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Ernährung im Kindes- und Jugendalter

Letzte Aktualisierung: 27.1.2023

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Der gesunden Ernährung im Kindesalter kommt eine enorme Bedeutung zu. Unmittelbar (im Wachstumsalter) dient sie als Grundlage für Wachstum und Entwicklung, indem sie den Energie- und Nährstoffbedarf deckt und die Interaktion sowie Bindung durch gemeinsame Mahlzeiten fördert. Eine unsachgemäße Ernährung kann zu Gedeihstörungen führen und die neurologische Entwicklung beeinträchtigen.

Mittel- und langfristig kann eine gesunde Ernährung zur Prävention von Adipositas und ernährungsabhängigen Erkrankungen beitragen. Dabei spielt neben der Prägung von Ernährungsgewohnheiten auch eine frühe metabolische Programmierung im Säuglingsalter (sowie in der Embryonal-/Fetalzeit) eine wichtige Rolle. Diese wird auf epigenetische Veränderungen und eine Beeinflussung der Organogenese zurückgeführt.

Frühgeborene mit einem Geburtsgewicht 1.000–1.500 g

  • 1. Lebenstag: 70–90 mL/kgKG/d
  • 2. Lebenstag: 90–110 mL/kgKG/d
  • 3. Lebenstag: 110–130 mL/kgKG/d
  • 4. Lebenstag: 130–150 mL/kgKG/d
  • 5. Lebenstag: 160–180 mL/kgKG/d
  • ≥6. Lebenstag: 140–160 mL/kgKG/d

Frühgeborene mit einem Geburtsgewicht >1.500 g

  • 1. Lebenstag: 60–80 mL/kgKG/d
  • 2. Lebenstag: 80–100 mL/kgKG/d
  • 3. Lebenstag: 100–120 mL/kgKG/d
  • 4. Lebenstag: 120–140 mL/kgKG/d
  • 5. Lebenstag: 140–160 mL/kgKG/d
  • ≥6. Lebenstag: 140–160 mL/kgKG/d; p.o. 160–180 mL/kgKG/d

Reifgeborene

  • 1. Lebenstag: 40–60 mL/kgKG/d
  • 2. Lebenstag: 50–70 mL/kgKG/d
  • 3. Lebenstag: 60–80 mL/kgKG/d
  • 4. Lebenstag: 60–100 mL/kgKG/d
  • 5. Lebenstag: 100–140 mL/kgKG/d
  • ≥6. Lebenstag: 140–170 mL/kgKG/d

Säuglinge

  • 2.–3. Lebensmonat: 160–180 mL/kgKG/d
  • 4.–12. Lebensmonat: 100–150(–180) mL/kgKG/d

Bei gesunden und vollständig enteral ernährten Neugeborenen und Säuglingen ist i.d.R. keine obere Begrenzung der Trinkmenge notwendig!

Als Stillen wird die Ernährung eines neugeborenen Kindes durch Muttermilch aus der Brust bezeichnet. Es stellt im 1. Lebenshalbjahr die ideale Form der Ernährung dar, da Muttermilch optimal für den Bedarf des Neugeborenen und Säuglings zusammengesetzt ist: Neben Nährstoffen enthält sie auch bioaktive Substanzen, die u.a. antiinfektiös wirken (bspw. Immunglobuline, Hormone und Wachstumsfaktoren, Probiotika).

Zusammensetzung der Muttermilch [4][5][6][7]

Vergleich von Muttermilch und Kuhmilch

Zusammensetzung von Human- und Kuhmilch [6]

Reife Humanmilch

Kuhmilch

Eiweiß in g/100 mL 0,9 3,4 [7]
Kohlenhydrate in g/100 mL 6,7 4,7
Fett in g/100 mL 3,5 3,6
Kalorien in kcal/100 mL 65–70 65
Ungesättigte Fettsäuren in g/100 mL 1,6 1,3
Salze/Mineralstoffe in g/100 mL 0,2 0,8

Muttermilch hat im Vergleich zu Kuhmilch einen höheren Gehalt an ungesättigten Fettsäuren (insb. Linolsäure) und Kohlenhydraten (insb. Lactose) bei geringerem Eiweiß-, Salz- und Mineralstoffgehalt!

Insb. das Kolostrum enthält Antikörper (insb. IgA), Komplementfaktoren und andere (u.a. zelluläre) Bestandteile der unspezifischen Immunabwehr, die das Neugeborene vor Infektionen schützen.

Die Ernährung mit Kuhmilch ist im ersten Lebensjahr aufgrund des hohen Protein- und Mineralstoffgehaltes sowie aufgrund des geringeren Gehalts an mehrfach ungesättigten Fettsäuren, Eisen und Iod nicht geeignet!

Einflüsse auf die Zusammensetzung der Muttermilch [9]

Angepasste Zusammensetzung abhängig von verschiedenen Faktoren

  • Gestationsalter
  • Laktationsstadium und Alter des Kindes
    • Kolostrum
    • Übergangsmilch (transitorische Muttermilch)
      • Definition: Etwa ab dem 3.–6. bis zum 14. Lebenstag produzierte Muttermilch, die den Übergang vom Kolostrum zur reifen Muttermilch darstellt
      • Zunehmende Milchmenge
    • Reife Muttermilch
      • Definition: Ab der 3. Lebenswoche produzierte Muttermilch
      • Zusammensetzung: Abnehmender Proteingehalt (insb. 2.–7. Lebensmonat) mit Angleichung der Molke- und Kasein-Anteile
  • Kurzfristige Einflüsse
    • Stillverhalten (insb. Stillintervall)
    • Stillzeitpunkt (Tageszeit)
    • Dauer der Stillmahlzeit (Vordermilch vs. Hintermilch)

Einfluss der mütterlichen Ernährung

Da das Stillen die optimale Ernährung des Säuglings darstellt, ist eine Beratung der stillenden Mutter auch im Bereich der Kinder- und Jugendmedizin oft notwendig und sinnvoll. Die pädiatrisch relevantesten Punkte sind hier aufgeführt. Eingehend wird das Thema im Kapitel Wochenbett behandelt.

Stilldauer

  • In den ersten 4–6 Lebensmonaten: Vollstillen
  • Ab Beikosteinführung: Teilstillen nach individuellem Bedarf und Wunsch

Stillfrequenz

  • Ad-libitum-Fütterung (nach kindlichem Bedarf)
  • Voraussetzung: Gutes Gedeihen
  • Ausnahmen: Mangelhafte Gewichtsentwicklung, Trinkschwäche, Hyperbilirubinämie
  • Empfohlene Stillfrequenz in der 1. Lebenswoche: Max. 4-stündiges Intervall
  • Stillzeiten im Tagesverlauf: Typischerweise unregelmäßige Verteilung
    • Häufig Clusterfeeding: Hohe Anzahl an Stillmahlzeiten in kurzen Intervallen insb. am Abend

Subjektiver Milchmangel

Viele Mütter haben die Sorge zu wenig Milch zu haben. Häufig ist diese Sorge unbegründet. Es ist wichtig die Mütter ernst zu nehmen und die folgenden Kriterien mit ihnen gemeinsam zu prüfen. Sind die Kriterien erfüllt, sind Unruhezustände des Säuglings i.d.R. eher auf äußere Umstände zurückzuführen. Ein tatsächlicher Grund für eine reduzierte Milchmenge kann das erneute Rauchen sein.

  • Kriterien für ausreichende Milchmenge
    • Perzentilengerechtes Gedeihen und altersentsprechende Entwicklung
    • Gewichtszunahme in den ersten 3 Monaten 170–330 g/Woche
    • Regelmäßige Ausscheidung von Urin und Stuhl

Alternativen zum Stillen

Die autokrine Steuerung der Milchbildung ist abhängig von der Häufigkeit und Menge des Stillens! In der Brustdrüse verbleibende Muttermilch inhibiert die Milchbildung!

Ausschließliches Stillen ist die ideale Ernährung in den ersten 4–6 Lebensmonaten! Jede Form des Stillens ist jedoch wertvoll und sollte unterstützt werden!

Empfohlene max. Aufbewahrungszeit für abgepumpte Humanmilch und Formulanahrung [2]

Aufbewahrung Bei Raumtemperatur Im Kühlschrank (ca. 4 °C) Im Tiefkühlschrank (ca. -20 bis -40 °C)
Humanmilch Frisch: Max. 6–8 h / aufgetaut: Max. 2 h Max. 72 h Max. 6 Monate
Formulanahrung Max. 2 h Max. 24 h

Vorteile des Stillens[11][12]

Stillen ist im 1. Lebensjahr die ideale Säuglingsnahrung!

Die Zusammenhänge zwischen Stillen und Gesundheit von Kindern und Müttern werden fast nur durch Beobachtungsstudien hergestellt. Da in vielen der untersuchten Gesellschaften Stillen mit anderen präventiven Faktoren einhergehen (bspw. höherem sozioökonomischen Status und Bildungsgrad), ist der Einfluss weiterer Faktoren nicht ausgeschlossen! [3]

Nachteile des Stillens

  • Zusammensetzung: Im Regelfall auf Kuhmilchbasis mit optimierter Zusammensetzung (zur Angleichung an Muttermilch)[5]
    • Reduzierter Proteingehalt
    • Vitamin-/Nährstoffzusatz
    • Teilweise Präbiotika/Probiotika
    • Je nach Art der Nahrung unterschiedliche Kohlenhydratzusammensetzung (s.u.)
    • Sonderfälle: Formulanahrung auf Ziegenmilch- oder Sojabasis, HA-Nahrung, extensiv hydrolysierte Nahrung und aminosäurehaltige Nahrung
  • Arten von Säuglingsmilchnahrung
    • Säuglingsanfangsnahrung (Pre-, 1er-Nahrung)
      • Zusammensetzung: Stark an Muttermilch orientiert, Unterschiede zwischen Pre- und 1er-Nahrung in Kohlenhydratzusammensetzung
      • Anwendung: Für gesamte Flaschenzeit (inkl. als Muttermilchersatz/-ergänzung) geeignet
    • Folgenahrung (2er-, 3er-Nahrung)
      • Zusammensetzung: Erhöhter Eisengehalt in 2er-Nahrung
      • Anwendung: Ab Beikosteinführung möglich, aber nicht notwendig
      • 3er-Nahrung nicht empfehlenswert (Expertenkonsens)
    • Siehe auch: Sonderfälle der Säuglingsernährung
  • Anwendung: Ausschließlich oder teilweise (Zufütterung)
    • Indikationen: Stillen nicht möglich oder nicht gewünscht, unzureichende Muttermilchmenge
    • Fütterung ad libitum, aber Überfütterung möglich!
  • Zubereitung
    • Frische Zubereitung zu jeder Mahlzeit (Reste verwerfen)
    • Verwendung von frischem, kaltem Leitungswasser oder stillem abgepackten Wasser
    • Wasser erwärmen oder abkochen, mit max. 40 °C warmem Wasser anrühren
    • Nach Verwendung Flaschen und Sauger abwaschen

Säuglingsmilchnahrung sollte keinesfalls selbst hergestellt werden, da die Zusammensetzung von Tiermilch (ohne industrielle Optimierung) zur Säuglingsernährung ungeeignet ist! (siehe auch: Vergleich von Muttermilch und Kuhmilch)

Kinder mit familiär erhöhtem Allergierisiko sollten bis zur Beikosteinführung unbedingt eine Säuglingsmilchnahrung mit hydrolysiertem Eiweiß (HA-Nahrung) erhalten!

Kinder mit erhöhtem Allergierisiko

  • Stillen und Beikosteinführung entsprechend allgemeinen Empfehlungen
  • Keine Vermeidung potenziell allergener Nahrungsmittel
  • Für nicht-gestillte Säuglinge: HA-Nahrung empfehlenswert

Nach Beikosteinführung können auch allergiebelastete Säuglinge normale kuhmilchbasierte Formulanahrung erhalten!

Kinder mit bestehenden Allergien

  • Stillen empfehlenswert (mit mütterlicher Elimination der allergenen Nahrungsmittel)
  • Für nicht-gestillte Säuglinge: Ggf. Spezialnahrung

Säuglingsnahrung auf Sojabasis

  • Indikationen
  • Nachteile
    • Geringere Proteinqualität, höherer Aluminium- und Phytatgehalt als kuhmilchbasierte Formulanahrung
    • Phytoöstrogengehalt
    • Allergisierungspotenzial

Insb. im Alter bis zu 6 Monaten sollte sojabasierte Säuglingsnahrung nur nach ärztlicher Indikationsstellung verwendet werden!

Beikost [11][12]

  • Definition: Erste zusätzlich zur Milchernährung eingeführte Kost im Säuglingsalter
  • Beikosteinführung
    • Zeitpunkt: Erste Breimahlzeit frühestens ab Beginn des 5. Lebensmonats, spätestens mit Beginn des 7. Lebensmonats (abhängig von Entwicklungsstand und Interesse des Kindes)
      • Voraussetzungen
        • Fähigkeit des Kindes, mit Hilfe zu sitzen
        • Ausreichende Kopfkontrolle
        • Nachlassen des Zungenstoßreflexes
    • Reihenfolge: Breimahlzeiten in etwa monatlichen Abständen einführen [15]
      1. Gemüse-Kartoffel-Fleisch-Brei (z.B. als Mittagsbrei)
        • Gemüsebrei → Gemüse-Kartoffel-Brei → Gemüse-Kartoffel-Fleisch-Brei
        • Alternative Kohlenhydratquellen: Nudeln, Reis, Getreide
        • Vegetarische Alternative: Gemüse-Kartoffel-Getreide-Brei
        • 1–2× wöchentlich Fisch statt Fleisch
      2. Milch-Getreide-Brei (Einführung z.B. als Abendbrei)
        • Pasteurisierte/ultrahocherhitzte Kuhmilch ≤200 mL/d zur Zubereitung eines Milchbreis möglich
      3. Getreide-Obst-Brei (Einführung z.B. als Nachmittagsbrei)
    • Gestaltung
      • Einführung in Ergänzung zur Milchernährung
      • Möglichst abwechslungsreiche Kost
      • Keine Vermeidung potenziell allergener Nahrungsmittel
      • Wiederholtes Anbieten neuer Nahrungsmittel
      • Zunehmend stückige Konsistenz
      • Ab etwa dem 9. Lebensmonat: Zusätzlich geeignete weiche, feste Nahrung zum selbstständigen Verzehr (z.B. Banane oder Avocado)
      • Siehe auch: Mahlzeitengestaltung
  • Beikostzubereitung/-auswahl
    • Industriell hergestellte Breie
      • Vorteile: Hohe gesetzliche Standards, Nährstoffanreicherung , geringer Aufwand
    • Selbst hergestellte Breie
      • Vorteile: Günstiger, abwechslungsreichere Kost möglich
      • Aufbewahrung: Im Kühlschrank max. 24 h, tiefgekühlt einige Monate
      • Iod-Supplementation (50 μg/d) erforderlich
    • Nicht empfehlenswert
      • Zusatz von Zucker, Salz oder Gewürzen
      • Trinkbreie (Überfütterung möglich)
  • Getränke
    • Zeitpunkt: Ab 3 täglichen Breimahlzeiten ca. 200 mL/d
    • Auswahl
      • Bevorzugt Wasser (alternativ für Säuglinge geeigneter ungesüßter Tee)
      • Als Getränk nicht zu empfehlen: Kuhmilch
    • Darreichung
      • Aus Becher oder Tasse (Nuckelflasche vermeiden)
      • Kein Dauernuckeln von Milchnahrung / zuckerhaltigen Getränken!

Säuglinge können i.d.R. ab einem Alter von 4–5 Monaten breiige Kost mit der Zunge transportieren!

Wegen der Gefahr eines Säuglingsbotulismus darf im 1. Lebensjahr kein Honig verzehrt werden!

Kuhmilch sollte immer wärmebehandelt sein, um eine schwere Infektion bei Säuglingen und Kleinkindern zu vermeiden!

Alternatives Konzept zur Beikosteinführung: Baby-led Weaning (BLW) [16][17][18]

  • Von einer britischen Hebamme (Gill Rapley) und Stillberaterin entwickelt
  • Zunehmender Trend in der Beikosteinführung
  • Definition
    • Durch das Kind selbstständig bestimmter Übergang von Milchernährung zu Familienkost
    • Angebot mundgerechter Stücke fester Nahrungsmittel vom Familienessen anstatt Breikost
    • Das Kind entscheidet selbstständig, was und wie es isst
  • Voraussetzungen
    • Eigenständiges aufrechtes Sitzen (i.d.R. ab ca. 6 Monaten)
    • Steuerung der Hand-Mund-Motorik (i.d.R. ab ca. 6 Monaten)
    • Gesunde Ernährungsweise der Familie
  • Datenlage
    • Kontrovers diskutiert
    • Unzureichend bis widersprüchlich
  • Diskutierte Vorteile
    • Förderung kindlicher Autonomie
    • Förderung der oralen Sensomotorik und sekundär der Sprachmotorik
    • Förderung der Feinmotorik
    • Langfristig gesünderes Ernährungsverhalten
      • Bessere Selbstregulation durch Schulung des Sättigungsgefühls → Geringeres Adipositasrisiko
      • Höhere Lebensmittelvariabilität
      • Weniger Restriktionen und Druck beim Essen
  • Diskutierte Nachteile
    • Gefahr des Energie- und Nährstoffmangels
    • Mangelnde Toleranzentwicklung durch verzögerte Beikosteinführung
    • Aspirationsgefahr
    • Lebensmittelverschwendung
  • Expertenkonsens

Übergang zur Familienkost

  • Zeitpunkt: Etwa ab 10.–11. Lebensmonat
  • Nahrungsmittel
    • Belegtes Brot, zerdrückte Kost
    • Milch/Milchprodukte: Etwa 200 mL/d pasteurisierte/ultrahocherhitzte Kuhmilch oder Joghurt

Füttern und Essen nach Bedarf gilt bei der Beikost und beim Familienessen genauso wie beim Stillen und bei der Flaschenernährung!

  • Regelmäßige Mahlzeiten
    • Aufteilung: Bspw. 3 Hauptmahlzeiten und 2 Zwischenmahlzeiten
    • Nüchternphasen zwischen den Mahlzeiten [20]
  • Möglichst viele gemeinsame Mahlzeiten [11]
    • Gespräche/Interaktion während der Mahlzeit
    • Vorbildfunktion der Familie nutzbar
  • Ruhige Atmosphäre
    • Zeit nehmen
    • Mahlzeiten möglichst im Sitzen und am Tisch einnehmen
    • Ablenkungen vermeiden (keine Mediennutzung oder Spiele)
    • Ggf. Familienregeln festlegen (bspw. kein Streit während der Mahlzeiten)
  • Eigenständigkeit fördern
    • Selbstständiges Essen ermöglichen
    • Gemeinsame Zubereitung der Mahlzeiten, gemeinsames Tischdecken und Abräumen
  • Orientierung an Bedürfnissen/Signalen des Kindes
    • Hunger- und Sättigungssignale beachten [20]
    • Mit kleiner Portion beginnen, ggf. Nachschlag bis zur Sättigung
    • Zum Essen ermutigen, aber nicht überreden oder zwingen
    • Keine Extraspeisen bei abgelehnter/abgebrochener Mahlzeit anbieten
  • Essen nicht als Erziehungsmittel oder zur emotionalen Regulation einsetzen
    • Kein Belohnungs- oder Trostessen
    • Keine Bestrafung durch Einschränkung des Essens
  • Förderung gesunder Ernährung [11]
    • Nicht empfehlenswert: Verbote und Zwang
    • Empfehlenswert: Positive Verstärkung, Vorbildfunktion der Familie nutzen
    • Einführung neuer Nahrungsmittel
      • Selbstständigkeit fördern (z.B. gemeinsames Zubereiten und Anrichten) kann Akzeptanz erhöhen
      • Kombination mit akzeptierten Nahrungsmitteln
      • Vorbildfunktion der Familie nutzen
      • Ablehnung akzeptieren, mit etwas Abstand erneut anbieten [11]
  • Ausgewogene, abwechslungsreiche Familienkost: Bspw. optimierte Mischkost [19][21]
    • Reichlich („grün“): Pflanzliche Lebensmittel
      • Vorwiegend: Obst/Gemüse (möglichst zu jeder Mahlzeit)
      • Getreideprodukte (möglichst Vollkorn), Reis, Kartoffeln
    • Mäßig („gelb“): Tierische Lebensmittel
      • Vorwiegend: (Fettarme) Milch/Milchprodukte
      • Seltener: Fleisch/Wurst
      • 1–2× wöchentlich: Fisch
    • Sparsam („rot“): Zucker- und fettreiche Lebensmittel, Salz [20]
    • Nicht notwendig: Sog. „Kinderlebensmittel“ (häufig sogar besonders ungesund)
  • Getränke
    • Getränkeauswahl [21]
      • Reichlich („grün“): Zuckerfreie Getränke
      • Mäßig („gelb“): Fruchtsaftschorlen
      • Sparsam („rot“): Zucker-/kalorienreiche Getränke
    • Getränkeverzehr
      • Zu jeder Mahlzeit, zusätzlich zwischendurch frei verfügbar
      • Ab ca. 9 Monaten: Aus Glas oder Becher
  • Besonderheiten bei Kleinkindern
    • Flüssigkeitsbedarf: 600–800 mL/d
    • Zubereitung: Besondere hygienische Anforderungen
      • Strenge Beachtung allgemeiner Hygieneregeln (Händehygiene, Hygiene bei der Lagerung und Zubereitung von Speisen)
      • Ausreichendes Erhitzen von rohen tierischen Produkten, Sprossen oder Tiefkühlbeeren sowie beim Aufwärmen von Speisen (≥70 °C Kerntemperatur für ≥2 min)
    • Vermeiden
      • Koffeinhaltige Getränke (Cola, Eistee)
      • Rohe tierische Lebensmittel
      • Kleine (insb. harte oder runde) Lebensmittel (Aspirationsgefahr!)
  • Risikonährstoffe im Kindes- und Jugendalter

Säuglinge und Kleinkinder sollten aufgrund der Aspirationsgefahr keine kleinen harten oder runden Lebensmittel zu sich nehmen!

In den letzten Jahren hat der Anteil der vegetarisch bzw. vegan ernährten Kinder und Jugendlichen in Deutschland zugenommen. Der Beratungsbedarf insb. in der pädiatrischen Praxis steigt entsprechend. Aus diesem Grund ist es wichtig, sich mit den verschiedenen Ernährungsformen auseinanderzusetzen, um die Eltern bei einer gesunden Kinderernährung bestmöglich zu unterstützen. Generell wird eine ausgewogene omnivore Ernährung empfohlen, da hiermit eine adäquate Nährstoffversorgung am einfachsten möglich ist. Laut einer Stellungnahme der DGKJ kann jedoch auch bei ausgewogener pflanzenbasierter Ernährung mit Substitution von Risikonährstoffen ein normales Wachstum sowie eine altersentsprechende Entwicklung erreicht werden.

Insb. bei Vorsorgeuntersuchungen ist es sinnvoll, nach der Ernährungsform zu fragen!

Unterformen vegetarischer Ernährung [22]

  • Pesco-vegetarisch: Verzicht auf Fleisch
  • Lakto-ovo-vegetarisch: Verzicht auf Fleisch und Fisch
  • Lakto-vegetarisch: Verzicht auf Fleisch, Fisch und Ei
  • Ovo-vegetarisch: Verzicht auf Fleisch, Fisch und Milch
  • Flexitarier: Überwiegend vegetarische Ernährung, gelegentlich Verzehr von Fleisch und Fisch
  • Vegan: Verzicht auf alle tierischen Produkte, d.h. Fleisch, Fisch, Milch, Ei und Honig
  • Rohköstler: Verzicht auf alle tierischen Produkte plus bestimmte pflanzliche und gekochte Lebensmittel

Viele Menschen leben eine Mischform der vegetarischen Ernährung!

Übersicht: Kritische Nährstoffe und ihre Quellen [23]

Kritische Nährstoffe Quellen
Vitamin B2 Fleisch, Nüsse und Kerne, Hülsenfrüchte, Vollkorngetreide, Pilze und Hefen
Vitamin B12 Fleisch, Fisch, Milch, angereicherte Milchersatzprodukte
Vitamin D Fettreicher Seefisch
Calcium Milch, Nüsse, Grünkohl, Rukola, Brokkoli, Hülsenfrüchte, ggf. Mineralwasser, angereicherte Milchersatzprodukte
Eisen Fleisch, Ölsamen , Vollkorngetreide, Hülsenfrüchte, Nüsse
Zink Fleisch, Milch, Hefe, Ölsamen , Nüsse, Hülsenfrüchte, Vollkorngetreide
Iod Meerestiere, Algen, Iodsalz
Selen Fleisch, Fisch, Paranüsse
Protein Hühnerei, Fleisch, Hülsenfrüchte, Vollkorngetreide, Nüsse
Langkettige mehrfach ungesättigte Fettsäuren Fettreicher Meeresfisch, Algen, mit EPA/DHA angereicherte Öle

Im Kindesalter besteht bei allen(!) Ernährungsformen (omnivor, vegetarisch und vegan) das Risiko einer zu geringen Aufnahme von Vitamin D, Calcium und Iod!

Vegetarische Kinderernährung [24][25][26]

Vegane Kinderernährung [24][25][26]

  • Definition: Verzicht auf alle tierischen Produkte, d.h. Fleisch, Fisch, Milch, Ei und Honig
  • Bewertung: Ohne Nährstoffsupplementierung im gesamten Wachstumsalter nicht empfehlenswert (hohes Risiko eines Nährstoff- und Energiemangels)
  • Risikonährstoffe: Zusätzlich zu den oben genannten
  • Empfehlungen
    • Substitution kritischer Nährstoffen (zusätzlich zu den bei vegetarischer Ernährung empfohlenen)
    • Ernährungsmedizinische Beratung
    • Klinische Entwicklungskontrollen
    • Labordiagnostische Kontrollen: Siehe Empfehlungen bei vegetarischer Kinderernährung

Die Gefahr von Nährstoffdefiziten ist bei alternativen Ernährungsformen umso höher, je restriktiver die Kost und je jünger das Kind!

Bei regelmäßiger Vitamin-B12-Substitution kann eine ausreichende Versorgung gewährleistet werden.

Ein Vitamin-B12-Mangel kann zu irreversiblen neurologischen Schäden führen!

Stillen fördern – Ärztliches Wissen teilen (Oktober 2021)

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  1. Prell, Koletzko: Stillen und Beikost - Empfehlungen für die Säuglingsernährung In: Deutsches Aerzteblatt International. Band: 113, Nummer: 25, 2016, doi: 10.3238/arztebl.2016.0435 . | Open in Read by QxMD p. 435-444.
  2. Koletzko et al.: Ernährung und Bewegung von Säuglingen und stillenden Frauen In: Monatsschrift Kinderheilkunde. Band: 164, Nummer: 9, 2016, doi: 10.1007/s00112-016-0147-2 . | Open in Read by QxMD p. 771-798.
  3. Martin et al.: Review of Infant Feeding: Key Features of Breast Milk and Infant Formula In: Nutrients. Band: 8, Nummer: 5, 2016, doi: 10.3390/nu8050279 . | Open in Read by QxMD p. 279.
  4. Scaglioni et al.: Factors Influencing Children’s Eating Behaviours In: Nutrients. Band: 10, Nummer: 6, 2018, doi: 10.3390/nu10060706 . | Open in Read by QxMD p. 706.
  5. Langley-Evans: Nutrition in early life and the programming of adult disease: a review In: Journal of Human Nutrition and Dietetics. Band: 28, Nummer: Suppl 1, 2014, doi: 10.1111/jhn.12212 . | Open in Read by QxMD p. 1-14.
  6. Einführung der Beikost. Stand: 19. November 2018. Abgerufen am: 7. Oktober 2021.
  7. Hilbig et al.: Beikost in Form von Breimahlzeiten oder Fingerfood In: Monatsschrift Kinderheilkunde. Band: 162, Nummer: 7, 2014, doi: 10.1007/s00112-014-3090-0 . | Open in Read by QxMD p. 616-622.
  8. Rowan et al.: Differences in dietary composition between infants introduced to complementary foods using Baby-led weaning and traditional spoon feeding In: Journal of Human Nutrition and Dietetics. Band: 32, Nummer: 1, 2018, doi: 10.1111/jhn.12616 . | Open in Read by QxMD p. 11-20.
  9. Rowan et al.: Estimated energy and nutrient intake for infants following baby‐led and traditional weaning approaches In: Journal of Human Nutrition and Dietetics. 2022, doi: 10.1111/jhn.12981 . | Open in Read by QxMD .
  10. Koletzko et al.: Ernährung und Bewegung im Kleinkindalter In: Monatsschrift Kinderheilkunde. Band: 161, Nummer: 12, 2013, doi: 10.1007/s00112-013-3031-3 . | Open in Read by QxMD p. 1187-1200.
  11. Kersting et al.: Von Nährstoffen zu Lebensmitteln und Mahlzeiten: das Konzept der Optimierten Mischkost für Kinder und Jugendliche in Deutschland In: Aktuelle Ernährungsmedizin. Band: 42, Nummer: 04, 2017, doi: 10.1055/s-0043-116499 . | Open in Read by QxMD p. 304-315.
  12. Tut Kindern gut! Ernährung, Bewegung und Entspannung. Stand: 1. Mai 2010. Abgerufen am: 26. August 2020.
  13. Rudloff et al.: Vegetarische Kostformen im Kindes- und Jugendalter In: Monatsschrift Kinderheilkunde. Band: 166, Nummer: 11, 2018, doi: 10.1007/s00112-018-0547-6 . | Open in Read by QxMD p. 999-1005.
  14. Gätjen, Keller: Vegane Kinderernährung. Verlag Eugen Ulmer 2020, ISBN: 978-3-818-60959-7 .
  15. Alexy et al.: Vegetarische oder vegane Ernährung in der Kindheit - Was ist zu beachten? In: Kinder- und Jugendarzt. Band: 50, 2019, p. 240-245.
  16. Kalhoff et al.: Praktische Beratung und Betreuung bei vegetarischer Kinderernährung In: Monatsschrift Kinderheilkunde. Band: 167, Nummer: 9, 2019, doi: 10.1007/s00112-019-0730-4 . | Open in Read by QxMD p. 803-812.
  17. Kersting et al.: Vegetarische Kostformen in der Kinderernährung? Eine Bewertung aus Pädiatrie und Ernährungswissenschaft In: Aktuelle Ernährungsmedizin. Band: 43, Nummer: 02, 2018, doi: 10.1055/a-0595-3261 . | Open in Read by QxMD p. 78-85.
  18. Claßen, Sommerburg: Klinikleitfaden Pädiatrie. Elsevier GmbH 2020, ISBN: 978-3-437-22722-6 .
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