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Laboratoriumsmedizin

Letzte Aktualisierung: 13.3.2023

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Die Laboratoriumsmedizin befasst sich mit der Untersuchung und Bewertung von Körperflüssigkeiten wie Blut, Urin oder Liquor; ihre Ergebnisse sind wichtig für Vorsorge, Diagnose und Stadieneinteilung von Erkrankungen. Der Untersuchungsablauf kann klassischerweise in eine präanalytische, analytische und postanalytische Phase eingeteilt werden. Zu beachten ist, dass die Laboratoriumsmedizin zwar eines der wichtigsten Hilfsmittel des klinischen Alltags ist, die Bewertung der Ergebnisse allerdings immer im Kontext mit den Erkenntnissen aus Anamnese sowie körperlicher und apparativer Untersuchung gesehen werden muss. Neben den Grundlagen der Laboratoriumsmedizin befasst sich dieses Kapitel auch mit wichtigen Laborparametern wie den Leberwerten oder dem Eisenstoffwechsel. Weitere klinisch relevante Werte finden sich auch in anderen Kapiteln wieder und werden in der „Übersicht wichtiger Laborwerte“ zusammengefasst. Eine aktuelle IMPP-Laborreferenzliste findest du unter „Tipps & Links“ am Ende dieses Kapitels.

Wird in Laboren mit Biostoffen wie Erregern oder Toxinen gearbeitet, so müssen sowohl die Mitarbeiter als auch die Bevölkerung vor diesen Biostoffen ausreichend geschützt werden. Die Biostoffverordnung (BioStoffV) teilt die Biostoffe nach § 3 anhand ihrer Gefährlichkeit in Risikogruppen von 1–4 . Damit Labore mit diesen Biostoffen arbeiten können, werden sie entsprechend der Risikogruppen in vier Schutzstufen eingeteilt. Mit steigender Stufe steigen auch die gesetzlich vorgeschriebenen Schutzvorrichtungen, sodass Hochsicherheitslabore der Stufe 4 sehr teuer und selten sind.

  • Risikogruppe 1 (benötigt Schutzstufe 1)
    • Definition: „Biostoffe, bei denen es unwahrscheinlich ist, dass sie beim Menschen eine Krankheit hervorrufen“[1]
    • Erregerbeispiele: Saccharomyces cerevisiae (bspw. als Backhefe), Lactobacillus acidophilus (bspw. zur Joghurtherstellung)
  • Risikogruppe 2 (benötigt Schutzstufe 2)
    • Definition: „Biostoffe, die eine Krankheit beim Menschen hervorrufen können und eine Gefahr für Beschäftigte darstellen könnten; eine Verbreitung in der Bevölkerung ist unwahrscheinlich; eine wirksame Vorbeugung oder Behandlung ist normalerweise möglich.“[1]
    • Erregerbeispiele: Cryptococcus neoformans, Candida albicans, Varizella-Zoster-Virus, versch. Clostridienarten (perfringens, botulinum, tetani), versch. Salmonellenarten, Vibrio cholerae
  • Risikogruppe 3 (benötigt Schutzstufe 3)
  • Risikogruppe 4 (benötigt Schutzstufe 4)
    • Definition: „Biostoffe, die eine schwere Krankheit beim Menschen hervorrufen und eine ernste Gefahr für Beschäftigte darstellen; die Gefahr einer Verbreitung in der Bevölkerung ist unter Umständen groß; normalerweise ist eine wirksame Vorbeugung oder Behandlung nicht möglich.“[1]
    • Erregerbeispiele: Variola-Viren (Pocken), Ebola-Virus, Lassavirus, Marburg-Virus

Prinzipiell gilt: Je gefährlicher ein Biostoff ist, desto höher ist seine Risikogruppe und desto höher muss die Schutzstufe des damit arbeitenden Labors sein!

„Schutzstufe“ ist nicht gleich „Sicherheitsstufe“ – die Bezeichnung Schutzstufe bezieht sich auf die Labore, die mit Biostoffen arbeiten, während die Bezeichnung Sicherheitsstufe sich auf die Arbeit mit gentechnischem Material bezieht!

Zur Einteilung der Bakterien, Viren, Pilze und Parasiten in die unterschiedlichen Schutzstufen gemäß der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, siehe auch: Tipps & Links.

Präanalytische Phase

Die präanalytische Phase umfasst die Auswahl des richtigen diagnostischen Tests sowie die Gewinnung und den Transport der Proben.

Fehler, die zu starken Veränderungen in den Ergebnissen führen, finden sich am häufigsten in der präanalytischen Phase!

Analytische Phase

Die analytische Phase umfasst die Bearbeitung der Proben und Freigabe der Messergebnisse.

  • Qualitative Methoden: Mit ihnen ist nur eine Aussage über positiven oder negativen Stoffnachweis möglich
  • Quantitative Methoden: Mit ihnen lassen sich genaue Aussagen über Konzentrationen treffen, Beispiele sind:

Postanalytische Phase

Die postanalytische Phase umfasst die Befundung und Bewertung der Messergebnisse. Wichtige Punkte umfassen dabei:

  • Einwandfreie Zuordnung der Werte zu einem Patienten
  • Plausibilitätskontrolle
  • Übermittlung kritischer Ergebnisse
  • Am Ende steht die ärztliche Interpretation unter Zusammenführung aller Erkenntnisse

Laborergebnisse dürfen nie isoliert betrachtet werden, sondern müssen immer in Zusammenhang mit den anderen klinischen Erkenntnissen wie z.B. Anamnese und körperliche Untersuchung beurteilt werden!

Eine aktuelle IMPP-Laborreferenzliste findest du unter „Tipps & Links“ am Ende dieses Kapitels!

In diesem Kapitel werden behandelt

Laborwerte in anderen Kapiteln

Eine klassische Trennung der klinischen Chemie von den anderen Bereichen der Laboratoriumsmedizin und den Disziplinen der direkten Patientenversorgung ist aufgrund zunehmender Verflechtungen nicht möglich. Entsprechend werden folgende Themen in anderen Kapiteln behandelt:

Die Leberwerte können in drei Unterklassen eingeteilt werden:

Parameter der Leberzellschädigung

Laborparameter Physiologische Funktion Charakteristika Häufige Ursachen einer Erhöhung

Transaminasen

Alanin-Aminotransferase (ALT)

Aspartat-Aminotransferase (AST)
Glutamatdehydrogenase (GLDH)
  • Organspezifität: GLDH ist leberspezifisch
  • Subzelluläre Lokalisation: GLDH kommt ausschließlich in den Mitochondrien vor

Cholestaseparameter

  • Bedeutung: Bei Cholestase ist klinisch häufig Ikterus und Juckreiz feststellbar. Laborchemisch finden sich typische Parameter, die zum Teil einen Rückschluss auf die Ursache und Form (obstruktiv/nicht-obstruktiv) einer Cholestase erlauben und deswegen häufig als Cholestaseparameter zusammengefasst werden. Eine Veränderung der Werte ist aber auch aus anderen Gründen möglich.
Laborparameter Physiologische Funktion Charakteristika Häufige Ursachen einer Erhöhung
γ-Glutamyltransferase (γGT)
  • Membrangebundenes Enzym des Glutathion-Stoffwechsel und des Aminosäuretransportes
Alkalische Phosphatase (AP)
  • Enzymgruppe, die in alkalischem Milieu Phosphatgruppen zahlreicher Enzyme abspaltet
  • Vorkommen: Unterschiedliche Isoenzyme in zahlreichen Geweben
Bilirubin Indirektes Bilirubin
Direktes Bilirubin
  • Bilirubin, das von der Leber bereits konjugiert wurde, wasserlöslich ist und physiologisch über die Galle ausgeschieden wird

Syntheseparameter der Leber

Laborparameter Physiologische Funktion Charakteristika Häufiger Grund einer Erhöhung Häufiger Grund einer Erniedrigung
Albumin

Cholinesterase (ChE)

Parameter der Nierenfunktion

Laborparameter Physiologische Funktion Charakteristika Häufiger Grund einer Erhöhung

Kreatinin

  • Kreatinin ist ein abhängig von der Muskelmasse konstant anfallendes Abbauprodukt, eine biologische Funktion ist nicht bekannt.
Cystatin C
  • Geringe Störanfälligkeit
  • Bestimmung teuer

Abschätzung der glomerulären Filtrationsrate (eGFR ) [2]

  • CKD-EPI-Formel
    • Berücksichtigte Faktoren
      • Alter
      • Geschlecht
      • Ethnizität („race“) [3][4][5][6]
      • Kreatinin im Serum
    • Bewertung
      • Empfohlene Formel der KDIGO [2]
      • Zuverlässiges Ergebnis insb. bei geringer Einschränkung der GFR
  • MDRD-Formel
    • Berücksichtigte Faktoren
    • Bewertung
      • Weiterhin verbreitete Alternative zur CKD-EPI-Formel
      • Störanfälliges Ergebnis insb. bei geringer Einschränkung der GFR

MDRD-Formel (Rechner)

CKD-EPI-Formel (Rechner)

Weitere nierengängige Stoffe

Laborparameter

Physiologische Funktion Charakteristika Häufiger Grund einer Erhöhung Häufiger Grund einer Erniedrigung
Harnstoff (Urea)
  • Abschätzung der Stoffwechsellage möglich
Harnsäure
  • Abbauprodukt der Purinbasen (DNS-Bestandteil)

Laborparameter Physiologische Funktion Charakteristika Häufiger Grund einer Erhöhung Häufiger Grund einer Erniedrigung
Lipase
  • Pankreasspezifisches Enzym
Amylase
  • Nicht-pankreasspezifisches Enzym
Elastase im Blutserum
  • Pankreasspezifisches Enzym
  • Am häufigsten verwendeter Parameter zur Beurteilung der exokrinen Pankreasfunktion
  • Eine Erniedrigung der Elastase im Serum hat keine diagnostische Relevanz
im Stuhl
  • Eine Erhöhung der Elastase im Stuhl hat keine diagnostische Relevanz

Bedeutung: Elektrolyte sind chemische Verbindungen, die in wässriger Lösung in Ionen zerfallen; unterschieden werden dabei Kationen (positiv geladen) und Anionen (negativ geladen). Die wichtigsten Vertreter sind Natrium-, Kalium-, Chlorid-, Calcium-, Magnesium-, Phosphat- und Hydrogencarbonat-Ionen. Im Rahmen unterschiedlicher Prozesse kann es zu einer Verschiebung der Elektrolyte im Blut mit unterschiedlichen Konsequenzen kommen. Die standardmäßig bestimmten und häufig von pathologischen Veränderungen betroffenen Werte Natrium, Kalium und Calcium werden ausführlich in eigenen Kapiteln besprochen (siehe: Elektrolytstörungen Natrium; Elektrolytstörungen Kalium; Elektrolytstörungen Calcium).

Chlorid, Magnesium, Phosphat

Laborparameter Physiologische Funktion Häufiger Grund einer Erhöhung Häufiger Grund einer Erniedrigung Konsequenzen von Verschiebungen
Chlorid
Magnesium
Phosphat

Bedeutung: Der Eisenstoffwechsel ist eng mit der Blutbildung und dem Krankheitsbild der Anämie verbunden. Neben den hier aufgeführten Parametern sind auch die Werte der Hämatologie wie Hämoglobin, MCV oder MCH wichtig, um den Eisenstoffwechsel beurteilen und Ursachen von Anämien erkennen zu können. Der Mangel an Eisen wird ausführlich in dem Kapitel Eisenmangel behandelt.

Laborparameter Physiologische Funktion Charakteristika Häufiger Grund einer Erhöhung Häufiger Grund einer Erniedrigung
Serumeisen
  • Der Eisenspiegel unterliegt großen Tagesschwankungen
Ferritin
Transferrin*
  • Transportprotein für Eisen
  • Für ausführliche Informationen zur Funktionsweise siehe: Eisentransport
Löslicher Transferrinrezeptor (sTfR)
  • Bruchstück des zellulären Transferrinrezeptors, der bei Unterversorgung der Zellen mit Eisen vermehrt exprimiert wird
*es gibt zwei weitere Transferrinformen, deren Nachweis diagnostisch genutzt wird:

Eine Ferritin-Erniedrigung bei erniedrigter Hämoglobinkonzentration ist für eine Eisenmangelanämie praktisch beweisend!

Eine Erhöhung des Ferritins schließt eine Eisenmangelanämie aber nicht aus. Bei gleichzeitiger chronischer Entzündung kann der Parameter erhöht sein!

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Kleines Blutbild

Blutgasanalyse (BGA)

Magnesium

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  1. Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei Tätigkeiten mit Biologischen Arbeitsstoffen (Biostoffverordnung - BioStoffV) .
  2. KDIGO 2012 Clinical Practice Guideline for the Evaluation and Management of Chronic Kidney Disease. Stand: 1. Januar 2013. Abgerufen am: 7. November 2017.
  3. Vyas et al.: Hidden in Plain Sight — Reconsidering the Use of Race Correction in Clinical Algorithms In: New England Journal of Medicine. Band: 383, Nummer: 9, 2020, doi: 10.1056/nejmms2004740 . | Open in Read by QxMD p. 874-882.
  4. Duggal et al.: National Estimates of CKD Prevalence and Potential Impact of Estimating Glomerular Filtration Rate Without Race In: Journal of the American Society of Nephrology. Band: 32, Nummer: 6, 2021, doi: 10.1681/asn.2020121780 . | Open in Read by QxMD p. 1454-1463.
  5. Ahmed et al.: Examining the Potential Impact of Race Multiplier Utilization in Estimated Glomerular Filtration Rate Calculation on African-American Care Outcomes In: Journal of General Internal Medicine. Band: 36, Nummer: 2, 2020, doi: 10.1007/s11606-020-06280-5 . | Open in Read by QxMD p. 464-471.
  6. Stevens et al.: Evaluation of the Chronic Kidney Disease Epidemiology Collaboration equation for estimating the glomerular filtration rate in multiple ethnicities. In: Kidney international. Band: 79, Nummer: 5, 2014, doi: 10.1038/ki.2010.462 . | Open in Read by QxMD p. 555-62.
  7. Laborlexikon.de. . Abgerufen am: 1. Januar 2012.
  8. Lüllmann et al.: Pharmakologie und Toxikologie. 15. Auflage Thieme 2002, ISBN: 3-133-68515-5 .
  9. Larsen: Anästhesie. 7. Auflage Urban & Fischer 2002, ISBN: 3-437-22500-6 .
  10. Rimm et al.: Moderate alcohol intake and lower risk of coronary heart disease: meta-analysis of effects on lipids and haemostatic factors In: BMJ. Band: 319, Nummer: 7224, 1999, doi: 10.1136/bmj.319.7224.1523 . | Open in Read by QxMD p. 1523-1528.
  11. Messmann: Klinische Gastroenterologie. 1. Auflage Thieme 2011, ISBN: 978-3-131-47251-9 .
  12. Siegenthaler, Blum: Klinische Pathophysiologie. 9. Auflage Thieme 2013, ISBN: 978-3-131-76089-0 .
  13. Hallbach: Klinische Chemie für den Einstieg. 2. Auflage Thieme 2006, ISBN: 978-3-131-06342-7 .
  14. Batra et al.: Alkohol und Tabak. 1. Auflage Thieme 2010, ISBN: 978-3-131-62571-7 .
  15. Lüllmann et al.: Pharmakologie und Toxikologie. 18. Auflage Thieme 2016, ISBN: 978-3-133-68518-4 .