Zusammenfassung
Bei Röteln handelt es sich um eine durch das Rötelnvirus hervorgerufene virale Infektionskrankheit, die typischerweise Kinder im Alter von 5–9 Jahren betrifft und mit einem hinter den Ohren beginnenden und im Verlauf generalisierten, fein- bis mittelfleckigen Exanthem sowie mit einer Schwellung der nuchalen Lymphknoten einhergeht. Oft folgt das Exanthem einem Prodromalstadium mit Zeichen eines leichten grippalen Infekts. Die Übertragung erfolgt über Tröpfcheninfektion, der Krankheitsverlauf ist meist milde. Dennoch wird eindringlich zur Impfung geraten, da eine Rötelninfektion in der Schwangerschaft zur Rötelnembryofetopathie mit schweren Fehlbildungen (Taubheit, Katarakt, Herzfehler und Intelligenzminderung) führen kann. Eine spezielle Therapie besteht nicht. Der beste Schutz ist die Impfung mit einem Kombinationsimpfstoff gegen Röteln, Masern und Mumps (sowie ggf. Varizellen).
Epidemiologie
- Altersgipfel: 5–9 Jahre, zunehmend Adoleszente und junge Erwachsene
Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.
Ätiologie
- Erreger: Rötelnvirus, RNA-Virus der Familie Matonaviridae
- Einziger Wirt ist der Mensch
- Übertragungsweg: Tröpfcheninfektion oder diaplazentär
- Ansteckungsfähigkeit: 7 Tage vor bis 7 Tage nach Ausbruch des Exanthems (Ausnahme: Kinder mit konnatalem Röteln-Syndrom sind bis zu einem Jahr infektiös!)
- Kontagiositäts- und Manifestationsindex nicht sehr hoch
Symptomatik
- Inkubationszeit: 14–21 Tage
- In 50% der Fälle asymptomatisch
Klinisches Bild bei Manifestation
- Geringe Beeinträchtigung des Allgemeinzustandes
- Milde Prodromalsymptome: Temperaturerhöhung bis 38 °C, Rhinokonjunktivitis, Kopf- und Gliederschmerzen
- Nuchale und retroaurikuläre Lymphadenopathie sind typisch
- Ggf. Splenomegalie
- Effloreszenzen (wenige Tage nach Beginn der Prodromalzeichen)
Diagnostik
- Immer Labordiagnostik!
- Klinische Diagnose unzuverlässig (unspezifische Symptomatik, schwierige Abgrenzung gegenüber anderen Exanthemerkrankungen)
- Meldepflichtige Erkrankung (siehe: Röteln - Meldepflicht)
- Nachweismethoden
- RT-PCR aus Rachenabstrich und Urin (bis 5 Tage nach Exanthembeginn)
- Serologie
- IgG-Serokonversion
-
IgM-Nachweis (ab 5 Tage nach Exanthembeginn in 90% der Fälle positiv)
- Beurteilung: Häufig falsch-positive Befunde
Bei jedem Verdacht auf Röteln-Infektion sollte eine Labordiagnostik zum sicheren Nachweis bzw. Ausschluss erfolgen!
Differenzialdiagnosen
- Zu den 5 (bzw. 6) klassischen pädiatrischen Exanthemerkrankungen zählen neben Röteln („Third disease“):
- Masern („First disease“)
- Scharlach („Second disease“)
- Morbus Dukes-Filatow („Fourth disease“)
- Ringelröteln („Fifth disease“)
- Dreitagefieber („Sixth disease“)
- Arzneimittelexanthem
AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differenzialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Komplikationen
- Arthralgien, Arthritis (insb. bei älteren Kindern)
- Seltener Rötelnenzephalitis, Bronchitis, Otitis, Myo- und Perikarditis
- Postinfektiöse thrombozytopenische Purpura
- Röteln in der Schwangerschaft und konnatales Röteln-Syndrom
Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.
Prognose
In der Regel blander Verlauf, das Exanthem bildet sich meist rasch zurück. Gelenkschmerzen können einige Wochen anhalten.
Prävention
- Impfung, siehe: Röteln-Impfung (wirksamste präventive Maßnahme)
- Nach Exposition [1]
- Bestimmung des Röteln-Impfstatus (siehe auch: Bestimmung des Röteln-Immunstatus)
- Grundlage für Ausschluss aus und Wiederzulassung für Gemeinschaftseinrichtungen sowie ggf. für ein berufliches Tätigkeitsverbot
- Nachholen fehlender Impfungen (reduziertes Verbreitungsrisiko )
- Ausschluss aus Gemeinschaftseinrichtungen
- Enge Kontaktpersonen ohne Impfung oder mit unklarem Impfstatus: Für 21 Tage
- Wiederzulassung möglich bei: Kontaktpersonen, die in Gemeinschaftseinrichtungen Kontakt mit der erkrankten Person hatten und eine Nachholimpfung erhalten haben
- Empfohlen für Risikopersonen (insb. Schwangere ohne Röteln-Immunität), bis keine Verbreitung mehr anzunehmen ist
- Enge Kontaktpersonen ohne Impfung oder mit unklarem Impfstatus: Für 21 Tage
- Schwangere ohne Röteln-Immunität
- Immunglobulingabe nach Einzelfallentscheidung erwägen (bis max. 5 Tage nach Exposition)
- Siehe auch: Röteln in der Schwangerschaft, konnatale Röteln
- Bestimmung des Röteln-Impfstatus (siehe auch: Bestimmung des Röteln-Immunstatus)
Röteln-Impfung
STIKO-Empfehlungen [2]
Standardimpfung
- Alle Kinder ≥11 Monate
- Grundimmunisierung: 2 Impfdosen (je 1 Impfdosis im Alter von 11 und 15 Monaten)
- Siehe: MMR(V)-Grundimmunisierung
- Auffrischungsimpfung: Nicht notwendig
- Grundimmunisierung: 2 Impfdosen (je 1 Impfdosis im Alter von 11 und 15 Monaten)
Nachholimpfung
- Kinder und Jugendliche <18 Jahre: 2 Impfdosen mit MMR-Impfstoff/MMRV-Impfstoff im Mindestabstand von 4 Wochen
- Erwachsene ≥18 Jahre
- Keine Empfehlung zur Röteln-Nachholimpfung, jedoch zur Masern-Impfung (mit MMR-Impfstoff/MMRV-Impfstoff)
- Frauen im gebärfähigen Alter mit unklarem, unvollständigem oder fehlendem Impfschutz: Insg. 2 Impfdosen mit MMR-Impfstoff/MMRV-Impfstoff
Indikationsimpfung
- Frauen im gebärfähigen Alter mit unklarem, unvollständigem oder fehlendem Impfschutz: Siehe Nachholimpfung oben
Vor einer geplanten Schwangerschaft sollte bei Frauen mit unbekanntem oder fehlendem Impfschutz rechtzeitig eine Nachholimpfung durchgeführt werden (siehe auch: Empfohlene Impfungen vor einer Schwangerschaft)!
Berufsbedingte Impfung[2]
- Siehe: Berufsbedingte MMR-Impfung
Die Röteln-Impfung wird von der seit 2020 geltenden Masern-Impfpflicht eingeschlossen, da die Masern-Impfung nur in Kombination mit einer Mumps- und Röteln-Impfung (als MMR-/MMRV-Impfung) möglich ist (siehe: Masernschutzgesetz)!
Impfschutz
- Beginn: 10–14 Tage nach 1. Impfdosis [3]
- Dauer: Zuverlässiger lebenslanger Impfschutz anzunehmen [4]
- Wirksamkeit: Bereits nach 1. Impfdosis ca. 95%
- Bestimmung des Röteln-Immunstatus: Immunität anzunehmen bei [5]
-
Vollständigem Impfstatus
- Kinder und Frauen im gebärfähigen Alter: 2 Impfdosen
- Ab 1970 geborene Männer: Mind. 1 Impfdosis
- Geburt vor 1970
- Positivem Röteln-IgG (Bestimmung nur bei Schwangeren mit unklarem oder unvollständigem Impfstatus)
- Siehe: Rötelnantikörpersuchtest
-
Vollständigem Impfstatus
Impfziele
- Verhinderung von Röteln-Embryopathien
- Elimination der Röteln in Deutschland
Impfstoffe
- Lebendimpfstoff (attenuierte Viren aus Hühnerfibroblasten und humanen Zellen)
- Kombinationsimpfstoff mit Masern, Mumps (MMR) und ggf. Varizellen (MMRV)
- Siehe auch: MMR-Impfstoffe, MMRV-Impfstoffe
Eine Hühnereiweißallergie stellt keine absolute Kontraindikation gegen eine MMR-Impfung dar. Bei schwerwiegenden Allergien sollte die Impfung allerdings unter klinischer Überwachung durchgeführt werden! [6]
Das RKI bietet ein Faktenblatt mit den wichtigsten Informationen zur MMR-Impfung an, bspw. für Aufklärungsgespräche! [7]
Besondere Patientengruppen
Röteln in der Schwangerschaft
Röteln bei Schwangeren gleichen im Wesentlichen der Erkrankung bei nicht-schwangeren Frauen, gehen allerdings mit der Gefahr einer vertikalen Transmission auf das Kind einher (konnatales Röteln-Syndrom). Im Folgenden wird lediglich auf besondere Aspekte während der Schwangerschaft eingegangen.
- Diagnostik [8][9]
- Im Rahmen der Schwangerschaftsvorsorge
- Bei Exposition und unbekanntem oder unvollständigem Impfschutz: Bestimmung des Immunstatus (Röteln-IgG)
- Bei V.a. Infektion: Direkter Erregernachweis (PCR) aus Nasen- oder Rachenabstrich , ergänzend ggf. indirekter Erregernachweis mittels Serologie
- Bei nachgewiesener Primärinfektion
- ≤11. SSW: Schwangerschaftskonfliktberatung, ggf. invasive Pränataldiagnostik im Verlauf
- 12.–17. SSW: Invasive Pränataldiagnostik
- ≥18. SSW: Keine weitere Diagnostik
- Therapie: Symptomatisch
- Prävention [1]
- Röteln-Impfung (vor Beginn der Schwangerschaft)
- Bei fehlender Immunität: Expositionsprophylaxe
- Vertikale Transmission [8]
- Übertragung: Diaplazentar (pränatal), steigendes Risiko im Verlauf der Schwangerschaft
- Mögliche Folgen
- Fehl- oder Totgeburt
- Konnatales Rötelnsyndrom
Insb. bei einer Primärinfektion während der Frühschwangerschaft besteht ein hohes Risiko für einen letalen Verlauf oder eine schwere Embryofetopathie!
Meldepflicht
- Arztmeldepflicht nach § 6 IfSG
- Namentliche Meldepflicht bei Verdachts-, Krankheits- oder Todesfällen (einschließlich Rötelnembryopathie)
- Labormeldepflicht
- Nach § 7 IfSG: Namentliche Meldepflicht bei Erregernachweis
- Nach ThürIfKrMVO (nur in Thüringen ): Namentliche Meldepflicht bei Erregernachweis, auch ohne Hinweis auf eine akute Infektion
- Nach IfSGMeldeVO (nur in Sachsen ): Namentliche Meldepflicht bei Hinweisen auf eine konnatale Infektion
- Meldepflicht für Leiter von Gemeinschaftseinrichtungen nach § 33 und § 34 (6) IfSG
- Namentliche Meldepflicht bei Verdachts- und Krankheitsfällen
Meditricks
In Kooperation mit Meditricks bieten wir durchdachte Merkhilfen an, mit denen du dir relevante Fakten optimal einprägen kannst. Dabei handelt es sich um animierte Videos und Erkundungsbilder, die auf AMBOSS abgestimmt oder ergänzend sind. Die Inhalte liegen meist in Lang- und Kurzfassung vor, enthalten Basis- sowie Expertenwissen und teilweise auch ein Quiz sowie eine Kurzwiederholung. Eine Übersicht aller Inhalte findest du im Kapitel „Meditricks“. Meditricks gibt es in unterschiedlichen Paketen – für genauere Informationen empfehlen wir einen Besuch im Shop.
Röteln
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Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025
- B06.-: Röteln [Rubeola] [Rubella]
- Exklusive: Angeborene Röteln (P35.0)
- B06.0†: Röteln mit neurologischen Komplikationen
- Röteln: Enzephalitis (G05.1*), Meningitis (G02.0*), Meningoenzephalitis (G05.1*)
- B06.8: Röteln mit sonstigen Komplikationen
- B06.9: Röteln ohne Komplikation
- Röteln o.n.A.
- P35.-: Angeborene Viruskrankheiten
- P35.0: Rötelnembryopathie
- Kongenitale Röteln-Pneumonie
- P35.0: Rötelnembryopathie
- Z20.-: Kontakt mit und Exposition gegenüber übertragbaren Krankheiten
- Z20.4: Kontakt mit und Exposition gegenüber Röteln
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.