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Malaria

Letzte Aktualisierung: 30.5.2023

Abstracttoggle arrow icon

Malaria ist eine meldepflichtige Tropenkrankheit, die von Plasmodien ausgelöst und durch die Anopheles-Mücke als Vektor übertragen wird. Klinik und Prognose hängen maßgeblich von der Plasmodiumart ab:

Klinisch kann sich eine Malaria aber ganz unterschiedlich präsentieren (Bewusstseinsstörung, Übelkeit, Erbrechen, Ikterus, Anämie etc.) und wird deswegen häufig fehldiagnostiziert. Bei allen Erregern kommt es i.d.R. erst nach frühestens 6 Tagen Inkubationszeit zu den Symptomen. Wichtigste diagnostische Maßnahme ist der direkte Erregernachweis im „dicken Tropfen“ (Anreicherung im Blutausstrich). Zur medikamentösen Therapie stehen zahlreiche Medikamente zur Verfügung (z.B. Chloroquin, Artemether/Lumefantrin, Atovaquon/Proguanil, Artesunat oder Chinin), die z.T. auch zur Chemoprophylaxe bei Reisen in Endemiegebiete genutzt werden. Wichtigste präventive Maßnahme ist aber der adäquate Schutz vor der Anopheles-Mücke (Moskitonetze, Repellents, Bedeckung von freien Körperstellen etc.).

Du möchtest diesen Artikel lieber hören als lesen? Wir haben ihn für dich im Rahmen unserer AMBOSS-Audio-Reihe vertont. Den Link findest du am Kapitelende in der Sektion “Tipps & Links".

Epidemiologietoggle arrow icon

  • Verbreitung: Endemisch in den Tropen und Subtropen (Afrika, Asien, Mittel- und Südamerika) und in Ländern des östlichen Mittelmeers [1]
  • Erkrankungsfälle
    • Geschätzt 228 Millionen Fälle weltweit (2018), davon 93% in Afrika, 3,4% in Südostasien und 2,1% in Ländern des östlichen Mittelmeers
    • Etwa 896 Fälle in Deutschland (2018), wahrscheinliche Infektionsländer zu 95% in Afrika [2]
    • Plasmodium falciparum weltweit häufigster Erreger
  • Todesfälle
    • Geschätzt 405.000 Todesfälle weltweit (2018)
    • Ca. 67% Kinder unter 5 Jahre
    • Keine Todesfälle in Deutschland (2010–2015) [3]
  • Alter: In jedem Lebensalter, in Deutschland v.a. Fälle im 2. und 3. Lebensjahrzehnt diagnostiziert
  • Risikogruppen: Migranten und Reiserückkehrer aus Ländern mit endemischer Malaria
  • Entwicklung
    • Weltweite Malaria-Inzidenz und -Sterblichkeit zwischen 2010 und 2018 rückläufig (von 71 auf 51 Fälle/1.000 Einwohner) infolge verbesserter Prävention, Diagnose und Behandlung sowie anderer Faktoren (Urbanisierung, veränderte Lebensgewohnheiten)
    • Allerdings Stagnation der Malaria-Rückläufigkeit in den letzten Jahren (2014–2018)

Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.

Ätiologietoggle arrow icon

Pathophysiologietoggle arrow icon

Entwicklungszyklus der Plasmodien

Übersicht des Malariazyklus

  1. Mückenstich: Sporozoiten (infektiöse Form des Erregers) gelangen von der Mücke in den Menschen
  2. Entwicklung im Menschen: Erst Infektion der Hepatozyten, dann Weiterentwicklung zu Gametozyten (unreifen Keimzellen) in Erythrozyten
  3. Mückenstich: Mücke nimmt Gametozyten aus dem menschlichen Blut auf
  4. Entwicklung in der Mücke: Weiterentwicklung der Gametozyten zu Gameten und schließlich zu Sporozoiten
  5. Erneutes Durchlaufen des Zyklus: Siehe 1.–4.

Zyklus im Menschen (sog. Schizogonie = asexuelle Vermehrung)

  • Mückenstich: Aufnahme der Sporozoiten (infektiöse Form des Erregers) aus dem Mückenspeichel
  • Leber (präerythrozytäre bzw. exoerythrozytäre Schizogonie)
    1. Sporozoiten infizieren die Hepatozyten und entwickeln sich zu (Leber‑)Schizonten (Vermehrungsstadien im Gewebe) mit tausenden Merozoiten (Tochterzelle, welche aus einer asexuellen Vermehrung hervorgeht)
    2. Merosomen werden von Schizonten abgeschnürt, gelangen ins Blut und setzen dort die enthaltenen Merozoiten frei
      • P. vivax und ovale: Sporozoiten können auch als metabolisch inaktive Hypnozoiten in einem Ruhestadium überdauern → Erst später Schizogonie (klinisch: Malaria-Rezidive)
  • Blut (erythrozytäre Schizogonie)
    1. Merozoiten befallen Erythrozyten und entwickeln sich erst zu unreifen, später zu reifen Trophozoiten (Zwischenstufen der Erregerentwicklung)
    2. Trophozoiten verbleiben entweder im Menschen und befallen erneut Erythrozyten oder entwickeln Gametozyten und werden von der Anopheles-Mücke aufgenommen
      • Verbleib im Menschen: Entwicklung zu (Blut‑)Schizonten mit bis zu 20 Merozoiten, die periodisch freigesetzt werden und erneut Erythrozyten befallen können
      • Aufnahme durch die Mücke: Entwicklung von Gametozyten (unreife Keimzellen), die von der Mücke aufgenommen werden und in ihr einen neuen Entwicklungszyklus beginnen

Zyklus in der weiblichen Anopheles-Mücke

Entwicklungsstufen der Plasmodien in den Erythrozyten

  • Unreifer Trophozoit: Dicke dunkelviolette ringförmige Einschlüsse (ähnlich einem Siegelring)
  • Reifer Trophozoit: Amöboide Ringe
  • Unreifer Schizont: Unregelmäßig rund, amöboid, beinahe den gesamten Erythrozyten ausfüllend
  • Reifer Schizont: Verbund aus 6–24 Merozoiten (rund mit zentraler Verdunkelung), der aus dem unreifen Schizonten entsteht
  • Gametozyten
    • Makrogametozyt: Reife weibliche Geschlechtsform, die als runde, den gesamten Erythrozyten ausfüllende Struktur imponiert
    • Mikrogametozyt: Reife männliche Geschlechtsform, die sich als runde Struktur im Erythrozyten zeigt. Im Vergleich zum Makrogametozyten ist die Struktur kleiner und hat einen helleren Zellkern

Symptome/Kliniktoggle arrow icon

Inkubationszeit

  • 6–42 Tage [4]
  • Besonderheiten
    • Rezidiv bei Pl.-ovale- oder Pl.-vivax-Infektion: Nach erfolgreicher Therapie einer Malaria tertiana können Plasmodium-Dauerformen (Hypnozoiten) in der Leber verbleiben und nach Monaten bis Jahren durch unbekannte Trigger eine erneute Malaria auslösen
    • Rekrudeszenz bei Pl.-malariae-Infektion: Bei Therapie einer Malaria quartana kann die Parasitämie trotz Sinken unter die Nachweisgrenze nach Tagen bis Wochen wieder aufflammen, was als Rekrudeszenz bezeichnet wird. Es wird vermutet, dass Schizonten in extrem geringer Konzentration im Blutkreislauf persistieren und für den Rückfall verantwortlich sind
    • Asymptomatische Parasitämie: Insb. in Endemiegebieten werden auch asymptomatische Plasmodien-Träger identifiziert

Tritt Fieber vor dem 6. Aufenthaltstag in einem Malaria-Endemiegebiet auf, handelt es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht um Malaria!

Allgemeine Symptome

Die Malaria quartana und tertiana gehen im Vergleich zur Malaria tropica i.d.R. mit schwächeren Symptomen, geringerer Organbeteiligung (selten mit ZNS-Symptomen, gastrointestinalen Beschwerden etc.) und deutlich geringerem Risiko für eine komplizierte Malaria einher.

Organspezifische Symptome

Eine Malaria kann sich sehr unterschiedlich präsentieren und wird deswegen häufig fehldiagnostiziert. Bei Fieber in Kombination mit einer Reiseanamnese ist deshalb die wichtigste diagnostische Maßnahme: Stets auch an Malaria denken!

Komplizierte Malaria

Bei der komplizierten Malaria (meist Malaria tropica ) kann es zusätzlich zu einer schwerwiegenden Beeinträchtigung lebenswichtiger Organe in unterschiedlicher Ausprägung kommen .

Verlauf

Eine Malaria-Infektion hat eine Plasmodien-spezifische Antikörperbildung zur Folge, die für einen begrenzten Zeitraum (weniger als ein Jahr) eine Teil-Immunität bietet .

Diagnostiktoggle arrow icon

Blutuntersuchung

Bei negativen Befunden der Mikroskopie und des Schnelltests – aber anhaltender Symptomatik – sollte die Diagnostik wiederholt werden, um falsch negative Befunde zu vermeiden!

Therapietoggle arrow icon

Anti-Malaria-Medikamente

Die Resistenz von Plasmodium falciparum und seit jüngster Vergangenheit auch von Plasmodium-vivax-Stämmen gegen Chloroquin ist weit verbreitet. Chloroquin wird daher zur Therapie der Malaria tertiana und tropica nicht mehr empfohlen!

Malaria quartana

Malaria tertiana

Malaria tropica

Präventiontoggle arrow icon

Expositionsprophylaxe

Die wichtigste Maßnahme zur Verhinderung einer Malaria ist die Expositionsprophylaxe durch Moskitonetze, Bedeckung der Haut mit Kleidung, Verwendung von mückenabweisenden Mitteln, das Besprühen der Räumlichkeiten mit Insektiziden und die Vermeidung von Aufenthalten in der Natur während der Dämmerung .

Medikamentöse Chemoprophylaxe

Eine Chemoprophylaxe sollte vor Beginn der Reise in ein Endemiegebiet mit hohem Malariarisiko (z.B. tropisches Afrika, Amazonas, Teile Südostasiens) begonnen werden.

Stand-By-Medikation

Die Stand-By-Medikation ist eine Notfallmedikation, die bei Auftreten von Malaria-ähnlichen Symptomen in hoher Dosis eingenommen wird.

Die medikamentöse Prophylaxe verhindert nicht die Infektion, sondern schwächt den klinischen Verlauf ab!

Impfung [5]

Meldepflichttoggle arrow icon

  • Arztmeldepflicht
    • Nach IfSGMeldeVO (nur in Sachsen):
  • Labormeldepflicht

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HOMe Studientelegramme Innere Medizin

One-Minute Telegram (aus unserer englischsprachigen Redaktion)

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Meditrickstoggle arrow icon

In Kooperation mit Meditricks bieten wir durchdachte Merkhilfen an, mit denen du dir relevante Fakten optimal einprägen kannst. Dabei handelt es sich um animierte Videos und Erkundungsbilder, die auf AMBOSS abgestimmt oder ergänzend sind. Die Inhalte liegen meist in Lang- und Kurzfassung vor, enthalten Basis- sowie Expertenwissen und teilweise auch ein Quiz sowie eine Kurzwiederholung. Eine Übersicht aller Inhalte findest du im Kapitel „Meditricks“. Meditricks gibt es in unterschiedlichen Paketen – für genauere Informationen empfehlen wir einen Besuch im Shop.

Malaria

Malaria – Teil 1

Malaria – Teil 2

Malaria – Teil 3

Inhaltliches Feedback zu den Meditricks-Videos bitte über den zugehörigen Feedback-Button einreichen (dieser erscheint beim Öffnen der Meditricks).

Kodierung nach ICD-10-GM Version 2023toggle arrow icon

Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2023, DIMDI.

Quellentoggle arrow icon

  1. World Health Organisation: World Malaria Report 2019. World Health Organisation (WHO) 2019, ISBN: 978-9-241-56572-1.
  2. Reiseassoziierte Krankheiten2018.
  3. World Health Organisation: World Malaria Report 2016. World Health Organisation (WHO) 2017, ISBN: 978-9-241-51171-1.
  4. S1-Leitlinie Diagnostik und Therapie der Malaria.Stand: 16. August 2016. Abgerufen am: 6. Oktober 2017.
  5. WHO recommends groundbreaking malaria vaccine for children at risk.Stand: 6. Oktober 2021. Abgerufen am: 13. Oktober 2021.
  6. Mosquirix: Opinion on medicine for use outside EU.Stand: 1. Oktober 2015. Abgerufen am: 4. November 2021.
  7. Empfehlungen zur Malariavorbeugung (Stand Mai 2017).Stand: 1. Mai 2017. Abgerufen am: 6. Oktober 2017.
  8. Malaria, RKI-Ratgeber für Ärzte.Stand: 23. April 2015. Abgerufen am: 9. Oktober 2017.
  9. Herold et al.: Innere Medizin 2020. Herold 2020, ISBN: 978-3-981-46609-6.