ambossIconambossIcon

Plötzlicher Säuglingstod

Letzte Aktualisierung: 17.8.2023

Abstracttoggle arrow icon

Der plötzliche Säuglingstod (SIDS) tritt unvermittelt aus völliger Gesundheit heraus auf und ereignet sich meist im Schlaf. Ätiologisch vermutet man ein Zusammenspiel aus individueller Vulnerabilität und kritischer Entwicklungsphase. Zudem wurden mehrere Risikofaktoren identifiziert (z.B. Schlaf in Bauchlage, Nikotinexposition und Überwärmung). Eltern sollten spätestens zu den Vorsorgeuntersuchungen (U2) über mögliche Präventionsmaßnahmen aufgeklärt werden. Da differenzialdiagnostisch eine Kindesmisshandlung mit Todesfolge ausgeschlossen werden muss, sollte eine rechtsmedizinische Untersuchung erfolgen.

Definitiontoggle arrow icon

  • Unerwartetes und rasches Versterben von Neugeborenen und Säuglingen im 1. Lebensjahr
  • Ausschlussdiagnose (siehe: SIDS-Diagnostik)

Epidemiologietoggle arrow icon

Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.

Ätiologietoggle arrow icon

  • Multifaktoriell, nicht abschließend geklärt
  • Triple-Risk-Hypothese: Zusammenspiel aus
    • Gesteigerter Vulnerabilität [5]
    • Kritischer Entwicklungsphase
    • Externen Risikofaktoren
  • Genetische Polymorphismen: Zusammenhang vermutet für

Beeinflussbare (externe) Risikofaktoren

  • Schlafen in Seiten- oder Bauchlage
  • Unsichere Schlafumgebung
  • Co-Sleeping
  • Überwärmung
  • Nikotinexposition vor oder nach der Geburt

Nicht beeinflussbare Risikofaktoren

Ursächlich ist vermutlich eine Kombination aus individueller Vulnerabilität, kritischer Entwicklungsphase und externen Triggerfaktoren!

Fast alle Fälle des plötzlichen Säuglingstodes ereignen sich im Schlaf!

Verlaufs- und Sonderformentoggle arrow icon

Sudden unexpected postnatal Collapse (SUPC) [4][6][7]

Die ersten Stunden und Tage nach der Geburt stellen eine besonders kritische Phase dar!

Die Eltern sollten bei der sicheren Positionierung des Neugeborenen angeleitet und für Warnsymptome sensibilisiert werden!

Themenverwandte Ereignisse ohne Korrelation zu SIDS

Der Begriff „ALTE“ suggeriert fälschlicherweise eine Korrelation zum SIDS und wurde durch „BRUE“ ersetzt!

Diagnostiktoggle arrow icon

Praktisches Vorgehen nach einem plötzlichen Säuglingstod [3]

  • Ärzt:innen, die den Tod feststellen, sollten diesen als unklar einstufen
    • Polizei oder Staatsanwaltschaft muss umgehend informiert werden
    • Bis zum Eintreffen der Polizei keine Veränderungen am Leichnam oder der Umgebung vornehmen
    • Durchführung einer Obduktion empfehlen
  • Staatsanwaltschaft: Entscheidet über das weitere Vorgehen

Da differenzialdiagnostisch eine Kindesmisshandlung mit Todesfolge in Betracht kommt, sind eine sorgfältige Diagnostik und Dokumentation obligat!

Der plötzliche Säuglingstod sollte immer als unklare Todesart eingestuft und die Polizei informiert werden!

Differenzialdiagnosentoggle arrow icon

AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differenzialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Präventiontoggle arrow icon

Empfehlungen zum sicheren Schlaf

  • Rückenlage : Replatzierung nach eigenständigem Drehen nicht notwendig
  • Eigenes Babybett im Elternschlafzimmer
  • Feste Unterlage ohne Erhöhung
  • Schlafsack in geeigneter Größe
  • Freie Luftzirkulation im Babybett
  • Rauchfreie Umgebung des Kindes
  • Schnuller zum Einschlafen anbieten
  • Vermeidung von
    • Überwärmung
    • Festem Einwickeln des Säuglings (sog. „Pucken“)
    • Freien Objekten im Bett (z.B. Kissen, Decken oder Kuscheltiere)

Schlaf in Rückenlage hat den größten Einfluss auf die Reduktion des SIDS-Risikos!

Allgemeine Empfehlungen

Die Maßnahmen zur SIDS-Prävention sollten allen Eltern erklärt und durch ein Merkblatt [10][11] verdeutlicht werden! Sie gelten für das gesamte 1. Lebensjahr!

Kodierung nach ICD-10-GM Version 2023toggle arrow icon

  • R95.-: Plötzlicher Kindstod vor Vollendung des ersten Lebensjahres
    • R95.0: Plötzlicher Kindstod mit Angabe einer Obduktion
    • R95.9: Plötzlicher Kindstod ohne Angabe einer Obduktion
  • R96.-0: Plötzlicher ungeklärter Tod (Kindstod) nach Vollendung des ersten Lebensjahres

Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2023, DIMDI.

Quellentoggle arrow icon

  1. Prävention des Plötzlichen Säuglingstods.Stand: 1. Dezember 2022. Abgerufen am: 9. Januar 2023.
  2. Bajanowski et al.:Der plötzliche Säuglingstod: Epidemiologie, Ätiologie, Pathophysiologie und DifferentialdiagnostikIn: Deutsches Ärzteblatt. Band: 101, Nummer: 47, 2004, .
  3. Kliegmann et al.: Nelson Textbook of Pediatrics. 21. Auflage Kliegmann und Geme 2019, ISBN: 978-0-323-56890-6.
  4. Moon et al.:Sleep-Related Infant Deaths: Updated 2022 Recommendations for Reducing Infant Deaths in the Sleep EnvironmentIn: Pediatrics. Band: 150, Nummer: 1, 2022, doi: 10.1542/peds.2022-057990 . | Open in Read by QxMD.
  5. Harrington et al.:Butyrylcholinesterase is a potential biomarker for Sudden Infant Death SyndromeIn: eBioMedicine. Band: 80, 2022, doi: 10.1016/j.ebiom.2022.104041 . | Open in Read by QxMD p. 104041.
  6. Betreuung von Neugeborenen in der Geburtsklinik.Stand: 14. März 2021. Abgerufen am: 18. Oktober 2022.
  7. Sudden and Unexpected Postnatal Collapse: A BAPM Framework for Reducing Risk, Investigation and Management.
  8. Gautschi et al.:Lagebedingter Plagiocephalus im Säuglingsalter: Diagnose und BehandlungIn: Praxis. Band: 102, Nummer: 25, 2013, doi: 10.1024/1661-8157/a001506 . | Open in Read by QxMD p. 1537-1542.
  9. Pin et al.:A review of the effects of sleep position, play position, and equipment use on motor development in infantsIn: Developmental Medicine & Child Neurology. Band: 49, Nummer: 11, 2007, doi: 10.1111/j.1469-8749.2007.00858.x . | Open in Read by QxMD p. 858-867.
  10. Elterninformationen zu den Empfehlungen zur SID-Prävention.. Abgerufen am: 17. Februar 2020.
  11. Elterninformationen der DGKJ: Sicherer Schlaf für mein Baby.Stand: 1. Januar 2019. Abgerufen am: 31. August 2020.

Icon of a lockNoch 3 weitere Kapitel kostenfrei zugänglich

Du kannst diesen Monat noch 3 Kapitel kostenfrei aufrufen. Melde dich jetzt an, um unbegrenzten Zugang zu erhalten.
 Evidenzbasierte Inhalte, von festem ärztlichem Redaktionsteam erstellt & geprüft. Disclaimer aufrufen.