Zusammenfassung
Als Wochenbett werden die ersten 6–8 Wochen nach der Geburt von Kind und Plazenta bezeichnet. In dieser Zeit durchläuft die Mutter zahlreiche körperliche und psychische Veränderungen, die mit den physiologischen Rückbildungsvorgängen einhergehen.
Pflegefachpersonen übernehmen in den ersten Tagen nach der Geburt eine zentrale Rolle in der Betreuung der Wöchnerin. Ihre Aufgaben reichen von der Überwachung des postpartalen Heilungsprozesses über die Förderung der Mutter-Kind-Bindung bis hin zur Stillberatung und -anleitung. Ebenso wichtig sind die psychische Unterstützung sowie das frühzeitige Erkennen von Komplikationen. Pflegefachpersonen sind häufig die ersten Ansprechpersonen bei Unsicherheiten und können bei Bedarf weiterführende Unterstützungsangebote (z.B. eine spezialisierte Stillberatung) vermitteln.
Beobachten/Überwachen
- Basismonitoring
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Herzfrequenz
- Kurz nach der Geburt ggf. Tachykardie, danach Absinken der während der Schwangerschaft erhöhten Herzfrequenz auf die Werte vor der Schwangerschaft
- Anhaltende Tachykardie als mögliches Symptom einer Infektion oder Lungenembolie, ärztliches Personal informieren!
- Blutdruck
- Hypotonie durch Blutverlust während der Geburt und/oder gesteigerte postpartale Diurese möglich
- Hypertonie (insb. wenn eine Präeklampsie vorlag) als mögliches Zeichen eines postpartalen HELLP-Syndroms, ärztliches Personal informieren!
- Temperatur: Temperaturerhöhung bis 38 °C bei Milcheinschuss i.d.R. physiologisch, bei >38 °C Infektion ausschließen
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Herzfrequenz
- Miktion
- Erstes Wasserlassen spätestens 6 h nach der Geburt
- Ausreichende Flüssigkeitszufuhr (2–3 L/Tag)
- Regelmäßig an Toilettengang erinnern
- Ggf. bei Mobilisation auf die Toilette unterstützen
- Verstärkte postpartale Diurese beachten
- Stuhlgang : Während Defäkation Vorlage auf Vulva und Damm pressen
- Siehe auch: AMBOSS-Pflegewissen: Obstipationsprophylaxe
- Lochien
- Farbe
- Menge: Ca. 200–500 mL innerhalb von 4 Wochen
- Geruch
- Rückbildung der Gebärmutter
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Fundusstand regelmäßig kontrollieren
- Wöchnerin in Rückenlage
- Handkante ca. in Bauchnabelhöhe der Wöchnerin auflegen
- Hand Richtung Symphyse kippen, bis sie flach auf dem Bauch liegt und Fundus tastbar ist
- Querfinger vom tastbaren Fundus bis zum Bauchnabel abzählen
- Fundusstand dokumentieren
- Für weitere Informationen siehe auch: Physiologische Uterusrückbildung
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Fundusstand regelmäßig kontrollieren
- Episiotomienaht/-wunde
- Tägliche Wundkontrolle
- Auf Hinweise für Wundinfektionen achten
- Psychische Veränderungen, siehe auch: Psychische Komplikationen im Wochenbett
Eine Körpertemperatur >38 °C gilt bei Wöchnerinnen als Fieber! Dann sollte ärztliches Personal informiert werden!
Stillberatung und -unterstützung
- In jeder Schicht erfragen, ob Beratungsbedarf bzgl. Stillen besteht, siehe auch: Komplikationen beim Stillen
- Beim Stillen unterstützen und Trinkverhalten beurteilen, insb. bei den ersten Stillversuchen
- Benötigte Materialien für die Mutter erreichbar bereitlegen
- Mulltuch
- Stillkissen
- Ggf. Stillhütchen bei flacher oder invertierter Mamille
- Ggf. Brustwarzensalbe bei wunden Mamillen
- Ggf. Stilleinlagen
- Dokumentation
- Stillberatung
- Häufigkeit des Anlegens
- Dauer des Stillvorgangs
- Probleme beim Stillen, bspw. Schmerzen
- Trinkverhalten des Kindes, insb.
- Ausreichendes Umfassen der Mamille mit den Lippen beim Trinken?
- Saug-Schluck-Atmungs-Koordination vorhanden?
- Zufriedener Eindruck nach dem Trinken?
- Bei persistierenden Schwierigkeiten beim Stillen: Stillberatung durch speziell geschulte Fachkraft
- Für ausführliche Informationen zu Stillberatung, Stillhindernissen, Ernährung und Medikamenteinnahme während der Stillzeit sowie Kontraindikationen siehe: Stillen
Es sollten nur speziell für die Mamillen geeignete Salben verwendet werden! Andere Salben oder parfümierte Cremes können die Mamillen aufweichen, zu Mazerationen führen oder beim nächsten Stillen vom Kind aufgenommen werden!
Weitere pflegerische Maßnahmen
Hygiene
- Händehygiene: Sorgfältiges Händewaschen bzw. Händedesinfektion vor dem Kontakt mit dem Neugeborenen
- Körperhygiene
- Getrennte Waschlappen und Handtücher für Hände, Körper und Intimbereich nutzen
- Waschlappen und Handtücher regelmäßig wechseln
- Genitalhygiene
- Vorlage zum Auffangen des Lochialflusses regelmäßig wechseln
- Vulva bei jedem Vorlagenwechsel und nach dem Stuhlgang mit Wasser spülen
- Keine Vollbäder oder Schwimmbadbesuche während des Wochenbetts
Während des Wochenbetts sollten keine Tampons verwendet werden! Diese können eine Lochialstauung begünstigen und zu Infektionen führen!
Mobilisation/Bewegung
- Frühmobilisation
- 2–3 h nach vaginaler Geburt
- 3–4 h nach Sectio caesarea
- Blutdruck vor der ersten Mobilisation kontrollieren
- Mutter während der ersten Mobilisation möglichst nicht alleine lassen
- Ggf. beim Anlegen des Neugeborenen zum Stillen und Einnehmen einer bequemen Stillhaltung helfen
- Rückbildungsgymnastik empfehlen
Prophylaxen
- Thromboseprophylaxe
- Frühmobilisation spätestens 6 h nach der Geburt oder Sectio, danach regelmäßige Mobilisation
- Ausreichende Flüssigkeitszufuhr (mind. 2–3 L/Tag)
- Ggf. medikamentöse Antikoagulation nach ärztlicher Anordnung
- Siehe auch: AMBOSS-Pflegewissen: Thromboseprophylaxe
- Obstipationsprophylaxe
Hat die Wöchnerin während der Schwangerschaft Antikoagulanzien erhalten, werden diese i.d.R. für weitere 6 Wochen nach der Geburt verabreicht!
Beratung
- Durchführung der Neugeborenenversorgung
- Anspruch auf Hebammenhilfe
- Regionale Unterstützungsangebote (bspw. Eltern-Kind-Hilfen)
- Babyblues
- Ärztliche Wiedervorstellung bei
- Vermehrter vaginaler Blutung bzw. plötzlichem Sistieren der Lochien
- Fieber
- Schmerzen in Mammae, Unterbauch, Damm (Geburtsverletzungen/Episiotomie) oder Rötung der Brust bzw. Symptome der Mastitis puerperalis
- Dysurie
- Psychischen Komplikationen im Wochenbett
- Wichtige Prävention von Komplikationen beim Neugeborenen
- Entlassung, siehe auch: Management bei Entlassung von der Wöchnerinnenstation
Bei Symptomen einer Mastitis puerperalis, Fieber oder einem Lochialstau sollte sich die Wöchnerin zügig ärztlich vorstellen!