Abstract
Ringelröteln (Erythema infectiosum) sind eine durch Parvovirus B19 ausgelöste Tröpfcheninfektion, die insb. Kinder zwischen dem 5.–15. Lebensjahr betrifft. Die meisten Infektionen verlaufen klinisch inapparent oder mit nur leicht beeinträchtigtem Allgemeinbefinden und subfebrilen Temperaturen. Typische Effloreszenzen sind Wangenerytheme mit perioraler Aussparung sowie ein, teils juckendes, girlanden- oder netzartiges Exanthem an Rumpf und Extremitäten. Da sich das Parvovirus B19 in den Erythroblasten ansiedelt, kommt es passager zu einer gestörten Erythropoese. Das Exanthem blasst nach wenigen Tagen wieder ab, kann aber über Monate rekurrieren. Nach der Infektion besteht lebenslange Immunität. Eine Therapie ist i.d.R. nicht erforderlich. Eine Impfung existiert nicht.
Eine insb. bei Erwachsenen häufige Komplikation ist die Parvovirus-B19-Arthritis. Bei Patienten mit Immunsuppression oder chronisch hämolytischen Anämien (z.B. Sichelzellanämie) kann es durch die gestörte Erythropoese zur aplastischen Krise kommen.
Gefährlich werden kann eine Infektion mit Ringelröteln insb. in der Schwangerschaft. In ca. 30% der Fälle kommt es bei einer Primärinfektion der Schwangeren zu einer Übertragung auf den Feten, was einen Hydrops fetalis und in 1–2% einen Fruchttod zur Folge haben kann.
Epidemiologie
- Altersgipfel: 5.–15. Lebensjahr
- Durchseuchungsrate
- Im Vorschulalter 10%
- Im Erwachsenenalter 70%
Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.
Ätiologie
- Erreger: Parvovirus B19
- Reservoir: Mensch (einzig bekanntes Reservoir)
- Übertragung
- Hauptsächlich Tröpfcheninfektion
- Seltener hämatogene Übertragung
- Bei Erstinfektion in der Schwangerschaft: Diaplazentare Übertragung auf das ungeborene Kind möglich (bis zu 30% der Fälle)
- Infektiosität: Besteht vor Ausbruch des Exanthems → Im Exanthemstadium nahezu keine Ansteckungsgefahr
Symptome/Klinik
- Inkubationszeit: 4–14 Tage
- Verlauf: Im Kindesalter häufig asymptomatisch, bei Erwachsenen häufig schwerer Verlauf
- Fakultative Symptome
- Wenig eingeschränktes Allgemeinbefinden
- Ggf. grippeartige Beschwerden
- Leichtes Fieber
- Exanthem (nur 15–20%)
- Zunächst diffuse Rötung des Gesichts (Wangenerythem) unter Aussparung von Mund und Nase
- Exanthem auf Extremitäten und Rumpf, initial makulopapulös, konfluierend im Verlauf durch zentrale Abblassung girlanden- oder netzartig
- Milder Juckreiz in 50% der Fälle
- Abblassen nach ca. 5–8 Tagen, Rekurrieren über Monate möglich
Diagnostik
- I.d.R. Klinische Diagnose
- Labor
- Häufig passagere Anämie
- Spezifische IgM-Antikörper (Maximum nach 2–3 Wochen)
- Direkter Virus-DNA-Nachweis mittels PCR aus Blut, Knochenmark oder Amnionflüssigkeit
Differentialdiagnosen
- Zu den 5 (bzw. 6) klassischen pädiatrischen Exanthemerkrankungen zählen neben Ringelröteln ("Fifth disease"):
- Masern ("First disease")
- Scharlach ("Second disease")
- Röteln ("Third disease")
- Morbus Dukes-Filatow ("Fourth disease")
- Dreitagefieber ("Sixth disease")
- Arzneimittelexanthem
- Rheumatische Erkrankungen
AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differentialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Therapie
- Meist keine Therapie notwendig
- Ggf. symptomatische Therapie
- Antipyretika (siehe auch: Fiebersenkung in der Pädiatrie)
- Behandlung der Komplikationen
Komplikationen
- Parvovirus-B19-Arthritis
- Auftreten: ♀>♂
- Bei Kindern: Ca. 20%
- Bei Erwachsenen: 50%
- Klinik
- Arthralgien bei symmetrischer Polyarthritis (insb. Finger-, Hand-, Knie- und Sprunggelenke)
- I.d.R. Abklingen nach 3–4 Wochen
- Selten persistierende Arthritis
- Auftreten: ♀>♂
- Aplastische Krise, insb. bei Patienten mit Immunsuppression oder chronisch hämolytischen Anämien
- Therapie: Bluttransfusion, ggf. Immunglobulingabe
- Selten bei Kindern: Leichte Hepatitis, Myokarditis, aseptische Meningitis/Enzephalitis
- Parvovirus-B19-Infektion während der Schwangerschaft
Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.
Meldepflicht
Gemäß dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) besteht keine bundesweite Meldepflicht für Parvovirus B19. Es gibt jedoch eine amtliche Meldepflicht in Sachsen.
- Arztmeldepflicht nach § 6 IfSG
- Nach IfSGMeldeVO (nur in Sachsen) ): Namentliche Arztmeldepflicht bei Verdachts-, Krankheits- oder Todesfällen
Meditricks
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Kodierung nach ICD-10-GM Version 2021
- B08.-: Sonstige Virusinfektionen, die durch Haut- und Schleimhautläsionen gekennzeichnet sind, anderenorts nicht klassifiziert
- Exklusive: Stomatitis-vesicularis-Viruskrankheit (A93.8)
- B08.3: Erythema infectiosum [Fünfte Krankheit]
- Ringelröteln
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2021, DIMDI.