Zusammenfassung
Die Pflege von Patient:innen unter maschineller Beatmung – sowohl invasiv über einen Tubus als auch bei der „Nicht-invasiven Ventilation“ (NIV) mittels Maske – erfordert ein hohes Maß an pflegerischem Fachwissen, Beobachtungsgabe und interdisziplinärem Arbeiten. Ziel der Pflege ist es, die Atemfunktion zu unterstützen, Komplikationen zu vermeiden, Komfort zu fördern und eine möglichst rasche Entwöhnung (Weaning) von der Beatmung zu ermöglichen.
Pflegende übernehmen dabei zentrale Aufgaben in der Überwachung von Vital- und Beatmungsparametern, der Lagerung zur Optimierung der Oxygenierung (z.B. Bauchlagerung), der Hygiene zur Infektionsprophylaxe und der Kommunikation.
Gerade bei der nicht-invasiven Ventilation ist die adäquate Maskenwahl und -fixierung entscheidend, um Druckstellen zu vermeiden und die Therapieakzeptanz zu sichern.
Ein umfassendes Verständnis für die Beatmungsformen, die Auswirkungen auf den Körper und die individuellen Bedürfnisse der Patient:innen ist unerlässlich, um eine sichere und patientengerechte Pflege zu gewährleisten.
Die hier aufgeführten pflegerischen Maßnahmen zur NIV-Therapie und maschinellen Beatmung orientieren sich an der Versorgung auf einer Intensivstation.
Pflege bei nicht-invasiver Ventilation (NIV)
Allgemeines
- Einsatz , insb. in der
- Behandlung
- Akuter respiratorischer Erkrankungen
- Akuter Dekompensation von chronisch respiratorischen Erkrankungen
- Präklinischen Notfallmedizin
- Heimbeatmung
- Entwöhnung (Weaning)
- Behandlung
- Komplikationen
- Verletzungen der Haut durch Maskendruck
- Konjunktivitis
- Klaustrophobie
- Überblähung des Magens
- Erbrechen mit Aspiration
- Kontraindikationen
- Unterteilt in relative und absolute Kontraindikationen
- Bspw. Gesichtsverletzungen oder fehlende Spontanatmung
- Siehe auch: NIV
- Arten von NIV-Masken, siehe auch: Pflegerische Übersicht über Atemwegshilfen
- Unterbrechungen der NIV-Therapie , bspw. bei
- Nahrungsaufnahme
- Sprechen
- Abbruch der NIV-Therapie
- Intoleranz, Agitiertheit oder Lethargie
- Fehlender Beatmungserfolg innerhalb von 2 h
- Sekretrückstau in die Atemwege
- Aspiration
- Hämodynamische Instabilität
- Aerophagie
- Voraussetzungen für die NIV-Therapie
- Kontinuierliche Überwachung
- Vitalparameter
- Alarmgrenzen
- Patient:in
- Dauerhafte Bereitstellung von Intubationsmaterialien
- Intensive Anleitung und Betreuung der Patient:innen
- Kontinuierliche Überwachung
Bei einer akuten Blutung im Halsbereich sollte keine NIV-Therapie etabliert werden!
Pflege bei NIV
Beobachten/Überwachen
- Atmung
- Atemfrequenz
- Atemqualität
- Sauerstoffsättigung
- Herzfrequenz und Blutdruck
- I.d.R. im Normalbereich
- Ggf. bei Stress verändert (Tachykardie, Hypertonie)
- BGA
- pH-Wert
- Partialdrücke von CO2 und O2
- Haut
- Druckstellen und Hautirritationen im Gesicht
- Zyanosen
- Beatmungsgerät und Maske
- Leckage-Anzeige am Gerät
- Sitz der Maske
- Erfolgreiche NIV-Therapie: Je nach vorbestehender Symptomatik innerhalb von 2 h
Etablierung einer NIV-Therapie
- Patient:in über Vorgehen informieren
- Material vorbereiten
- Passende Maske und Schlauchsystem
- Masken in 2 verschiedenen Größen bereitlegen
- Auf angenehmen und abgeschlossenen Sitz achten
- Ggf. Maske mit Reißleine bzw. mit Notfallventil verwenden
- Einschlauch- bzw. Zweischlauchsystem mit passendem Adapter auswählen
- 20-mL-Spritze
- Hydrokolloidverband zuschneiden
- Kompressen zur Polsterung
- Beatmungsgerät mit NIV-Funktion bereitstellen und auf Funktionsfähigkeit überprüfen
- HME-Filter am Beatmungsschlauch konnektieren
- Passende Maske und Schlauchsystem
- Patient:in vorbereiten
- Oberkörper mind. um 30° erhöht positionieren
- Ggf. Herzbettlage durchführen
- Ängste nehmen, beruhigend einwirken
- Ruhige Umgebung schaffen
- Beatmungsgerät in Rücksprache mit dem ärztlichen Personal voreinstellen, siehe auch: NIV
- Maske mit der Hand aufsetzen
- Bei guter Akzeptanz → Maske befestigen
- Nicht zu fest → Gefahr von Druckstellen
- Nicht zu locker → Gefahr einer Leckage
-
Beatmungsparameter an die Bedürfnisse der Patient:innen anpassen
- Kommt ausreichend Luft an?
- Ist die Geschwindigkeit der Luftzufuhr angenehm?
- Ist die Atemfrequenz angenehm?
- Ist die Einatmungsdauer passend?
- Blutgasanalyse während und nach der NIV-Therapie durchführen
- Dokumentation
- Suffizienz der Beatmung
- Empfindungen der Patient:innen
- Ggf. Auffälligkeiten
- Ggf. Beatmungsparameter
Patient:innen sollten während und nach der NIV-Therapie von einer Pflegefachperson überwacht und begleitet werden!
Einstellungen der Beatmungsparameter
- Inspirationsdruck: 10–12 mbar, ggf. schrittweise auf 20–30 mbar erhöhen
- PEEP: 3–5 mbar
- FiO2 nach Bedarf
- Kontrollierte Beatmung bei Bedarf: Atemzugvolumen von 3–5 mL/kgKG
- Siehe auch: Maschinelle Beatmung
Allgemeine Pflege
- Nasenrücken und Stirn: Vor Druckstellen schützen, bspw. durch
- Magensonde
- Zufuhr von enteraler Ernährung unterbrechen
- Ggf. Silikonbrücke anbringen
- Mundpflege
- Augenpflege
- Augen bei jeder Unterbrechung der NIV-Therapie kontrollieren
- Ggf. Augen auswischen
- Augensalbe auftragen, siehe auch: AMBOSS-Pflegewissen: Applikation von Augentropfen und -salben
Pflege bei invasiver Beatmung
Beatmungsparameter
- Inspiratorische Sauerstofffraktion (FiO2)
- FiO2 von >0,5–0,6 nicht überschreiten, insb. nicht >24 h
- Höhere Konzentration von O2 können toxisch wirken → Konzentration so niedrig wie möglich wählen
- Tidalvolumen (VT)
- 6–8 mL/kg Idealgewicht
- Einstellung nur bei volumenkontrollierter Beatmung
- Insb. bei druckkontrollierter Beatmung: Kontrolle des Tidalvolumens
- Atemfrequenz (AF)
- I.d.R. 10–15/min
- Max. 35/min
- Individuell von den Patient:innen abhängig
- Atemminutenvolumen (AMV)
- Ideales AMV Erwachsene: 80 mL/kg Idealgewicht pro min
- Automatische Einstellung an den meisten Geräten
- Positiver endexspiratorischer Druck (PEEP)
- Optimale Einstellung: 5–7 cmH2O für Lungengesunde
- Erhöht die funktionelle Residualkapazität
- Sollte bei Störungen des Gasaustauschs i.d.R. zuerst angepasst werden
- Atemwegsspitzendruck (ppeak)
- Verhältnis von Inspirations- und Exspirationszeit (I:E)
- Standardeinstellung: 1:2
- I:E-Verhältnis <1:2
-
I:E-Verhältnis >1:2
- Bspw. bei respiratorischem Versagen
- pmax kann gesenkt werden, Zeit für Gasaustausch ist verlängert
- Flowkurve der Exspiration beobachten
- Erreicht 0-Linie → Beatmungseinstellungen bzgl. Exspirationszeit passend
- Erreicht 0-Linie nicht → Beatmung anpassen
- Für weiterführende Informationen siehe auch:
Beatmungsparameter sollten immer in ärztlicher Rücksprache eingestellt und angepasst werden!
Alle Angaben müssen immer individuell auf die Patient:innen abgestimmt werden und dienen der lungenprotektiven Beatmung!
Tubuspflege
- Vorbereitung Material
- Sterile Einmalhandschuhe
- Fixierung
- Cuffdruckmesser
- Absaugkatheter in verschiedenen Größen
- Ggf. Materialien zur Mundpflege
- Ggf. neuer HME-Filter
- Hygienemaßnahmen
- Händedesinfektion vor und nach jeder Handlung am Tubus
- Einmalhandschuhe tragen, ggf. sterile, wenn Absaugung notwendig ist
- Tubuslage
- Tubustiefe prüfen
- Fixierung prüfen
- Tubusposition 1×/Schicht wechseln
- Patient:in informieren
- Absaugen
- Fixierung lösen
- Cuffdruck leicht erhöhen
- Tubus bei geöffnetem Mund verschieben
- Optische Lagekontrolle
- Auskultation der Lunge
- Fixierung nach klinikinternen Standards
- Cuffdruck
- Zu Beginn jeder Schicht und bei jeder Tubuspflege überprüfen (25–30 cmH2O)
- Zu hoher Druck → Schleimhautnekrosen
- Zu niedriger Druck → Gefahr von Aspiration
- Sekretmanagement
- Bedarfsangepasst absaugen
- Atemluft befeuchten, bspw. durch Inhalation
- Durchgängigkeit mittels Absaugkatheter kontrollieren
- Dokumentation von
- Tubuslage und -tiefe
- Art der Fixierung
- Cuffdruck
- Hautzustand
- Durchgeführten Pflegemaßnahmen
- Ggf. Auffälligkeiten
HME-Filter sollten alle 24 h oder bei offensichtlicher Verschmutzung gewechselt werden!
Mundpflege bei endotrachealem Tubus
- Mundraum absaugen
- Fixierung lösen
- Tubus sichern
- Mit Einmalabsaugkatheter gründlich absaugen, CAVE: Vagusreiz
- Inspektion der Mundhöhle mind. 1×/Schicht auf
- Rötungen
- Verletzungen
- Beläge
- Druckstellen
- Cuffdruck kontrollieren
- Tubus umpositionieren
- Zahnpflege
- Weiche Zahnbürste verwenden
- Ggf. Einmalsaugzahnbürste verwenden
- Vorsichtig Zähne und Zahnfleisch reinigen
- Ggf. Zahnzwischenräume mit Zahnseide oder Interdentalbürstchen reinigen
- Zungenreinigung
- Mundspülung
- Antiseptische Lösung
- Befeuchtung der Schleimhäute mittels
- Steriler Kochsalzlösung
- Geeigneter Pflegelösung
- Subglottischen Raum und Mundraum erneut absaugen
- Ggf. Beißschutz erneuern
- Lippenpflege
- Feuchtigkeitsspendende Salben oder Vaseline
- Cuff wieder auf den ursprünglichen Wert blocken
- Dokumentation
- Zustand des Mundraums
- Durchgeführte Maßnahmen
- Auffälligkeiten
Die Mundpflege bei endotrachealem Tubus sollte unter antiseptischen Bedingungen durchgeführt werden, um eine Pneumonie zu vermeiden!
Allgemeine Pflege
- Frühmobilisation
- Interdisziplinäre Vorgehensweise
- Sicherung/Verlängerung von
- Beatmungsschläuchen
- Infusionsleitungen
- Ggf. Drainagen
- Monitoring
- Kondenswasser aus Schläuchen entfernen
- 2×/d für ca. 20 min
- Stufenweises Vorgehen (Beginnen mit passiver Mobilisation)
- Stärkt die Rumpfmuskulatur → Unterstützt den eigenen Atemantrieb
- Positionierung
- Patient:innen regelmäßig neu positionieren
- Ggf. 135°-Lagerung, siehe auch: Bauchlagerung bei ARDS - AMBOSS-SOP
- Siehe auch: AMBOSS-Pflegewissen: Dekubitusprophylaxe
- Ernährung
- Prävention von Mangelernährung
- Frühzeitige enterale Ernährung
- Regelmäßige Refluxkontrollen
- Blasenspritzen zum Aspirieren nutzen
- Menge und Inhalt der Spritze gibt Auskunft über Reflux
- Ernährung langsam steigern
- Vor Umpositionierung: Sondenkost ausschalten
- Prophylaxe der Ventilator-assoziierten-Pneumonie