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Analekzem

Letzte Aktualisierung: 17.11.2025

Zusammenfassungtoggle arrow icon

Das Analekzem (auch: perianale Dermatitis, perianales Ekzem) ist eine akute bis chronische entzündliche Erkrankung des Anus und der perianalen Haut multifaktorieller Genese. Analekzeme treten häufig auf. Konkrete Prävalenzdaten sind jedoch nicht verfügbar, da keine spezifische ICD-Kodierung existiert. Es wird ätiologisch in toxisch-irritativ, atopisch und kontaktallergisch unterteilt; häufig bestehen allerdings Mischformen. Gemeinsame Entstehungsmechanismen sind Barriereschäden, eine fehlgeleitete Immunantwort, der Juckreiz-Kratz-Zyklus und eine mikrobielle Dysbiose, die bei Persistenz zur Chronifizierung führen können. Klinisch zeigt sich das akute Analekzem nässend mit Erythem, Schmerzen, Ödem, Vesikeln und Brennen. Das chronischen Analekzem ist jedoch trocken; es können Lichenifikation, Schuppung, Fissuren und Pigmentveränderungen auftreten. Juckreiz ist sowohl im akuten als auch im chronischen Stadium vorhanden. Die Therapie umfasst eine sanfte Hygiene, die Behandlung von Grunderkrankungen, Barrieresalben, topische Glucocorticoide und Calcineurininhibitoren. Eine systemische Therapie ist nur in Ausnahmefällen beim atopischen Analekzem indiziert. Mögliche Komplikationen sind Sekundärinfektionen, Fissuren, Rezidive, eine Chronifizierung und psychosoziale Belastung.

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Ätiologietoggle arrow icon

  • Multifaktorielle Genese mit prädisponierenden Faktoren [1][2]
    • Intrinsische Faktoren
      • Atopische Diathese [3]
      • Anatomische Faktoren
      • Proktologische Erkrankungen
      • Autoimmunerkrankungen
    • Extrinsische Faktoren [4][5][6][7][8][9]
      • Mechanische Irritation
      • Chemische Irritation
      • Infektion
      • Allergene
  • Unterteilung in unterschiedliche Formen: Abhängig von den hauptsächlich auslösenden Faktoren [1]
    • Irritativ-toxisches Analekzem: Insb. bei mechanischer oder chemischer Reizung
    • Atopisches Analekzem: Bei atopischer Diathese, Störung der Hautbarriere und Sekundärinfektion
    • Kontaktallergisches Analekzem: Bei Allergenen (Typ-IV-Reaktion) [2]

In der Literatur finden sich unterschiedliche Angaben zur Häufigkeit dieser Subtypen! Zumeist wird die irritativ-toxische Form als dominierend beschrieben. [1][7][10]

Häufig treten auch Mischformen auf (Überlappungsphänomen)! [1][11]

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Pathophysiologietoggle arrow icon

Das Analekzem beruht auf einer Kombination aus Barriereschaden, fehlgeleiteter Immunantwort, selbstverstärkendem Juckreiz-Kratz-Zyklus und mikrobieller Dysbiose!

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Symptomatiktoggle arrow icon

Das Analekzem ist im akuten Zustand nässend und im chronischen Zustand trocken, während der Juckreiz in beiden Stadien auftritt!

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Diagnostiktoggle arrow icon

Anamnese [1][2][10][16]

  • Beschwerden
  • Vorerkrankungen: Atopische Dermatitis, Allergien, chronische Erkrankungen, Inkontinenz
  • Ernährung [17]
    • Triggern von Schüben bei atopischer Prädisposition durch bestimmte Nahrungsmittel [21]
    • Ballaststoffe
    • Reizende Lebensmittel (scharf, sauer, stark gewürzt)
  • Hygieneprodukte [22][23]
    • Feuchttücher
    • Intimwaschlotionen, -schäume, -gele, -deos
    • Binden, Vorlagen, Windeln
    • Seifen, Duschgele
    • Desinfektionsmittel
    • Badeöl, Sitzbadzusätze
  • Pflegeprodukte: Salben, Cremes [22][24]
  • Haushaltschemikalien und Textilien
    • Waschmittel, Weichspüler
    • Synthetische Unterwäsche
  • Medikamente: Insb. topische Medikamente im Analbereich

Klinische Untersuchung [1][16][25]

Weiterführende Diagnostik [1][2][7][10]

  • Indikation: Insb. bei unklaren oder therapieresistenten Fällen
  • Vorgehen

Eine Proktoskopie sollte bei jedem Analekzem durchgeführt werden! Bei unklaren anorektalen Blutungen, Schleimabgängen oder Defäkationsstörungen sollte zusätzlich eine Rektoskopie oder Koloskopie erwogen werden! [1][17][26][27]

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Differenzialdiagnosentoggle arrow icon

Typische Differenzialdiagnosen des Analekzems [1][2][10][25][28]
Einteilung Erkrankung Typische Befunde Diagnostische Abgrenzung zum Analekzem
Infektiös oder parasitär
  • Feuchte Rötung
  • Weißliche Beläge
  • Scharf begrenzt
  • Satellitenpusteln [29]
  • Nachweis: I.d.R. per Abstrich [29]
  • Abgrenzende Charakteristika des Analekzems: Eher unscharf begrenzte Ausdehnung
  • Ringförmig
  • Randbetonte Schuppung
  • Zentrale Abheilung
  • Nachweis: Abstrich
  • Abgrenzende Charakteristika des Analekzems: Diffuse Ausbreitung im perianalen Bereich
  • Akut
  • Starke Rötung
  • Evtl. Krusten
  • Schmerzen
  • Rascher Verlauf
  • Nachweis: Abstrich
  • Abgrenzende Charakteristika des Analekzems: Schleichender Beginn, Juckreiz im Vordergrund, typischerweise keine systemische Reaktion
  • Rötlich-braune, fein geschuppte, plaque-artige Effloreszenzen in Hautfalten
  • Wood-Licht: Korallenrot-fluoreszierend
  • Nachweis: Abstrich
  • Abgrenzende Charakteristika des Analekzems: Hellrote bis livide Rötung mit unscharfer Begrenzung, perianale Lokalisation
  • Gruppierte Bläschen
  • Schmerzen
  • Akuter Verlauf
  • Nachweis: PCR, Abstrich oder Direktmikroskopie [30]
  • Abgrenzende Charakteristika des Analekzems: Keine Verteilung entlang eines Dermatoms wie beim Herpes zoster, Juckreiz im Vordergrund
  • Nachweis: Abstrich mit Zytologie oder PCR
  • Abgrenzende Charakteristika des Analekzems: Flächige Rötung, Erosionen, häufig nässend
  • Andere Körperstellen außer der Perianalregion befallen
  • Nächtlicher Juckreiz
  • Lineare Milbengänge
  • Papeln
  • Vesikulöse Läsionen
  • Nachweis von Milbengängen mittels Dermatoskopie
  • Nachweis von Milben/Eiern mittels Hautgeschabsel per Skalpell und mikroskopischer Begutachtung [32][33]
  • Abgrenzende Charakteristika des Analekzems: Meist auf Perianalbereich beschränkt, keine Milbengänge, häufiger chronisch, seltener vesikulös oder papulös

Nicht-infektiös

  • Scharf begrenzte erythematöse Herde
  • Homogen, symmetrisch
  • Trocken
  • Weitere Psoriasisstellen
  • Familienanamnese
  • Abgrenzende Charakteristika des Analekzems: Unscharf begrenzte Rötung, nässend, asymmetrisch
  • Weißlich-atrophe und sklerotische Hautveränderungen
  • Pergamentartige Hautareale
  • Histologie: U.a. Hypergranulose
  • Abgrenzende Charakteristika des Analekzems: Flächig, häufig nässend
  • Rötung
  • Fettig-gelbliche Schuppen
  • Symmetrisch
  • Andere seborrhoische Areale
Systemisch
  • Endoskopie
  • Weitere Bildgebung
  • Abgrenzende Charakteristika des Analekzems: Auf den Perianalbereich begrenzt, Reiz-, Kontakt- und Atopieassoziation
Neoplastisch
  • Ulzerierend
  • Derb
  • Unregelmäßig
  • Unverschieblich
  • Blutungen [36]
  • Erythematöse Plaques
  • Oft mit Schuppenbildung, Krusten oder Nässen [39]
  • Rote oder weißliche Plaques
  • HPV-assoziiert [40][41]
  • Histologie: Dysplastische Plattenepithelzellen, intakte Basalmembran
  • Abgrenzende Charakteristika des Analekzems: Keine festen Plaques, keine intraepitheliale Dysplasie

AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differenzialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

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Therapietoggle arrow icon

Therapiealgorithmus [1][10][18]

Übersicht ätiologieadaptierter Maßnahmen beim Analekzem
Behandlung Analekzem
Irritativ-toxisch Atopisch Kontakallergisch
Grundgedanke
  • Reizstoffe ausschalten
  • Hautbarriere stabilisieren, Trigger vermeiden
  • Allergen vermeiden
Akutes Stadium
  • Hautschutzlotion (frei von Duft- und Konservierungsstoffen)
  • Ggf. topische Therapie mit Glucocorticoiden (Klasse I oder II)
Chronisches Stadium
  • Hautschutzpaste (hydrophil, neutral, frei von Duft- und Konservierungsstoffen)

Allgemeine Maßnahmen [1][2][10][18][25]

  • Behandlung von Grunderkrankungen
  • Beseitigung irritativer Faktoren
    • Stuhlregulation: Obstipation oder Diarrhö behandeln
    • Mechanische Reize reduzieren
    • Allergene vermeiden
  • Hygiene: Mit Wasser sanft reinigen und anschließend trocknen [42][43]
    • Keine aggressive Seife
    • Keine abrasiven Reinigungsprodukte
  • Hautschutz: Barrieremaßnahmen
    • Reine Vaseline, Zinklotion oder -paste, Unguentum emulsificans aquosum , lanolinhaltige Salben [44][45][46]
  • Symptomlinderung: Phytotherapeutika anwenden
    • Kamillen- oder Schwarzteekompresse (sehr geringes bis geringes Allergiepotenzial) [10][22][47]
    • Aloe-Vera-Gel, Calendulacreme, Mentholsalbe (geringes Allergiepotenzial) [7][22][47]
    • Kampfersalbe (geringes bis mittleres Allergiepotenzial) [1][19]
    • Amur-Korbaumrinde, Baikal-Helmkraut (geringes bis unbekanntes Allergiepotenzial) [16]

Auch Phytotherapeutika selbst können eine Sensibilisierung und somit ein kontaktallergisches Ekzem hervorrufen oder unterhalten!

Die Beseitigung irritativer Faktoren und die nicht-medikamentöse Behandlung sind die Basis jeder Therapie. Eine spezifische topische oder symptomatische Behandlung sollte nur bei Nicht-Ansprechen durchgeführt werden!

Topische Behandlung [1][2][7][10][18][25][48]

  • Indikation
    • Akute Beschwerden bei entzündlichem Befund
    • Persistierende Beschwerden nach Durchführung allgemeiner Maßnahmen
  • Anwendungsform
    • Abhängig von Akuität
      • Akut: Eher Cremes und Lotionen
      • Chronisch: Eher hydrophile Pasten, ggf. auch mit fettiger Basis
    • Abhängig von Lokalisation
      • Behaarte Areale: Eher Lotionen
      • Anoderm : Eher Pasten oder Salben

Medikamente [1][20]

  • Glucocorticoide
    • Indikation: Insb. akutes Stadium bei irritativ-toxischem und atopischem Typ
    • Anwendung: 1–2×/d für max. 4 Wochen
    • Therapievorschlag: Schwaches bis mittelstarkes Präparat [18]
  • Calcineurininhibitoren
    • Indikation
      • Insb. im chronischen Stadium oder bei empfindlicher Haut [18]
      • Zulassung nur für das atopische Ekzem
    • Anwendung
      • Nach Abklingen akuter Symptome
      • Bei Persistenz des Pruritus: Intervalltherapie mit pflegenden Lotionen oder Cremes in ausschleichendem Wechsel möglich [18]
    • Therapievorschlag [49]
  • Antibiotika und Antimykotika

Systemische Behandlung [20]

Die systemische Therapie ist keine primäre Behandlungsoption und kommt nur in Betracht bei schwerem oder therapieresistentem atopischen Analekzem!

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Komplikationentoggle arrow icon

  • Sekundärinfektionen
  • Chronifizierung: Risikofaktoren für einen chronischen Verlauf
    • Geschwächtes Immunsystem (bspw. Diabetes, Immunsuppression)
    • Atopische Veranlagung
    • Fortbestehender Juckreiz-Kratz-Zyklus [50]
    • Langfristige oder unsachgemäße Anwendung kortisonhaltiger Salben im Analbereich
    • Rezidivierende lokale Superinfektionen
    • Fortgesetzte Exposition gegenüber Reizstoffen oder Allergenen
    • Persistierende proktologische Grunderkrankungen
  • Fissuren
  • Persistierende Schmerzen
  • Rezidive
  • Psychosoziale Belastung

Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.

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Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025toggle arrow icon

Das Analekzem selbst ist in der ICD-10 nicht als Einzelcode definiert, sondern wird unter den hier angegebenen Kategorien klassifiziert.

Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.

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