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Urolithiasis

Letzte Aktualisierung: 4.8.2025

Zusammenfassungtoggle arrow icon

Die eiweißreiche Kost der Wohlstandsgesellschaften führt durch höhere Calcium-, Harnsäure- und Oxalatausscheidungen über den Urin dazu, dass Harnsteine in diesen Ländern ein häufiges Krankheitsbild darstellen. Weitere Ursachen sind insbesondere in pathologisch veränderten Stoffwechselvorgängen (z.B. Hyperparathyreoidismus) zu finden. Das potenziell äußerst schmerzhafte Krankheitsbild macht sich durch Koliken entlang des gesamten Urogenitaltraktes bemerkbar. Einen wegweisenden Befund stellt die Hämaturie dar. Neben der symptomatischen Therapie mit Analgetika steht die Rezidivprophylaxe im Vordergrund. Günstig ist grundsätzlich eine reichliche Flüssigkeitszufuhr sowie die Anpassung der Ernährung. Bleibt ein spontaner Steinabgang aus oder ist er aufgrund der Größe oder Lage des Konkrements unwahrscheinlich, so ist eine interventionelle Steintherapie notwendig.

Du möchtest diesen Artikel lieber hören als lesen? Wir haben ihn für dich im Rahmen unserer studentischen AMBOSS-Audio-Reihe vertont. Den Link findest du am Kapitelende in der Sektion „Tipps & Links“.

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Definitiontoggle arrow icon

  • Urolithiasis (Harnsteine) können im gesamten Urogenitaltrakt lokalisiert sein:
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Epidemiologietoggle arrow icon

Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.

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Klassifikationtoggle arrow icon

Harnsteine - Vereinfachter Überblick

Ätiologie Prozentualer Anteil Spezielle Maßnahmen / Prophylaxe Röntgenpositivität
Alkalisierung des Harns Ansäuerung des Harns
Calciumoxalatsteine ca. 75%

✓✓
Struvitsteine ca. 10%

Harnsäuresteine ca. 5–10%

Calciumphosphatsteine zusammen <5%

✓✓
Zystinsteine

Xanthinsteine

Calciumoxalatsteine

Struvitsteine (Magnesiumammoniumphosphat/Tripelphosphatsteine)

Einerseits provozieren Harnwegsinfekte die Entstehung von Struvitsteinen, andererseits erhöhen Harnsteine wiederum das Risiko für Harnwegsinfekte. Es gilt diesen Teufelskreis zu durchbrechen!

Harnsäuresteine (Urat)

  • Häufigkeit: Ca. 5–10% aller Steine
  • Ätiologie: Hyperurikämie (begünstigt bei adipösen Patienten)
  • Therapie bzw. Prophylaxe

Urikosurika (z.B. Benzbromaron) bewirken eine vermehrte Harnsäureausscheidung und verstärken somit die Steinbildung!

Weitere seltenere Steine

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Symptomatiktoggle arrow icon

Je nach Lage des Steins kann sich eine Urolithiasis wie eine Hodentorsion, aber auch wie eine Appendizitis präsentieren!

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Diagnostiktoggle arrow icon

Erstmaßnahmen bei akuter Kolik

Basisdiagnostik bei Urolithiasis

Bildgebung

Ohne Kontrastmittel

Calciumhaltige Steine sind im konventionellen Röntgen gut sichtbar!

Mit Kontrastmittel

  • Ziel: Darstellung des Hohlsystems
  • Methoden und Indikationen

Die Sonografie ist bei Verdacht auf Urolithiasis auch in der Akutsituation die Untersuchungsform der ersten Wahl. Bei unklaren Befunden oder Verdacht auf Harnleitersteine kann eine CT-Untersuchung im Anschluss durchgeführt werden!

Steinanalyse bei Urolithiasis

  • Indikation: Immer bei Nieren- oder Harnleiterstein (auch bei Rezidiv),
  • Asservierung: Über Urinausscheidung und Auffangen mittels Sieb
  • Labortechnische Analyse über
    • Infrarotspektroskopie
    • Röntgendiffraktionsanalyse
    • Polarisationsmikroskopie

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Risikostratifizierung der Urolithiasistoggle arrow icon

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Erweiterte Diagnostik bei Hochrisikopatient:innentoggle arrow icon

Blutabnahme

Urin-pH-Tagesprofil [2]

  • Prinzip: Mindestens 4x/Tag Bestimmung des pH-Werts aus Einmalurin und Dokumentation der Werte nach Bedarf
  • Indikation
    • Diagnostisch: Basisdiagnostik bei Urolithiasis bei Hochrisikopatient:innen
    • Therapeutisch: Fortlaufend zur Therapiesteuerung bei Einnahme alkalisierender bzw. ansäuernder Substanzen

Sammelurindiagnostik [2]

  • Prinzip: Bestimmung der Tagesausscheidung steinfördernder bzw. die Steinbildung verhindernder Bestandteile im 24-h-Sammelurin unter Alltagsbedingungen
  • Durchführung: Mind. zweimalig
  • Indikation
    • Als Erstdiagnostik: Bei Hochrisikopatienten
    • Zur Therapiekontrolle: 3–6 Monate nach Intervention
    • Nach Therapieerfolg: Jährlich
  • Ideale Voraussetzungen
    • Infektfreiheit des Harnabflusstraktes
    • Steinfreiheit mit mindestens 3-wöchigem Intervall nach letztmaliger Intervention
    • Absprache mit dem untersuchenden Labor über Sammelmodalitäten und spezielle Anforderungen der Probenlagerung und des Probentransports

Leitbefunde in der Sammelurindiagnostik [2]

Parameter im Sammelurin Grenzwerte Diagnostische Verwertbarkeit
pH-Wert konstant >5,8 Hinweis auf renal-tubuläre Azidose
konstant >7 Hinweis auf (chronische) Harnwegsinfektion
konstant ≤5,8 Hinweis auf sog. „Säurestarre
Spezifisches Gewicht >1,010 Hinweis auf unzureichende Trinkmengen
Kreatinin

7–13 mmol/d

Störung der Nierenfunktion

13–18 mmol/d (Männer) Sammelfehler
Calcium >5 mmol/d Relevante Hyperkalzurie, Metaphylaxe gerechtfertigt
≥8 mmol/d Manifeste Hyperkalzurie
Oxalat >0,5 mmol/d Generell: Hyperoxalurie
0,45–0,85 mmol/d Milde Hyperoxalurie
≥1 mmol/d Wahrscheinlich primäre Hyperoxalurie
Harnsäure >4 mmol/d Hyperurikosurie
Citrat <1,7 mmol/d Hypocitraturie
Magnesium <3 mmol/d Hypomagnesiurie
Anorganisches Phosphat >35 mmol/d Hyperphospahturie
Ammonium >50 mmol/d Hyperammonurie
Zystin >0,8 mmol/d Zystinurie
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Differenzialdiagnosentoggle arrow icon

AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differenzialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

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Therapietoggle arrow icon

Schmerztherapie bei Urolithiasis und akuter Kolik

Konservative Therapie

Interventionelle Therapie (Steinentfernung bei Urolithiasis) [2]

  • Allgemeine Indikationen
    • Niedrige Wahrscheinlichkeit eines Spontanabgangs
    • Ausgeschöpfte Analgesie
    • Anhaltende Obstruktion
  • Voraussetzung
    • Ausschluss oder resistenzgerechte antibiotische Anbehandlung einer Harnwegsinfektion
    • Bei klinisch signifikanter Infektion und Obstruktion: Mehrtägige Harnableitung vor Intervention [2]

Harnableitung

Ureterorenoskopie (URS) mit Steinentfernung

Perkutane Nephrolithotomie (auch perkutane Nephrolitholapaxie, PCNL)

  • Indikation: Große Harnsteine >2 cm
  • Durchführung
  • Komplikationen, u.a.
    • Perioperatives Fieber
    • Blutungen
    • Urinextravasation
    • Pleuraläsion
    • Darmverletzungen

Extrakorporale Stoßwellenlithotripsie (ESWL) [2]

Offene und laparoskopische Ureterolithotomie

Nachsorge nach Intervention

  • Asymptomatische Patient:innen: Ultraschallkontrolle innerhalb von 3 Monaten
  • Symptomatische Patient:innen oder V.a. Residualfragmente: Low-Dose nativ-CT
  • Bei ESWL: Nach 6–12 Wochen

Sowohl nach konservativer als auch nach operativer Therapie sind radiologische Verlaufskontrollen indiziert!

Situatives Vorgehen je nach Indikation [2]

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Harnsteinmetaphylaxetoggle arrow icon

Allgemeine Harnsteinmetaphylaxe

  • Für Harnstein-spezifische Informationen: Spezifische Harnsteinmetaphylaxe bei Hochrisiko-Patienten
  • Reichlich Flüssigkeitszufuhr: Mindestens 2,5 L pro Tag
    • Keine zuckergesüßten Softdrinks
    • Spezifisches Gewicht in Urindiagnostik sollte <1,010 kg/L sein
  • Ernährung kochsalzarm, ausgewogen und ballaststoffreich
    • Möglichst reduzierte Oxalatzufuhr (Ernährungsberatung sinnvoll)
    • Proteinzufuhr 0,8–1,0 g/kgKG/d
  • Gewichtsreduktion bei Übergewicht anstreben
  • Regelmäßige körperliche Aktivität
  • Ggf. stressabbauende Maßnahmen
  • Nach Steintherapie
    • Asymptomatische Patienten: Ultraschallkontrolle innerhalb von 3 Monaten
    • Symptomatische Patienten oder V.a. Residualfragmente: CT-Verlaufskontrolle (nativ) möglich
    • Therapieerfolg der ESWL mittels Bildgebung (Röntgen bei schattengebenden Konkrementen innerhalb von 3 Monaten) prüfen

Spezifische Harnsteinmetaphylaxe bei Hochrisiko-Patient:innen

Allgemein

Calciumoxalatsteine - Nachsorge

  • Bei Hyperkalzurie
  • Bei Hypozitraturie: Alkalicitrate
  • Bei Hyperoxalurie: Diätetische Restriktion von Oxalat, Magnesiumsubstitution , ausreichende Calciumzufuhr
    • 0,5–1,0 mmol/d: Alkalicitrate
    • >1 mmol/d (primäre Hyperoxalurie): Pyridoxin
  • Bei Hyperurikosurie: Alkalicitrate

Calciumphosphatsteine - Nachsorge

Harnsäuresteine - Nachsorge

Ammoniumuratsteine - Nachsorge

Struvitsteine - Nachsorge (Magnesium-Ammonium-Phosphatsteine)

  • Infektsanierung vorrangig: Ggf. ist auch die Durchführung einer antibiotischen Prophylaxe zu erwägen
  • Bei Rezidiven trotz Infektfreiheit: L-Methionin mit Ziel pH 5,8–6,2

Zystinsteine - Nachsorge

  • Hohe Trinkmenge: Eine Urinproduktion von 3,5 L täglich sollte sichergestellt sein, bei Kindern wird eine Trinkmenge von etwa 1,5 L/m2 KOF empfohlen
  • Alkalisierung des Urins: Alkalizitrat oder Natriumhydrogencarbonat mit Ziel-pH >7,5
  • Nach Zystinausscheidung
    • <3 mmol/d: Tiopronin nur bei Rezidiven unter den oben genannten Maßnahmen
    • >3 mmol/d: Tiopronin

Metaphylaxe seltener Steinformen [2]

  • Dihydroxyadenin-Steine
    • Trinkmenge von 3,5–4,0 L täglich
    • Purinarme Kost
    • Verringerung der Dihydroxyadenin-Ausscheidung durch Allopurinol
  • Xanthinsteine: Purinarme Kost und hohe Trinkmenge (>3 L/d)
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Komplikationentoggle arrow icon

Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.

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Studientelegramme zum Thematoggle arrow icon

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Patienteninformationentoggle arrow icon

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Meditrickstoggle arrow icon

In Kooperation mit Meditricks bieten wir durchdachte Merkhilfen an, mit denen du dir relevante Fakten optimal einprägen kannst. Dabei handelt es sich um animierte Videos und Erkundungsbilder, die auf AMBOSS abgestimmt oder ergänzend sind. Die Inhalte liegen meist in Lang- und Kurzfassung vor, enthalten Basis- sowie Expertenwissen und teilweise auch ein Quiz sowie eine Kurzwiederholung. Eine Übersicht aller Inhalte findest du im Kapitel „Meditricks“. Meditricks gibt es in unterschiedlichen Paketen – für genauere Informationen empfehlen wir einen Besuch im Shop.

Urolithiasis

Inhaltliches Feedback zu den Meditricks-Videos bitte über den zugehörigen Feedback-Button einreichen (dieser erscheint beim Öffnen der Meditricks).

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Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025toggle arrow icon

  • N20.-: Nieren- und Ureterstein
  • N21.-: Stein in den unteren Harnwegen
    • Inklusive: Mit Zystitis und Urethritis
    • N21.0: Stein in der Harnblase
    • N21.1: Urethrastein
    • N21.8: Stein in sonstigen unteren Harnwegen
    • N21.9: Stein in den unteren Harnwegen, nicht näher bezeichnet
  • N22.-:* Harnstein bei anderenorts klassifizierten Krankheiten
    • N22.0*: Harnstein bei Schistosomiasis [Bilharziose] (B65.0†)
    • N22.8*: Harnstein bei sonstigen anderenorts klassifizierten Krankheiten
    • N23: Nicht näher bezeichnete Nierenkolik

Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.

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