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Syphilis

Letzte Aktualisierung: 20.4.2023

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Die Syphilis (Lues) ist eine vor allem durch Geschlechtsverkehr übertragbare Erkrankung (Erreger: Treponema pallidum) mit stadienhaftem, oft chronischem Verlauf. Nach initial lokaler Manifestation als Primäraffekt („Ulcus durum“, „harter Schanker“) kommt es im Sekundärstadium unter anderem zur Ausbildung eines polymorphen Exanthems und zu bestimmten Kondylomen in der Genitalregion („Condylomata lata“). Zwischen diesem Stadium II und den Spätstadien III und IV ist eine Latenzzeit typisch, die Monate bis Jahre andauern kann und in der auch eine Spontanheilung möglich ist. In den Spätstadien können sich charakteristische Granulome („Gummen“) ausbilden und es kann zu einer neurologischen (Neurosyphilis) sowie kardiovaskulären Beteiligung mit massiver Schädigung der betreffenden Organsysteme kommen. Da der Verlauf in allen Phasen sehr vielfältig ist, kann die Syphilis insbesondere in den Spätstadien klinisch nur schwer von verschiedensten anderen Erkrankungen abgegrenzt werden, weswegen eine ausführliche Diagnostik entscheidend ist.

Die Diagnostik ist außerordentlich komplex und umfasst neben dem direkten Erregernachweis (z.B. in der Dunkelfeldmikroskopie) zahlreiche serologische Untersuchungen (u.a. TPHA als Suchtest, VDRL und IgM-Antikörper als Aktivitätstests). Bei nachgewiesener Erkrankung ist der therapeutische Goldstandard die Verabreichung von Penicillin. Eine besondere Situation stellt die Erkrankung bei einer werdenden Mutter dar, da eine Ansteckung des ungeborenen Kindes möglich ist und zu schwerwiegenden Schäden führen kann (konnatale Syphilis).

  • Geschlecht: > (14:1)
  • Häufigkeit: Im Schnitt werden in Deutschland jährlich 5–20 Fälle pro 100.000 Einwohner gemeldet
  • Altersverteilung: Höchste Inzidenz zwischen 20 und 49 J.

Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.

Treponemen (insb. in den Stadien I/II) sind hochinfektiös! Geschlechtsverkehr mit einem an aktiver Syphilis erkrankten Partner führt in etwa 30 % der Fälle zu einer Infektion!

Einteilung nach Stadien

Stadium Synonym Beschreibung Typische klinische Erscheinungsformen Pathophysiologie / Histologie
Primäre Syphilis Lues I

Lokale Reaktion mit meist narbiger Abheilung

  • Eindringen des Erregers durch Mikroläsionen der (Schleim‑)Haut mit lokaler Besiedlung um die Eintrittspforte, was zum schmerzlosen Ulcus durum führt
  • Anschließend Ausbreitung des Erregers in den regionären Lymphknoten, was eine ebenfalls schmerzlose Schwellung zur Folge hat
Sekundäre Syphilis Lues II

Systemische Ausbreitung des Erregers mit immunologischer Gegenreaktion

Latente Syphilis Lues latens Monate-, jahre- oder lebenslange Ruhephase
  • Symptomlose Persistenz von Erregern im Organismus über Monate oder Jahre
  • Sowohl Spontanheilung als auch Reaktivierung der Erkrankung möglich
Tertiäre Syphilis Lues III

Späte entzündliche (granulomatöse) Reaktion auf den Erreger

Quartäre Syphilis Lues IV Befall des ZNS durch den Erreger mit immunologischer Gegenreaktion
  • Insbesondere bei Immunschwäche (z.B. bei Ko-Infektion mit HIV) gelangt der Erreger ins ZNS. Allerdings ist es nicht direkt der Erreger, sondern vor allem die entzündliche Reaktion der Meningen und Gefäße (mit Ischämien), die die klinische Symptomatik auslöst.
Im deutschsprachigen Raum wird eine Syphilis unabhängig von den Symptomen auch in eine Frühsyphilis (bis 1 Jahr nach Infektionszeitpunkt) und eine Spätsyphilis (alle späteren Krankheitsphasen + unbekannter Infektionszeitpunkt) eingeteilt. Grund ist, dass ab einer Infektionsdauer von über einem Jahr eine längere Therapiedauer empfohlen wird (→ Siehe Therapie).

Inkubationszeit

  • 2–3 Wochen

Primäre Syphilis

  • Synonyme: Lues I, Primärstadium
  • Allgemeine Symptome: Regionäre Lymphknotenschwellung
  • Spezifische Symptome
    • Primäraffekt („Ulcus durum“, „harter Schanker“): Schmerzloses, hartes Ulkus mit verhärtetem Randbereich → Narbige Abheilung meist innerhalb von 6 Wochen

Sekundäre Syphilis

  • Synonyme: Lues II, Sekundärstadium
  • Allgemeine Symptome
  • Spezifische Symptome
    • Polymorphe Exantheme/Enantheme
      • Typisch
        • Beginn: Makulöses Exanthem an Stamm und Flanken, später auch Hand- und Fußinnenflächen betroffen
        • Nach einigen Tagen: Papulöses Exanthem
        • Meist kein Juckreiz
      • Plaques muqueuses: Papulopustulöse Enantheme im Mund-Nasen-Bereich
      • Papulosquamöses Exanthem an Handfläche und Haaransatz
    • Weitere Läsionen
    • Sonderform im Sekundärstadium: Lues maligna
      • Schwerer Verlauf bei Immunsuppression (z.B. bei gleichzeitig bestehender HIV-Infektion)
      • Multiple Ulzerationen

Latente Syphilis

  • Synonyme: Latenzstadium, Lues latens
  • Symptome: Keine klinischen Symptome trotz positiver Serologie

Tertiäre Syphilis

  • Synonyme: Lues III, Tertiärstadium
  • Spezifische Symptome
    • Gummen: Auftreten von granulomatösen Gewebeveränderungen mit Neigung zur Ulzeration
      • Haut: Subkutane Infiltrate, die bei Ulzerationen ein entzündliches Sekret absondern
      • Andere Organe: An jedem Organ können Gummen vorkommen; bei Befall des ZNS spricht man von einem Stadium IV bzw. von einer Neurosyphilis
    • Kardiovaskuläre Syphilis: Aortenaneurysma, Mesaortitis

Quartäre Syphilis

Vielfältiger Verlauf der Syphilis mit Imitation vieler anderer Erkrankungen möglich

Direkter Erregernachweis

  • Indikation: Verdacht auf ein frühes Syphilisstadium, bei der eine Probengewinnung möglich ist (z.B. nässendes Ulcus durum)
  • Konsequenz: Ein negatives Ergebnis schließt eine Syphilis nicht aus. Bei positivem Ergebnis besteht Therapiebedürftigkeit
  • Am häufigsten angewandte Verfahren
    • Dunkelfeldmikroskopie ggf. in Kombination mit Immunfluoreszenzverfahren
    • PCR

Serologische Tests und diagnostischer Ablauf

  1. Suchtest
    • Indikation: Verdacht auf Syphilis
    • Konsequenz: Bei negativem Testergebnis soll eine Syphilis weitestgehend ausgeschlossen sein, ein positives Ergebnis fordert einen Bestätigungstest
    • Am häufigsten angewandte Verfahren
  2. Bestätigungstest
    • Indikation: Bei positivem oder zweifelhaftem Suchtest
    • Konsequenz: Bei negativem Testergebnis ist eine Syphilis eher unwahrscheinlich . Ein positives Ergebnis spricht entweder für eine behandlungsbedürftige Syphilis oder eine Seronarbe und bedarf weiterer Tests
    • Am häufigsten angewandtes Verfahren: Treponema pallidum-Antikörper-Absorptions-Test (FTA-ABS)
      • Ergebnis: Bereits nach 2–3 Wochen positiv
  3. Beurteilung der Therapiebedürftigkeit/Aktivitätstests
    • Indikation: Bei positivem Bestätigungstest zur Unterscheidung einer behandlungsbedürftigen Infektion von einer Seronarbe
    • Konsequenz: Ein positiver Test spricht für eine behandlungsbedürftige Syphilis, ein negativer für eine nicht behandlungsbedürftige Seronarbe
    • Am häufigsten angewandte Verfahren
Serologische Tests bei Verdacht auf eine Syphilis-Infektion
TPHA/TPPA FTA-ABS IgM VDRL Interpretation
Positiv
  • Lues möglich, aber nicht gesichert
Positiv Positiv
  • Gesicherte akute Lues oder
  • Seronarbe nach Abheilung oder erfolgreicher Behandlung
Positiv Positiv Positiv
  • Gesicherte akute Lues → Behandlungsbedürftigkeit
Positiv Positiv Positiv Positiv
  • Gesicherte akute Lues → Behandlungsbedürftigkeit und hohe Entzündungsaktivität

Eine kulturelle Anzüchtung des Treponema pallidum ist in vitro nicht möglich!

Medikamentöse Therapie der Syphilis

Penicillin ist bei der Syphilis das Mittel der ersten Wahl!

Therapiekomplikation: Jarisch-Herxheimer-Reaktion

  • Expositionsprophylaxe: Kondome bieten sehr guten Schutz vor Syphilis und einer Infektion mit anderen STDs

Syphilis in der Schwangerschaft

Die Syphilis bei Schwangeren gleicht im Wesentlichen der Erkrankung bei nicht-schwangeren Frauen, geht allerdings mit der Gefahr einer vertikalen Transmission auf das Kind einher (konnatale Syphilis). Im Folgenden wird lediglich auf besondere Aspekte während der Schwangerschaft eingegangen.

Eine unbehandelte Erstinfektion während der Schwangerschaft führt in 40% der Fälle zu einer Fehl- oder Totgeburt!

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Syphilis

Syphilis – Teil 1: Allgemein und Klinik

Syphilis – Teil 2: Klinik

Syphilis – Teil 3: Diagnostik und Therapie

Konnatale Syphilis

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A50.-: Syphilis connata

A51.-: Frühsyphilis

A52.-: Spätsyphilis

A53.-: Sonstige und nicht näher bezeichnete Syphilis

Sonstiges

Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2023, DIMDI.

  1. Aktualisierung S2k-Leitlinie Diagnostik und Therapie der Syphilis. Stand: 1. Juni 2021. Abgerufen am: 8. Juli 2022.
  2. Berner et al.: DGPI-Handbuch: Infektionen bei Kindern und Jugendlichen. 7. Auflage Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI) 2018, ISBN: 978-3-132-40790-9 .
  3. Traupe, Hamm: Pädiatrische Dermatologie. 2. Auflage Springer 2005, ISBN: 978-3-540-31259-8 .
  4. Berlit: Klinische Neurologie. 3. Auflage Springer 2011, ISBN: 978-3-642-16920-5 .
  5. Suerbaum et al.: Medizinische Mikrobiologie und Infektiologie. 8. Auflage Springer 2016, ISBN: 978-3-662-48677-1 .
  6. S2k-Leitlinie Diagnostik und Therapie der Syphilis. Stand: 1. Juli 2014. Abgerufen am: 6. Dezember 2016.
  7. Syphilis, RKI-Ratgeber für Ärzte. Stand: 11. Dezember 2007. Abgerufen am: 9. Oktober 2017.
  8. Renz: Integrative Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin. de Gruyter 2003, ISBN: 978-3-110-17367-3 .
  9. S1-Leitlinie Neurosyphilis. Stand: 1. September 2012. Abgerufen am: 2. November 2017.
  10. S1-Leitlinie Syphilis – mikrobiologisch-infektiologische Qualitätsstandards. Stand: 1. August 2014. Abgerufen am: 2. November 2017.