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Aszitespunktion - Klinische Anwendung

Letzte Aktualisierung: 7.7.2022

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Eine Aszitespunktion kann einerseits in therapeutischer Absicht, andererseits zu diagnostischen Zwecken erfolgen. So kann die Entnahme größerer Mengen Peritonealflüssigkeit die Symptome eines therapierefraktären Aszites wie bspw. bei einem distendierten Abdomen oder einer Dyspnoe lindern. Eine Punktion von >5 Litern erfordert allerdings die anschließende Substitution von Albumin. Bei einem neu aufgetretenen oder unklaren Aszites können kleinere Mengen entnommen und so auf wichtige Differenzialdiagnosen hin untersucht werden. Der Nachweis von Leukozyten oder Bakterien deutet bspw. auf eine akute bakterielle Peritonitis hin, entartete Zellen auf ein malignes Geschehen im Bauchraum. In diesem Kapitel werden Vorbereitung und Durchführung der Aszitespunktion beschrieben. Je nach Fachrichtung, Klinik und Gewohnheit können Ablauf und verwendete Materialien variieren – die Darstellung hier dient v.a. der Verdeutlichung zugrundeliegender Prinzipien.

Eine therapeutische Aszitespunktion kann durch Asservierung von Proben stets auch für diagnostische Zwecke genutzt werden!

Relative Kontraindikationen [1]

Bei erhöhtem Blutungsrisiko sollten die Patient:innen streng aufgeklärt werden!

Es werden die wichtigsten Kontraindikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.

Aufklärung des Patienten

  • Aufklärung des Patienten über das Verfahren und die Komplikationen, bei elektiven Punktionen >24 h vor der Punktion
  • Schriftliche Einverständniserklärung einholen

Abklärung vor der Punktion

  • Aktuelles Gerinnungslabor: Thrombozytenzahl, Quick-Wert und PTT
    • Bei Antikoagulation mit NMH: Ggf. zusätzlich Anti-Xa-Spiegel
  • Sonografie: Darstellung des Ergusses, ggf. Abgleich mit Vorbefunden
  • Behaarung: Bei starker Behaarung an der Punktionsregion elektrische Rasur mit Einwegscheraufsätzen ratsam

Räumlichkeit

  • Heller, ruhiger und störungsfreier Raum mit Sonografiegerät
  • Wenn notwendig, kann die Punktion am Patientenbett erfolgen, dann ist das Sonografiegerät entsprechend zu transportieren, ansonsten auf verstellbarer Untersuchungsliege

Personal

  • Durchführender Arzt
  • Assistenzkraft zur Unterstützung beim sterilen Arbeiten und zum Anreichen der Materialien
  • Ggf. weitere Assistenzkraft zur physischen und psychischen Unterstützung des Patienten

Materialien

  • Sterile Vorgehensweise
    • Hautdesinfektionsmittel in Sprühflasche
    • Sterile Handschuhe in passender Größe
    • Mundschutz
    • Lochtuch
    • Sterile Wattetupfer
  • Für die eigentliche Punktion
    • 5–20 mL Lokalanästhetikum (z.B. 2% Scandicain® mit dem Wirkstoff Mepivacain)
    • Spritze (10 mL) und dünne Kanüle für Lokalanästhetikum
    • Kanülen
      • Parazentesenadel: Insb. für therapeutische Punktionen ratsam
      • Metallkanüle (≤17 G): Zur Einmalpunktion und -aspiration
      • Pigtail-Katheter: Kann auch zur Ableitung von Peritonealflüssigkeit über einige Tage verwendet werden
    • Auffangbeutel mit Schlauch und Anschluss nach Luer
    • Verbindungsstück mit Drei-Wege-Hahn
  • Für die Entnahme von Punktat zur Untersuchung
    • EDTA-Monovette zur Zellzahlbestimmung
    • Serum-Monovette zur klinischen Chemie
    • Adapteraufsatz für Monovetten
    • Ggf. zusätzlich: Spritzen mit 20 mL Volumen (Blutkulturen oder Zytopathologie) in erforderlicher Anzahl
  • Monitoring: Bei Risikopatienten empfiehlt sich eine Pulsoxymetrie (Sauerstoffsättigung, Herzfrequenz)

Vor jeder Aszitespunktion sollte das Material aufgestellt und inspiziert werden; für alle notwendigen Untersuchungen des Punktats sollten entsprechende Entnahme-Monovetten oder Spritzen bereitstehen!

Ein nach unvollständigen Materialien suchendes medizinisches Team überträgt zwangsläufig eine hektische Stimmung auf den ohnehin schon geplagten Patienten!

Lagerung des Patienten

  • Vor der Punktion sollte der Patient nach Möglichkeit Blase und Darm entleeren
  • Bequeme Rückenlagerung mit leicht erhobenem Oberkörper auf Untersuchungsliege/Patientenbett

Lokalisation der Punktionsstelle

  • Sonografische Darstellung des Ergusses:
    • Abklärung der Lagebeziehungen des Ergusses zu benachbarten abdominellen Organen (Leber, Milz, Nieren, Darm)
  • Ideale Punktionsstelle
    • Möglichst weit entfernt von den abdominellen Nachbarorganen und der A. epigastrica inferior
    • Größtmögliche Ergussausdehnung in Stichrichtung
    • Beidseits möglich zwischen mittlerem und äußerem Drittel auf der Linie zwischen Bauchnabel und Spina iliaca anterior superior (McBurney- bzw. kontralateraler McBurney-Punkt)
  • Markierung der Punktionsstelle: Durch Hautmarkierungsstift oder Aufpressen einer Kanülenkappe (→ Hautrötung)
    • Bei kürzlich stattgefundener therapeutischer Aszitespunktion kann unter Umständen auf die sonografische Kontrolle verzichtet und der vorherige Punktionskanal verwendet werden
    • Bei sehr geringer Punktatmenge kann die gesamte Punktion unter sonografischer Kontrolle erfolgen

Bei der Suche nach einer geeigneten Punktionsstelle muss auf den Verlauf der epigastrischen Gefäße geachtet werden!

Steriles Arbeiten

  • Desinfektion: Gründliches und großzügiges Besprühen des Areals mit Desinfektionsmittel (vollständige Benetzung), Einwirkzeit beachten und Abwarten
  • Anziehen der sterilen Handschuhe
  • Lochtuch auslegen: Die markierte Punktionsstelle soll zentral im Lochbereich zu sehen sein

Eine Aszitespunktion ist eine invasive Maßnahme und muss unter sterilen Bedingungen erfolgen!

Lokalanästhesie

  • Lokalanästhetikum vorbereiten: Mind. 10 mL des Lokalanästhetikums werden steril aufgezogen und angereicht, Aufsetzen einer kleinen Subkutankanüle
  • Betäubung der Haut
    • Vorwarnen und Informieren des Patienten über die kurzzeitige Schmerzhaftigkeit der Maßnahme
    • Unter Wechsel aus kleiner Aspiration und kleiner Injektion in die Haut einführen und ein kutanes und subkutanes Depot setzen (kleine Beulenbildung)
    • I.d.R. entsteht mit einsetzender Wirkung des Lokalanästhetikums ein pelzig-filziges Gefühl der Hautregion
  • Betäubung tieferer Gewebsschichten: Wechsel auf große und lange Kanüle → Eingehen in die bereits betäubte Haut und Unterhaut → abwechselnde Injektion des Lokalanästhetikums und leichte Aspiration
    • Probepunktion: Durch weiteres Vorschieben der Kanüle gelangt man in den Ergussraum und aspiriert Ergussflüssigkeit, danach langsames Zurückziehen

Punktion und Entnahme bzw. Entlastung

  • Parazentesenadel einführen
    • Punktion des Ergussraums in gleicher Stichrichtung und senkrecht zur Bauchwand (wie bei der Probepunktion) unter beidhändiger Führung der Nadel (mit Aufstützen der Hände auf die Bauchwand)
    • Alternativ kann ein schräger Einstichwinkel von 45° oder die sog. Z-Durchstich-Technik verwand werden, um ein „Leck“ durch den Einstichkanal bzw. die Entstehung einer Fistel zu vermeiden
  • Diagnostische Aszitespunktion
    • Punktionsnadel mit aufgesetzter Spritze (20 mL) in den Ergussraum vorschieben, dabei ständig leicht aspirieren
    • Erreicht die Spritze den Ergussraum (erkennbar am Fließen von Ergussflüssigkeit), wird die Nadelposition mit einer Hand fixiert und ausreichend Flüssigkeit in die Spritze eingesogen
    • Nach Befüllen der Spritze wird sie komplett zurückgezogen und die Nadel mitsamt Spritze entfernt
  • Therapeutische Aszitespunktion
    • Erreicht die Nadel den Ergussraum, zeigt sich im Konus der Parazentesenadel Ergussflüssigkeit
      • Nun wird die Nadel etwas weiter (ca. 0,5–1 cm) vorgeschoben
    • Unter Schienung durch die Punktionsnadel wird die Kunststoffkanüle in den Peritonealraum eingebracht und gleichzeitig die Nadel zurückgezogen
    • Bei korrekter Lage fließt die Ergussflüssigkeit dem Punktierenden aus der Kanülenöffnung entgegen
    • Konnektion des Ablaufsystems mit der Kanüle
    • Entnahme von Untersuchungsmaterial in geeigneten Monovetten bzw. Spritzen am Dreiwegehahn

Bei der Punktion sollte man stets Kontakt mit der Nadel und der Bauchwand halten, um ein Abrutschen und zu tiefes Eindringen zu verhindern!


Vorgehen in der Ablaufphase (bei therapeutischer Punktion)

  • Ablaufen der Peritonealflüssigkeit
    • I.d.R. fließt die Ergussflüssigkeit in den unterhalb des Patienten positionierten Auffangbehälter ab (Schwerkraft) → Der Auffangbeutel füllt sich
    • Bei korrektem Ablaufen zeigen sich dort, wo der Schlauch horizontal liegt, kleine Luftbläschen, die atemsynchron flackern
  • Abbruch bei: Neu auftretendem Blut im Ablaufschlauch, Synkopen bzw. vagalen Reaktionen mit Bradykardie sowie starken Schmerzen → Ablaufphase pausieren, Untersuchung und ggf. Stabiliserung des Patienten

Nachsorge

  • Diagnostische Parazentese: Selten Komplikationen
  • Therapeutische Parazentese
    • Austritt von Peritonealflüssigkeit aus dem Stichkanal (5%)
      • Prophylaxe
        • Lagerung des Patienten auf die der Punktion gegenüberliegenden Seite
        • Vollständiges Ablassen der Peritonealflüssigkeit
        • Vernähung der Einstichstelle mit einer Tabaksbeutelnaht
    • Infektion des Stichkanals
    • Blutdruckabfall (Überwachung!)
    • Verschlechterung der Nierenfunktion (Gefahr der Entstehung eines hepatorenalen Syndroms)
    • Peritonitis
    • Bauchdeckenabszess
    • Einblutungen in die Bauchdecke und intraperitoneale Blutungen
      • Lebensbedrohliche Blutungen treten jedoch sehr selten auf

Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.

  1. Langfassung der Leitlinie "Komplikationen der Leberzirrhose". . Abgerufen am: 31. März 2022.
  2. Herold: Internistische Intensivmedizin. FIM Herold (Verlag) 2016, ISBN: 978-3-000-32949-4 .
  3. Herold: Innere Medizin 2017. Herold 2016, ISBN: 3-981-46606-3 .
  4. Longmore et al.: Oxford Handbook of Clinical Medicine. Oxford University Press Inc. 2014, ISBN: 978-0-199-60962-8 .
  5. Braun, Dormann: Klinikleitfaden Innere Medizin. 10. Auflage Elsevier 2006, ISBN: 3-437-22292-9 .
  6. S3-Leitlinie Aszites, spontan bakterielle Peritonitis und hepatorenales Syndrom. Stand: 30. April 2011. Abgerufen am: 11. Oktober 2017.