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Tularämie

Letzte Aktualisierung: 20.4.2023

Abstracttoggle arrow icon

Die Tularämie („Hasenpest“) ist eine seltene Zoonose, die durch das Bakterium Francisella tularensis verursacht wird. Sie tritt in der gesamten nördlichen Hemisphäre (inkl. Nordamerika und Europa) meist sporadisch oder im Rahmen kleinerer Ausbrüche auf. Infolge der hohen Virulenz wird der Erreger als potenzielle Biowaffe eingestuft.

Die Ansteckung erfolgt durch Kontakt mit infizierten (Wild‑)Tieren, kontaminierte Lebensmittel, die Übertragung durch Insekten (Zecken, Stechmücken, Bremsen) oder Inhalation der Erreger. Die Symptomatik hängt vom Übertragungsweg ab und äußert sich vorwiegend wenige Tage nach Infektion mit einer ulzerierenden Hautläsion sowie einer regionären, teilweise abszedierenden Lymphadenopathie. Zusätzlich kann es zu grippeartigen Allgemeinbeschwerden wie Fieber sowie Kopf- und Gliederschmerzen kommen. Seltener kann es auch zu einer Endokarditis, Pneumonie oder Konjunktivitis kommen. Die Erkrankung kann akut verlaufen oder über viele Monate hinweg intermittierend Beschwerden verursachen.

Spontanheilungen sind möglich, es sollte aufgrund möglicher schwerer Krankheitsverläufe jedoch möglichst rasch mit einer antibiotischen Therapie (i.d.R. Ciprofloxacin oder Doxycyclin) begonnen werden.

Epidemiologietoggle arrow icon

  • Vorkommen: Nördliche Hemisphäre inkl. Nordamerika und Europa (insb. Skandinavien)
  • Inzidenz: Ca. 0,05 Fälle/100.000 Personen/Jahr [1][4]
    • Entspricht ca. 20–30 Fällen/Jahr in Deutschland
  • Gehäuftes Auftreten: Juli–November
  • Erhöhtes Risiko: Männliches Geschlecht, häufige Aufenthalte in der Natur

Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.

Ätiologietoggle arrow icon

  • Erreger: Francisella tularensis (gram-negativ, fakultativ intrazellulär lebendes Bakterium)
    • Typ A: F. tularensis subsp. tularensis
    • Typ B: F. tularensis subsp. holarctica
  • Erregerreservoir: Insb. Wildtiere
  • Infektionsweg
    • Orale Aufnahme (kontaminiertes Fleisch/Wasser/Lebensmittel)
    • Inhalation von kontaminiertem Staub/Erde
    • Eindringen des Erregers über die Haut
      • Bei Kontakt mit infizierten Tieren
      • Übertragung durch Vektoren

Der Erreger ist hochinfektiös, aber nicht von Mensch zu Mensch übertragbar. Er wird als potenzielle Biowaffe eingestuft!

Symptome/Kliniktoggle arrow icon

Allgemeines

  • Inkubationszeit: 3–5 Tage, max. 3 Wochen
  • Dauer der Beschwerden: Kurzzeitig oder über viele Monate intermittierend oder persistierend

Krankheitsbild

Verlaufsformen nach Übertragungsweg

  • Ulzeroglandulär und glandulär: Häufigste Verlaufsformen in Europa (95%)
  • Oropharyngeal
  • Okuloglandulär
  • Pulmonal

Die klinische Manifestation hängt von der Eintrittspforte bzw. dem Übertragungsweg ab!

Komplikationen

Diagnostiktoggle arrow icon

  • Direkter Erregernachweis
    • Kultur
    • Antigentest
    • PCR
  • Indirekter Erregernachweis
    • Serologisch: Sehr hohe Titer oder Titeranstieg im Verlauf
  • Ggf. Spezialberatung bei Robert Koch-Institut oder den Speziallaboren einholen

Zur Diagnosestellung muss der Erreger direkt oder indirekt nachgewiesen werden!

Der Tularämie-Verdacht sollte dem Labor infolge der hohen Kontagiosität mitgeteilt werden!

Differenzialdiagnosentoggle arrow icon

AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differenzialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Therapietoggle arrow icon

Prognosetoggle arrow icon

  • Verlauf sehr variabel

Der in Europa vorkommende Erreger F. tularensis subsp. holarctica führt auch unbehandelt nur selten zum Tod!

Meldepflichttoggle arrow icon

  • Namentliche Meldung des direkten und indirekten Nachweises von Francisella tularensis an das Gesundheitsamt gemäß § 7 Abs. 1 IfSG [2]

Präventiontoggle arrow icon

Kodierung nach ICD-10-GM Version 2023toggle arrow icon

  • A21.:-Tularämie
    • Inklusive:
      • Hasenpest
      • Hirschfliegenfieber
      • Infektion durch Francisella tularensis
    • A21.0: Ulzeroglanduläre Tularämie
    • A21.1: Okuloglanduläre Tularämie
    • A21.2: Pulmonale Tularämie
    • A21.3: Gastrointestinale Tularämie
      • Abdominale Tularämie
    • A21.7: Generalisierte Tularämie
    • A21.8: Sonstige Formen der Tularämie
    • A21.9: Tularämie, nicht näher bezeichnet

Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2023, DIMDI.

Quellentoggle arrow icon

  1. Faber et al.:Tularemia in Germany—A Re-emerging ZoonosisIn: Frontiers in Cellular and Infection Microbiology. Band: 8, 2018, doi: 10.3389/fcimb.2018.00040 . | Open in Read by QxMD.
  2. RKI-Ratgeber: Tularämie 2016.Stand: 23. Februar 2016. Abgerufen am: 3. April 2022.
  3. WHO-Guidelines on Tularemia 2007.
  4. Imbimbo et al.:Tularemia in Children and AdolescentsIn: Pediatric Infectious Disease Journal. Band: 39, Nummer: 12, 2020, doi: 10.1097/inf.0000000000002932 . | Open in Read by QxMD p. e435-e438.
  5. Antonitsch et al.:Francisella tularensis as the cause of protracted feverIn: BMC Infectious Diseases. Band: 20, Nummer: 1, 2020, doi: 10.1186/s12879-020-05051-1 . | Open in Read by QxMD.
  6. Seiwald et al.:Tularemia Goes West: Epidemiology of an Emerging Infection in AustriaIn: Microorganisms. Band: 8, Nummer: 10, 2020, doi: 10.3390/microorganisms8101597 . | Open in Read by QxMD p. 1597.
  7. Jung et al.: Klinikleitfaden Infektiologie. Elsevier 2020, ISBN: 978-3-437-22321-1.
  8. Hinweise zur Therapie der Tularämie.Stand: 1. Oktober 2021. Abgerufen am: 3. April 2022.
  9. Beratung und Spezialdiagnostik der Tularämie.Stand: 23. Februar 2016. Abgerufen am: 3. April 2022.

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