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Arthrose

Letzte Aktualisierung: 16.11.2023

Abstracttoggle arrow icon

Die Arthrose gilt weltweit als die häufigste Gelenkerkrankung. Laut Osteoarthritis Research Society International (OARSI) ist sie dadurch definiert, dass Mikro- bzw. Makroverletzungen fehlregulierte Reparaturmechanismen und pro-inflammatorische Signalwege des unspezifischen Immunsystems auslösen. Dies führt zu zellulärem Stress und Abbau der extrazellulären Matrix. Meist geht man von einer multifaktoriellen Genese aus, bei der verschiedene Risikofaktoren wie bspw. hohes Körpergewicht, Lebensalter oder Malalignment eine Rolle spielen. Arthrose ist einer der führenden Gründe für eine eingeschränkte Lebensqualität und hohe Krankheitskosten. Die Prävalenz bzw. Inzidenz variiert stark, u.a. da die Diagnose auf unterschiedlichen Definitionen (klinisch, radiologisch, histologisch) basiert.

Initial manifestiert sich die Arthrose als molekulare Störung (gestörter Stoffwechsel des Gelenkgewebes), erst im weiteren Verlauf folgen anatomische und/oder physiologische Veränderungen (Knorpelabbau, knöcherne Veränderungen, Synovialitis), die zu dem Vollbild der Erkrankung führen können. Eine Diagnose wird häufig anhand der klinischen Symptome gestellt und i.d.R. durch konventionelle Röntgenaufnahmen bestätigt. Die Therapie ist abhängig von den individuellen Symptomen und der Lokalisation sowie dem Ausmaß der Arthrose. Im Zentrum stehen nicht-invasive Therapiemodalitäten, bei persistierenden Beschwerden gibt es jedoch für fast alle Gelenke eine operative Therapieoption.

Epidemiologietoggle arrow icon

  • Inzidenz
    • Altersabhängig
    • >
    • 14,9 Millionen Menschen weltweit (2017) [4]
    • Für die Häufigkeitsverteilung je nach Lokalisation siehe: Arthrose - Lokalisationen
  • Prävalenz
    • Deutschland: 17,9% der >18-Jährigen (2014/15) [5]
    • Kox- und Gonarthrose (weltweit): 303,1 Millionen Menschen (3.754/100.000) [4]
    • Kox- und Gonarthrose (Deutschland): 595.754 Menschen (21,8%) [6]
  • Krankheitskosten der Arthrose in Deutschland (2015) [7]
    • Männer: Ca. 2,8 Milliarden Euro
    • Frauen: Ca. 5,9 Milliarden Euro
    • Gesamt: Ca. 8,7 Milliarden Euro

Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.

Ätiologietoggle arrow icon

  • Personenbezogene Risikofaktoren
    • Lebensalter
    • Weibliches Geschlecht
    • Genetische Disposition [11]
    • Hohes Körpergewicht und metabolisches Syndrom
    • Nährstoffmangel
  • Gelenkbezogene Risikofaktoren
    • Trauma
    • Gelenkkonfiguration oder -fehlstellung
    • Intraartikuläre Veränderungen
    • Mechanische Überlastung
    • Muskuläre Schwäche
  • Lokalisationsbedingte Risikofaktoren: Siehe Arthrose - Lokalisationen
Überblick über präarthrotische Deformitäten [12]
Erkrankung Auswirkung
Intraartikuläre Veränderungen Arthrose
Femoroazetabuläres Impingement-Syndrom Koxarthrose
Hüftdysplasie Koxarthrose
Coxa retrotorta Koxarthrose
Coxa vara Koxarthrose
Epiphyseolysis capitis femoris Koxarthrose
Genu varum, Genu valgum Gonarthrose
Morbus Perthes Koxarthrose

Pathophysiologietoggle arrow icon

Pathophysiologie der Arthrose

Exkurs: Pathophysiologie des arthroseassoziierten Schmerzes [17][18]

Klassifikationtoggle arrow icon

Nativradiologische Einteilung: Klassifikation nach Kellgren und Lawrence [19][20]

Ursprüngliche Klassifikation nach Kellgren und Lawrence [21][22]
Stadium

Nativradiologische Veränderungen

Bewertung [23]
0
  • Normalbefund
  • Keine Arthrose
1
  • Möglicherweise Verschmälerung des Gelenkspalts
  • Möglicherweise Osteophyten
  • Fragliche Arthrose
2
  • Möglicherweise Verschmälerung des Gelenkspalts
  • Definitiver Nachweis von Osteophyten
  • Minimale Arthrose
3
  • Verschmälerung des Gelenkspalts
  • Multiple moderate Osteophyten
  • Leichte Sklerose
  • Möglicherweise Verformung der Gelenkpartner
  • Moderate Arthrose

4

  • Deutliche Verschmälerung des Gelenkspalts
  • Große Osteophyten
  • Ausgeprägte Sklerose
  • Definitive Verformung der Gelenkpartner
  • Schwere Arthrose

Klinische Einteilung: Western Ontario and McMaster Universities Osteoarthritis Index (WOMAC) [24]

  • Ziel: Evaluation gesundheitsbezogener Lebensqualität
  • Inhalt: Insg. 24 Fragen
    • 5 Fragen: Schmerz (0–20 Punkte)
    • 2 Fragen: Steifigkeit (0–8 Punkte)
    • 17 Fragen: Alltagsaktivitäten (0–68 Punkte)
  • Bewertungssysteme
    • „Visual Analogue“
    • „Likert“
    • „Numerical Rating“
  • Ergebnis
    • Maximale Punktzahl abhängig vom verwendeten Bewertungssystem
    • Hohe Punktzahl entspricht einer reduzierten Lebensqualität

Symptome/Kliniktoggle arrow icon

  • Akute Schmerzen, bspw.
    • Belastungsschmerz
    • Anlaufschmerz
    • Nachtschmerz
    • Ausstrahlende Schmerzen
    • Schmerzprojektion
  • Chronische Schmerzen (sekundär) [28]
    • Reduzierte Lebensqualität [29]
    • Verlust an sozialer Teilhabe
    • Beeinträchtigung der mentalen Gesundheit
  • Funktionelle Symptome des Gelenks
    • Einsteifung nach Ruhe
    • Bewegungs- und Funktionseinschränkung
    • Schwellung und Verformung
    • Instabilität
    • Krepitationen
  • Verlauf und Ausprägung der Symptomatik: Hohe Variabilität und individuell unterschiedliche Ausprägung der Symptome [30]

Entscheidend für die Behandlung einer Arthrose sind die Beschwerden, sodass die klinische Diagnose im Vordergrund steht! Die radiologischen Arthrosezeichen korrelieren häufig nicht mit der Symptomatik!

Einteilung in Phasen anhand von Symptomen [31]

Diagnostiktoggle arrow icon

Anamnese [25]

Körperliche Untersuchung [25]

  • Inspektion
  • Palpation
  • Bewegungsprüfung

Labordiagnostik [32][33]

Bildgebende Diagnostik

Auswahl bildgebender Verfahren zur Diagnostik einer Arthrose [34][35]
Verfahren Typische Indikationen Mögliche Befunde Bemerkungen
Konventionelle Röntgenaufnahme
  • Ausgangsuntersuchung
  • Verlaufskontrolle
Magnetresonanztomografie
  • Darstellung des Weichgewebes
  • Ausschluss von Differenzialdiagnosen
  • Knöcherne Strukturen evtl. nicht adäquat abgebildet
  • Diagnose möglich, wenn konventionelles Röntgen noch unauffällig
  • Monitoring des Krankheitsverlaufs in Studien
Sonografie
  • Aktueller Zustand
  • Ausschluss von Differenzialdiagnosen
Computertomografie
Szintigrafie
  • Ausschluss von Differenzialdiagnosen
  • Areale mit metabolischer Aktivität
  • Kein Standardverfahren in der Diagnostik
  • Keine Differenzierung zwischen entzündlichen und malignen Prozessen möglich
  • Höhere Strahlenbelastung
Arthroskopie
  • Knorpelläsion
  • Verdacht auf intraartikuläre Pathologie
  • Intraartikuläre Pathologien
  • Qualifizierung und Quantifizierung von Knorpelläsionen
  • Kein Standardverfahren in der Diagnostik, beschränkt auf bestimmte Gelenke
  • Invasives Verfahren
  • Einteilung nach der ICRS-Klassifikation von Knorpelschäden
  • Meist genutzt zur gleichzeitigen Behandlung intraartikulärer Pathologien

Diagnostische Kriterien

American College of Rheumatology (ACR)

European League against Rheumatism (EULAR)

  • Vorteile
    • Gründliche Diagnose anhand klinischer, radiologischer und anamnestischer Befunde
    • Ausschluss von Differenzialdiagnosen
  • Kritikpunkte sind u.a.
    • Komplexität
    • Erforderliche Ausstattung (Labor, Röntgen)
    • Fehlende Betrachtung der Schmerzentstehung im Bereich des Gelenks aufgrund extraartikulärer Ursachen
  • Kriterien für Handgelenksarthrose [39]
    • Risikofaktoren
    • Klinische Symptome
    • Radiologische Diagnostik
    • Labordiagnostik
    • Ausschluss von Differenzialdiagnosen
  • Kriterien für Kniegelenksarthrose [40]
    • Risikofaktoren
    • Klinische Symptome
    • Radiologische Diagnostik
    • Labordiagnostik
    • Ausschluss von Differenzialdiagnosen

Differenzialdiagnosentoggle arrow icon

Allgemeine Differenzialdiagnosen bei Gelenkschmerzen

Differenzialdiagnosen bei akuter peripherer Monoarthritis

AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differenzialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Therapietoggle arrow icon

Allgemeine Therapiehinweise

Konservative Therapie [32][33][44][48][49][50][51]

Die medikamentöse Therapie ist i.d.R. als symptomatische Akuttherapie einzusetzen, bevorzugt mit NSAR oder selektiven COX-2-Hemmern!

Opioide zeigen dosisunabhängig keine ausreichende positive Wirkung hinsichtlich Schmerz und Funktion bei gleichzeitig ungünstigem Risikoprofil und hohem Abhängigkeitspotenzial! [52]

Operative und interventionelle Therapie [48][49][50][51]

Übersicht der Empfehlungen

Übersicht der Empfehlungen für Behandlungsmöglichkeiten einer Arthrose
Behandlungsmethode Gelenk
Hüfte Knie Hand
Körperliche Bewegung + + +
Gewichtsabnahme bei hohem Körpergewicht + + k.A.
Patientenedukation + + +
Physiotherapie, Ergotherapie + + +
Orthesen + + +
Thermische Behandlung + + +
Akupunktur + + +
Yoga, Tai Chi + + k.A.
Medikamentöse Behandlung
Topische NSAR k.A. + +
NSAR, Coxibe, Paracetamol + + +
Tramadol + + +
Intraartikuläre Injektion von Glucocorticoiden + + +
Intraartikuläre Injektion von Hyaluronsäure - und + - und + - (bez. auf das Daumensattelgelenk)
Empfehlung: + Keine Empfehlung: - Keine Aussage: k.A.

Lokalisationentoggle arrow icon

Obere Extremität

  • Omarthrose: Arthrose des Schultergelenks [66]
    • Epidemiologie: Ca. 30% der >60-Jährigen
    • Ätiologie: Meist idiopathisch und multifaktoriell (genetische Prädisposition bekannt)
    • Typische Symptome: Funktionell häufig zunächst Einschränkung der Außenrotation
    • Operative Therapie
      • Gelenkerhalt, bspw. durch arthroskopisches Débridement
      • Gelenkersatz
  • ACG-Arthrose: Arthrose des Akromioklavikulargelenks [67][68]
    • Ätiologie: Häufig assoziiert mit anderen Pathologien des Schultergelenks bzw. posttraumatisch
    • Typische Symptome: Nachtschmerz , Schmerzen bei der Adduktionsbewegung
    • Operative Therapie: Gelenkresektion
  • Cubitalarthrose: Arthrose des Ellenbogengelenks [69][70]
  • DRUG-Arthrose: Arthrose des distalen Radioulnargelenks [71][72][73]
    • Ätiologie: Meist sekundär
    • Typische Symptome: Ulnare Handgelenkschmerzen, Einschränkung der Pronation/Supination
    • Operative Therapie
      • Gelenkerhalt, bspw. durch sog. Wafer Procedure
      • Gelenkresektion
      • Gelenkersatz
  • Radiokarpalarthrose und karpaler Kollaps: Arthrose des Handgelenks und des Carpus [74][75][76]
    • Ätiologie: Meist sekundär
    • Typische Symptome: Schmerzen zunächst radioscaphoidal, Bewegungseinschränkung, dorsale Schwellung
    • Therapie: In Abhängigkeit von Ursache, genauer Lokalisation und Ausmaß der Arthrose
      • Gelenkerhalt, bspw. durch Denervierung
      • Gelenkresektion, bspw. durch Resektion der proximalen Handwurzelreihe, karpale Teilarthrodese oder Arthrodese
      • Gelenkersatz
  • Rhizarthrose: Arthrose des Daumensattelgelenks [77][78][79]
  • Bouchard-Arthrose: Arthrose des proximalen Interphalangealgelenks (PIP) [79][80][81][82]
  • Heberden-Arthrose: Arthrose des distalen Interphalangealgelenks (DIP) [79][81][82]

Hebe den Dip fürs Abendessen auf (Heberden-Arthrose → Befall der DIP-Gelenke)!

Untere Extremität

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Patienteninformationentoggle arrow icon

Kodierung nach ICD-10-GM Version 2023toggle arrow icon

  • M15.-: Polyarthrose
    • Inklusive: Arthrose mit Angabe von mehr als einer Lokalisation
    • Exklusive: Beidseitige Beteiligung einzelner Gelenke (M16-M19)
    • M15.0: Primäre generalisierte (Osteo‑) Arthrose
    • M15.1: Heberden-Knoten (mit Arthropathie)
    • M15.2: Bouchard-Knoten (mit Arthropathie)
    • M15.3: Sekundäre multiple Arthrose
    • M15.4: Erosive (Osteo‑) Arthrose
    • M15.8: Sonstige Polyarthrose
    • M15.9: Polyarthrose, nicht näher bezeichnet
      • Generalisierte (Osteo‑) Arthrose o.n.A.
  • M18.-: Rhizarthrose [Arthrose des Daumensattelgelenkes]
  • M19.-: Sonstige Arthrose
    • Exklusive: Arthrose der Wirbelsäule (M47.‑), Hallux rigidus (M20.2), Polyarthrose (M15.‑)
    • M19.0-: Primäre Arthrose sonstiger Gelenke [1-5,7-9]
      • Primäre Arthrose o.n.A.
    • M19.1-: Posttraumatische Arthrose sonstiger Gelenke [1-5,7-9]
      • Posttraumatische Arthrose o.n.A.
    • M19.2-: Sonstige sekundäre Arthrose [1-5,7-9]
      • Sekundäre Arthrose o.n.A.
    • M19.8-: Sonstige näher bezeichnete Arthrose [1-5,7-9]
    • M19.9-: Arthrose, nicht näher bezeichnet [1-5,7-9]
  • M36.-*: Systemkrankheiten des Bindegewebes bei anderenorts klassifizierten Krankheiten
    • Exklusive: Arthropathien bei anderenorts klassifizierten Krankheiten (M14.-*)
    • M36.0*: Dermatomyositis-Polymyositis bei Neubildungen (C00-D48†)
    • M36.1*: Arthropathie bei Neubildungen (C00-D48†)
    • M36.2*: Arthropathia haemophilica (D66-D68†)
    • M36.3*: Arthropathie bei sonstigen anderenorts klassifizierten Blutkrankheiten (D50-D76†)
    • M36.4*: Arthropathie bei anderenorts klassifizierten Hypersensitivitätsreaktionen
    • M36.5-*: Beteiligung des Bindegewebes bei der chronischer Graft-versus-Host-Krankheit
      • M36.51*: Stadium 1 der chronischen Bindegewebe-Graft-versus-Host-Krankheit (T86.05†, T86.06†)
      • M36.52*: Stadium 2 der chronischen Bindegewebe-Graft-versus-Host-Krankheit (T86.06†)
      • M36.53*: Stadium 3 der chronischen Bindegewebe-Graft-versus-Host-Krankheit (T86.07†)
      • M36.8*: Systemkrankheiten des Bindegewebes bei sonstigen anderenorts klassifizierten Krankheiten

Lokalisation der Muskel-Skelett-Beteiligung

Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2023, DIMDI.

Quellentoggle arrow icon

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  13. Damert:Handgelenkendoprothetik – ein ErfahrungsberichtIn: Der Orthopäde. Band: 48, Nummer: 5, 2019, doi: 10.1007/s00132-019-03725-6 . | Open in Read by QxMD p. 402-412.
  14. Ahmadi et al.:The never-ending battle between proximal row carpectomy and four corner arthrodesis: A systematic review and meta-analysis for the final verdictIn: Journal of Plastic, Reconstructive & Aesthetic Surgery. Band: 75, Nummer: 2, 2022, doi: 10.1016/j.bjps.2021.09.076 . | Open in Read by QxMD p. 711-721.
  15. Reyniers et al.:Proximal row carpectomy versus four-corner arthrodesis in the treatment of SLAC and SNAC wrist: meta-analysis and literature reviewIn: Hand Surgery and Rehabilitation. Band: 42, Nummer: 3, 2023, doi: 10.1016/j.hansur.2023.03.006 . | Open in Read by QxMD p. 194-202.
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