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Fußdeformitäten

Letzte Aktualisierung: 26.8.2022

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Fußdeformitäten sind eine heterogene Gruppe von angeborenen oder erworbenen Erkrankungen, die nach ihrem klinischen Erscheinungsbild klassifiziert werden. Der angeborene Klumpfuß ist die bekannteste Deformität des Fußes und wird unter anderem durch Dominanz des Musculus tibialis posterior gegenüber den anderen Muskelgruppen hervorgerufen. Klinisch zeigt sich der Klumpfuß durch eine kombinierte, komplexe Fehlbildung mit Spitz-, Hohl- und Sichelfuß sowie Rückfuß-betonte Einwärtskippung des medialen Fußrandes. Schon am Tage der Geburt muss die konservative, korrigierende Therapie mit Gipsverbänden beginnen.

  • Diagnostik: Klinische Untersuchung
    • Jede Fußdeformität kann sich auf das restliche muskuloskelettale System auswirken und zu Fehlhaltungen führen, womit Knie, Hüfte und Wirbelsäule bei jeder Untersuchung miteinbezogen werden müssen.
    • Flexible vs. rigide Fußfehlstellungen: Bei allen Fehlstellungen des Fußes muss erhoben werden, ob sich die Fehlstellung noch aktiv (durch Muskelkontraktion des Patienten) oder passiv (manuell durch den Untersucher) ausgleichen lässt.
      • Eine rigide Fehlstellung bedeutet, dass bereits ein strukturelles Problem besteht
      • Eine flexible Fehlstellung wird dagegen durch muskuläre Dysbalancen verursacht
  • Grundprinzipien der Therapie
    • Bei flexiblen Deformitäten: In der Regel können Einlagen, Orthesen und manuelle Redression bereits zu Besserung führen
    • Bei rigiden Deformitäten: Ein operativer Eingriff zum Lösen kontrakter Strukturen ist meist notwendig

Bei angeborenen Deformitäten ist eine frühe Behandlung essenziell, da sich so zum Teil operative Eingriffe vermeiden lassen. Eine verspätete Therapie kann zur Folge haben, dass eine initial muskuläre Dysbalance in ein strukturelles Problem übergehen kann!

  • Definition: Der Klumpfuß setzt sich aus mehreren fixierten Fußfehlstellungen zusammen
  • Epidemiologie
    • Eine der häufigsten angeborenen Fehlbildungen
    • Etwa 50% bilaterales Auftreten
  • Ätiologie
    • Am häufigsten: Kongenital
    • Selten: Erworben (bspw. neurogen, traumatisch)
  • Pathogenese
    • Dominanz der medialseitigen Muskelgruppe mit M. tibialis posterior als „Klumpfußmuskel“ (→ Plantarflexion, Rückfuß betonte Supination)
    • Medialdeviation des Talushalses
    • Schwäche und Atrophie der Peroneusgruppe („Klumpfußwade“)
    • Achillessehnenverkürzung
  • Diagnostik
  • Differenzialdiagnose: Klumpfußhaltung
  • Komplikationen: Unphysiologische Belastung mit Ulzerationen und frühzeitiger Arthrose
  • Therapie
    • Am Tag der Geburt möglichst mit der Redressionsbehandlung nach Ponseti beginnen
      • Redression bezeichnet die manuelle Korrektur der Fehlstellung. Zeitgleich wird ein Gips angelegt, um den Fuß in der korrigierten Stellung zu fixieren
      • Vorrangigstes Ziel ist die Verbesserung der Talusstellung in Bezug zum Kalkaneus
      • Die Therapie wird in immer länger werdenden Zeitabständen wiederholt und die Fehlstellung stufenweise ausgeglichen
    • Im Anschluss an die Redressionsbehandlung empfiehlt sich das Tragen einer Nachtlagerungsschiene zum Halten und zur Verbesserung der Fußstellung nach Abschluss der Gipsbehandlung [2]
    • Evtl. operative Versorgung notwendig: U.a. Verlängerung der Achillessehne mittels z-förmiger Achillessehnennaht und Korrektur der Stellung von Talus und Kalkaneus zueinander [3]

Die Redressionsbehandlung sollte möglichst bereits am Tag der Geburt beginnen!

  • Definition: Auseinanderweichen der Metatarsalia mit anschließendem Absenken der Metatarsale-Köpfchen
  • Epidemiologie: Häufigste Fußdeformität
  • Ätiologie: Bedingt durch muskuläre oder bindegewebige Schwäche (begünstigt durch schlechtes Schuhwerk)
  • Klinik
    • Absenkung der Metatarsalia II-IV → Unphysiologische Belastung der Metatarsalköpfchen II-IVSchmerzhafte Schwielen (Metatarsalgie)
    • Fehlstellung des 1. und 5. Strahls: Hallux valgus und Digitus quintus varus
  • Komplikation: Morton-Metatarsalgie (Morton-Neuralgie)
    • Plötzliche, stechende Schmerzen auf der Plantarseite des Fußes im Versorgungsbereich der Nervi digitales plantares communes (Äste der Nn. plantaris medialis et lateralis aus dem Nervus tibialis)
  • Diagnostik
  • Therapie:
    • Einlagen (mit Pelotte zur retrokapitalen Abstützung im Bereich der Metatarsalköpfchen)
      • Immer in Kombination mit Eigenübungsprogrammen zur Förderung der Fußmuskulatur

  • Definition: Seltene komplexe Fehlbildung des Fußes mit rigider Steilstellung des Talus und Luxation des Talokalkaneonavikulargelenks
  • Ätiologie
    • Angeboren
    • Isoliert oder in Zusammenhang mit neurologischen Störungen (insb. Meningomyelozele) sowie Systemerkrankungen
  • Pathogenese
  • Klinik
  • Diagnostik
    • Klinische Untersuchung: Palpation des Talusköpfchens
    • Röntgen: Parallele Achse von Tibia und Talus in der seitlichen Ansicht
  • Therapie
    • Wie beim Klumpfuß: Korrigierende Gipsbehandlung sofort nach der Geburt
    • Rein konservative Therapie führt selten zum Erfolg→ Operative Korrektur innerhalb der ersten 3 Lebensjahre
      • Hintere Kapsulotomie des oberen und unteren Sprunggelenks + Achillessehnenverlängerung + offene Reposition des Talokalkaneonavikulargelenks
    • Langandauernde Nachbehandlung mit Unterschenkelgipsen (etwa 2 Jahre), da der Talus sonst oftmals in seine alte Fehlstellung zurückgleitet
  • Definition: Erworbene flexible Fehlstellung des Fußes mit vollständig verflachter Längswölbung bis hin zur Konvexität (Insuffizienz des M. tibialis posterior)
  • Ätiologie
    • Endzustand des Knickplattfußes (Pes planovalgus): Der Ausfall des M. tibialis posterior (Funktion: Plantarflexion und Supination) führt zunächst zu einem Knickplattfuß, im weiteren Verlauf zu einem Plattfuß (Pes planus)
    • Posttraumatisch
  • Therapie
    • Fersenumfassende Einlagen mit Unterstützung des Längsgewölbes (Supinationskeil) zum Aufrichten der Ferse
    • Bei Erfolglosigkeit: Operationen möglich (Umstellungsosteotomien, Arthrodese)

  • Definition: Verknöcherung von Sehnenansätzen am Fersenbein
  • Ätiologie: Fehlbelastung, Übergewicht, Fußdeformitäten
  • Pathogenese: Unbekannt, diskutiert werden u.a. repetitive Mikrotraumata der Sehnenansätze
  • Klinik: Lokale Schmerzen
  • Einteilung
  • Therapie
    • 1. Wahl: Konservativ
    • Alternativ
      • Bestrahlung: Kein einheitliches Therapieschema vorhanden. Kleine Einzeldosen von 0,5 Gy bis zu einer Gesamtdosis von 3 - 12 Gy werden vorgeschlagen.
      • Operative Abtragung der knöchernen Ausziehung

  • Definition: Adduktion des Vorfußes
  • Ätiologie: Unklar, besteht von Geburt an
    • Erhöhte Wahrscheinlichkeit bei intrauterinen Lageanomalien
    • Assoziation zu Hüftgelenkdysplasie
  • Pathogenese: Unklar, vermutet wird ein muskuläres Ungleichgewicht zwischen adduzierender Muskulatur und Fibularis-Gruppe
  • Klinik
    • Einwärts gedrehte Zehen
    • In der Regel schmerzlos
    • Ausgeprägtere Fälle können eine mediale Hautfalte im Vorfußbereich aufweisen
  • Diagnostik
  • Therapie
    • Bei flexiblem Sichelfuß ist meist keine Therapie notwendig
    • Rigider Sichelfuß oder keine selbständige Normalisierung der Fußhaltung: Konservative Therapie
    • Mangelnder Erfolg der konservativen Therapie: Operative Therapie
      • Zuklappende Osteotomie des Os cuboideum (lateraler Strahl wird gekürzt) oder aufklappende Osteotomie des Os cuneiforme (medialer Strahl wird verlängert)
  • Definition: In­komplet­te oder feh­lende An­lage v.a. der zentralen Strahlen der Füße
  • Epidemiologie: Seltene Fußdeformität (Inzidenz: ca. 1/100.000)
  • Ätiologie
  • Klinik
  • Therapie
    • Konservative Versorgung mittels Einlagen, Orthesen oder ggf. Prothesen
    • Selten Indikation zur operativen Therapie (ggf. Osteotomie zur Verschmälerung des Fußes)

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3D-Modell

Exkurs

  • M21.-: Sonstige erworbene Deformitäten der Extremitäten
    • Exklusive
      • Angeboren: Deformitäten und Fehlbildungen der Extremitäten (Q65-Q66, Q68-Q74), Fehlen von Extremitäten (Q71-Q73), Coxa plana (M91.2), Erworbene Deformitäten der Finger und Zehen (M20.‑)
      • Verlust von Extremitäten (Z89.‑)
    • M21.0-: Valgusdeformität, anderenorts nicht klassifiziert [0-9]
      • Exklusive: Metatarsus valgus (Q66.6), Pes calcaneovalgus congenitus (Q66.4)
    • M21.1-: Varusdeformität, anderenorts nicht klassifiziert [0-9]
    • M21.2-: Flexionsdeformität [0-9]
    • M21.3-: Fallhand oder Hängefuß (erworben) [0,3,7]
    • M21.4: Plattfuß [Pes planus] (erworben)
    • M21.5-: Erworbene Klauenhand, Klumphand, erworbener Klauenfuß und Klumpfuß [0,4,7]
      • Exklusive: Klumpfuß, nicht als erworben bezeichnet (Q66.0)
    • M21.6-: Sonstige erworbene Deformitäten des Knöchels und des Fußes
    • M21.60: Erworbener Hohlfuß [Pes cavus]
    • M21.61: Erworbener Knick-Plattfuß [Pes planovalgus]
    • M21.62: Erworbener Spitzfuß [Pes equinus]
      • Exklusive: Hängefuß (erworben) (M21.37)
    • M21.63: Erworbener Spreizfuß
    • M21.68: Sonstige erworbene Deformitäten des Knöchels und des Fußes
    • M21.7-: Unterschiedliche Extremitätenlänge (erworben) [0-7,9]
    • M21.8-: Sonstige näher bezeichnete erworbene Deformitäten der Extremitäten [0-6,9]
    • M21.9-: Erworbene Deformität einer Extremität, nicht näher bezeichnet [0-7,9]

Lokalisation der Muskel-Skelett-Beteiligung

Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2023, DIMDI.

  1. Hefti: Defektmissbildungen an den unteren Extremitäten In: Der Orthopäde. Band: 37, Nummer: 4, 2008, doi: 10.1007/s00132-008-1250-4 . | Open in Read by QxMD p. 381-402.
  2. Krauspe: Der Klumpfuß. Georg Thieme Verlag 2006, ISBN: 978-3-131-30671-5 .
  3. Klumpfuß - Information: Die Ponseti-Methode zur Klumpfußbehandlung. . Abgerufen am: 27. November 2018.
  4. Jürgen Arnold: Orthopädie und orthopädische Chirurgie. Georg Thieme Verlag 2002, ISBN: 978-3-131-26241-7 .
  5. Hefti et al. : Kinderorthopädie in der Praxis. 3. Auflage Springer 2015, ISBN: 978-3-642-44994-9 .
  6. Imhoff et al.: Checkliste Orthopädie. 3.. Auflage Thieme 2014, ISBN: 978-3-131-42283-5 .
  7. Schwarz et al.: Are single fractions of radiotherapy suitable for plantar fasciitis? In: Australasian Radiology. Band: 48, Nummer: 2, 2004, doi: 10.1111/j.1440-1673.2004.01292.x . | Open in Read by QxMD p. 162-169.
  8. Kanatli et al.: Evaluation of the transverse metatarsal arch of the foot with gait analysis In: Archives of Orthopaedic and Trauma Surgery. Band: 123, Nummer: 4, 2003, doi: 10.1007/s00402-002-0459-7 . | Open in Read by QxMD p. 148-150.
  9. Arbab et al.: Talus verticalis In: Der Orthopäde. Band: 42, Nummer: 6, 2013, doi: 10.1007/s00132-013-2089-x . | Open in Read by QxMD p. 402-408.
  10. Grieve, Rashdi: Pressures under normal feet in standing and walking as measured by foil pedobarography. In: Annals of the Rheumatic Diseases. Band: 43, Nummer: 6, 1984, doi: 10.1136/ard.43.6.816 . | Open in Read by QxMD p. 816-818.
  11. Cutts et al.: Plantar fasciitis In: The Annals of The Royal College of Surgeons of England. Band: 94, Nummer: 8, 2012, doi: 10.1308/003588412x13171221592456 . | Open in Read by QxMD p. 539-542.
  12. Westhoff et al.: Spastischer Spitzfuß In: Der Orthopäde. Band: 40, Nummer: 7, 2011, doi: 10.1007/s00132-011-1782-x . | Open in Read by QxMD p. 637-648.
  13. Zhou et al.: A prospective study of midfoot osteotomy combined with adjacent joint sparing internal fixation in treatment of rigid pes cavus deformity In: Journal of Orthopaedic Surgery and Research. Band: 9, Nummer: 1, 2014, doi: 10.1186/1749-799x-9-44 . | Open in Read by QxMD p. 44.
  14. Correll, Berger: Erkennung und Behandlung kindlicher Fußfehlformen In: Der Orthopäde. Band: 34, Nummer: 10, 2005, doi: 10.1007/s00132-005-0874-x . | Open in Read by QxMD p. 1061-1074.