Abstract
Zur operativen Geburtshilfe zählen die vaginal-operative Entbindung und die Kaiserschnittentbindung (Sectio caesarea, im Folgenden kurz „Sectio“ genannt). Welche Methode angewendet wird, ist u.a. abhängig von der Indikation, dem Geburtsfortschritt sowie dem fetalen und maternalen Zustand. Eine vaginal-operative Entbindung kann mittels Saugglocke oder Zangenextraktion erfolgen, wobei erstere deutlich häufiger ist. Beide Formen können jedoch nur unter bestimmten Voraussetzungen (wie bspw. erfolgter Blasensprung, vollständig eröffneter Muttermund) durchgeführt werden und bergen verschiedene Risiken und Komplikationen. Für eine Sectio caesarea gibt es unterschiedliche Indikationen und Dringlichkeitsstufen. Eine primäre Sectio bspw. kann im Voraus geplant werden, während eine Notfallsectio aufgrund einer akut lebensbedrohlichen Gefährdung von Mutter und/oder Kind während der Geburt so rasch wie möglich erfolgen muss.
Vaginal-operative Entbindung
Epidemiologie [1][2][3]
Etwa 6–7% aller Geburten in Deutschland erfolgen vaginal-operativ , davon
- 6,2% per Vakuumextraktion
- 0,5% per Zangenextraktion [2]
Voraussetzungen [1][2][4]
Die wichtigsten Voraussetzungen sind die korrekte Indikationsstellung und das Beherrschen der Operationstechnik!
- Geburtsfortschritt
- Vollständig eröffneter Muttermund
- Fruchtblase gesprungen bzw. Z.n. Amniotomie
- Kopf mind. in Beckenmitte (siehe hierzu auch: Höhenstand nach Hodge und de Lee) [4]
- Kindliche Leitstelle bei ISP+4 (Beckenboden): Bei vHHL, hHHL, Vorderhauptshaltung und tiefem Querstand möglich
- Kindliche Leitstelle zwischen ISP+2 und ISP+3 (Beckenmitte): Bei vHHL, hHHL und Vorderhauptshaltung möglich
- Kindliche Leitstelle bei ISP oder ISP+1 (Beckenmitte): Bei vHHL und rotierter Pfeilnaht ≤45° möglich
- Kindliche Leitstelle >ISP: Kontraindikation für vaginal-operative Entbindung
- Ausschluss eines Kopf-Becken-Missverhältnisses
- Kenntnis über Haltung und Einstellung des Kopfes (ggf. Sonografie notwendig)
- Rechtliche Voraussetzungen
- Aufklärung und Einverständnis der Gebärenden
- Detaillierte Dokumentation im Sinne eines OP-Berichts
- Weitere Voraussetzungen
- Adäquate Analgesie (siehe hierzu auch: Analgesie unter der Geburt und Anästhesie zur Geburt)
- Leere Harnblase
- Querbettlagerung
- Sectiobereitschaft
- Episiotomie optional
Bei der vaginal-operativen Entbindung muss der kindliche Kopf mind. auf Beckenmitte stehen!
Die vaginal-operative Entbindung bei zu erwartender schwerer Entwicklung sollte von einem:einer erfahrenen Geburtshelfer:in durchgeführt werden!
Indikationen
- Maternale Indikationen
- Wehenschwäche oder Geburtsstillstand in der Austreibungsperiode
- Erschöpfung
- Kontraindikation gegen das Mitpressen (z.B. kardiopulmonale/zerebrovaskuläre Erkrankungen)
- Fetale Indikationen
- Pathologisches CTG
- Azidose (siehe auch: Mikroblutuntersuchung)
Kontraindikationen
- Allgemein
- Instabile fetale Schädelknochen
- Fetale Mineralisationsstörung
- Kopf-Becken-Missverhältnis
- Maternale HIV- oder Hepatitis-Infektion
- Fetale Koagulopathie
- Bei Hinterhauptslage
- Kindliche Leitstelle >ISP
- Kindliche Leitstelle >ISP+2 und abweichende Pfeilnaht >45°
- Bei Deflexionshaltungen: Kindliche Leitstelle >ISP+2
- Für die Vakuumextraktion (VE)
-
Schwangerschaft <34+0 SSW
- Zwischen 34+0 und 36+0 SSW nur mit großer Vorsicht
- Gesichtshaltung, Beckenendlage
-
Schwangerschaft <34+0 SSW
- Für die Zangenextraktion: Stirnhaltung
Saugglocke
Vorteile und Nachteile
- Vorteile
- Kein zusätzlicher Platz für das Instrument nötig
- Kopf kann unter Zug rotieren
- I.d.R. häufiger angewendet und dadurch mehr Erfahrung bei der Vakuumextraktion
- Nachteile siehe: Komplikationen bei Vakuumextraktion
Durchführung
- Wahl des Saugglockenmodells: Größtmögliche Glocke [5]
- Silikonglocke: Höheres Risiko für nicht erfolgreiche Operationen, aber weniger Kopfverletzungen
- Metallglocke: Höheres Risiko für Skalpverletzungen und Kephalhämatome, aber für schwierigere Positionen geeignet
- Handvakuum (bspw. Kiwi®): Höheres Risiko für nicht erfolgreiche Operationen, aber weniger Hyperbilirubinämien
- Einmalgerät
- Unterschiedliche Modelle erhältlich
- Schräge Einführung in die Vagina
- Platzierung in der Führungslinie
- Sog aufbauen (0,2 kg/cm2), Sitz der Glocke kontrollieren, Sog über 1 min langsam erhöhen (0,8 kg/cm2)
- Handvakuum: Manueller Aufbau des Soges
- Ggf. Leitstelle in Führung bringen
- Wehensynchroner Zug in Führungslinie
- Erscheint die Leitstelle in der Vulva: Änderung der Zugrichtung nach oben
- Dammschutz, ggf. Episiotomie
- Nach der Kopfgeburt: Langsame Entfernung der Saugglocke und Entwicklung des kindlichen Körpers
- Postpartale Spekulumeinstellung, ggf. Versorgung von Geburtsverletzungen
- Für weitere Informationen zur postpartalen Betreuung siehe auch: Management nach Geburt
Immer mit den Fingern einer Hand am Glockenrand den korrekten Sitz kontrollieren, um ein mögliches Abreißen der Glocke frühzeitig zu erkennen und zu vermeiden!
Zangenextraktion
Vorteile und Nachteile
- Vorteile
- Effektivste Methode der vaginal-operativen Entbindung
- Auch bei Frühgeburtlichkeit möglich
- Nachteile siehe: Komplikationen bei Zangenextraktion
Durchführung
- Wahl des Zangenmodells
- Naegele-Zange [6][7]
- Abgewinkelter Schaft → Nicht bei querstehender Pfeilnaht geeignet
- Kjelland-Zange [6][8]
- Universalmodell
- Gerader Schaft → Kindlicher Kopf lässt sich (unter Beachtung aller Voraussetzungen und Kontraindikationen) in jeder Beckenebene und in jeder kindlichen Einstellung biparietal fassen
- Siehe auch: Höhenstand nach Hodge und de Lee
- Naegele-Zange [6][7]
- Geschlossene Zange vor die Vulva halten
- Einführen der Löffel
- Schließen der Zange (ohne Kraftaufwendung)
- Nachtasten zum Ausschluss von Weichteileinklemmungen
- Probezug, um zu kontrollieren, ob der Kopf folgt
- Ggf. Episiotomie
- Wehensynchroner Zug in Richtung der Griffe
- Erscheint die Leitstelle in der Vulva: Heben der Griffe
- Dammschutz
- Nach der Geburt des Kopfes: Entfernung der Zange und Entwicklung des kindlichen Körpers
- Postpartale Spekulumeinstellung, ggf. Versorgung von Geburtsverletzungen
- Für weitere Informationen zur postpartalen Betreuung siehe auch: Management nach Geburt
Sectio caesarea (Kaiserschnitt)
Epidemiologie [3][9]
- 2017 wurden in Deutschland ca. 30,5% der Geburten per Sectio durchgeführt (laut Statistischem Bundesamt)
Definition [9]
- Primäre Sectio: Schnittentbindung vor Einsetzen muttermundwirksamer Wehen und bei noch geschlossener Fruchtblase [3]
- Zeitpunkt: ≥39+0 SSW
- Sekundäre Sectio: Schnittentbindung nach Einsetzen muttermundwirksamer Wehen oder nach Blasensprung
- Eilige Sectio und Notfallsectio: Schnittentbindung aufgrund einer akut lebensbedrohlichen Gefährdung von Mutter und/oder Kind
- Eilige Sectio: Umgehende Sectio mit Desinfektion und anästhesiologischer Vorbereitung, Zeitintervall zwischen Entscheidung und Entbindung („E-E-Zeit“) <30 min [10]
- Notfallsectio: Sofortige Sectio ohne übliche OP Vorbereitung, Zeitintervall zwischen Entscheidung und Entbindung („E-E-Zeit“) ≤20 min [11]
Sectio-Indikationen [9]
Zwar gibt es Richtlinien für die Indikationsstellung zum Kaiserschnitt, die sich an wissenschaftlichen Erkenntnissen orientieren. Wie diese jedoch im Einzelnen ausgelegt werden, kann jede Klinik für sich selbst festlegen. Das gesundheitliche Wohl der Mutter und des Kindes sollte bei allen Überlegungen an erster Stelle stehen!
Sectio-Indikationen | ||
---|---|---|
Maternale Indikationen | Fetale Indikationen | |
Absolute Sectio-Indikationen |
|
|
Relative Sectio-Indikationen |
|
|
Notfall-Sectio-Indikationen |
|
|
Vorteile und Nachteile [15]
- Vorteile
- Sicherere Geburtsmethode, wenn Gesundheit von Mutter und/oder Kind durch eine vaginale Entbindung gefährdet ist
- Weniger Geburtstraumen des Kindes
- Terminliche Planbarkeit der Geburt
- Schonung des Beckenbodens (weniger Harninkontinenz, Descensus uteri) [9]
- Nachteile siehe: Komplikationen bei Sectio caesarea
Sectiobereitschaft [16]
Je nach Geburtsverlauf kann es erforderlich sein, für eine sekundäre Sectio OP-Bereitschaft zu veranlassen. Es ist Aufgabe von erfahrenen Geburtshelfer:innen, den Ablauf einer Geburt individuell zu beurteilen und ggf. Notlagen von Mutter und/oder Kind vorherzusehen sowie über die Notwendigkeit einer relativen oder absoluten Sectiobereitschaft zu entscheiden.
Relative Sectiobereitschaft
Bei der relativen Sectiobereitschaft besteht die Möglichkeit, zeitnah eine Sectio durchzuführen.
- Indikation: Pathologisches CTG, grenzwertige Mikroblutuntersuchung (MBU), sonstige Auffälligkeiten im Geburtsverlauf
- Vorbereitung
- Schriftliche Aufklärung
- Informieren der OP-Mannschaft über evtl. anstehende Operation
- Rasur
- Zugang, Blutentnahme
- Ggf. Legen einer Periduralanästhesie
Absolute Sectiobereitschaft
Bei der absoluten Sectiobereitschaft besteht die Möglichkeit, eine Sectio unmittelbar durchzuführen.
- Indikation: Bspw. letzter Versuch einer vaginal-operativen Entbindung mit hoher Wahrscheinlichkeit des Versagens
- Vorbereitung: Vorbereitungsmaßnahmen der relativen Sectiobereitschaft, zusätzlich
- Steriles Abdecken und Desinfizieren der Patientin
- Patientin zur OP ausreichend anästhesieren
- Vaginaler Entbindungsversuch im OP-Saal (ggf. im OP-geeigneten Kreißbett) mit anwesendem OP-Personal
Vaginale Entbindung nach Sectio [17]
- Generell möglich , zu beachten ist
- Risiko einer Uterusruptur nach [4][11][17]
- Kontinuierliche CTG-Überwachung notwendig
- Möglichkeit zur notfallmäßigen Sectio caesarea muss gewährleistet sein
- Wenn vaginale Entbindung erfolglos → Notfallmäßige Sectio caesarea mit erhöhter Komplikationsrate möglich
- Kontraindikationen siehe: Absolute Sectio-Indikationen und relative Sectio-Indikationen, zusätzlich
- Absolut
- Z.n. uterinem Längsschnitt [3][17][18]
- Z.n. Narbendehiszenz oder -ruptur
- Z.n. ≥3 Sectiones caesareae [19]
- Relativ
- Mehrlingsschwangerschaft
- Beckenendlage
- Verdacht auf Makrosomie
- Geburtseinleitung notwendig
- Absolut
- Prognose: Erfolgsrate nach einmaliger Sectio: 73%
- Begünstigende Faktoren: Z.n. Spontangeburt, fetales Gewicht <4.000 g, spontaner Wehenbeginn
Klassifikation nach Robson [9]
Die alleinige Sectiorate gilt als zu ungenau, um daraus Rückschlüsse auf die Qualität von verschiedenen Krankenhäusern zu ziehen. Deshalb wurde die Klassifikation nach Robson eingeführt, welche das Patientinnenkollektiv in 10 Gruppen einteilt. Mittels dieser klar definierten Einteilung können nun die einzelnen Gruppen in Regionen/Krankenhäusern miteinander verglichen und ggf. Probleme ausfindig gemacht und verbessert werden.
Klassifikation nach Robson | |||||
---|---|---|---|---|---|
Robson-Gruppe | Patientenkollektiv | ||||
Parität | Anzahl Kinder | Lage | SSW | Wehenbeginn | |
1 | Nullipara | Einlingsgravidität | Schädellage | ≥37+0 | Spontan |
2 | Nullipara | Einlingsgravidität | Schädellage | ≥37+0 | Geburtseinleitung oder Sectio vor Wehenbeginn |
3 | Einlingsgravidität | Schädellage | ≥37+0 | Spontan | |
4 | Einlingsgravidität | Schädellage | ≥37+0 | Geburtseinleitung oder Sectio vor Wehenbeginn | |
5 | Einlingsgravidität | Schädellage | ≥37+0 | — | |
6 | Nullipara | Einlingsgravidität | Beckenendlage | — | — |
7 | Einlingsgravidität | Beckenendlage | — | — | |
8 | Mehrlingsgravidität | — | — | — | |
9 | — | Quer- oder Schräglage | — | — | |
10 | Einlingsgravidität | Schädellage | <37+0 | — |
Präoperatives Management
Sectio-Aufklärung
Die Ausführlichkeit der Sectio-Aufklärung hängt von der Sectio-Indikation ab. Bei einer elektiven Sectio soll die Aufklärung frühzeitig und ausführlich erfolgen, im Falle eines lebensbedrohlichen maternalen Zustandes kann auf eine Aufklärung verzichtet werden. Bei fetaler Indikation für eine Notfallsectio muss jedoch die Zustimmung der Mutter erfolgen.
Zeitpunkt
- So früh wie möglich
- Spätestens bei Geburtskomplikationen oder wenn das weitere Prozedere vom Einverständnis der Patientin abhängig ist
Durchführung
- Information über
- Indikation
- Operationsschritte und Dauer der Operation
- Mögliche zusätzliche Interventionen, bspw. Drainagen, Kürettage
- Mögliche Besonderheiten (Zufallsbefunde wie Myome, Tumoren oder Komplikationen, die weitere medizinisch notwendige Schritte indizieren)
- Vorteile, Nachteile, Risiken und Komplikationen , siehe hierzu auch: Komplikationen bei Sectio caesarea
- Konsequenz für weitere Schwangerschaften (siehe auch: Vaginale Entbindung nach Sectio und Komplikationen bei Sectio caesarea)
- Schriftliche Dokumentation
- Einwilligung ausschließlich durch die Schwangere, keine Stellvertretung durch eine dritte Person (bspw. Partner:in)
- Unterschrift von Patientin und Arzt/Ärztin
Vorbereitung und Aufnahme
- Vorbereitung
- Laborkontrolle (Hämoglobin)
- Nahrungskarenz von mind. 6 Stunden empfehlenswert
- Aufnahme im Kreißsaal (Ca. 2 h vor geplantem OP-Beginn)
- Indikation und Aufklärung prüfen
- Intravenöser Zugang
- Sonografie
- CTG-Kontrolle
- Rasur im Schnittbereich , Anlegen von Thrombosestrümpfen
- Antibiotikaprophylaxe
Im OP-Saal
- Spinalanästhesie zur Sectio durch Anästhesist:in
- Flache Steinschnittlagerung
- Kurze Kontrolle der fetalen Herztöne (mittels CTG oder Ultraschall)
- Abwaschen und steriles Abdecken
- Anlage eines Blasenkatheters
- Kippen des OP-Tisches nach links zur Verhinderung eines V.-cava-Kompressionssyndroms
Sonderfall Notfallsectio
Im Falle einer Notsectio werden die präoperativen Maßnahmen je nach Dringlichkeit auf ein Minimum reduziert.
- I.d.R. keine schriftliche Aufklärung, nur Einholen eines mündlichen Einverständnisses
- Auf Rasur und Thrombosestrümpfe verzichten
- Ggf. auf chirurgisches Abwaschen und Abdecken verzichten
- Ggf. auf chirurgisches Händewaschen verzichten
- Operation in Allgemeinanästhesie, siehe hierzu auch: Anästhesie zur Notfallsectio
- Anwesenheit einer pädiatrischen Fachkraft (oder eines mit der Neugeborenenreanimation vertrauten Arztes/Ärztin)
Durchführung
OP-Techniken
In Deutschland wird mehrheitlich die gewebeschonende Sectiotechnik nach Misgav-Ladach mit überwiegend stumpfer Präparation angewendet. Die „klassische“ Sectio caesarea mit scharfem Vorgehen und mehrtägiger Immobilisation wurde größtenteils aufgegeben. Ziel einer Kaiserschnittentbindung ist eine Kindesentwicklung innerhalb von 3–10 min nach OP-Beginn . Vor dem ersten Schnitt sollte sich die operierende Person bei der Anästhesie rückversichern, ob die Patientin ausreichend analgesiert ist .
Operation nach Misgav-Ladach [3][20][21][22]
- Eröffnen von Abdomen und Uterus
- Suprasymphysärer querer Hautschnitt nach Pfannenstiel 2 Querfinger oberhalb der Symphyse, Länge ca. 10 cm [3][22]
- Scharfe Präparation des subkutanen Fettgewebes im mittleren Drittel (bis zur Faszie)
- Scharfes Eröffnen der Fascia abdominis superficialis im mittleren Drittel
- Stumpfe Eröffnung des subkutanen Fettgewebes und der Faszienblätter jeweils nach lateral
- Stumpfes Auftrennen der Muskelbäuche des M. rectus abdominis in der Medianlinie durch digitalen Zug nach kranial und kaudal
- Möglichst stumpfe Eröffnung des Peritoneum parietale
- Stumpfe Erweiterung der Laparotomie durch Zug nach lateral
- Seitliche Einlage der Fritsch-Haken
- Mediane Uterotomie mit dem Skalpell (ca. 2–3 cm)
- Ggf. Eröffnung der Fruchtblase mittels Skalpell oder Pinzette
- Stumpfes Erweitern der Uterotomie nach lateral
- Entwicklung des Kindes
- Eingehen mit der Hand in den Uterus unter den vorangehenden Teil des Kindes (i.d.R. der Kopf)
- Verlagerung des vorangehenden Teils aus dem Becken nach kranial und Herausluxieren aus dem Uterus durch die Uterotomie
- Entfernung der Fritsch-Haken zur Kindsentwicklung
- Fundusdruck durch Assistenz → Geburt des Kindes
- Abnabelung
- Übergabe des Kindes an die Hebamme
- Postpartal
- Gabe von Oxytocin i.v. [23]
- Ggf. Setzen von Gefäßklemmen bei starker Blutung
- I.d.R. spontanes Folgen der Plazenta bei leichtem Zug an der Nabelschnur („cord traction“)
- Ggf. Manuelle Eröffnung des Muttermundes
- Ggf. Nachkürettage bei HELLP-Syndrom oder fraglichen Plazentaresten
- Einsetzen der Fritsch-Haken
- Beidseitige Uterusecknähte mit resorbierbarem Faden
- Fortlaufender Verschluss der Uterotomie
- Wundtoilette des Abdomens, Auffinden und Inspektion beider Adnexe und Abschneiden der Fäden
- Adaptation des Peritoneums (ohne Naht)
- Entfernen der Fritsch-Haken und Einsetzen der Roux-Haken
- Blutstillung subfaszial
- Setzen der Faszienecknähte und fortlaufender Verschluss der Faszie
- Abschneiden der Fadenenden nach erneuter Wundkontrolle und Wundtoilette, Abgabe der Instrumente
- Keine Naht des subkutanen Fettgewebes, Ausnahme: Fettgewebe >2 cm dick
- Subkutane Blutstillung
- Fortlaufende Hautnaht und Wundverband
Postoperatives Management
Nach Beendigung der Operation werden Mutter und Kind im Kreißsaal überwacht. Anschließend erfolgt die Verlegung auf die Wöchnerinnenstation. Für die anästhesiologische postoperative Überwachung siehe auch: Überwachung nach Sectio caesarea
- Bonding bereits im OP (sofern der Gesundheitszustand von Mutter und Kind dies zulässt)
- In den ersten 30 min postoperativ: 5-minütliche Überwachung von Blutdruck, Puls, Sauerstoffsättigung und Atemfrequenz der Mutter, siehe auch: Modified early obstetric Warning Score
- Überwachung von Temperatur und Ausscheidung der Mutter, siehe auch: Modified early obstetric Warning Score
- Flüssigkeits- und Nahrungsaufnahme bei Wohlbefinden jederzeit möglich
- Adäquate Schmerztherapie, siehe auch: Postoperative Schmerztherapie nach Sectio caesarea
- Verlegung auf die Wöchnerinnenstation nach ca. 3–4 Stunden, für die Betreuung von Mutter und Kind im Wochenbett siehe auch
Komplikationen
Komplikationen bei Vakuumextraktion
Kindliche Komplikationen
- Geburtsgeschwulst (Caput succedaneum): Meist Rückbildung innerhalb von 12–24 h
- Kephalhämatom
- Schwere Abschürfungen
- Intrakranielle Blutungen als Folge intrakranieller Druckschwankungen [2]
Mütterliche Komplikationen
Komplikationen bei Zangenextraktion [3]
Kindliche Komplikationen
- Hämatome
- Abschürfungen der Haut
- Nervenläsionen (N. facialis)
- Schädelfrakturen
- Intrakranielle Blutungen
Mütterliche Komplikationen
Komplikationen bei Sectio caesarea
Kindliche Komplikationen
- Intra- und postoperativ
- Verletzung des Kindes, insb. Schnittverletzungen
- Schwierige Kindsentwicklung, siehe: Zephale Dystokie
- Postnatale Regulationsstörungen (Atemnotsyndrom)
- Langzeitfolgen: Möglicherweise höhere Inzidenz für Übergewicht, Adipositas, Typ-1-Diabetes (bei sekundärer Sectio) und Asthma bronchiale (bis zum 12. Lebensjahr) [9]
Mütterliche Komplikationen
Es besteht ein 3- bis 10-fach erhöhtes Risiko für mütterliche Komplikationen im Vergleich zur Spontangeburt. [3]
Intraoperativ
- Verletzung umliegender Strukturen, insb. Harnblase, Harnleiter, Darm, Nerven, Blutgefäße
- Blutung, Transfusion
- Ultima Ratio: Hysterektomie
- Siehe auch: Intra- und postpartale Blutungen
- Allergische Reaktion
Postoperativ
- Lagerungsschäden
- Nachblutung, Transfusion
- Infektionen (siehe auch: Infektionen im Wochenbett)
- Wundinfektion: 5-fach höheres Risiko bei sekundärer Sectio verglichen mit elektiver Sectio
- Therapie: Wunde eröffnen, Spülung mit NaCl, ggf. sekundäre Naht
- Thrombose/Embolie (siehe auch: Thromboseprophylaxe im Wochenbett)
- Rückbildungsstörungen im Wochenbett
Spätkomplikationen [9]
Etwaige Spätkomplikationen sind kaum verhinderbar und sollten der Patientin bei der Aufklärung erläutert werden.
- Komplikationen bei Folgeschwangerschaften
- Weitere Komplikationen
- Unfruchtbarkeit
- Adhäsionen
- Keloidbildung
- Narbenendometriose [25]
- Isthmozele nach Sectio caesarea
Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.
Isthmozele (dehiszente Uterotomienarbe, Niche)
Allgemeines [26][27][28]
- Definition: Unvollständig verheilte Uterotomienarbe mit Ausbildung eines Myometriumspaltes
- Prävalenz: 7–70% [27][28]
- Mögliche Risikofaktoren
- Z.n. mehreren Sectiones
- Kurzer Zeitabstand zwischen Sectiones
- Retroflektierter Uterus
- Zervixnahe Uterotomie
- Hoher BMI
- Gestationsdiabetes
Symptome/Klinik
Mögliche Erklärung für die Symptome: In der Isthmozele sammelt sich während der Menstruation Blut und endometriales Gewebe an, welches sich nach der Menstruation langsam entleert und zu Schmier- und Zwischenblutungen führen kann. Die Ansammlung von Altblut kann zu einer Serometra und schließlich zu einem inflammatorischen Prozess führen, was wiederum die Qualität des Zervixschleims, den Spermientransport und die Implantation beeinträchtigen kann. Nicht alle Frauen mit einer Isthmozele sind jedoch symptomatisch.
- Blutungsstörungen
- Dysmenorrhoe
- Chronische Unterbauchschmerzen
- Sekundäre Sterilität
Prozedere
Derzeit existieren weder für die Diagnostik noch für die Therapie einheitliche Empfehlungen. Bei symptomatischen Patientinnen sollte jedoch eine operative Sanierung erfolgen.
- Diagnostik
- Therapie
- Hysteroskopische Korrektur
- Laparoskopische Korrektur
Prophylaxe
- Vollständige Entfernung der Eihäute nach Kindsentwicklung
- Keine überwendlichen Nähte beim Verschluss der Uterotomie
- Endometrium und Myometrium nicht in eine Naht fassen
Komplikationen in Folgeschwangerschaften
- Implantation des Embryos in der Narbe (Narbenschwangerschaft)
- Plazentationsstörungen
- Uterusruptur
Zephale Dystokie
Allgemeines
- Definition: Einkeilung des fetalen Kopfes im mütterlichen Becken, sodass der Kopf während der Sectio caesarea nicht mit den üblichen Maßnahmen herausluxiert werden kann [29]
- Prävalenz [30][31]
- 1,5% aller Sectiones caesareae weltweit
- 25% aller Notsectiones
- Risikofaktoren [29][30][31]
- Vollständig eröffneter Muttermund
- Geburtsstillstand in der Austrittsperiode
- Protrahierte Geburt
- Deflexion des fetalen Kopfes
- Mütterliche Beckenanomalie [32]
- Mütterliche Adipositas
- Makrosomie, Makrozephalie, Turmschädel
- Abgebrochene vaginal-operative Entbindung
Präventive Maßnahmen [29]
Besteht bei vollständig eröffnetem Muttermund die Indikation zur Geburtsbeendigung und ist dabei die kindliche Leitstelle zu hoch für eine vaginal-operative Entbindung, sollten für die anstehende Sectio caesarea prä- und intraoperative Maßnahmen ergriffen werden, um das Risiko einer zephalen Dystokie zu minimieren.
- Präoperative Maßnahmen
- Manuelle/sonografische Bestimmung der fetalen Einstellung
- I.v. Tokolyse
- Lagerung im OP: Flache Steinschnittlagerung mit 40° gegrätschten Beinen
- Bereitstellung von Hilfsmaterialien (Vakuum, Forceps)
- Hinzuziehen von ärztlichem Personal für die neonatologische Betreuung
- Vaginale geburtshilfliche Tastuntersuchung unmittelbar vor Beginn der Sectio caesarea
- Intraoperative Maßnahmen
- Hautschnitt nach Pfannenstiel 2 cm nach kranial versetzen
- Uterotomie 4 cm nach kranial versetzen
Prozedere bei zephaler Dystokie [29]
Kommt es bei der Sectio caesarea zu einer zephalen Dystokie, sollten erste Maßnahmen wie eine Tokolyse oder ein seitlicher Druck gegen den kindlichen Kopf erfolgen. Gelingt die Entwicklung des Kindes hierdurch nicht, können weitere Maßnahmen wie die Entwicklung aus umgekehrter Steißlage oder die Push-and-pull-Methode angewendet werden.
Erste Maßnahmen
- Notfalltokolyse bei starker Uteruskontraktion
- Ultima ratio: Intubationsnarkose, siehe hierzu auch: Rapid Sequence Induction
- Entwicklung des Kindes
- Seitlicher Druck gegen den kindlichen Kopf
- Wenn erfolglos: Schräger Zug an der vorderen kindlichen Schulter in Richtung des mütterlichen Kopfes → Geburtsvorgang wird in umgekehrter Reihenfolge wiedergegeben → Kopf wird aus dem Becken herausrotiert [29][29]
Entwicklung aus umgekehrter Steißlage [29][31]
Die operativen Schritte sind abhängig von der Stellung des kindlichen Rückens.
- Entwicklung bei dorsoposteriorem Geradstand
- Entwicklung beider Arme
- Entwicklung der Füße
- Entwicklung des Körpers durch Zug an den Oberschenkeln
- Entwicklung des Kopfes mittels Manualhilfe nach Bracht
- Entwicklung bei dorsoanteriorem Geradstand
- Entwicklung des vorderen, dann des hinteren Armes
- Entwicklung des Körpers durch Zug an den Hüften/Rumpf und Fundusdruck durch den:die Assistent:in
- Entwicklung des Kopfes mittels Manualhilfe nach Bracht
Entwicklung mittels Push-and-pull-Methode
- Schräger Zug an der vorderen kindlichen Schulter in Richtung des mütterlichen Kopfes und
- Manuelles Eingehen in die Vagina, um den kindlichen Kopf nach oben zu drücken
- Wenn möglich mit der ganzen Hand eingehen
- Alternativ Verwendung einer Silikonglocke
- Führungslinie des Beckens beachten
Weitere Methoden (nicht empfehlenswert!) [29]
Komplikationen [29][30][31]
Komplikationen kommen meist durch unkontrollierte Extraktionsversuche zustande.
- Kindliche Komplikationen
- Hypoxie
- Schädelfrakturen, intrakranielle Blutungen
- Knochenbrüche der Extremitäten
- Plexusparese
- Mütterliche Komplikationen
- Schnitterweiterung, bspw. T-Schnitt
- Verletzungen/Risse in Richtung der Parametrien/Vagina
- Verletzungen der Harnblase
- Erhöhter Blutverlust, Transfusionen
- Infektion
Kodierung nach ICD-10-GM Version 2023
Nichtentzündliche Krankheiten des weiblichen Genitaltraktes
- N88: Sonstige nichtentzündliche Krankheiten der Cervix uteri
O34.-: Betreuung der Mutter bei festgestellter oder vermuteter Anomalie der Beckenorgane
- O34.2: Betreuung der Mutter bei Uterusnarbe durch vorangegangenen chirurgischen Eingriff
- Betreuung der Mutter bei Narbe durch vorangegangene Schnittentbindung
- Exklusive: Vaginale Entbindung nach vorangegangener Schnittentbindung o.n.A. (O75.7)
Entbindung
- O66: Sonstiges Geburtshindernis
- O80: Spontangeburt eines Einlings
- Inklusive
- Keine oder minimale geburtshilfliche Maßnahmen
- Normale Entbindung
- Spontangeburt aus Schädellage
- Spontane Vaginalgeburt eines Einlings
- Inklusive
- O81: Geburt eines Einlings durch Zangen- oder Vakuumextraktion
- Exklusive: Misslungener Versuch einer Vakuum- oder Zangenextraktion (O66.5)
- O82: Geburt eines Einlings durch Schnittentbindung [Sectio caesarea]
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2023, DIMDI.