ambossIconambossIcon

Verhaltens- und emotionale Störungen im Kindes- und Jugendalter

Letzte Aktualisierung: 17.4.2025

Zusammenfassungtoggle arrow icon

In diesem Kapitel werden ausgewählte Störungen der ICD-10-Kategorie „Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend“ zusammengefasst. Die Störungen des Sozialverhaltens sind durch ein dissoziales, aggressives oder oppositionelles Verhaltensmuster geprägt. Bei der emotionalen Störung mit Trennungsangst steht die anhaltende und übermäßige Furcht vor der Trennung von Eltern / primären Bezugspersonen im Vordergrund. Beim selektiven Mutismus imponiert ein konsequentes Sprechversagen in bestimmten sozialen Situationen. Die Bindungsstörungen zeigen ein abnormes Bindungsverhalten in der frühen Kindheit und sind meist Folge schwerwiegender emotionaler/körperlicher Vernachlässigung bzw. Misshandlung.

In der ICD-11 kommt es zu erheblichen strukturellen Änderungen in der Zuordnung der Störungsbilder.

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Überblicktoggle arrow icon

Strukturelle Änderungen in der Zuordnung der Störungsbilder: ICD-10 vs. ICD-11
Kategorisierung nach ICD-10 [1] Kategorisierung nach ICD-11 [2]
  • Neuronale Entwicklungsstörungen
  • Disruptive Verhaltens- und dissoziale Störungen

[3]

[4]
  • Störung mit sozialer Ängstlichkeit des Kindesalters
  • Störungen sozialer Funktionen mit Beginn in der Kindheit und Jugend
  • Spezifisch belastungsassoziierte Störungen
  • Neurologische Erkrankungen: Bewegungsstörungen
  • Ausscheidungsstörungen
  • Pica im Kindesalter
  • Neuronale Entwicklungsstörungen
Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Störungen des Sozialverhaltenstoggle arrow icon

Überblick [3]

Epidemiologie [3]

Störungen des Sozialverhaltens zählen mit zu den häufigsten Vorstellungsgründen in kinder- und jugendpsychiatrischen/-psychotherapeutischen Einrichtungen!

Ätiologie [5]

  • Psychosoziale Risikofaktoren, u.a.
    • Inkonsistentes Erziehungsverhalten
    • Elterliche Konflikte/Trennungen/Kriminalität
    • Delinquente Peergroup
    • Niedriger sozioökonomischer Status
  • Neurokognitive/-biologische Risikofaktoren, u.a.
    • Erhöhte Sensitivität gegenüber Bedrohung → Verminderte Fähigkeit zur Emotionsregulation
    • Mangelnde Verarbeitung emotionaler Reize
    • Eingeschränkte Lernprozesse, bspw. beim Lernen von Bestrafungsreizen
    • Furchtlosigkeit oder reduzierte Verhaltenshemmung
    • Mangel an Empathie

Störungen des Sozialverhaltens sind multifaktoriell bedingt, wobei v.a. psychosoziale und neurobiologische Risikofaktoren eine Rolle spielen!

Symptomatik [5]

  • Störung des Sozialverhaltens
    • Destruktives Verhalten und erhöhte Impulsivität
      • Beschädigungen von Eigentum
      • Feuerlegen
      • Stehlen
      • Tierquälerei
      • Ungewöhnlich häufige und schwere Wutausbrüche
    • Mangelnde Anpassung an Regeln
      • Schulschwänzen
      • Weglaufen
      • Eingeschränktes Unrechtsempfinden
      • Auseinandersetzungen mit dem Gesetz (delinquentes Verhalten)
    • Dissoziales Verhalten
      • Häufiges Lügen
      • Grausamkeiten gegenüber anderen Personen
  • Störung des Sozialverhaltens mit oppositionellem, aufsässigem Verhalten
    • Aufsässiges, ungehorsames oder provozierendes Verhalten
    • Verhalten richtet sich i.d.R. mehr gegen Erwachsene als gegen Gleichaltrige
    • Fehlen schwerer aggressiver, dissozialer oder delinquenter Verhaltensweisen

Diagnostik [5]

Exploration

  • Ausführliche Eigen- und Fremdanamnese
    • Mit betroffenem Kind/Jugendlichen
      • Beziehungen zu Familienmitgliedern und Gleichaltrigen
      • Freizeitbeschäftigungen
      • Selbstbild, Sexualität
      • Substanzkonsum, delinquentes Verhalten
      • Beispielfragen
        • Was glaubst du, warum dich deine Eltern zu mir gebracht haben?
        • Wie reagieren deine Eltern (Lehrer:innen, Freund:innen...), wenn du dich so verhältst? Wie empfindest du das?
        • Tut es dir im Nachhinein manchmal leid?
        • Gab es schon einmal eine Situation, in der du es geschafft hast, dich nicht so zu verhalten (bspw. schlagen, stehlen, wegrennen), obwohl du eigentlich den Impuls dazu hattest? Was war anders?
    • Mit Bezugspersonen
      • Erziehungsmethoden
      • Umgang mit Aggression/Stress
      • Soziale Integration
      • Beispielfragen
        • Welches Verhalten macht genau Schwierigkeiten?
        • Wann/wo tritt das Verhalten typischerweise auf?
        • Wie ist Ihre Reaktion darauf?
        • Gab es Ausnahmen, in denen sich Ihr Kind anders verhalten hat, als zu erwarten war? Woran lag das?
        • Welche Stärken hat Ihr Kind?
        • Gibt es Situationen oder Personen, in bzw. mit denen ihr Kind keinen Streit hat?

Testpsychologische Verfahren [5]

Ggf. weiterführende Diagnostik [5]

Diagnosestellung

Komorbiditäten und Differenzialdiagnosen [3]

Die folgenden Störungen kommen sowohl als Komorbidität als auch differenzialdiagnostisch in Betracht, u.a.:

Aggressives und unangepasstes Sozialverhalten kann bei einer Vielzahl psychischer Störungen als Begleitsymptom auftreten!

Therapie [3]

Psychotherapie (Mittel der Wahl)

Es wird ein multimodales Vorgehen mit patient:innen-, familien-, und kindergarten-/schulzentrierten Interventionen empfohlen.

Medikamentöse Therapie [3][5]

Keine Substanz ist speziell für die Behandlung der Störung des Sozialverhaltens zugelassen!

Prognose/Verlauf [3]

  • Hohes Risiko für Persistenz bei
    • Frühem Störungsbeginn
    • Hoher Frequenz/Intensität des Verhaltens
    • Breitem Spektrum oppositionell-aggressiver Verhaltensweisen
    • Betroffenheit zahlreicher Lebensbereiche
  • Übergang in dissoziale Persönlichkeitsstörung möglich (Alter: Mind. 18 Jahre)
Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Diagnostische Kriterientoggle arrow icon

Nach ICD-10

Allgemeine Kriterien einer Störung des Sozialverhaltens

Allgemeine Kriterien einer Störung des Sozialverhaltens nach ICD-10 (F91) [1]
G1
  • Wiederholtes persistierendes Verhaltensmuster, bei dem entweder die Grundrechte anderer oder die wichtigen altersentsprechenden sozialen Normen oder Gesetze verletzt werden
  • Dauer: Mind. 6 Monate
  • Mögliche Symptome
    1. Für das Entwicklungsalter ungewöhnlich häufige und schwere Wutausbrüche
    2. Häufiges Streiten mit Erwachsenen
    3. Häufige aktive Verweigerung von Forderungen Erwachsener und Hinwegsetzen über Regeln
    4. Häufiges, offensichtlich wohlüberlegtes Handeln, das andere ärgert
    5. Häufig andere Personen für eigene Fehler oder eigenes Fehlverhalten verantwortlich machen
    6. Häufige Empfindlichkeit oder Gefühl der Belästigung durch andere
    7. Häufiger Ärger oder Groll
    8. Häufige Gehässigkeit oder Rachsucht
    9. Häufiges Lügen oder Brechen von Versprechen, um materielle Vorteile und Begünstigungen zu erhalten oder um Verpflichtungen zu vermeiden
    10. Häufiger Beginn von körperlichen Auseinandersetzungen (außer mit Geschwistern)
    11. Gebrauch von möglicherweise gefährlichen Waffen
    12. Häufiges Draußenbleiben im Dunkeln, entgegen dem Verbot der Eltern (beginnend <12 Jahre)
    13. Körperliche Grausamkeit gegenüber anderen Menschen
    14. Tierquälerei
    15. Absichtliche Zerstörung des Eigentums anderer (außer Brandstiftung)
    16. Absichtliches Feuerlegen mit dem Risiko oder dem Ziel, ernsthaften Schaden anzurichten
    17. Stehlen von Wertgegenständen ohne Konfrontation mit dem Opfer, entweder zu Hause oder außerhalb
    18. Häufiges Schulschwänzen (beginnend <12 Jahren)
    19. Weglaufen von den Eltern oder elterlichen Ersatzpersonen, mind. 2× oder 1× länger als 1 Nacht (außer dies geschieht zur Vermeidung körperlichen/sexuellen Missbrauchs)
    20. Eine kriminelle Handlung, bei der das Opfer direkt angegriffen wird
    21. Zwingen einer anderen Person zu sexuellen Aktivitäten
    22. Häufiges Tyrannisieren anderer
    23. Einbruch in Häuser, Gebäude oder Autos
G2
Störungsbeginn
  • Beginn in der Kindheit (<9 Jahre)
  • Beginn in der Adoleszenz (Keine Symptome <9 Jahre)
Schweregrad
  • Leicht
  • Mittelgradig
  • Schwer

Auf den familiären Rahmen beschränkte Störung des Sozialverhaltens

Diagnostische Kriterien einer auf den familiären Rahmen beschränkten Störung des Sozialverhaltens (F91.0) [1]
A
B
  • Mind. 3 (der unter F91, G1 genannten) Symptome liegen vor, davon mind. 3 Symptome von 9.–23.
C
  • Mind. 1 Symptom von 9.–23. muss mind. 6 Monate lang vorgelegen haben
D
  • Die Störung beschränkt sich auf den familiären Rahmen

Störung des Sozialverhaltens bei fehlenden sozialen Bindungen

Diagnostische Kriterien einer Störung des Sozialverhaltens bei fehlenden sozialen Bindungen (F91.1) [1]
A
B
  • Mind. 3 (der unter F91, G1 genannten) Symptome liegen vor, davon mind. 3 Symptome von 9.–23.
C
  • Mind. 1 Symptom von 9.–23. muss mind. 6 Monate lang vorgelegen haben
D
  • Wenig Beziehungen zu Gleichaltrigen mit Isolation, Zurückweisung oder Unbeliebtheit
  • Fehlen länger dauernder enger gegenseitiger Freundschaften

Störung des Sozialverhaltens bei vorhandenen sozialen Bindungen

Diagnostische Kriterien einer Störung des Sozialverhaltens bei vorhandenen sozialen Bindungen (F91.2) [1]
A
B
  • Mind. 3 (der unter F91, G1 genannten) Symptome liegen vor, davon mind. 3 Symptome von 9.–23.
C
  • Mind. 1 Symptom von 9.–23. muss mind. 6 Monate lang vorgelegen haben
D
  • Die Störung tritt auch außerhalb von zu Hause oder außerhalb des familiären Rahmens auf
E
  • Beziehungen zu Gleichaltrigen im normalen Ausmaß

Störung des Sozialverhaltens mit oppositionellem, aufsässigem Verhalten

Diagnostische Kriterien einer Störung des Sozialverhaltens mit oppositionellem, aufsässigem Verhalten (F91.3) [1]
A
B
  • Mind. 4 (der unter F91, G1 genannten) Symptome liegen vor, davon nicht mehr als 2 Symptome von 9.–23.
C
  • Die Symptome des Kriterium B müssen für das Entwicklungsalter unpassend und unangemessen sein
D
  • Mind. 4 Symptome müssen mindestens 6 Monate vorliegen

Nach ICD-11

  • Wesentliche Änderungen, u.a.
    • Neue Kategorie („Disruptives Verhalten und dissoziale Störungen“) und Subtypisierung
    • Kombinierte Diagnosen entfallen
  • Mehr Informationen zur ICD-11 (deutsche Entwurfsfassung) unter Tipps & Links
Subtypen der Störungen des Sozialverhaltens nach ICD-11
Störung Differenzierungen

Störung des Sozialverhaltens mit oppositionellem, aufsässigem Verhalten

  • Mit chronischer Reizbarkeit oder Wut und
    • Reduzierter prosozialer Emotionalität oder
    • Typischer prosozialer Emotionalität
  • Ohne chronische Reizbarkeit oder Wut mit
    • Reduzierter prosozialer Emotionalität oder
    • Typischer prosozialer Emotionalität

Störung des Sozialverhaltens mit dissozialem Verhalten

  • Beginn im Kindesalter (vor der Pubertät) mit
    • Reduzierter prosozialer Emotionalität oder
    • Typischer prosozialer Emotionalität
  • Beginn im Jugendalter mit
    • Reduzierter prosozialer Emotionalität oder
    • Typischer prosozialer Emotionalität
Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Emotionale Störungentoggle arrow icon

Klassifikation

Emotionale Störung mit Trennungsangst

Schulphobie

  • Definition: Durch Trennungsängste ausgelöste Schulverweigerung (nach ICD-10 als emotionale Störung mit Trennungsangst kodiert)
  • Mögliche Ursachen: Kognitive Einschränkungen (bspw. Lernschwäche oder mangelnde Intelligenz) liegen i.d.R. nicht vor
    • Problematische Familienstrukturen
      • Bspw. übermäßig enge, jedoch gleichzeitig unsichere Bindung zwischen Bezugsperson und Kind
    • Begründete kindliche Verlustängste
  • Assoziierte Symptome
  • Differenzialdiagnosen
    • Schulangst: Angst durch nachvollziehbare, reale Belastungen im Schulalltag und/oder Versagensängste
    • Schulschwänzen: Dissoziales Verhalten mit Schulvermeidung zugunsten anderer Aktivitäten
  • Therapie
    • Unterstützung der Familie
    • Konsequente Wiedereingliederung in die Schule
    • Belohnung der gewünschten Verhaltensweise mittels Verstärkerplan
    • In schweren Fällen stationäre Aufnahme und Besuch einer Klinikschule
Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Diagnostische Kriterientoggle arrow icon

Nach ICD-10

Diagnostische Kriterien der emotionalen Störung mit Trennungsangst des Kindesalters nach ICD-10 (F93.0)[1]
A
  • Mind. 3 der folgenden Merkmale
    • Unrealistische und anhaltende Besorgnis über mögliches Unheil, das der Hauptbezugsperson zustoßen könnte, oder über den möglichen Verlust solcher Personen oder anhaltende Sorge um den Tod von Bezugspersonen
    • Unrealistische und anhaltende Besorgnis, dass ein unglückliches Ereignis das Kind von einer Hauptbezugsperson trennen könnte
    • Andauernde Abneigung oder Weigerung, zur Schule zu gehen aus Angst vor Trennung von einer Hauptbezugsperson oder um zu Hause zu bleiben
    • Trennungsschwierigkeiten am Abend, erkennbar an einem der folgenden Merkmale
      • Anhaltende Abneigung oder Weigerung, schlafen zu gehen, ohne dass eine Hauptbezugsperson dabei oder in der Nähe ist
      • Häufiges Aufstehen nachts, um die Anwesenheit der Bezugsperson zu überprüfen oder bei ihr zu schlafen
      • Anhaltende Abneigung oder Weigerung, auswärts zu schlafen
    • Anhaltende, unangemessene Angst davor, allein zu sein oder tagsüber ohne die Hauptbezugsperson zu Hause zu sein
    • Wiederholte Albträume zu Trennungsthemen
    • Wiederholtes Auftreten somatischer Symptome bei Gelegenheiten, die mit einer Trennung von einer Hauptbezugsperson verbunden sind, wie beim Verlassen des Hauses, um zur Schule zu gehen, oder bei anderen Gelegenheiten, die mit einer Trennung verbunden sind
    • Extremes und wiederholtes Leiden in Erwartung, während oder unmittelbar nach der Trennung von einer Hauptbezugsperson; dieses zeigt sich in Angst, Schreien, Wutausbrüchen, in der anhaltenden Weigerung, von zu Hause wegzugehen, in dem intensiven Bedürfnis, mit den Eltern zu reden, oder in dem Wunsch nach Hause zurückzukehren, ferner in Unglücklichsein, Apathie oder sozialem Rückzug
B
C
  • Beginn <5 Jahre
D
  • Die Störung tritt nicht im Rahmen einer umfassenderen Störung der Emotionen, des Sozialverhaltens oder der Persönlichkeit auf oder bei einer tiefgreifenden Entwicklungsstörung, einer psychotischen Störung oder einer durch psychotrope Substanzen bedingten Störung
E
  • Dauer: Mind. 4 Wochen

Nach ICD-11

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Selektiver Mutismustoggle arrow icon

Definition

  • Konsequentes Sprechversagen in bestimmten sozialen Situationen über eine Dauer von mind. 1 Monat

Epidemiologie

  • Prävalenz (insg. unzureichende Studienlage): <1%
  • Manifestationsalter: I.d.R. im Kindesalter
    • Frühmutismus (< 4 Jahre)
    • Spätmutismus (ab Schuleintritt)
  • Geschlechterverteilung: > (ca. 2:1)

Ätiologie

Die Ursachen des selektiven Mutismus sind multifaktoriell bedingt und werden durch genetische, neurobiologische und psychosoziale Faktoren beeinflusst.

  • Genetische Faktoren
  • Neurobiologische Faktoren
  • Psychosoziale Faktoren

Merkmale

  • Das Kind verfügt über altersentsprechende Fähigkeiten bzgl. der sprachlichen Kommunikation
  • Selektivität des Sprechens
    • Konsistenz bzgl. der sozialen Situationen, in denen die Selektivität sichtbar wird
  • Häufiges Ausweichen auf nonverbale Kommunikation
  • Bestimmte Persönlichkeitszüge: Sozialangst und sozialer Rückzug

Komorbiditäten

Diagnostik [5]

Eigen- und Fremdanamnese

  • Mit betroffenem Kind (wenn möglich, alternativ ggf. zeichnerisch)
    • Freizeitbeschäftigungen
    • Beziehungen zur Familie
    • Freund:innen
  • Mit Bezugspersonen
    • Umgang mit Stress
    • Störungskonzepte
    • Eigenes Verhalten in neuen Situationen
    • Beispielfragen
      • In welchen Situationen und mit wem spricht ihr Kind?
      • In welchen Situationen und mit wem spricht ihr Kind nicht? Gab es Ausnahmen?
      • Werden nonverbale Kommunikationswege genutzt?
      • Wie reagieren Sie dann? Was haben Sie bisher unternommen?
      • Gab es erfolgreiche Strategien?
  • Anamnesebogen: Kölner Mutismus Anamnesebogen

Testpsychologische Verfahren

Ausschluss somatischer Ursachen

Diagnosestellung

Differenzialdiagnosen, u.a.

Therapie

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Diagnostische Kriterientoggle arrow icon

Nach ICD-10

Nach ICD-10 wird der selektive Mutismus unter den Störungen sozialer Funktionen mit Beginn in der Kindheit und Jugend (F94) aufgeführt.

Diagnostische Kriterien des elektiven Mutismus nach ICD-10 (F94.0) [1][8]
A
  • Sprachausdruck und Sprachverständnis, beurteilt in einem individuell angewandten standardisierten Test, innerhalb von 2 Standardabweichungen entsprechend dem Alter des Kindes
B
  • Nachweisbare beständige Unfähigkeit, in bestimmten sozialen Situationen, in denen erwartet wird, dass das Kind redet (z.B. in der Schule) zu sprechen; in anderen Situationen ist das Sprechen jedoch möglich
C
  • Dauer: >4 Wochen
D
  • Es liegt keine tiefgreifende Entwicklungsstörung (F84) vor
E
  • Die Störung beruht nicht auf fehlenden Kenntnissen der gesprochenen Sprache, die in den sozialen Situationen, in denen das Kind nicht spricht, erwartet werden

Zur Begriffsklärung: „Selektiver Mutismus“ sollte bevorzugt genutzt werden, da der (veraltete) Begriff „elektiver Mutismus“ eine freie Wahl des Schweigens suggeriert!

Nach ICD-11

  • Wesentliche Änderung
    • Unter den Angststörungen gelistet
    • Auch im Erwachsenenalter diagnostizierbar
  • Mehr Informationen zur ICD-11 (deutsche Entwurfsfassung) unter Tipps & Links
Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Bindungsstörungentoggle arrow icon

Übersicht

Epidemiologie

  • Prävalenz (Insg. unzureichende Datenlage)
    • Kinder die von ihrer leiblichen Mutter aufgezogen wurden: <1%
    • Kinder aus Pflegefamilien: >25%

Ätiologie [9]

  • Schwerwiegende emotionale und/oder körperliche
    • Vernachlässigung (Deprivation)
    • Misshandlung
  • Häufig wechselnde Bezugspersonen / multiple Beziehungsabbrüche

Symptomatik

  • Reaktive Bindungsstörung
    • Übermäßig wachsames und ängstliches Verhalten
    • Ambivalente/widersprüchliche soziale Interaktionen in verschiedenen Situationen
    • Emotionale Auffälligkeiten: Verminderte Ansprechbarkeit, Rückzugsverhalten, (auto‑)aggressives Verhalten als Ausdruck des Unglücklichseins
    • Verminderte Interaktion mit Gleichaltrigen
    • In Interaktion mit einfühlsamen Bezugspersonen soziale Ansprechbarkeit und Gegenseitigkeit möglich
  • Bindungsstörung mit Enthemmung
    • Mangelnde/diffuse exklusive Bindungen
    • Enthemmtes, distanzloses Verhalten gegenüber Fremden
    • Starkes Aufmerksamkeitsbedürfnis
    • Verminderte Interaktion mit Gleichaltrigen
    • (Auto‑)aggressives Verhalten

Komorbiditäten [5]

Diagnostik

  • Ausführliche Anamnese, inkl. Fremdanamnese
    • Entwicklungsanamnese und Betreuungsgeschichte
    • Detaillierte Erhebung des Bindungsverhaltens
    • Missbrauchserfahrungen/Kindeswohlgefährdung
    • Beispielfragen an die Bezugspersonen
      • Wie reagiert Ihr Kind, wenn es sich wehgetan hat?
      • Sucht es Trost? Und wenn ja, bei wem?
      • Wie reagiert es in unvertrauten Situationen auf fremde Personen?
      • Zeigt es Neugier oder Zurückhaltung?
      • Wirkt es ängstlich oder sucht es ggf. Körperkontakt?
      • Geht es mit fremden Personen mit?
  • Körperliche Untersuchung
  • Beobachtung des Bindungsverhaltens (in verschiedenen Situationen)
  • Weiterführende Diagnostik
    • EEG
    • Ggf. Blutuntersuchung
  • Diagnosestellung

Bei V.a. eine Bindungsstörung ist die Einschätzung möglicher Kindeswohlgefährdung erforderlich! [9]

Differenzialdiagnosen

Therapie

Prognose/Verlauf [5]

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Diagnostische Kriterientoggle arrow icon

Nach ICD-10

Reaktive Bindungsstörung des Kindesalters

Diagnostische Kriterien der reaktiven Bindungsstörung des Kindesalters nach ICD-10 (F94.1) [1]
A
  • Beginn: <4 Jahre
B
  • Deutlich widersprüchliche oder ambivalente soziale Reaktionen in verschiedenen sozialen Situationen
C
  • Emotionale Störung mit
    • Verlust emotionaler Ansprechbarkeit
    • Sozialem Rückzug
    • Aggressiven Reaktionen auf eigenes Unglücklichsein oder das anderer und/oder
    • Ängstliche Überempfindlichkeit
D
  • Nachweis, dass soziale Gegenseitigkeit und Ansprechbarkeit möglich sind, durch Elemente normalen Bezogenseins in Interaktionen mit gesunden Erwachsenen
E
  • Kriterien für eine tiefgreifende Entwicklungsstörung (F84) werden nicht erfüllt

Bindungsstörung des Kindesalters mit Enthemmung

Diagnostische Kriterien der Bindungsstörung des Kindesalters mit Enthemmung nach ICD-10 (F94.2) [1]
A
  • Diffuse Bindungen sind ein anhaltendes Merkmal während der ersten 5 Lebensjahre (nicht notwendigerweise bis in die mittlere Kindheit andauernd)
  • Die Diagnose fordert ein relatives Fehlen selektiver sozialer Bindungen mit
    1. Der normalen Tendenz, beim Unglücklichsein Trost bei anderen zu suchen
    2. Abnormer (relativer) Wahllosigkeit bzgl. der Personen, bei denen Trost gesucht wird
B
  • Wenig modulierte soziale Interaktionen mit unvertrauten Personen
C
  • Mind. 1 der folgenden Merkmale
    1. Allgemeines Anklammerungsverhalten in der Kleinkindzeit
    2. Aufmerksamkeitsheischendes und unterschiedslos freundliches Verhalten in der frühen oder mittleren Kindheit
D
  • Eindeutig keine Situationsspezifität im Sinne der oben angegeben Merkmale
  • Merkmale A und B manifestieren sich in einem großen Bereich des sozialen Umfeldes des Kindes

Nach ICD-11

  • Wesentliche Änderungen, u.a.
    • Unter den spezifisch belastungsassoziierten Störungen gelistet
  • Mehr Informationen zur ICD-11 (deutsche Entwurfsfassung) unter Tipps und Links
Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025toggle arrow icon

Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend (F90-F98)

  • F90.-: Hyperkinetische Störungen
  • F91.-: Störungen des Sozialverhaltens
    • Störungen des Sozialverhaltens sind durch ein sich wiederholendes und anhaltendes Muster dissozialen, aggressiven und aufsässigen Verhaltens charakterisiert. Dieses Verhalten übersteigt mit seinen gröberen Verletzungen die altersentsprechenden sozialen Erwartungen. Es ist also schwerwiegender als gewöhnlicher kindischer Unfug oder jugendliche Aufmüpfigkeit. Das anhaltende Verhaltensmuster muss mindestens sechs Monate oder länger bestanden haben. Störungen des Sozialverhaltens können auch bei anderen psychiatrischen Krankheiten auftreten, in diesen Fällen ist die zugrunde liegende Diagnose zu verwenden. Beispiele für Verhaltensweisen, welche diese Diagnose begründen, umfassen ein extremes Maß an Streiten oder Tyrannisieren, Grausamkeit gegenüber anderen Personen oder Tieren, erhebliche Destruktivität gegenüber Eigentum, Feuerlegen, Stehlen, häufiges Lügen, Schulschwänzen oder Weglaufen von zu Hause, ungewöhnlich häufige und schwere Wutausbrüche und Ungehorsam. Jedes dieser Beispiele ist bei erheblicher Ausprägung ausreichend für die Diagnose, nicht aber nur isolierte dissoziale Handlungen.
    • Exklusive: Affektive Störungen (F30-F39), Kombination mit emotionalen Störungen (F92.‑), Kombination mit hyperkinetischen Störungen (F90.1), Schizophrenie (F20.‑), Tiefgreifende Entwicklungsstörungen (F84.‑)
    • F91.0: Auf den familiären Rahmen beschränkte Störung des Sozialverhaltens
      • Diese Verhaltensstörung umfasst dissoziales oder aggressives Verhalten (und nicht nur oppositionelles, aufsässiges oder trotziges Verhalten), das vollständig oder fast völlig auf den häuslichen Rahmen oder auf Interaktionen mit Mitgliedern der Kernfamilie oder der unmittelbaren Lebensgemeinschaft beschränkt ist. Für die Störung müssen die allgemeinen Kriterien für F91.- erfüllt sein. Schwer gestörte Eltern-Kind-Beziehungen sind für die Diagnose allein nicht ausreichend.
    • F91.1: Störung des Sozialverhaltens bei fehlenden sozialen Bindungen
      • Diese Störung ist charakterisiert durch die Kombination von andauerndem dissozialen oder aggressiven Verhalten, das die allgemeinen Kriterien für F91.- erfüllt und nicht nur oppositionelles, aufsässiges und trotziges Verhalten umfasst, mit deutlichen und tief greifenden Abweichungen der Beziehungen des Betroffenen zu anderen Kindern.
      • Nichtsozialisierte aggressive Störung
      • Störung des Sozialverhaltens, nur aggressiver Typ
    • F91.2: Störung des Sozialverhaltens bei vorhandenen sozialen Bindungen
      • Dieses Störung beinhaltet andauerndes dissoziales oder aggressives Verhalten, das die allgemeinen Kriterien für F91.- erfüllt und nicht nur oppositionelles, aufsässiges und trotziges Verhalten umfasst, und bei Kindern auftritt, die allgemein gut in ihrer Altersgruppe eingebunden sind.
      • Gemeinsames Stehlen
      • Gruppendelinquenz
      • Schulschwänzen
      • Störung des Sozialverhaltens in der Gruppe
      • Vergehen im Rahmen einer Bandenmitgliedschaft
    • F91.3: Störung des Sozialverhaltens mit oppositionellem, aufsässigem Verhalten
      • Diese Verhaltensstörung tritt gewöhnlich bei jüngeren Kindern auf und ist in erster Linie durch deutlich aufsässiges, ungehorsames Verhalten charakterisiert, ohne delinquente Handlungen oder schwere Formen aggressiven oder dissozialen Verhaltens. Für diese Störung müssen die allgemeinen Kriterien für F91.- erfüllt sein: deutlich übermütiges oder ungezogenes Verhalten allein reicht für die Diagnosenstellung nicht aus. Vorsicht beim Stellen dieser Diagnose ist vor allem bei älteren Kindern geboten, bei denen klinisch bedeutsame Störungen des Sozialverhaltens meist mit dissozialem oder aggressivem Verhalten einhergehen, das über Aufsässigkeit, Ungehorsam oder Trotz hinausgeht.
    • F91.8: Sonstige Störungen des Sozialverhaltens
    • F91.9: Störung des Sozialverhaltens, nicht näher bezeichnet
  • F92.-: Kombinierte Störung des Sozialverhaltens und der Emotionen
  • F93.-: Emotionale Störungen des Kindesalters
    • Diese stellen in erster Linie Verstärkungen normaler Entwicklungstrends dar und weniger eigenständige, qualitativ abnorme Phänomene. Die Entwicklungsbezogenheit ist das diagnostische Schlüsselmerkmal für die Unterscheidung der emotionalen Störungen mit Beginn in der Kindheit (F93.‑) von den neurotischen Störungen (F40-F48).
    • F93.0: Emotionale Störung mit Trennungsangst des Kindesalters
      • Eine Störung mit Trennungsangst soll nur dann diagnostiziert werden, wenn die Furcht vor Trennung den Kern der Angst darstellt und wenn eine solche Angst erstmals während der frühen Kindheit auftrat. Sie unterscheidet sich von normaler Trennungsangst durch eine unübliche Ausprägung, eine abnorme Dauer über die typische Altersstufe hinaus und durch deutliche Probleme in sozialen Funktionen.
      • Exklusive: Affektive Störungen (F30-F39), Neurotische Störungen (F40-F48), Phobische Störung des Kindesalters (F93.1), Störung mit sozialer Überempfindlichkeit des Kindesalters (F93.2)
    • F93.1: Phobische Störung des Kindesalters
      • Es handelt sich um Befürchtungen in der Kindheit, die eine deutliche Spezifität für die entsprechenden Entwicklungsphasen aufweisen und in einem gewissen Ausmaß bei der Mehrzahl der Kinder auftreten, hier aber in einer besonderen Ausprägung. Andere in der Kindheit auftretende Befürchtungen, die nicht normaler Bestandteil der psychosozialen Entwicklung sind, wie bspw. die Agoraphobie sind unter der entsprechenden Kategorie in Abschnitt F40-F48 zu klassifizieren.
      • Exklusive: Generalisierte Angststörung (F41.1)
    • F93.2: Störung mit sozialer Ängstlichkeit des Kindesalters
      • Bei dieser Störung besteht ein Misstrauen gegenüber Fremden und soziale Besorgnis oder Angst, in neuen, fremden oder sozial bedrohlichen Situationen. Diese Kategorie sollte nur verwendet werden, wenn solche Ängste in der frühen Kindheit auftreten und sie ungewöhnlich stark ausgeprägt sind und zu deutlichen Problemen in der sozialen Funktionsfähigkeit führen.
      • Vermeidende Störung in der Kindheit und Jugend
    • F93.3: Emotionale Störung mit Geschwisterrivalität
      • Die Mehrzahl junger Kinder zeigt gewöhnlich ein gewisses Ausmaß emotionaler Störungen nach der Geburt eines unmittelbar nachfolgenden jüngeren Geschwisters. Eine emotionale Störung mit Geschwisterrivalität soll nur dann diagnostiziert werden, wenn sowohl das Ausmaß als auch die Dauer der Störung übermäßig ausgeprägt sind und mit Störungen der sozialen Interaktionen einhergehen.
      • Geschwistereifersucht
    • F93.8: Sonstige emotionale Störungen des Kindesalters
    • F93.9: Emotionale Störung des Kindesalters, nicht näher bezeichnet
  • F94.-: Störungen sozialer Funktionen mit Beginn in der Kindheit und Jugend
    • Es handelt sich um eine etwas heterogene Gruppe von Störungen, mit Abweichungen in der sozialen Funktionsfähigkeit und Beginn in der Entwicklungszeit. Anders als die tief greifenden Entwicklungsstörungen sind sie jedoch nicht primär durch eine offensichtliche konstitutionelle soziale Beeinträchtigung oder Defizite in allen Bereichen sozialer Funktionen charakterisiert. In vielen Fällen spielen schwerwiegende Milieuschäden oder Deprivationen eine vermutlich entscheidende Rolle in der Ätiologie.
    • F94.0: Elektiver Mutismus
      • Dieser ist durch eine deutliche, emotional bedingte Selektivität des Sprechens charakterisiert, so dass das Kind in einigen Situationen spricht, in anderen definierbaren Situationen jedoch nicht. Diese Störung ist üblicherweise mit besonderen Persönlichkeitsmerkmalen wie Sozialangst, Rückzug, Empfindsamkeit oder Widerstand verbunden.
      • Selektiver Mutismus
      • Exklusive: Passagerer Mutismus als Teil einer Störung mit Trennungsangst bei jungen Kindern (F93.0), Schizophrenie (F20.‑), Tiefgreifende Entwicklungsstörungen (F84.‑), Umschriebene Entwicklungsstörungen des Sprechens und der Sprache (F80.‑)
    • F94.1: Reaktive Bindungsstörung des Kindesalters
      • Diese tritt in den ersten fünf Lebensjahren auf und ist durch anhaltende Auffälligkeiten im sozialen Beziehungsmuster des Kindes charakterisiert. Diese sind von einer emotionalen Störung begleitet und reagieren auf Wechsel in den Milieuverhältnissen. Die Symptome bestehen aus Furchtsamkeit und Übervorsichtigkeit, eingeschränkten sozialen Interaktionen mit Gleichaltrigen, gegen sich selbst oder andere gerichteten Aggressionen, Unglücklichsein und in einigen Fällen Wachstumsverzögerung. Das Syndrom tritt wahrscheinlich als direkte Folge schwerer elterlicher Vernachlässigung, Missbrauch oder schwerer Misshandlung auf.
      • Exklusive: Asperger-Syndrom (F84.5), Bindungsstörung des Kindesalters mit Enthemmung (F94.2), Missbrauch von Personen (T74.‑), Normvariation im Muster der selektiven Bindung, Psychosoziale Probleme infolge von sexueller oder körperlicher Misshandlung im Kindesalter (Z61)
    • F94.2: Bindungsstörung des Kindesalters mit Enthemmung
      • Ein spezifisches abnormes soziales Funktionsmuster, das während der ersten fünf Lebensjahre auftritt mit einer Tendenz, trotz deutlicher Änderungen in den Milieubedingungen zu persistieren. Dieses kann bspw. in diffusem, nichtselektivem Bindungsverhalten bestehen, in aufmerksamkeitssuchendem und wahllos freundlichem Verhalten und kaum modulierten Interaktionen mit Gleichaltrigen; je nach Umständen kommen auch emotionale und Verhaltensstörungen vor.
      • Gefühlsarme Psychopathie
      • Hospitalismus
      • Exklusive: Asperger-Syndrom (F84.5), Hyperkinetische Störungen (F90.‑), Hospitalismus bei Kindern (F43.2), Reaktive Bindungsstörung des Kindesalters (F94.1)
    • F94.8: Sonstige Störungen sozialer Funktionen mit Beginn in der Kindheit
    • F94.9: Störung sozialer Funktionen mit Beginn in der Kindheit, nicht näher bezeichnet
  • F95.-: Ticstörungen
    • Syndrome, bei denen das vorwiegende Symptom ein Tic ist. Ein Tic ist eine unwillkürliche, rasche, wiederholte, nichtrhythmische Bewegung meist umschriebener Muskelgruppen oder eine Lautproduktion, die plötzlich einsetzt und keinem erkennbaren Zweck dient. Normalerweise werden Tics als nicht willkürlich beeinflussbar erlebt, sie können jedoch meist für unterschiedlich lange Zeiträume unterdrückt werden. Belastungen können sie verstärken, während des Schlafens verschwinden sie. Häufige einfache motorische Tics sind Blinzeln, Kopfwerfen, Schulterzucken und Grimassieren. Häufige einfache vokale Tics sind bspw. Räuspern, Bellen, Schnüffeln und Zischen. Komplexe Tics sind Sich-selbst-schlagen sowie Springen und Hüpfen. Komplexe vokale Tics sind die Wiederholung bestimmter Wörter und manchmal der Gebrauch sozial unangebrachter, oft obszöner Wörter (Koprolalie) und die Wiederholung eigener Laute oder Wörter (Palilalie).
    • F95.0: Vorübergehende Ticstörung
      • Sie erfüllt die allgemeinen Kriterien für eine Ticstörung, jedoch halten die Tics nicht länger als 12 Monate an. Die Tics sind häufig Blinzeln, Grimassieren oder Kopfschütteln.
    • F95.1: Chronische motorische oder vokale Ticstörung
      • Sie erfüllt die allgemeinen Kriterien für eine Ticstörung, wobei motorische oder vokale Tics, jedoch nicht beide zugleich, einzeln, meist jedoch multipel, auftreten und länger als ein Jahr andauern.
    • F95.2: Kombinierte vokale und multiple motorische Tics [Tourette-Syndrom]
      • Eine Form der Ticstörung, bei der gegenwärtig oder in der Vergangenheit multiple motorische Tics und ein oder mehrere vokale Tics vorgekommen sind, die aber nicht notwendigerweise gleichzeitig auftreten müssen. Die Störung verschlechtert sich meist während der Adoleszenz und neigt dazu, bis in das Erwachsenenalter anzuhalten. Die vokalen Tics sind häufig multipel mit explosiven repetitiven Vokalisationen, Räuspern und Grunzen und Gebrauch von obszönen Wörtern oder Phrasen. Manchmal besteht eine begleitende gestische Echopraxie, die ebenfalls obszöner Natur sein kann (Kopropraxie).
    • F95.8: Sonstige Ticstörungen
    • F95.9: Ticstörung, nicht näher bezeichnet
  • F98.-: Andere Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend
    • Dieser heterogenen Gruppe von Störungen ist der Beginn in der Kindheit gemeinsam, sonst unterscheiden sie sich jedoch in vieler Hinsicht. Einige der Störungen repräsentieren gut definierte Syndrome, andere sind jedoch nicht mehr als Symptomkomplexe, die hier aber wegen ihrer Häufigkeit und ihrer sozialen Folgen und weil sie anderen Syndromen nicht zugeordnet werden können, aufgeführt werden.
    • Exklusive: Emotional bedingte Schlafstörungen (F51.‑), Geschlechtsidentitätsstörung des Kindesalters (F64.2), Kleine-Levin-Syndrom (G47.8), Perioden von Atemanhalten (R06.88), Zwangsstörung (F42.‑)
    • F98.0: Nichtorganische Enuresis
      • Diese Störung ist charakterisiert durch unwillkürlichen Harnabgang am Tag und in der Nacht, untypisch für das Entwicklungsalter. Sie ist nicht Folge einer mangelnden Blasenkontrolle aufgrund einer neurologischen Krankheit, epileptischer Anfälle oder einer strukturellen Anomalie der ableitenden Harnwege. Die Enuresis kann von Geburt an bestehen oder nach einer Periode bereits erworbener Blasenkontrolle aufgetreten sein. Die Enuresis kann von einer schweren emotionalen oder Verhaltensstörung begleitet werden.
      • Funktionelle Enuresis
      • Nichtorganische primäre oder sekundäre Enuresis
      • Nichtorganische Harninkontinenz
      • Psychogene Enuresis
      • Exklusive: Enuresis o.n.A. (R32)
    • F98.1: Nichtorganische Enkopresis
      • Wiederholtes willkürliches oder unwillkürliches Absetzen von Faeces normaler oder fast normaler Konsistenz an Stellen, die im soziokulturellen Umfeld des Betroffenen nicht dafür vorgesehen sind. Die Störung kann eine abnorme Verlängerung der normalen infantilen Inkontinenz darstellen oder einen Kontinenzverlust nach bereits vorhandener Darmkontrolle, oder es kann sich um ein absichtliches Absetzen von Stuhl an dafür nicht vorgesehenen Stellen trotz normaler physiologischer Darmkontrolle handeln. Das Zustandsbild kann als monosymptomatische Störung auftreten oder als Teil einer umfassenderen Störung, besonders einer emotionalen Störung (F93.‑) oder einer Störung des Sozialverhaltens (F91.‑).
      • Funktionelle Enkopresis
      • Nichtorganische Stuhlinkontinenz
      • Psychogene Enkopresis
      • Exklusive: Enkopresis o.n.A. (R15)
    • F98.2: Fütterstörung im frühen Kindesalter
      • Eine Fütterstörung mit unterschiedlicher Symptomatik, die gewöhnlich für das Kleinkindalter und frühe Kindesalter spezifisch ist. Im Allgemeinen umfasst die Nahrungsverweigerung extrem wählerisches Essverhalten bei angemessenem Nahrungsangebot und einer einigermaßen kompetenten Betreuungsperson in Abwesenheit einer organischen Krankheit. Begleitend kann Rumination - d.h. wiederholtes Heraufwürgen von Nahrung ohne Übelkeit oder eine gastrointestinale Krankheit - vorhanden sein.
      • Rumination im Kleinkindalter
      • Exklusive: Anorexia nervosa und andere Essstörungen (F50.‑), Fütterprobleme bei Neugeborenen (P92.‑), Fütterschwierigkeiten und Betreuungsfehler (R63.3), Pica im Kleinkind- oder Kindesalter (F98.3)
    • F98.3: Pica im Kindesalter
      • Anhaltender Verzehr nicht essbarer Substanzen wie Erde, Farbschnipsel usw.. Sie kann als eines von vielen Symptomen einer umfassenderen psychischen Störung wie Autismus auftreten oder sie kann als relativ isolierte psychopathologische Auffälligkeit vorkommen; nur das letztere wird hier kodiert. Das Phänomen ist bei intelligenzgeminderten Kindern am häufigsten. Wenn eine solche Intelligenzminderung vorliegt, ist als Hauptdiagnose eine Kodierung unter F70-F79 zu verwenden.
    • F98.4: Stereotype Bewegungsstörungen
      • Willkürliche, wiederholte, stereotype, nicht funktionale und oft rhythmische Bewegungen, die nicht Teil einer anderen psychischen oder neurologischen Krankheit sind. Wenn solche Bewegungen als Symptome einer anderen Störung vorkommen, soll nur die übergreifende Störung kodiert werden. Nichtselbstbeschädigende Bewegungen sind bspw. Körperschaukeln, Kopfschaukeln, Haarezupfen, Haaredrehen, Fingerschnipsgewohnheiten und Händeklatschen. Stereotype Selbstbeschädigungen sind bspw. wiederholtes Kopfanschlagen, Ins-Gesicht-schlagen, In-die-Augen-bohren und Beißen in Hände, Lippen oder andere Körperpartien. Alle stereotypen Bewegungsstörungen treten am häufigsten in Verbindung mit Intelligenzminderung auf; wenn dies der Fall ist, sind beide Störungen zu kodieren. Wenn das Bohren in den Augen bei einem Kind mit visueller Behinderung auftritt, soll beides kodiert werden: das Bohren in den Augen mit F98.4 und die Sehstörung mit der Kodierung der entsprechenden somatischen Störung.
      • Stereotypie/abnorme Gewohnheit
      • Exklusive: Abnorme unwillkürliche Bewegungen (R25.‑), Bewegungsstörungen organischer Ursache (G20-G25), Daumenlutschen (F98.8), Nägelbeißen (F98.8), Nasebohren (F98.8), Stereotypien als Teil einer umfassenderen psychischen Störung (F00-F95), Ticstörungen (F95.‑), Trichotillomanie (F63.3)
      • F98.40: Ohne Selbstverletzung
      • F98.41: Mit Selbstverletzung
      • F98.42: Gemischt
      • F98.49: Ohne Angabe einer Selbstverletzung
    • F98.5: Stottern [Stammeln]
      • Hierbei ist das Sprechen durch häufige Wiederholung oder Dehnung von Lauten, Silben oder Wörtern, oder durch häufiges Zögern und Innehalten, das den rhythmischen Sprechfluss unterbricht, gekennzeichnet. Es soll als Störung nur klassifiziert werden, wenn die Sprechflüssigkeit deutlich beeinträchtigt ist.
      • Exklusive: Poltern (F98.6), Ticstörungen (F95.‑)
    • F98.6: Poltern
      • Eine hohe Sprechgeschwindigkeit mit Störung der Sprechflüssigkeit, jedoch ohne Wiederholungen oder Zögern, von einem Schweregrad, der zu einer beeinträchtigten Sprechverständlichkeit führt. Das Sprechen ist unregelmäßig und unrhythmisch, mit schnellen, ruckartigen Anläufen, die gewöhnlich zu einem fehlerhaften Satzmuster führen.
      • Exklusive: Stottern (F98.5), Ticstörungen (F95.‑)
    • F98.8: Sonstige näher bezeichnete Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend Aufmerksamkeitsstörung ohne Hyperaktivität
      • Daumenlutschen
      • Exzessive Masturbation
      • Nägelkauen
      • Nasebohren
    • F98.9: Nicht näher bezeichnete Verhaltens- oder emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend

Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Probiere die Testversion aus und erhalte 30 Tage lang unbegrenzten Zugang zu über 1.400 Kapiteln und +17.000 IMPP-Fragen.
disclaimer Evidenzbasierte Inhalte, von festem ärztlichem Redaktionsteam erstellt & geprüft. Disclaimer aufrufen.