Zusammenfassung
Mpox (früher: Monkeypox, Affenpocken) ist eine durch Orthopoxviren verursachte Infektionskrankheit, die in West- und Zentralafrika endemisch ist. Seit 2022 verursacht sie mit ihrer Ausbreitung in nicht-endemischen Regionen, inkl. Europa, eine weltweite Pandemie, die von der WHO zu einer gesundheitlichen Notlage von internationaler Tragweite („Public Health Emergency of international Concern“) erklärt wurde.
Mpox wird in erster Linie durch direkten Haut- oder Schleimhautkontakt mit infizierten Personen (über Pockenläsionen oder kontagiöse Körperflüssigkeiten) übertragen. Zu den klinischen Merkmalen gehören grippeähnliche Symptome, Lymphadenopathie und ein schmerzhafter, vesikulärer Ausschlag, der sich meist 1–3 Tage nach Beginn des Fiebers entwickelt. Die Diagnose wird durch den Erregernachweis mittels PCR nach Abstrich einer Läsion bestätigt. Betroffene werden i.d.R. supportiv behandelt; die Läsionen heilen überwiegend innerhalb von 2–4 Wochen aus. Personen mit schwerer Erkrankung können mit Virostatika behandelt werden. Zurzeit ist ein Impfstoff gegen Mpox verfügbar, der für eine Postexpositionsprophylaxe und primär prophylaktisch bei erhöhtem Expositionsrisiko (insb. MSM, Laborpersonal) empfohlen ist.
Epidemiologie
Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.
Ätiologie
- Erreger: Orthopoxvirus simiae (Monkeypox-Virus, MPXV, MPX-Viren) [1]
- Infektionsweg
- Mensch-zu-Mensch-Übertragung durch
- Direkten Haut- oder Schleimhautkontakt mit Pockenläsionen oder kontagiösen Körperflüssigkeiten
- Vertikale Übertragung
- Übertragung durch infektiöses Material
- Tröpfcheninfektion über die Atemwege
- Tier-zu-Mensch-Übertragung: Bspw. bei Bissen, Kratzwunden durch infizierte Tiere (insb. Affen, Nagetiere)
- Mensch-zu-Mensch-Übertragung durch
- Inkubationszeit: 5–21 Tage
Symptomatik
- Präeruptives Stadium: Grippeartiger Beginn mit Fieber, Kopfschmerzen, Myalgien, Tonsillitis, Konjunktivitis, Husten und Lymphadenopathie
- Eruptives Stadium: Pockenartiges Exanthem ca. 1–3 Tage nach Fieberbeginn
Diagnostik
- Erregernachweis
- Direkt: PCR oder Elektronenmikroskopie (nach Abstrich einer Läsion)
- Indirekt: Ggf. Serologie
- Ggf. weitere Labordiagnostik: Leukozyten↑, Lymphozyten↑, Thrombozyten↓, Transaminasen↑, Albumin↓
- Risikofaktoren für komplikationsreicheren Verlauf prüfen [2]
- Vorbestehende oder akute Hauterkrankungen
- Immunsuppression
- Schwangerschaft oder Stillzeit
- Alter <8 Jahre
Das Robert Koch-Institut bietet ein Flussdiagramm zum Vorgehen bei V.a. Mpox (siehe: Tipps & Links)!
Differenzialdiagnosen
- Windpocken
- Masern
- Syphilis
- Blasenbildende Autoimmundermatosen
- Herpes zoster
- Skabies
- Kuhpocken
- Pocken (Variola)
AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differenzialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Variola ("die Pocken")
Pocken umfassen streng genommen eine Gruppe von Erkrankungen, die durch Orthopoxviren verursacht werden. Hierzu gehört neben den i.d.R. mild verlaufenden Mpox und Kuhpocken auch die umgangssprachlich „die Pocken“ genannte Infektionserkrankung. Diese hat bis ins 20. Jahrhundert weltweit eine Pandemie mit vielen Hundert Millionen Todesfällen verursacht. Dank einer globalen Impfkampagne gelten die Pocken seit 1979 als eradiziert.
- Synonyme: Smallpox, Variola, Blattern
- Epidemiologie
- Letzter natürlicher Erkrankungsfall weltweit: 1977 in Somalia
- Ausrottung durch weltweite Einführung des Lebendimpfstoffs durch die WHO
- Erreger: Variola major (vera), Variola minor, Variola haemorrhagica (Gattung: Orthopoxviridae)
- Infektionsweg
- Hauptsächlich Tröpfcheninfektion von Mensch zu Mensch
- Übertragung zwischen Mensch und Tier nicht möglich
- Inkubationszeit: Im Durchschnitt 12–14 Tage
- Klinik
- Beginn: Unspezifische Allgemeinsymptome
- Nach 2–4 Tagen: Stadium vesiculosum mit synchronem Auftreten von Papeln mit rötlichem Randsaum, die sich zu eitergefüllten Blasen und verkrustenden Pusteln entwickeln
- Hohe Infektiosität
- Dauer: Etwa 2–3 Wochen
- Differenzialdiagnose: Windpocken
- Therapie: Symptomatisch und supportiv, ggf. zusätzlich Tecovirimat
Therapie
- Symptomatisch und supportiv
- Ggf. zusätzlich Tecovirimat [4]
- Aktuelle Hinweise zur Therapie von Mpox werden durch den STAKOB veröffentlicht (siehe unter: Tipps & Links)
Komplikationen
- Bakterielle Superinfektion
- Sepsis
- Respiratorische Verschlechterung
- Enzephalitis
- Erblindung
Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.
Prognose
- Milde Verläufe: Selbstlimitierend, z.T. mit Narbenbildung
- Schwere Verläufe: Letalität ca. <1%–11% (insb. Kinder und Immunsupprimierte)
Prävention
- Expositionsprophylaxe
- Hautkontakt mit an Mpox infizierten Personen reduzieren
- Vermeidung von Orten, an denen wenig bzw. keine Kleidung getragen wird
- Kondomgebrauch
- Kein Sex mit oder Berührungen von Erkrankten bzw. deren Sexualpartner:innen
- Impfung: Siehe Mpox-Impfung
- Postexpositionsprophylaxe: Siehe Mpox-Postexpositionsprophylaxe
Mpox-Impfung
STIKO-Empfehlung [5]
Indikationsimpfung
- Bei MSM ≥18 Jahre mit häufig wechselnden Partnern: 2 Impfdosen im Abstand von mind. 4 Wochen [6]
Berufsbedingte Impfung
- Bei beruflichem Expositionsrisiko in Speziallaboratorien : 2 Impfdosen im Abstand von mind. 4 Wochen [6]
Da die Pocken seit 1979 als ausgerottet gelten, wird die Impfung nicht mehr als Standardimpfung empfohlen!
Impfschutz
- Unbekannt
Infektionen sind auch nach einer Impfung möglich! Das Risiko für schwere Verläufe und die Infektiosität werden jedoch reduziert!
Impfstoffe
- Lebendimpfstoff
- Vor 1980 zugelassener Impfstoff
- Verabreichung: Einritzen der Haut (Skarifikation) und intradermale Applikation mittels Impfpistole oder Lanzette
- Komplikationen (häufig): Impfnarbe, Ekzema vaccinatum , postvakzinale Enzephalitis
Mpox-Postexpositionsprophylaxe
STIKO-Empfehlung [5]
- Indikationen
- Enger Körperkontakt zu einer erkrankten Person
- Längerer ungeschützter „Face-to-Face“-Kontakt <1 m mit einer erkrankten Person
- Ungeschützter Kontakt zu infektiösem Material
- Ggf. bei örtlichen Infektionshäufungen (Ausbrüchen)
- Impfschema: 2 Impfdosen im Abstand von mind. 4 Wochen (1. Impfdosis so früh wie möglich, innerhalb von 14 Tagen nach Exposition)
- Impfstoffe: Lebendimpfstoff, siehe: Pocken-Impfstoffe
Der Pocken-Lebendimpfstoff ist ab dem Alter von 12 Jahren zugelassen! Eine Anwendung des Impfstoffs zur Postexpositionsprophylaxe bei Kindern nach Mpox-Kontakt ist jedoch in begründeten Einzelfällen möglich (Off-Label Use)!
Meldepflicht
- Namentliche Meldepflicht gemäß IfSG [7]
- Verdachts-, Krankheits- und Todesfälle (ärztliche Meldepflicht nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 IfSG)
- Direkter oder indirekter Nachweis von Orthopoxviren (Labormeldepflicht nach § 7 Abs. 1 IfSG)
Studientelegramme zum Thema
- HOMe Studientelegramme Innere Medizin
- Studientelegramm 292-2024-1/3: Mpox 2.0: Was ist anders an der neuen Variante?
- Studientelegramm 232-2022-1/3: Hundstage: Mensch-zu-Hund-Übertragung von Affenpocken
- Studientelegramm 220-2022-1/3: Pandemic Legacy? – Affenpocken auf dem Vormarsch
- One-Minute Telegram (aus unserer englischsprachigen Redaktion)
- One-Minute Telegram 56-2022-1/3: Monkeypox infection: New perspectives on the current monkeypox outbreak?
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Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025
- B03: Pocken
- B04: Affenpocken
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.