Zugang zu fachgebietsübergreifendem Wissen – von > 70.000 Ärzt:innen genutzt

5 Tage kostenfrei testen
Von ärztlichem Redaktionsteam erstellt & geprüft. Disclaimer aufrufen.

Extrauteringravidität

Letzte Aktualisierung: 21.12.2022

Abstracttoggle arrow icon

Außerhalb der physiologischen Lokalisation im Uteruskavum gelegene Schwangerschaften werden als Extrauteringravidität (EUG) bezeichnet. Der häufigste extrauterine Einnistungsort ist die Tube. An den Eileitern können im Rahmen von vorausgegangenen Operationen oder durch aufsteigende genitale Infektionen (v.a. durch Chlamydien) Verwachsungen entstehen, die eine befruchtete Eizelle nicht passieren kann. Diese nistet sich aus diesem Grund in der Tube oder seltener in anderen extrauterinen Lokalisationen ein. Klinisch auffällig werden die Patientinnen häufig durch ein Ausbleiben der Zyklusblutung (sekundäre Amenorrhö) in Kombination mit einseitigen oder unspezifischen Unterbauchschmerzen. Diese sind Folge der Aufweitung des Eileiterlumens bzw. einer peritonealen Reizung durch die häufig in diesem Zusammenhang auftretenden intraabdominellen Blutungen, welche binnen kurzer Zeit zusätzlich zu einer lebensbedrohlichen Schocksymptomatik führen können. Daher ist es wichtig, bei Frauen im gebärfähigen Alter mit unklaren abdominalen Schmerzen immer an eine EUG zu denken und einen Schwangerschaftstest durchzuführen. Dieser und die vaginale Sonografie sind die wichtigsten diagnostischen Mittel bei diesem Krankheitsbild. Therapeutisch ist bei einer Eileiterschwangerschaft in den meisten Fällen die operative Entfernung (nach Möglichkeit tubenerhaltend) indiziert.

Als Extrauteringravidität werden alle Schwangerschaften bezeichnet, bei denen es zu einer Einnistung der befruchteten Eizelle außerhalb des Uteruskavums kommt

Risikofaktoren der EUG

Beeinträchtigungen der Fimbrientrichter und Eileiter können eine extrauterine Gravidität zur Folge haben. Daraus lassen sich folgende Risikofaktoren ableiten:

Eine durchgeführte operative Tubensterilisation schließt eine Schwangerschaft und somit eine potenzielle EUG nicht gänzlich aus!

Die Wahrscheinlichkeit einer EUG steht im direkten Zusammenhang mit dem Lebensalter der schwangeren Frau. Die Zunahme von Schwangerschaften im höheren Lebensalter und die ebenfalls zunehmende Anzahl reproduktionsmedizinischer Interventionen tragen wesentlich zu einer steigenden Inzidenz von Extrauteringraviditäten bei!

Lokalisation

Spezifische Symptome

Zum Vergleich: Normalbefunde

Anamnese

Körperliche Untersuchung

  • Irreguläre Hormonentzugsblutungen bei nicht ausreichender HCG-Produktion
  • Druckschmerz im Unterbauch über dem betroffenen Adnexbereich
  • Portioschiebeschmerz
  • Ggf. tastbare Resistenzen und Verdickungen im Bereich der Extrauteringravidität (fakultativ)

DD bei rechtsseitiger Extrauteringravidität: Appendizitis!

DD bei Portioschiebeschmerz: Adnexitis, Endomyometritis. Dann aber kein positiver Schwangerschaftstest; stattdessen Infektzeichen und evtl. vaginaler Fluor!

Labor

  • Schwangerschaftstest positiv: β-HCG↑ im Urin und im Blut
    • Urinschnelltest: Positiv ca. 14 Tage nach Befruchtung
    • Blutuntersuchung: Nachweisbarkeit erhöhter β-HCG-Konzentration 6–9 Tage nach Befruchtung
      • Laborverlauf bei EUG: Im Verlauf nur geringer, nicht dem physiologischen Verlauf einer Schwangerschaft entsprechender Anstieg
      • 48-Stunden-Kontrolle: Ein ausbleibender Anstieg wie bei einer regelrechten Schwangerschaft erhöht die diagnostische Sicherheit bei vermuteter EUG

Bei jeder(!) fertilen Frau sollte bei abdominellen Beschwerden ein Schwangerschaftstest durchgeführt werden, auch wenn eine Schwangerschaft anamnestisch sicher ausgeschlossen scheint!

In unklaren Fällen ist eine stationäre Aufnahme der Patientin zur klinischen Beobachtung und zur Durchführung fristgerechter Verlaufsuntersuchungen sinnvoll und empfehlenswert!

Vaginalsonografie

Bei jeder Patientin mit positivem Schwangerschaftstest und Bauchschmerzen muss stets eine Vaginalsonografie durchgeführt werden, um eine EUG auszuschließen.

AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differenzialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Die Therapiestrategie einer Extrauteringravidität kann konservativ („Zuwarten“), operativ oder unter bestimmten Voraussetzungen auch medikamentös sein.

Symptomlose EUG

  • Konservativ
    • Bei unklarer Diagnose, klinischer Stabilität und Symptomfreiheit: Zunächst stationäre Überwachung mit β-HCG-Kontrollen alle 48 Stunden sowie engmaschigen sonografischen Kontrollen möglich
      • Im Verlauf zeigt sich entweder doch eine vaginalsonografisch nachweisbare intrauterine Schwangerschaft (bzw. ein regelhafter Anstieg des β-HCG im Serum) oder eine manifeste klinische Symptomatik oder vermehrte Indizien in der Sonografie für eine EUG
  • Medikamentös
    • Bei gesicherter Diagnose und symptomarmem Verlauf: Methotrexat i.v., i.m. oder lokal injiziert als Therapieoption, um einen Abbruch der Schwangerschaft zu erwirken
    • Systemische Methotrexat-Therapie
      • Therapieoption insb. im frühen, symptomarmen Stadium: Die Risiken einer Laparoskopie können auf diesem Wege vermieden werden, müssen aber gegen die Risiken einer i.v. bzw. i.m. Methotrexat-Therapie abgewogen werden
      • Kann indiziert sein, wenn das β-HCG im Serum wiederholt positiv ist, aber weder sonografisch noch laparoskopisch eine Schwangerschaft gesichert werden kann (DD Trophoblastentumor)
      • Durchführung
        • Methotrexat-Gabe [1]
        • β-HCG-Bestimmung am 1., 4. und 7. Tag nach Medikamentengabe
          • Bei β-HCG-Abfall <15% oder Wiederanstieg zwischen dem 4. und 7. Tag → Methotrexat-Gabe nach einer Woche (nach Erstgabe) [1]
  • Operativ
    • Bei symptomlosen Patientinnen mit sonografischen oder laborchemischen Hinweisen auf eine EUG ist häufig eine diagnostisch-therapeutische Laparoskopie notwendig
    • Diese ist meist das Verfahren zur direkten Diagnosesicherung und ggf. konsekutiven endoskopischen Therapie in einem Eingriff
  • Abwarten des Spontanverlaufes: Ein spontanes Absterben der Frucht ist möglich, sodass ein Zuwarten infrage kommt

Symptomatische EUG

  • Diagnostisch-therapeutische Laparoskopie : Je nach Befund und Familienplanung der Patientin muss ein geeignetes Verfahren gewählt werden
    • Tubenerhaltend
      • Ausmelken der Schwangerschaftsanlage aus der Tube bzw. Absaugen derselben aus dem Fimbrientrichter
        • Nach tubenerhaltender OP: Rezidivrisiko für eine erneute EUG von 15 %
      • Sectio tubae (Salpingotomie)
      • Nicht auffindbare extrauterine Schwangerschaftsanlage: Es kann vorkommen, dass die Schwangerschaftsanlage intraoperativ nicht unmittelbar identifiziert werden kann
        • Gelingt eine Identifikation im gesamten Verlauf der Operation nicht, muss die Patientin im Anschluss weiter engmaschig beobachtet (β-HCG, klinische Kontrollen, Ultraschall) und die Diagnose neu evaluiert werden
    • Nicht-funktionserhaltend: (Partielle) Salpingektomie
      • Das Rezidivrisiko für eine EUG auf der kontralateralen(!) Seite liegt bei 10–15 %
  • Bei akuter Lebensgefahr und Schock: Notfall-Laparotomie mit Identifizierung der Blutungsquelle sowie Therapie der EUG

Im Anschluss an jede Therapie einer EUG muss die Patientin zur Sicherung des Therapieerfolges bis zu einem Serum-β-HCG von <5 mIU/mL begleitet werden. Dies kann mittels ambulanter Kontrollen in der Praxis erfolgen. Bei Rhesus-negativen Patientinnen darf die Anti-D-Prophylaxe nicht vergessen werden! [3]

O00.-: Extrauteringravidität

  • Inklusive: Rupturierte Extrauteringravidität
  • O00.0: Abdominalgravidität
    • Exklusive: Betreuung der Mutter wegen eines lebensfähigen Fetus bei Abdominalgravidität (O36.7)
  • O00.1: Tubargravidität
  • O00.2: Ovarialgravidität
  • O00.8: Sonstige Extrauteringravidität
  • O00.9: Extrauteringravidität, nicht näher bezeichnet

O08.-: Komplikationen nach Abort, Extrauteringravidität und Molenschwangerschaft

Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2023, DIMDI.

  1. Kainer et al.: Facharztwissen Geburtsmedizin. Urban & Fischer 2016, ISBN: 978-3-437-23752-2 .
  2. Walch et al.: Bericht über eine erfolgreiche Schwangerschaft nach operativer Behandlung einer Sectionarbenschwangerschaft In: Geburtshilfe und Frauenheilkunde. Band: 74, Nummer: 05, 2014, doi: 10.1055/s-0034-1374789 . | Open in Read by QxMD .
  3. Kainer et al.: Facharztwissen Geburtsmedizin. Elsevier GmbH 2021, ISBN: 978-3-437-23753-9 .
  4. Goerke et al.: Klinikleitfaden Gynäkologie, Geburtshilfe. 7. Auflage Urban & Fischer 2010, ISBN: 3-437-22213-9 .
  5. Haag et al.: Gynäkologie und Urologie (2012/13). 6. Auflage Medizinische Verlags- und Informationsdienste 2012, ISBN: 3-929-85175-x .