Abstract
Die Toxoplasmose ist eine durch Toxoplasma gondii verursachte Zoonose, bei der Zysten der obligat intrazellulären Erreger zumeist über Katzenkontakt oder rohes Fleisch übertragen werden. Die Klinik ist abhängig vom Immunstatus: Bei Immunkompetenz kommt es bei über 95% der Infizierten zur harmlosen asymptomatischen Chronifizierung – bei immunsupprimierten Patienten (z.B. bei HIV-Infektionen) kann es zu einer zerebralen Toxoplasmose mit hoher Letalität oder zur Retinochorioiditis toxoplasmotica kommen. Eine besondere Bedeutung hat die Erstinfektion mit Toxoplasma gondii in der Schwangerschaft. Da die Mutter noch keine plazentagängigen IgG-Antikörper gebildet hat, kann der Erreger auf den Fötus übergehen und eine konnatale Toxoplasmose mit einer typischen Trias auslösen: Hydrozephalus, intrazerebrale Verkalkung und Chorioretinitis. Indikationen für eine Kombinationstherapie mit Pyrimethamin, Sulfadiazin und Folinsäure sind u.a. die aktive Toxoplasmose bei Immunsuppression und die konnatale Toxoplasmose (ab der 16. SSW, zuvor wird die Behandlung mit Spiramycin empfohlen).
Epidemiologie
- Durchseuchung in Deutschland ca. 50%
Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.
Ätiologie
- Erreger
- Infektionsweg
- Die Oozysten werden von Katzen (Endwirt) mit dem Kot ausgeschieden und von anderen Säugetieren (Mensch, Rind etc.) und Vögeln (Zwischenwirte) oral aufgenommen. Daraus ergeben sich als Hauptübertragungswege:
- Katzenkot
- Rohes bzw. nicht ausreichend erhitztes Fleisch
- Ziegenmilch
- Die Oozysten werden von Katzen (Endwirt) mit dem Kot ausgeschieden und von anderen Säugetieren (Mensch, Rind etc.) und Vögeln (Zwischenwirte) oral aufgenommen. Daraus ergeben sich als Hauptübertragungswege:
- Transplazentare Übertragung
Symptome/Klinik
- Inkubationszeit
- 3 Tage bis 3 Wochen
- Symptome bei Erwachsenen
- Immunkompetente Patienten
- Meist asymptomatische Chronifizierung (95%)
- Symptomatischer Verlauf (<5%): Leichtes Fieber, Müdigkeit, Kopf- und Gliederschmerzen über mehrere Wochen, evtl. Lymphknotenschwellungen
- Lebenslange Immunität nach durchgemachter Infektion
- Immunsupprimierte Patienten
- Reaktivierung der persistierenden Erreger
- Siehe: Zerebrale Toxoplasmose (häufigste neurologische AIDS-definierende Erkrankung)
- Siehe: Okuläre Toxoplasmose
- Immunkompetente Patienten
Verlaufs- und Sonderformen
Okuläre Toxoplasmose
- Chorioretinitis/Retinochorioiditis toxoplasmotica: Entzündung von Netzhaut und Aderhaut (Uveitis posterior)
- Akute Toxoplasmose (frische Herde)
- Gelblich-weiße flauschige Herde, ausgeprägte Glaskörperreaktion, begleitende Vaskulitis, Gesichtsfeldausfälle im Bereich des Entzündungsherdes, ggf. Papillenödem
- Abgelaufene Toxoplasmose (alte Herde)
- Ausbildung von Narben mit weißlicher Atrophiezone und umgebender dunkler, scharf begrenzter Pigmentierung
- Rezidivherde entstehen meist an alten Narbenbereichen
- Kongenitale Toxoplasmose geht nahezu immer mit der Ausbildung von Makulanarben und entsprechender erheblicher Visusbeeinträchtigung einher
- Häufig Beteiligung des vorderen Augenabschnitts im Sinne einer Uveitis anterior
- Akute Toxoplasmose (frische Herde)
- Sonderform: Retinochorioiditis juxtapapillaris Jensen
-
Papillennaher Entzündungsherd mit kometenschweifförmigem Nervenfaserbündeldefekt
- Zusätzlich zu Befunden der Retinochorioiditis toxoplasmotica: Schweifförmiges Skotom
- Therapie: Sulfonamid, Pyrimethamin, Folinsäure, Clindamycin, (Steroide)
-
Papillennaher Entzündungsherd mit kometenschweifförmigem Nervenfaserbündeldefekt
Diagnostik
- Blutuntersuchung
- CT/MRT-Schädel
- Indikation: Verdacht auf zerebrale Toxoplasmose bei Immunsuppression
- Befund
- Meist in den Basalganglien und im Thalamus lokalisierte, solitäre oder multifokale raumfordernde Läsionen mit perifokalen Ödemen
- Läsionen i.d.R. kleiner als 2,5 cm
Therapie
- Allgemeines
- Nicht jede Toxoplasmen-Infektion muss behandelt werden!
- Insb. bei immunkompetenten, asymptomatischen Trägern kann abgewartet bzw. i.d.R. auf eine Behandlung verzichtet werden
- Indikationen zur Therapie
- Aktive Toxoplasmose mit klinischen Symptomen (z.B. grippale Beschwerden)
- Okuläre Toxoplasmose
- Erstinfektion in der Schwangerschaft
- Kongenitale Toxoplasmose
- Aktive Toxoplasmose bei immunsupprimierten Patienten und AIDS-Patienten
- Durchführung
- Therapiedauer: Mind. 4–6 Wochen
- Wirkstoffe
- Mittel der 1. Wahl: Pyrimethamin + Sulfadiazin + Folinsäure
- In der Schwangerschaft bis zur 16. SSW Gabe von Spiramycin; ab der 16. SSW Pyrimethamin + Sulfadiazin + Folinsäure als Intervalltherapie
Besondere Patientengruppen
Meditricks
In Kooperation mit Meditricks bieten wir dir ein Video zum Einprägen relevanter Fakten an. Die Inhalte sind vielfach auf AMBOSS abgestimmt oder ergänzend. Viele Meditricks gibt es in Lang- und Kurzfassung zur schnelleren Wiederholung. Eine Übersicht über alle Videos findest du in dem Kapitel Meditricks.
Kodierung nach ICD-10-GM Version 2021
- B58.-: Toxoplasmose
- Inklusive: Infektion durch Toxoplasma gondii
- Exklusive: Angeborene Toxoplasmose (P37.1)
- B58.0†: Augenerkrankung durch Toxoplasmen
- Chorioretinitis durch Toxoplasmen (H32.0*)
- B58.1†: Hepatitis durch Toxoplasmen (K77.0*)
- B58.2†: Meningoenzephalitis durch Toxoplasmen (G05.2*)
- B58.3†: Toxoplasmose der Lunge (J17.3*)
- B58.8: Toxoplasmosen mit Beteiligung sonstiger Organe
- Myokarditis durch Toxoplasmen† (I41.2*)
- Myositis durch Toxoplasmen† (M63.1-*)
- B58.9: Toxoplasmose, nicht näher bezeichnet
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2021, DIMDI.