, auch wenn die einzelnen Gattungen oft eine viel größere Anzahl an Spezies umfassen.

Staphylokokken

  • Katalase positiv
Wichtige Spezies Merkmale und wichtige Virulenzfaktoren

Krankheiten

Antibiotikum der Wahl
Staphylococcus aureus
Staphylococcus epidermidis

Staphylococcus saprophyticus

Streptokokken

Wichtige Spezies Merkmale und wichtige Virulenzfaktoren Krankheiten Antibiotikum der Wahl
Streptococcus pneumoniae (Pneumokokken )
Viridans streptococci
Streptococcus pyogenes
Streptococcus agalactiae
Peptostreptococcus
Enterococcus (Enterokokken)

Neben den wichtigen Neisserien gehören in diese Gruppe auch die Moraxellen. Moraxella catarrhalis ist an Sinusitiden, Bronchitiden und der Otitis media beteiligt.

Neisserien
Wichtige Spezies Merkmale und wichtige Virulenzfaktoren Krankheiten Antibiotikum der Wahl
Neisseria meningitidis (Meningokokken)
Neisseria gonorrhoeae (Gonokokken)
  • Im mikroskopischen Präparat liegen sie (fast) nur intrazellulär vor

Gattung Wichtige Spezies Merkmale und wichtige Virulenzfaktoren Krankheiten Antibiotikum der Wahl

Clostridioides

Clostridioides difficile (veraltet: Clostridium difficile) [1]
Clostridien (Obligate Anaerobier, Sporenbildner) Clostridium perfringens
Clostridium tetani
Clostridium botulinum
Listerien Listeria monocytogenes
Corynebakterien Corynebacterium diphtheriae
  • In Mikroskopie: Spezialfärbung nach Neisser (mit Methylenblau)
  • Wichtiger Pathogenitätsfaktor: Toxinbildner
Bacillus Bacillus anthracis
Bacillus cereus
Aktinomyzeten Actinomyces israelii
Nocardia
  • In Mikroskopie: Säurefest, fadenförmige Anordnung
  • Aerobier

Die folgenden Bakterien zeigen eine Pleomorphie , die allerdings nicht in allen Lehrbüchern berücksichtigt wird.

Gattung Wichtige Spezies Merkmale und wichtige Virulenzfaktoren Krankheiten Antibiotikum der Wahl
Haemophilus Haemophilus influenzae
Haemophilus ducreyi
Brucellen Brucella melitensis
  • In Mikroskopie: Rundliche (kokkoide) Stäbchen
  • Reservoir sind Ziegen und Schafe
Brucella abortus
  • Reservoir sind Rinder
Bordetellen Bordetella pertussis

Enterobakterien (Enterobacteriaceae)

  • Exprimieren alle ECA
  • Natürliche Resistenz gegen Gallensalze
Gattungen Spezies/Serovar Merkmale und wichtige Virulenzfaktoren Krankheiten Antibiotikum der Wahl
Yersinien
  • Yersinia pestis
  • Yersinia enterocolitica
  • Yersinia pseudotuberculosis
Shigellen
  • Shigella sonnei
  • Shigella flexneri
  • Shigella dysenteriae
Salmonellen
  • Salmonella enterica
  • Serovar Enteritidis
  • Serovar Typhimurium
  • Serovar Typhi
  • Serovar Paratyphi
Klebsiellen
  • Klebsiella pneumoniae
Escherichia coli (E. coli)
  • Ciprofloxacin oder Cotrimoxazol
  • CAVE: Bei einer Infektion mit EHEC tötet die Antibiotikatherapie zwar die Erreger ab, führt aber zu einer vermehrten Freisetzung des Shiga-Toxins und kann dadurch die Prognose verschlechtern
  • Wichtiger Pathogenitätsfaktor: Produziert Shiga-like Toxin
    • EHEC bindet an Rezeptoren von Darmzellen und setzt dann das Toxin frei → Wässrig-blutige Durchfälle
    • Bei einem Übertritt des Toxins in die Blutbahn kann sich ein HUS entwickeln
Proteus
  • Proteus vulgaris
  • Proteus mirabilis

Weitere gramnegative Stäbchen

Wichtige Spezies Merkmale und wichtige Virulenzfaktoren Krankheiten Antibiotikum der Wahl
Helicobacter Helicobacter pylori
Legionella pneumonia Legionella pneumophila
Bartonellen Bartonella henselae
Bartonella quintana
Bartonella bacilliformis
  • Morbus Carrión
    • Oroya-Fieber (akute Phase)
    • Verruga peruana (chronische Phase)
Campylobacter spp. Campylobacter jejuni
  • Bestandteil der Darmflora von Vögeln
  • Spiralig gekrümmt
  • Mikroaerophile
Pseudomonaden Pseudomonas aeruginosa
Burkholderia cepacia
Vibrionen Vibrio cholerae
Bacteroidaceae

z.B. Fusobacteriaceae oder Bacteroides

Gattungen Wichtige Spezies Merkmale Krankheiten Antibiotikum der Wahl
Mykobakterien Mycobacterium tuberculosis Tuberkulose

In der Therapie der Tuberkulose müssen i.d.R. mindestens 4 Präparate kombiniert über mehrere Monate angewendet werden (→ siehe Tuberkulosetherapie)

Mycobacterium leprae Lepra Dapson + Rifampicin

NTM (Nicht-tuberkulöse Mykobakterien)

Atypische Mykobakteriose Clarithromycin + Ethambutol + Rifabutin
Mycoplasmataceae (Mykoplasmen) Mycoplasma pneumoniae
  • Vorwiegend serologische Diagnostik notwendig
Atypische Pneumonie Makrolide (z.B. Clarithromycin)
Ureaplasma urealyticum
  • Als Teil der Normalflora auch beim Gesunden möglich
Urozystitis Doxycyclin oder Makrolide (z.B. Erythromycin)

Spirochäten

Treponema pallidum
  • Anzucht i.d.R. nicht möglich
  • Durch ihren geringen Durchmesser sind sie im Lichtmikroskop nur schwer sichtbar
Treponema vincentii
Borrelia burgdorferi
Leptospira
  • Übertragung nur direkt oder indirekt von Tier zu Mensch (Mäuse, Ratten, Schweine etc.)
  • Leptospiren können dank ihrer großen Beweglichkeit und ihres Enzyms Hyaluronidase über kleinste Hautverletzungen oder die intakte Konjunktivalschleimhaut eindringen

Wichtige Gattungen Spezies Merkmale Krankheiten Antibiotikum der Wahl

Chlamydiaceae (Chlamydien)

  • Kommen in zwei Formen vor (Elementar- und Initialkörperchen)
  • Anzucht nur schwer möglich
  • Energieparasiten
Chlamydia trachomatis
  • Einziger Wirt ist der Mensch
  • Verschiedene krankheitsrelevante Serovare mit unterschiedlichen Organaffinitäten
    • Serovar A–C: Auge
    • Serovar D–K: Auge und Urogenitaltrakt
    • Serovar L1–L3: Urogenitaltrakt
Chlamydia psittaci
  • Typischer Wirt sind Vögel
Chlamydia pneumoniae
  • Einziger bekannter Wirt ist der Mensch

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Bakterien

Bakterien 1: Grundlagen

Bakterien 2: Systematik und Virulenzfaktoren

Bakterien 3: Vermehrung und Genetik

Scharlach (Video frei verfügbar)

Impetigo contagiosa

Listeriose

Gonorrhoe und Gonokokkenkonjunktivitis

Tetanus

Clostridium-difficile-assoziierte Diarrhoe (CDAD)

Botulismus

Milzbrand

Morbus Whipple

Epiglottitis

Brucellose

Pertussis

Yersiniose

Shigellose

Salmonellose

E. coli

Typhus

Campylobacter (Campylobacter-Enterokolitis, reaktive Arthritis, Guillain-Barré-Syndrom)

Cholera

Syphilis (Teil 1 frei verfügbar)

Borreliose

Helicobacter pylori

Tuberkulose

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  1. Lawson et al.: Reclassification of Clostridium difficile as Clostridioides difficile (Hall and O’Toole 1935) Prévot 1938 In: Anaerobe. Band: 40, 2016, doi: 10.1016/j.anaerobe.2016.06.008 . | Open in Read by QxMD p. 95-99.
  2. Groß: Kurzlehrbuch Medizinische Mikrobiologie und Infektiologie. 3. Auflage Thieme 2013, ISBN: 978-3-131-41653-7 .
  3. Suerbaum et al.: Medizinische Mikrobiologie und Infektiologie. 8. Auflage Springer 2016, ISBN: 978-3-662-48677-1 .
  4. Darai et al.: Lexikon der Infektionskrankheiten des Menschen. 4. Auflage Springer 2011, ISBN: 978-3-642-17157-4 .
  5. Shigellose, RKI-Ratgeber für Ärzte. Stand: 1. März 2015. Abgerufen am: 4. Oktober 2017.
  6. Campylobacter-Enteritis, RKI-Ratgeber für Ärzte. Stand: 1. März 2015. Abgerufen am: 4. Oktober 2017.