Grundlagen
Ziele der AMBOSS-SOP Hypovolämischer Schock
- Kreislaufstabilisierung
- Wiederherstellung des normalen Blutvolumens
- Ursachenfindung, ggf. ursächliche Therapie
Definition und Abgrenzung [1]
- Definition: Schock durch kritische Verminderung des intravaskulären Blutvolumens
-  Kriterien - Kreislauffunktionsstörung
-  Organdysfunktion - Oligurie bis Anurie (Urinproduktion <0,5 mL/kgKG/h)
- Verwirrung, Bewusstseinsstörungen
 
- Hinweise auf Volumenmangel
 
-  Unterformen - Hypovolämischer Schock im engeren Sinne: Ausschließliche Reduktion des Plasmavolumens
-  Hämorrhagischer Schock: Volumenreduktion durch Blutverlust  - Vorgehen: siehe Hämorrhagischer Schock - AMBOSS-SOP
 
 
-  Mögliche Ursachen - Kutane Verluste: Großflächige Verbrennungen
- Renale Verluste: Osmotische Diurese, Diuretikatherapie/-abusus, Diabetes insipidus, verschiedene tubuläre Erkrankungen
- Gastrointestinale Verluste: Durchfall und Erbrechen (insb. bei Kindern), Stomata
- Verluste in den dritten Raum: Flüssigkeitsverschiebungen bspw. im Rahmen von Pankreatitis, Leberversagen, Ileus
- Erhöhter Bedarf: Hyperthermie, Fieber, sehr hohe Umgebungstemperaturen
- Verminderte Aufnahme: Demenz, Dysphagie
 
Ein hypovolämischer Schock durch Blutverlust wird gesondert unter Hämorrhagischer Schock - AMBOSS-SOP behandelt!
Bei Fieber und Schocksymptomatik muss primär an einen septischen Schock gedacht werden!
Initiales Vorgehen
Sofortmaßnahmen
- Monitoring: Herzfrequenz, EKG, Atmung, spO2, Blutdruck, Urinproduktion
-  Großlumige venöse Zugänge - Im Verlauf ggf. zusätzlich sinnvoll - Arterieller Zugang: Invasive Blutdruckmessung und Überwachung der Blutgase
- ZVK: ZVD-Messung, sicherer Zugang, einfachere Katecholamintherapie
 
 
- Im Verlauf ggf. zusätzlich sinnvoll 
-  Schocklagerung  - Anstieg des Blutdrucks oder Abfall der Herzfrequenz spricht stark für Volumenbedarf des Patienten
 
- Sauerstoffgabe
-  Evaluation der Atmung - Nicht-invasive Beatmung oder Intubation nur selten erforderlich
- Für Details zur Durchführung siehe:
 
- Volumengabe: Initial ca. 500 mL Vollelektrolytlösung über weniger als 15 min [1][2]
Akutdiagnostik
- (Fremd‑)Anamnese - Anamnestische Hinweise auf Ursache abfragen - Diabetes mellitus
- Durchfall/Erbrechen
- Anorexia nervosa mit Abusus von Diuretika/Laxantien
- Nierenerkrankungen, insb. Diabetes insipidus
- Fieber
- Demenz
- Dysphagie
- Endokrine Störungen, insb. Nebenniereninsuffizienz/Morbus Addison
- Stimulanzienabusus
 
 
- Anamnestische Hinweise auf Ursache abfragen 
-  Untersuchung - Klinische Hinweise auf Volumenmangel - Reduzierter Hautturgor
- Trockene Schleimhäute
- Tiefliegende, weiche Bulbi
 
- Passive Leg Raising Test
 
- Klinische Hinweise auf Volumenmangel 
-  Blutgasanalyse - 
Glucose: Diabetisches Koma möglich?  - Weitere Therapie siehe: Hyperglykämisches Koma - AMBOSS-SOP
 
- Kritische Elektrolytstörung? - Ggf. Infusionslösung anpassen
 
 
- 
Glucose: Diabetisches Koma möglich?  
-  12-Kanal-EKG - Rhythmusanalyse
- Hinweis auf Elektrolytstörungen?
 
-  Echokardiografie - Abschätzung des Volumenstatus
 
- Venöse Blutentnahme
-  Urindiagnostik - Natrium
- Osmolarität
- Ggf. Drogenscreening bei Verdacht
 
Weitere Maßnahmen
Im Rahmen der Flüssigkeitssubstitution muss streng auf eine eventuell entstehende Hypervolämie und auf Elektrolytstörungen geachtet werden!
Kreislaufstabilisierung [1][2]
-  Bei anhaltender Schocksymptomatik - Wiederholte Gabe von Elektrolytlösung: Im Allgemeinen Vollelektrolytlösung, ggf. Anpassung an Elektrolytstatus
 
-  Regelmäßige Evaluation -  Erfolgskriterien - ZVD >5 mmHg
- Arterieller Mitteldruck >65 mmHg
- Urinproduktion >0,5 mL/kgKG/h
- Zentralvenöse sO2 >70%
 
-  Überwachung der Elektrolyte - Kalium im Normbereich halten
- Keine zu schnelle Veränderung des Natriumspiegels  - Für Details siehe: Elektrolytstörungen Natrium
 
 
-  Volumenstatus kontrollieren, auf Zeichen einer Überwässerung achten  - Echokardiografie: Ventrikuläre Füllung, Schlagvolumen, V.-cava-Durchmesser
- Atmung: Zeichen eines Lungenödems?
 
 
-  Erfolgskriterien 
-  Bei fehlendem Ansprechen auf wiederholte Volumengabe  - In Ausnahmefällen medikamentöse Kreislaufunterstützung, bspw. mit Noradrenalin (siehe: Medikamentöse Kreislaufunterstützung - AMBOSS-SOP)
- Kritisches Hinterfragen der Arbeitsdiagnose hypovolämischer Schock  - Mischbild mit anderer Schockform?
- Bei Fieber und Schocksymptomatik an Sepsis denken!
- Siehe Notfallmanagement - Circulation und ggf. Sepsis - AMBOSS-SOP
 
 
Weiteres Vorgehen
- Ursachenfindung und ggf. spezifische Therapie (siehe Differenzialdiagnostik bei hypovolämischem Schock)
- Überwachung, Korrektur evtl. noch vorhandener Elektrolytstörungen
- Ggf. Behandlung der zugrundeliegenden Ursache, siehe Differenzialdiagnostik bei hypovolämischem Schock
Differenzialdiagnostik
| Differenzialdiagnostik bei hypovolämischem Schock | ||
|---|---|---|
| Kategorie | Mögliche Diagnosen | Diagnostische Hinweise | 
| Enterale Verluste | Virale Gastroenteritis | 
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| Renale Verluste | Hyperosmolares diabetisches Koma | 
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| Diuretika | 
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| Diabetes insipidus | 
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| Aldosteronmangel | 
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| Verluste in den dritten Raum | Ileus | 
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| Leberversagen | 
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| Kutane Verluste | Hyperthermie | 
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| Verbrennungen | 
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| Verätzungen durch Säuren oder Laugen | 
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| Großflächige Hautläsionen | 
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| Verminderte Flüssigkeitsaufnahme | Demenz | 
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| Psychostimulanzien | 
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