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Polyzystisches Ovarialsyndrom

Letzte Aktualisierung: 1.6.2023

Abstracttoggle arrow icon

Das polyzystische Ovarialsyndrom (PCOS), auch Stein-Leventhal-Syndrom genannt, ist eine endokrine Störung der Frau, die mit Hyperandrogenismus/Hyperandrogenämie, Zyklusstörungen und ggf. polyzystischen Ovarien einhergeht. Der namensgebende sonografische Nachweis polyzystischer Ovarien spielt in der Diagnostik jedoch eine untergeordnete Rolle. Pathophysiologisch wird eine Insulinresistenz mit daraus resultierender Hyperinsulinämie und konsekutiv gesteigerter Androgenbiosynthese vermutet. Klinisch dominiert der Hyperandrogenismus, der sich u.a. durch Virilisierung und Zyklusstörungen präsentiert. Bei vielen PCOS-Patientinnen liegt ein metabolisches Syndrom mit Adipositas, Glucosetoleranzstörung, arterieller Hypertonie und Dyslipidämie vor. Zurzeit ist das PCOS eine Ausschlussdiagnose. Therapiert wird abhängig von BMI und Familienplanung mit Metformin, kombinierten oralen Kontrazeptiva oder mit follikelstimulierenden Medikamenten.

Definitiontoggle arrow icon

Rotterdam-Kriterien [1][2]

Definition der Konferenz der „European Society of Human Reproduction and Embryology“ (ESHRE) und der „American Society for Reproductive Medicine“ (ASRM) 2003 in Rotterdam. Bei Vorliegen von mind. zwei der drei Kriterien darf die Diagnose PCOS gestellt werden. Andere Ursachen irregulärer Blutungen und Androgenerhöhungen müssen vorher ausgeschlossen werden (siehe dazu: Differenzialdiagnosen des PCOS).

  1. Zyklusstörungen: Oligo-/Amenorrhö und/oder Oligo-/Anovulation
  2. Hyperandrogenismus/Hyperandrogenämie
  3. Polyzystische Ovarien im Ultraschall [1]

Definition nach NIH (National Institutes of Health) [3]

Eine Diagnosestellung ist auch ohne polyzystische Ovarien möglich!

Epidemiologietoggle arrow icon

  • Manifestationsalter: I.d.R. 20.–30. Lebensjahr
  • Prävalenz: 6–10% der geschlechtsreifen Frauen [1]

Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.

Pathophysiologietoggle arrow icon

Pathophysiologisch wird ein gestörter Insulinstoffwechsel als Ursache des Syndroms vermutet. [2][3][4][5]

Symptome/Kliniktoggle arrow icon

Ovarielle Hyperandrogenämie [1][2]

Metabolisches Syndrom [1][8]

Weitere Symptome/Komplikationen [10]

Diagnostiktoggle arrow icon

Blutuntersuchung [1][2][3]

Die Hormonkonzentrationen können beim PCOS sehr unterschiedlich ausfallen. In der Regel finden sich folgende Veränderungen:

Oraler Glucosetoleranztest (oGTT) mit zeitgleicher Insulinbestimmung [1][2][3][6]

  • Wiederholung alle 1–3 Jahre [1]
  • Indikation
  • Durchführung
    • Nüchternblutentnahme und Bestimmung von Glucose und Insulin
    • Orale Gabe von 75 g Glucose
      • Blutzucker- und Insulinkontrolle nach 1 h
      • Blutzucker- und Insulinkontrolle nach 2 h
  • Auswertung des oGTT
    • Normal
      • Nüchternblutzucker <100 mg/dL (<5,6 mmol/L)
      • Blutzucker nach 2 h <140 mg/dL (<7,8 mmol/L)
    • Gestörte Glucosetoleranz
      • Blutzucker nach 2 h ≥140 mg/dL (≥7,8 mmol/L)
    • Diabetes mellitus
      • Nüchternblutzucker ≥126 mg/dL (≥7 mmol/L) und/oder
      • Blutzucker nach 2 h >200 mg/dL (>11,1 mmol/L)
  • Auswertung der Insulinbestimmung
HOMA-Index: Nüchternblutzucker (mg/dL) × Insulin nüchtern (mIE/L) / 405
HOMA-Index Auswertung
<2 Insulinresistenz unwahrscheinlich

2–2,5

Hinweis auf Insulinresistenz
2,6–5 Insulinresistenz wahrscheinlich
>5

Durchschnittswert bei Diabetes mellitus Typ 2

Apparative Diagnostik [1][3]

Pathologietoggle arrow icon

Nachfolgend zu sehen sind ein Präparat des Ovars mit subkapsulären polyzystischen Veränderungen und ein Anschnitt einer Follikelzyste in H.E.-Färbung.

Differenzialdiagnosentoggle arrow icon

Alle Störungen, die mit Zyklusveränderungen und Virilisierungserscheinungen einhergehen, sind mögliche Differenzialdiagnosen und müssen vor Diagnosestellung ausgeschlossen werden.

AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differenzialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Therapietoggle arrow icon

Der Schwerpunkt der Therapie richtet sich nach den Symptomen und den Plänen in Bezug auf eine Schwangerschaft. Eine Therapie sollte gemäß aktueller Empfehlung der ESHRE schon bei V.a. ein PCOS erfolgen. [1]

Medikamentöse Therapie des PCOS mit Metformin [2][3][7]

  • Off-Label Use
  • Indikation: Insulinresistenz [1]
  • Wirkung
  • Dosierung siehe: Metformin (klinische Anwendung) in Standarddosierung

Eine Metformingabe vor der Schwangerschaft hat keinen negativen Einfluss auf das Kind.

Medikamentöse Therapie des PCOS mit Glucocorticoiden [2][7]

Die Anwendung von Glucocorticoiden zählt nicht zur Standardtherapie des PCOS. Sie ist nur sinnvoll bei gleichzeitig vorhandener adrenaler Hyperandrogenämie.

Meditrickstoggle arrow icon

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Polyzystisches Ovarialsyndrom

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Kodierung nach ICD-10-GM Version 2023toggle arrow icon

Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2023, DIMDI.

Quellentoggle arrow icon

  1. Magaton:PCOS – aktuelle „ESHRE guideline“In: Journal für Gynäkologische Endokrinologie/Schweiz. Band: 22, Nummer: 2, 2019, doi: 10.1007/s41975-019-0090-4 . | Open in Read by QxMD p. 50-55.
  2. Janni et al.: Facharztwissen Gynäkologie. Elsevier GmbH 2022, ISBN: 978-3-437-23917-5.
  3. Ludwig: Gynäkologische Endokrinologie. Optimist 2019, ISBN: 978-3-941-96206-4.
  4. Schöfl et al.:Polyzystisches Ovarialsyndrom und InsulinresistenzIn: Deutsches Ärzteblatt. 2004, .
  5. Keck et al.: Endokrinologie, Reproduktionsmedizin, Andrologie. Thieme 2002, ISBN: 978-3-131-07162-0.
  6. Uhl: Gynäkologie und Geburtshilfe compact. Georg Thieme Verlag 2018, ISBN: 978-3-131-07346-4.
  7. Henes et al.:Therapie des polyzystischen Ovarsyndroms (PCOS)In: Arzneimitteltherapie. Band: 27(06), 2009, .
  8. Alsadi:Clinical Features of PCOSIn: Polycystic Ovarian Syndrome. 2020, doi: 10.5772/intechopen.89961 . | Open in Read by QxMD.
  9. Weiss, Küpker:Adipositas – polyzystisches Ovarialsyndrom – KrebsIn: Gynäkologische Endokrinologie. Band: 15, Nummer: 2, 2017, doi: 10.1007/s10304-017-0133-3 . | Open in Read by QxMD p. 116-120.
  10. Kollmann:Gestationsdiabetes und polyzystisches OvarialsyndromIn: Journal für Klinische Endokrinologie und Stoffwechsel. Band: 14, Nummer: 3, 2021, doi: 10.1007/s41969-021-00143-y . | Open in Read by QxMD p. 116-120.
  11. Ethirajulu et al.:Insulin Resistance, Hyperandrogenism, and Its Associated Symptoms Are the Precipitating Factors for Depression in Women With Polycystic Ovarian SyndromeIn: Cureus. 2021, doi: 10.7759/cureus.18013 . | Open in Read by QxMD.
  12. Ebrahimi et al.:HirsutismusIn: Swiss Medical Forum ‒ Schweizerisches Medizin-Forum. 2018, doi: 10.4414/smf.2018.03424 . | Open in Read by QxMD.
  13. Teede et al.:Recommendations from the international evidence-based guideline for the assessment and management of polycystic ovary syndrome†‡In: Human Reproduction. Band: 33, Nummer: 9, 2018, doi: 10.1093/humrep/dey256 . | Open in Read by QxMD p. 1602-1618.
  14. Goerke et al.: Klinikleitfaden Gynäkologie, Geburtshilfe. 7. Auflage Urban & Fischer 2010, ISBN: 3-437-22213-9.
  15. Haag et al.: Gynäkologie und Urologie (2012/13). 6. Auflage Medizinische Verlags- und Informationsdienste 2012, ISBN: 3-929-85175-x.