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Gastroduodenale Ulkuskrankheit

Letzte Aktualisierung: 18.4.2023

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Die gastroduodenale Ulkuskrankheit beschreibt einen ulzerierenden Gewebedefekt im Bereich der Wand des Magens bzw. des Duodenums. Klinisch kommt es meist zu epigastrischen Schmerzen, jedoch können Ulzera auch asymptomatisch sein und erst durch Komplikationen wie Blutungen oder Perforation klinisch manifest werden. Die häufigste Ursache ist eine Helicobacter-pylori-Infektion, weitere mögliche Gründe können in der Einnahme von NSAR, anderen Noxen oder Stress liegen. Diagnostisch wegweisend sind insbesondere der makroskopische Befund in der Endoskopie sowie ggf. der Nachweis von Helicobacter pylori.

Therapeutisch erfolgt in der Regel eine medikamentöse Senkung der Säureproduktion (z.B. mittels Protonenpumpeninhibitoren), je nach Ätiologie erfolgen weitere Maßnahmen wie beispielsweise eine Helicobacter-pylori-(HP)-Eradikationstherapie oder die Karenz der entsprechenden Noxen. In seltenen Fällen – vor allem bei Vorliegen von Komplikationen wie Perforation oder starker Blutung – kann eine chirurgische Intervention notwendig werden. Differenzialdiagnostisch muss beim Magenulkus auch immer an ein Magenkarzinom gedacht und dies sicher ausgeschlossen werden.

  • Inzidenz in Deutschland: Ca. 200/100.000 Einwohner pro Jahr
    • Ulcus duodeni 2–3× häufiger als Ulcus ventriculi
    • Ulcus duodeni: >
  • Insgesamt durch verbreitete PPI-Einnahme rückläufige Inzidenz

Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.

Eine atypische Lage ist immer karzinomverdächtig!

Anatomie des Magens

Magenabschnitte

Gefäßversorgung

Physiologischer Magensaft

Merkspruch zur Zusammensetzung des Magensaftes: „Die Belegschaft ist sauer und intrigiert, weil die Hauptmänner Pepsi trinken und die Nebenmänner rumschleimen.“

Schädigende Einflüsse

Das klassische („peptische“) Ulkus beruht wesentlich auf der aggressiven Wirkung der Magensäure zusammen mit weiteren Einflüssen wie H. pylori-Besiedlung, die die Aggression (Säure) verstärken und defensive Faktoren vermindern!

Durch NSAR-Einnahme verursachte Ulzera verlaufen oftmals asymptomatisch, bis es zur Blutung oder Perforation kommt!

  • Ösophago-Gastro-Duodenoskopie (ÖGD) mit Biopsien
    • Mehrere Biopsien! → Helicobacter pylori ist fleckförmig verteilt, größere Sicherheit ein Magenkarzinom zu entdecken
    • 2× Magenantrum (präpylorisch an kleiner und großer Kurvatur) und 2× Magenkorpus (kleine und große Kurvatur)
    • Ca. 10% der Ulcera ventriculi >2 cm sind maligne (Magenkarzinom!) – Biopsien aus dem Randbereich und aus dem Grund eines Ulcus ventriculi sind daher obligat
    • Gastrointestinale Blutung – Bei der gastroduodenalen Ulkuskrankheit sind Blutungen häufig, diese können diagnostiziert und ggf. blutstillend behandelt werden

Ein Ulcus duodeni ist fast nie maligne und muss daher auch nicht zwingend biopsiert werden!

Zum Ausschluss eines Magenkarzinoms muss jedes Magenulkus bis zur vollständigen Abheilung mittels ÖGD und histologischer Untersuchungen kontrolliert werden!

Bei gastroduodenaler Ulkusblutung soll bei vertretbarem Risiko bereits in der Notfallendoskopie eine bioptische Helicobacter-pylori-Diagnostik mittels Histologie erfolgen. (DGIM - Klug entscheiden in der Inneren Medizin)

Medikamentös

Nach 4-6 Wochen endoskopische Kontrolle des Eradikationserfolges, auch um übersehene Karzinome auszuschließen! Bei fehlender Indikation zur Kontrollendoskopie Therapiekontrolle mittels Atemtest und Stuhlantigentest, dann Entscheidung über Fortführungsmodalitäten der PPI-Therapie!

Interventionell

Eine elektive Kontrollendoskopie innerhalb von 72 Stunden nach oberer gastrointestinaler Blutung soll nicht regelhaft durchgeführt werden. (DGIM - Klug entscheiden in der Inneren Medizin)

Operativ

Aufgrund der Effektivität der Protonenpumpeninhibitor-Therapie werden operative Verfahren heutzutage nur noch selten angewandt. Magenteilresektionen sind mitunter eine Option bei endoskopisch nicht beherrschbarer Ulkusblutung.

  • Indikation
    • Ultima ratio bei medikamentös nicht beherrschbarer Ulkuskrankheit
    • Karzinomverdacht
  • Magenteilresektion (nach Billroth)
    • Billroth I: Distale Magenteilresektion mit End-zu-End- oder Seit-zu-End-Gastroduodenostomie
    • Billroth II: Resektion der distalen ⅔ des Magens mit blind verschlossenem Duodenalstumpf und End-zu-Seit-Gastrojejunostomie
    • Siehe auch Komplikationen nach Magen(teil‑)resektion
  • Vagotomie
    • Trunkuläre Vagotomie: Durchtrennung von Truncus vagalis anterior und posterior des Nervus vagus (N.X) im Bereich des distalen Ösophagus
    • Selektive proximale Vagotomie: Durchtrennung der den proximalen Magenanteil innervierenden Fasern des Nervus vagus (N.X)
      • Postvagotomiesyndrom
        • Definition: Magenentleerungs- und Passagestörungen nach Vagotomie (ohne Durchführung einer Pyloroplastik)
        • Symptome
          • Meist verzögerte Magenentleerung mit begleitendem frühem Sättigungsgefühl, Aufstoßen, Inappetenz und Refluxbeschwerden
          • Teilweise intermittierend Diarrhöen
        • Therapie: Symptomatisch (im Falle von Diarrhö: Therapieversuch mit Colestyramin)

Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.

Kontrollendoskopie und -biopsien

  • Ulcus ventriculi: Immer nach 4–6 Wochen. Unter adäquater Therapie sind nicht vollständig abgeheilte Ulzerationen hochsuspekt auf ein Magenkarzinom.
    • Bei schlechter bzw. unvollständiger Abheilung: Erneut ausgedehnte Biopsien aus dem Grund- und Randbereich des Ulkus
    • Wenn bei der Erstuntersuchung kein HP-Nachweis erfolgte: Erneute Helicobacter pylori-Diagnostik
  • Ulcus duodeni: Kontrollendoskopie nach 2–4 Wochen bei folgenden Risikokonstellationen und Komplikationen:
    • Blutung
    • Perforation
    • Penetration
    • HP-Negativität, hierbei dann auch erneute HP-Diagnostik

Ulkusprophylaxe

  • Bei HP-negativen gastroduodenalen Ulzerationen mit Risikofaktoren für ein Rezidiv: PPI-Therapie in Standarddosierung zur Prophylaxe (auch nach Abheilung)
    • Die Risikofaktoren entsprechen den Risikofaktoren für HP-negative Ulzera (s. Ätiologie oben)

Rezidivprophylaxe

Stressulkusprophylaxe (auch Stressläsionsprophylaxe) [1][2][3][4]

Trotz großer klinischer Verbreitung ist der Benefit einer standardmäßigen Stressulkusprophylaxe auf der Intensivstation nicht erwiesen und weiterhin Gegenstand aktueller Forschung! [7]

Die alleinige Behandlung auf einer Intensivstation ist keine Indikation für eine Stressulkusprophylaxe! [4]

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Stressulkusprophylaxe auf Intensivstation (Oktober 2020)


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  • K25.-: Ulcus ventriculi
    • Inklusive: Ulcus (pepticum): Magen, Pylorus
    • Exklusive: Akute hämorrhagische erosive Gastritis (K29.0), Magenerosion (akut) (K29.6), Ulcus pepticum o.n.A. (K27.‑)
  • K26.-: Ulcus duodeni
  • K27.-: Ulcus pepticum, Lokalisation nicht näher bezeichnet
    • Inklusive: Ulcus: gastroduodenale o.n.A.. pepticum o.n.A.
    • Exklusive: Ulcus pepticum beim Neugeborenen (P78.8)
  • K28.-: Ulcus pepticum jejuni
    • Inklusive: Ulkus (peptisch) oder Erosion: marginal, magenseitig, jejunal, gastrokolisch, gastrojejunal, gastrointestinal, Anastomosenulcus
    • Exklusive: Primäres Ulkus des Dünndarmes (K63.3)
  • Vierte Stelle des Codes: Bei den Schlüsselnummern K25K28 sind die folgenden vierten Stellen zu benutzen
    • 0 – Akut, mit Blutung
    • 1 – Akut, mit Perforation
    • 2 – Akut, mit Blutung und Perforation
    • 3 – Akut, ohne Blutung oder Perforation
    • 4 – Chronisch oder nicht näher bezeichnet, mit Blutung
    • 5 – Chronisch oder nicht näher bezeichnet, mit Perforation
    • 6 – Chronisch oder nicht näher bezeichnet, mit Blutung und Perforation
    • 7 – Chronisch, ohne Blutung oder Perforation
    • 9 – Weder als akut noch als chronisch bezeichnet, ohne Blutung oder Perforation

Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2023, DIMDI.

  1. Fischbach et al.: S2k-Leitlinie Helicobacter pylori und gastroduodenale Ulkuskrankheit 2016, doi: 10.1055/s-0042-102967 . | Open in Read by QxMD .
  2. Braun, Messmann: Stressulkusprophylaxe In: Der Gastroenterologe. Band: 9, Nummer: 6, 2014, doi: 10.1007/s11377-014-0914-3 . | Open in Read by QxMD p. 535-540.
  3. Krag et al.: Pantoprazole in Patients at Risk for Gastrointestinal Bleeding in the ICU In: New England Journal of Medicine. 2018, doi: 10.1056/nejmoa1714919 . | Open in Read by QxMD .
  4. Ye et al.: Gastrointestinal bleeding prophylaxis for critically ill patients: a clinical practice guideline In: BMJ. 2020, doi: 10.1136/bmj.l6722 . | Open in Read by QxMD p. l6722.
  5. Madisch: Nosokomiale Pneumonie durch Stressulkusprophylaxe? – Risiko einer nosokomialen Pneumonie unter Stressulkusprophylaxe erhöht In: DMW - Deutsche Medizinische Wochenschrift. Band: 138, Nummer: 47, 2013, doi: 10.1055/s-0032-1329067 . | Open in Read by QxMD p. 2398-2398.
  6. Herzig: Acid-Suppressive Medication Use and the Risk for Hospital-Acquired Pneumonia In: JAMA. Band: 301, Nummer: 20, 2009, doi: 10.1001/jama.2009.722 . | Open in Read by QxMD p. 2120.
  7. Krag et al.: Stress ulcer prophylaxis in the intensive care unit trial: detailed statistical analysis plan In: Acta Anaesthesiologica Scandinavica. Band: 61, Nummer: 7, 2017, doi: 10.1111/aas.12917 . | Open in Read by QxMD p. 859-868.
  8. Böcker et al.: Pathologie. 3. Auflage Urban & Fischer 2004, ISBN: 3-437-44470-0 .
  9. Schumpelick et al.: Praxis der Viszeralchirurgie: Gastroenterologische Chirurgie. Springer 2006, ISBN: 978-3-540-29040-7 .
  10. Siegenthaler, Blum: Klinische Pathophysiologie. 9. Auflage Thieme 2013, ISBN: 978-3-131-76089-0 .
  11. Classen et al.: Gastroenterologische Endoskopie. 1. Auflage Thieme 2003, ISBN: 978-3-131-32401-6 .