ambossIconambossIcon

Tollwut

Letzte Aktualisierung: 19.5.2025

Zusammenfassungtoggle arrow icon

Die Tollwut (Rabies) ist eine Zoonose, die durch das neurotrope Rabiesvirus hervorgerufen wird. Das Virus gelangt durch Bisse – meist Hundebisse – in den Körper und über einen retrograden axonalen Transport ins ZNS, wo es zu einer Enzephalitis und/oder Myelitis kommt. Nach einem Prodromalstadium mit unspezifischen Symptomen gehören episodische Erregungszustände, Muskelkrämpfe, Hydrophobie und zunehmende Vigilanzminderung zum klinischen Bild. Die Erkrankung verläuft praktisch immer tödlich. Durch eine präexpositionelle Impfung (empfohlen für Risikoberufsgruppen und Reisende in Endemiegebiete) und eine postexpositionelle Immunprophylaxe kann der Ausbruch der Krankheit zuverlässig verhindert werden. Aufgrund der Immunisation von Wild- und Haustieren ist die durch das Rabiesvirus hervorgerufene Tollwut in Teilen Europas, darunter auch Deutschland, Österreich und die Schweiz, ausgerottet. In anderen Teilen der Welt, insb. in Südasien, stellt die Tollwut weiterhin ein großes Gesundheitsproblem dar.

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Epidemiologietoggle arrow icon

  • Vorkommen
    • Deutschland gilt neben anderen west- und mitteleuropäischen Ländern (darunter Österreich und die Schweiz) als frei von terrestrischer („klassischer“) Tollwut
    • Verbreitung insb. in Afrika, Süd- und Ostasien sowie Südamerika
  • Fallzahlen
    • 15 Millionen Postexpositionsprophylaxen pro Jahr weltweit
    • Anteil von Kindern unter Bissopfern tollwutverdächtiger Tiere: 40 %
    • Schätzungsweise 59.000 Tote/Jahr, größtenteils in Ländern Afrikas und Asiens

Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Ätiologietoggle arrow icon

  • Erreger
  • Erregerreservoir
    • Silvatische Tollwut : In Deutschland zuletzt v.a. Füchse, daneben auch Dachse, Rehe und andere Wildtiere
    • Urbane Tollwut: Insb. streunende Hunde (in Ländern des Globalen Südens weit verbreitet), andere Haustiere
  • Infektionsweg
    • Übertragung insb. durch Bissverletzungen tollwütiger Tiere (seltener über Kontakt von Speichel mit Hautverletzungen oder Schleimhäuten), darunter:
      • Hunde (99% der Tollwutfälle beim Menschen gehen auf Hundebisse zurück)
      • Füchse
      • Affen
      • Fledermäuse
    • Sehr seltene Einzelfälle: Übertragung durch Organtransplantation oder durch virushaltige Aerosole
    • Nicht beschrieben ist die Übertragung durch den Verzehr infizierter Tiere oder von Mensch zu Mensch

Ein Infektionsrisiko besteht für in Deutschland lebende Menschen nahezu ausschließlich bei Reisen in Endemiegebiete!

  • Infektiosität
    • Ort und Schwere der Bissverletzung bestimmt das Risiko eines Ungeimpften, an Tollwut zu erkranken [1]
      • Kopfbisswunden 50–80%
      • Armbisswunden 15–40%
      • Beinbisswunden 3–10%

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Pathophysiologietoggle arrow icon

  1. Virushaltiger Speichel des tollwütigen Tieres gelangt in die Bisswunde (Inokulation)
  2. Replikation des Virus im Muskelgewebe
  3. Eintritt in Neurone (insb. an der neuromuskulären Endplatte) → Schneller retrograder axonaler Transport der Viren über periphere Nerven zum ZNS (meistens Rückenmark)
  4. Ausbreitung im ZNS entlang von Nervenbahnen → Im Gehirn Infektion von Neuronen insb. der grauen Substanz
  5. Streuung in die Peripherie (Kornea, Speicheldrüsen und andere Organe)
  6. Über Infektion der Speicheldrüsen Exkretion von Viren in den Speichel und Weiterverbreitung infolge infektionsbedingter Verhaltensänderungen der Vektoren
Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Symptomatiktoggle arrow icon

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Diagnostiktoggle arrow icon

Die Tollwut ist primär eine klinische Diagnose!

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Therapietoggle arrow icon

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Prognosetoggle arrow icon

Die Tollwut verläuft praktisch immer tödlich!

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Präventiontoggle arrow icon

  • Präexpositionell
    • Expositionsprävention: Kontakt zu Hunden und Wildtieren in Tollwutgebieten vermeiden, insb. bei Verhaltensauffälligkeiten und toten Tieren
    • Bei Expositionsgefahr (berufs- oder reisebedingt): Tollwut-Impfung
  • Postexpositionell
Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Tollwut-Impfungtoggle arrow icon

STIKO-Empfehlungen [3][4]

Bei der Abwägung der Impfindikationen sollten die gute Wirksamkeit und Verträglichkeit der Tollwut-Impfung berücksichtigt werden!

Berufsbedingte Impfung

  • Berufsgruppen mit hohem Expositionsrisiko
    • Laborpersonal, das mit Tollwutviren arbeitet
    • Bei direktem Umgang mit Tieren in Gebieten mit neu aufgetretener Wildtiertollwut
    • Personen mit engem Fledermauskontakt
  • Grundimmunisierung: Standardmäßig konventionelles Impfschema mit 3 Impfdosen (Tag 0, 7 und 21–28)
    • Alternatives Schema (nur bei Immunkompetenz, aktuell keine STIKO-Empfehlung): 2 Impfdosen (Tag 0 und 7) [5][6]
    • Schnellschema (nur für Rabipur® bei immunkompetenten Erwachsenen ≤65 Jahre empfohlen): 3 Impfdosen (Tag 0, 3 und 7)
  • Impferfolgskontrolle: Bei berufsbedingter Tollwut-Impfung grundsätzlich empfohlen [3]
    • Durchführung: Zweimalige Bestimmung der Anti-Tollwutvirus-Antikörper
      • 2–4 Wochen nach letzter Impfdosis der Grundimmunisierung und
      • 6 Monate nach 1. Kontrolle
      • Im Weiteren ggf. Kontrollen im Rahmen der arbeitsmedizinischen Vorsorge
  • Auffrischungsimpfung: Bei anhaltender Indikation und Anti-Tollwutvirus-Antikörper <0,5 IE/mL 1 Impfdosis, siehe auch: Fachinformationen der Tollwut-Impfstoffe

Reiseimpfung [5][7]

  • Indikationsstellung abhängig von Reiseziel und individueller Risikoabschätzung
    • Bei Reisen in Länder mit Risiko für Hundetollwut (Afrika, weite Teile Asiens, Teile Mittel- und Südamerikas, für eine Karte siehe bspw.: [5]): Zusätzliche Risikoabschätzung, insb. über
      • Dauer des Aufenthalts
      • Reisen unter einfachen Bedingungen
      • Besuch von Bekannten/Verwandten im Ausland („VFR“)
      • Aktivitäten mit erhöhter Expositionsgefahr gegenüber Hunden
      • Alter: Bei Kindern großzügige Indikationsstellung [5]
      • Medizinische Versorgung vor Ort, Verfügbarkeit von Impfstoff und Immunglobulin
    • Bei Reisen außerhalb von Westeuropa, Australien und Ozeanien: Vorhersehbarer Umgang mit Wildtieren oder krankheitsverdächtigen Heimtieren
    • Weltweit: Vorhersehbarer Kontakt mit Fledermäusen
  • Grundimmunisierung: Standardmäßig konventionelles Impfschema mit 3 Impfdosen (Tag 0, 7 und 21–28)
    • Alternatives Schema (nur bei Immunkompetenz, aktuell keine STIKO-Empfehlung): 2 Impfdosen (Tag 0 und 7) [5][6]
    • Schnellschema (nur für Rabipur® bei immunkompetenten Erwachsenen ≤65 Jahre empfohlen): 3 Impfdosen (Tag 0, 3 und 7)
  • Impferfolgskontrolle: Nur bei Immundefizienz empfohlen, ansonsten bei reisemedizinischer Indikation nicht erforderlich [5]
  • Auffrischungsimpfung: Empfehlungen nicht einheitlich, Auffrischung nicht grundsätzlich nötig [7][8]

Jeglicher enger Kontakt mit Fledermäusen stellt eine Impfindikation dar!

Postexpositionelle Impfung

Auch bei vollständig präexpositionell geimpften Personen muss nach einer Exposition ggf. unverzüglich eine postexpositionelle Immunprophylaxe durchgeführt werden!

Impfschutz

  • Langfristige Boosterfähigkeit nach vollständiger Grundimmunisierung (3 Impfdosen) bei immunkompetenten Personen [5]

Impfstoffe [#28939;90

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Tollwut-Postexpositionsprophylaxetoggle arrow icon

Lokale Behandlung (alle Wunden und andere möglicherweise kontaminierte Körperstellen)

  • Sofortige gründliche Reinigung über ≥15 min mit Seifenlösung, sorgfältiges Ausspülen mit Wasser und Behandlung mit antiseptischer Waschlösung (iod- oder alkoholhaltig)
  • Ggf. Exzision der Wundränder [9]
  • Kein Wundverschluss

Mögliche exponierte Körperstellen müssen immer lokal behandelt werden!

Postexpositionelle Immunprophylaxe bei Tollwutverdacht [5]

  • Indikation und Umfang der Prophylaxe abhängig von Expositionsgrad und präexpositioneller Tollwut-Impfung (siehe: Tabelle)
  • Einschätzung des Tollwutrisikos beim Tier, das die Bisswunde zugefügt hat
    • Tiere ohne Symptome mit Aufenthalt in tollwutfreiem Gebiet: Unbedenklich
    • Tiere ohne Symptome unbekannter Herkunft bzw. in/aus nicht-tollwutfreiem Gebiet
      • Postexpositionelle Prophylaxe bei Gebissenen
      • Tier in Quarantäne
        • Hund, Katze: 10 Tage
        • Bleiben die Tiere in der Zeit der Quarantäne symptomfrei, kann eine Infektion im Nachhinein ausgeschlossen werden
    • Fledermäuse: Prophylaxe nach Kontakt (gemäß Tabelle)
  • Sehr hohe Schutzrate bei unverzüglicher Immunisierung [5]
  • Beginn so schnell wie möglich, aufgrund der sehr variablen Inkubationszeit (<10 Tage bis >1 Jahr) Postexpositionsprophylaxe aber auch Wochen bis Monate nach Exposition sinnvoll
  • Bei versäumter Immunglobulingabe beim ersten Impftermin: Nachholen bis zu 7 Tage nach der ersten Aktivimpfung noch sinnvoll
Postexpositionelle Immunprophylaxe bei Tollwutverdacht bei immunkompetenten Personen [3][5]
Grad der Exposition Art der Tollwutexposition Immunprophylaxe
Keine/unvollständige präexpositionelle Tollwut-Impfung Vollständige präexpositionelle Tollwut-Impfung

Grad I

Intakte Haut

Keine Impfung

Grad II

Nicht-intakte Haut (gilt nicht für Fledermäuse)

Aktivimpfung (an Tag 0, 3, 7, 14 und 28 nach Exposition [5]

Aktivimpfung mit 2 Impfdosen (Tag 0 und 3)

Grad III

Tiefere Verletzungen oder Schleimhautkontakt oder Grad-II-Exposition durch Fledermaus

Simultanimpfung: Aktivimpfung und Passivimpfung (Tollwut-Immunglobulin) an Tag 0 [5]

Auch vollständig geimpfte Personen müssen nach Tollwutexposition ≥Grad II behandelt werden! In diesem Fall erfolgt eine Aktivimpfung an Tag 0 und 3. Auf die Gabe von (je nach Aufenthaltsort nur unzureichend verfügbaren) Immunglobulinen kann verzichtet werden!

Bei Immundefizienz sollte ab einer Exposition Grad II unabhängig von einer vorherigen Immunisierung eine Simultanimpfung erfolgen!

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Meldepflichttoggle arrow icon

  • Arztmeldepflicht nach § 6 IfSG
    • Namentliche Meldepflicht
      • bei Verdachts-, Krankheits- oder Todesfällen
      • bei Verletzung eines Menschen durch ein tollwutkrankes, -verdächtiges oder -ansteckungsverdächtiges Tier sowie die Berührung eines solchen Tierkörpers
  • Labormeldepflicht nach § 7 IfSG
Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Meditrickstoggle arrow icon

In Kooperation mit Meditricks bieten wir durchdachte Merkhilfen an, mit denen du dir relevante Fakten optimal einprägen kannst. Dabei handelt es sich um animierte Videos und Erkundungsbilder, die auf AMBOSS abgestimmt oder ergänzend sind. Die Inhalte liegen meist in Lang- und Kurzfassung vor, enthalten Basis- sowie Expertenwissen und teilweise auch ein Quiz sowie eine Kurzwiederholung. Eine Übersicht aller Inhalte findest du im Kapitel „Meditricks“. Meditricks gibt es in unterschiedlichen Paketen – für genauere Informationen empfehlen wir einen Besuch im Shop.

Tollwut (Rabies)

Inhaltliches Feedback zu den Meditricks-Videos bitte über den zugehörigen Feedback-Button einreichen (dieser erscheint beim Öffnen der Meditricks).

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025toggle arrow icon

  • A82.-: Tollwut [Rabies]
    • A82.0: Wildtier-Tollwut
    • A82.1: Haustier-Tollwut
    • A82.9: Tollwut, nicht näher bezeichnet
  • Z20.3: Kontakt mit und Exposition gegenüber Tollwut
  • Z24.2: Notwendigkeit der Impfung gegen Tollwut

Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Probiere die Testversion aus und erhalte 30 Tage lang unbegrenzten Zugang zu über 1.400 Kapiteln und +17.000 IMPP-Fragen.
disclaimer Evidenzbasierte Inhalte, von festem ärztlichem Redaktionsteam erstellt & geprüft. Disclaimer aufrufen.