Abstract
Die Schlafkrankheit (Afrikanische Trypanosomiasis) ist eine Parasitose, die durch einen Stich der im tropischen Afrika lebenden Tsetse-Fliege (Vektor) übertragen wird. Es wird zwischen zwei Formen unterschieden – einer west- und einer ostafrikanischen –, die geographisch klar voneinander getrennt sind und jeweils durch eine unterschiedliche Erregerspezies ausgelöst werden. Beide Formen zeigen ähnliche Symptome: Nachdem zunächst lokale Hautreaktionen, grippeähnliche Symptomatik und Lymphadenopathie bestehen, kommt es im weiteren Verlauf zu einer progredienten Meningoenzephalitis mit Schlaf- und Bewusstseinsstörungen bis hin zum Koma und Tod.
Epidemiologie
- Vorkommen: Afrika
- Prävalenz: 20.000 Fälle pro Jahr in den afrikanischen Endemiegebieten (deutlicher Rückgang über die letzten Jahrzehnte)
Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.
Ätiologie
- Erreger
- Trypanosoma brucei gambiense (westafrikanische Form)
- Trypanosoma brucei rhodesiense (ostafrikanische Form)
- Infektionsweg
- Vektor ist die Tsetse-Fliege (verschiedene Arten)
Klassifikation
Westafrikanische Form | Ostafrikanische Form | |
---|---|---|
Erreger | T. b. gambiense | T. b. rhodesiense |
Regionale Verbreitung | West- und Zentralafrika | Süd- und Ostafrika |
Erregerreservoir | Menschen (Hauptwirt), Hausschwein | Tiere sind Hauptwirt (Rinder, Antilopen) |
Klinischer Verlauf | Chronische, langsam progrediente Erkrankung (Tod nach Jahren) | Akute Erkrankung (Tod innerhalb einiger Wochen bis Monate) |
Symptome/Klinik
- Inkubationszeit
- Westafrikanische Form: Wochen bis Jahre
- Ostafrikanische Form: 3–21 Tage
- Lokale Primärläsion
- Trypanosomen-Schanker: Rötliche, schmerzhafte Schwellung an der Einstichstelle
- Stadium I (hämolymphatisch)
- Grippeähnliche Symptome
- Lymphadenopathie, ggf. (Hepato‑)Splenomegalie
-
Haut
- Winterbottom-Zeichen: Schmerzlose Lymphknotenschwellung im dorsolateralen Halsbereich
- Exanthem
- Herz: Myo-, Pankarditis, Tachykardie, Hypotonie
- Stadium II
- Progrediente Meningoenzephalitis
- Dabei typischerweise Schlafstörungen, Umkehr des Schlaf-Wach-Rhythmus, Kataplexie, Koma
- Erythema anulare der Schlafkrankheit (Trypanid)
- Progrediente Meningoenzephalitis
Die Schlafkrankheit verläuft ohne Therapie stets letal!
Diagnostik
- Anamnese und Untersuchung: Typische Symptomatik, Herkunftsland, Reiseanamnese
- Stadium I
- Blutausstrich (Standard oder als „dicker Tropfen“): Nachweis von einzelligen Flagellaten
- Ggf. Punktat aus Trypanosomen-Schanker und/oder geschwollenen Lymphknoten
- Ggf. immunologischer Nachweis (z.B. mittels ELISA)
- Stadium II
- Liquoruntersuchung zum Nachweis/Ausschluss einer zerebralen Beteiligung
- Ggf. immunologischer Nachweis (z.B. mittels ELISA)
Therapie
- Frühzeitige, stationäre Therapie einleiten
- Stadium I
- Suramin
- Pentamidin
- Stadium II
- Melarsoprol
- Nifurtimox
- Eflornithin
- Stadium I
Prävention
Präventionsmaßnahmen
- Vektorbekämpfung
- Insektizide
- Tsetse-Fallen
- Expositionsprophylaxe
- Repellents, imprägnierte Mosquitonetze, Tragen heller und unauffälliger Kleidung
- Räumlichkeiten und Fahrzeuge vor Nutzung inspizieren
Aufgrund der begrenzten Therapiemöglichkeiten kommt der Prävention eine besondere Rolle zu! Ein Impfstoff ist bisher nicht verfügbar!
Meldepflicht
- Keine
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Kodierung nach ICD-10-GM Version 2021
- B56.-: Afrikanische Trypanosomiasis
- Inklusive: Schlafkrankheit
- B56.0: Trypanosomiasis gambiensis
- Infektion durch Trypanosoma brucei gambiense Westafrikanische Schlafkrankheit
- B56.1: Trypanosomiasis rhodesiensis
- Infektion durch Trypanosoma brucei rhodesiense Ostafrikanische Schlafkrankheit
- B56.9: Afrikanische Trypanosomiasis, nicht näher bezeichnet
- Schlafkrankheit o.n.A.
- Trypanosomiasis o.n.A., in Orten, in denen afrikanische Trypanosomiasis häufig vorkommt
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2021, DIMDI.