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Wurmerkrankungen

Letzte Aktualisierung: 2.6.2023

Abstracttoggle arrow icon

Bei parasitären Wurmerkrankungen kommt es klassischerweise über die perorale Aufnahme von Würmern und/oder Wurmeiern zu einem gastrointestinalen Befall, der abhängig vom Erreger verschiedene Symptome auslösen kann. In Europa spielt insb. der Befall mit Madenwürmern (Enterobiose) bei Kindern eine große Rolle. Weitere Wurmerkrankungen treten in Mitteleuropa überwiegend als Reisekrankheit oder bei Personen aus tropischen und subtropischen Herkunftsländern auf.

Neben Durchfällen und Gewichtsverlust verursachen einige Würmer (z.B. Ankylostoma, Ascaris) asthmatische Beschwerden, da sie durch die Darmwand in die Lunge (Lungenpassage) wandern. Bei anderen (Taenia solium) kann es zu einer Fehlbesiedlung kommen, wenn der Mensch nicht als End-, sondern als Zwischenwirt dient, was mit schweren lebensbedrohlichen Komplikationen (z.B. Neurozystizerkose) einhergehen kann. Diagnostisch sind vor allem der direkte Nachweis in einer Stuhlprobe und der Nachweis einer Eosinophilie im Blutbild die wichtigsten Maßnahmen. Therapiert werden Wurmerkrankungen in der Regel mit den Anthelminthika wie z.B. Albendazol, Mebendazol und Praziquantel.

Für allgemeine Informationen zu Helminthen siehe: Allgemeine Parasitologie

Taenia-Infektionentoggle arrow icon

Es gibt zwei Verlaufsformen von Taenia-Infektionen: Die Taeniasis entsteht durch Aufnahme von Finnen durch Fleischverzehr, wobei der Mensch als Endwirt dient. Die Zystizerkose entsteht hingegen durch die Aufnahme von Eiern von Taenia solium unter unzureichenden hygienischen Bedingungen. Hier dient der Mensch als (Fehl‑)Zwischenwirt und die Erkrankung verläuft meist schwerer. Beide Formen können parallel existieren!

Diphyllobothriasis (Diphyllobothrium-latum-Infektion)toggle arrow icon

Ascariasistoggle arrow icon

Bei der Ascariasis handelt es sich um eine durch den Spulwurm Ascaris lumbricoides ausgelöste Parasitose. Die Eier des Spulwurms gelangen über kontaminierte Lebensmittel in den Dünndarm. Dort werden die Larven aufgenommen und können anschließend über den Blutkreislauf in die Lunge geraten, wo sie eine lokale Entzündungsreaktion auslösen, in Begleitung von Hämoptysen „hochgehustet“ und erneut verschluckt werden. Dieser Kreislauf wird als tracheale Wanderung bezeichnet und wiederholt sich solange, bis therapeutisch mit Anthelminthika (z.B. Mebendazol) interveniert wird.

Toxokariasis (Toxocariasis)toggle arrow icon

Hakenwurm-Infektionentoggle arrow icon

Strongyloidiasis (Zwergfadenwurm-Erkrankung)toggle arrow icon

Trichinose (Trichinellose)toggle arrow icon

Der Verzehr von rohem, larvenhaltigem Fleisch (Schwein) kann zum Krankheitsbild der Trichinellose führen. In einer intestinalen Phase kommt es zu den Symptomen: Erbrechen, Durchfall und Fieber. Vom Dünndarm wandern die Erreger in verschiedene Muskeln und kapseln sich dort ein (Muskeltrichinen). Bei Einwanderung der Larven in anderes Gewebe kommt es zu Fieber, Gesichts- und periorbitalen Ödemen (extraintestinale Phase). Im Labor ist eine Eosinophilie nachweisbar. In den meisten Fällen kommt es innerhalb von Wochen zu einer Ausheilung. Treten Komplikationen auf (Myokarditis und/oder Enzephalitis), so kann die Erkrankung aber auch letal verlaufen. Das Garen von kontaminiertem Fleisch über 80 °C tötet den Erreger ab.

Oxyuriasis (Enterobiose)toggle arrow icon

  • Ätiologie
    • Erreger: Enterobius vermicularis (Madenwurm)
    • Wirt: Mensch
    • Infektionsweg
      • Erstinfektion: Fäkal-oral, meist durch Schmierinfektionen (oder durch Einatmen der Eier über getrockneten Staub)
      • Reinfektion: Digital-oral, durch nächtliches Jucken am Anus
  • Epidemiologie
    • Häufigste Wurmerkrankung in Europa, insb. Kinder betroffen
    • 50 % der Menschen weltweit sind min. einmal in ihrem Leben befallen
    • Weltweit etwa 1 Milliarde Infizierte
  • Klinik
  • Diagnostik
    • Materialgewinnung mittels analem Klebestreifen
      • Untersuchungszeitpunkt: Morgens, da die Weibchen meist nachts ihre Eier in der Perianalgegend auf die Haut legen
      • Mikroskopischer Nachweis von Wurmeiern
    • Stuhlprobe: Nachweis von Eiern bzw. Würmern
    • Makroskopischer Nachweis von Würmern im Stuhl oder im Analbereich bzw. an der Vulva

Therapeutisches Vorgehen bei Oxyuriasistoggle arrow icon

Akutbehandlung [13]

Bei Nachweis von Oxyuren sollte immer eine anthelminthische Therapie erfolgen, weil Hygienemaßnahmen alleine nicht zu einer Eradikation führen.

  • Mebendazol (z.B. Vermox®, Surfont®)
    • Darreichungsformen Tabletten
    • Zugelassen ab 2 J.
    • Standarddosierung (jedes Alter) [14][15][16]
    • Zu beachten: Nicht anzuwenden bei Allergie gegen den Wirkstoff oder andere Bestandteile sowie bei schweren Lebererkrankungen, gleichzeitiger Anwendung von Metronidazol oder Immunsuppressiva (v.a. Glucocorticoide)
  • Pyrviniumembonat (z.B. Molevac®)
    • Darreichungsformen: Orale Applikation als Saft , Tropfen und/oder Dragees
    • Zugelassen ab dem 4. Lebensmonat
    • Standarddosierung (jedes Alter)
    • Zu beachten
      • Nicht anzuwenden bei Allergie gegen den Wirkstoff oder andere Bestandteile
      • Führt zur Stuhlentfärbung
  • Pyrantel (z.B. Helmex®)
    • Darreichungsformen: Suspension und Kautabletten
    • Zugelassen ab dem 7. Lebensmonat
    • Standarddosierung (jedes Alter)
    • Zu beachten: Nicht anzuwenden bei Allergie gegen Pyrantelembonat, Soja, Erdnuss oder sonstige Bestandteile sowie bei Leberschädigung

Rezidivprophylaxe

  • Nach erfolgter Therapie Waschen von benutzter Kleidung und Bettwäsche
  • Kein Ausschütteln der Bettwäsche
  • Schneiden und Bürsten der Fingernägel bei allen im Haushalt lebenden Personen
  • Tägliches morgendliches Waschen

Vorgehen bei anhaltender oder rezidivierender Oxyuriasis [17]

  • Bei anhaltendem Befall nach durchgeführter Akutbehandlung: Therapie mit einem der drei empfohlenen Wirkstoffe in oben aufgeführten Dosen; Wiederholung nach 2 und 4 Wochen, zeitgleich auch bei allen im Haushalt lebenden Personen
  • Bei rezidivierenden Infektionen
    • Mebendazol (z.B. Vermox®, Surfont®)
      • Darreichungsformen: Orale Applikation als Tabletten
      • Zugelassen ab 2 J.
      • Standarddosierung (jedes Alter)
      • Zu beachten: Nicht anzuwenden bei Allergie gegen den Wirkstoff oder andere Bestandteile sowie bei schweren Lebererkrankungen, gleichzeitiger Anwendung von Metronidazol oder Immunsuppressiva (v.a. Glucocorticoide)
    • Albendazol (z.B. Eskazole®) als Alternative zu Mebendazol
      • Darreichungsformen Tabletten
      • Zugelassen ab 6 J. (in Deutschland)
      • Standarddosierung (jedes Alter)
      • Zu beachten

Albendazol ist für diese Indikation nur in der Schweiz zugelassen, darüber müssen die Eltern aufgeklärt werden (Off-Label Use)!

Vulvovaginitis durch Oxyuren [17]

Eine Vulvovaginitis durch Oxyuren kann Ursache eines hartnäckigen Befalls sein. Daher ist hier die Behandlung mit Mebendazol oder Albendazol empfohlen.

  • Mebendazol (z.B. Vermox®, Surfont®)
    • Darreichungsformen Tabletten
    • Zugelassen ab 2 J.
    • Standarddosierung (jedes Alter)
    • Zu beachten: Nicht anzuwenden bei Allergie gegen den Wirkstoff oder andere Bestandteile sowie bei schweren Lebererkrankungen, gleichzeitiger Anwendung von Metronidazol oder Immunsuppressiva (v.a. Glucocorticoide)
  • Albendazol (z.B. Eskazole®)
    • Darreichungsformen Tabletten
    • Zugelassen ab 6 J. (in Deutschland)
    • Pädiatrische Dosierung (altersabhängig)
      • Kinder 1–2 J. und <10 kgKG
      • Kinder >2 J. und >10 kgKG
    • Zu beachten

Albendazol ist für diese Indikation und für dieses Alter nur in der Schweiz zugelassen, darüber müssen die Eltern aufgeklärt werden (Off-Label Use)!

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Vernachlässigte Tropenkrankheiten: Strategien für eine Milliarde Betroffene (Januar 2022)

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In Kooperation mit Meditricks bieten wir durchdachte Merkhilfen an, mit denen du dir relevante Fakten optimal einprägen kannst. Dabei handelt es sich um animierte Videos und Erkundungsbilder, die auf AMBOSS abgestimmt oder ergänzend sind. Die Inhalte liegen meist in Lang- und Kurzfassung vor, enthalten Basis- sowie Expertenwissen und teilweise auch ein Quiz sowie eine Kurzwiederholung. Eine Übersicht aller Inhalte findest du im Kapitel „Meditricks“. Meditricks gibt es in unterschiedlichen Paketen – für genauere Informationen empfehlen wir einen Besuch im Shop.

Echinokokkose

Oxyuriasis

Wurmmittel

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Kodierung nach ICD-10-GM Version 2023toggle arrow icon

B68.-: Taeniasis

B70.-: Diphyllobothriose und Sparganose

  • B70.0: Diphyllobothriose
  • B70.1: Sparganose
    • Befall durch Diphyllobothrium-Larven
    • Infektion durch:
      • Sparganum (mansoni) (proliferum)
      • Spirometra-Larven
    • Spirometrosis

B75: Trichinellose

B76.-: Hakenwurm-Krankheit

  • Inklusive: Unzinariasis
  • B76.0: Ankylostomiasis
  • B76.1: Nekatoriasis
  • B76.8: Sonstige Hakenwurm-Krankheiten
  • B76.9: Hakenwurm-Krankheit, nicht näher bezeichnet

B77.-: Askaridose

  • Inklusive: Askariasis, Askaridiasis, Spulwurm-Infektion
  • B77.0: Askaridose mit intestinalen Komplikationen
  • B77.8: Askaridose mit sonstigen Komplikationen
  • B77.9: Askaridose, nicht näher bezeichnet

B78.-: Strongyloidiasis

B80: Enterobiasis

B83.-: Sonstige Helminthosen

Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2023, DIMDI.

Quellentoggle arrow icon

  1. Strongyloidiasis.Stand: 31. Dezember 2018. Abgerufen am: 20. Januar 2023.
  2. Treatment of Strongyloidiasis.Stand: 16. März 2022. Abgerufen am: 24. März 2022.
  3. Treatment of Ascariasis.Stand: 20. Mai 2020. Abgerufen am: 24. März 2022.
  4. Therapie der Trichinose.Stand: 26. Mai 2020. Abgerufen am: 22. April 2022.
  5. Trichinellose, RKI-Ratgeber für Ärzte.Stand: 1. April 2013. Abgerufen am: 8. Oktober 2017.
  6. Steckbriefe seltener und importierter Infektionskrankheiten.Stand: 15. September 2011. Abgerufen am: 24. August 2016.
  7. Therapie der Hakenwurminfekiton.Stand: 28. August 2019. Abgerufen am: 24. März 2022.
  8. Garcia et al.:Cysticercosis of the central nervous systemIn: Current Opinion in Infectious Diseases. Band: 24, Nummer: 5, 2011, doi: 10.1097/qco.0b013e32834a1b20 . | Open in Read by QxMD p. 423-427.
  9. Dietel et al.: Harrisons Innere Medizin (2 Bände). 16. Auflage ABW Wissenschaftsverlagsgesellschaft 2005, ISBN: 978-3-936-07229-7.
  10. Schwab et al. (Hrsg.): Neurointensiv. 3. Auflage Springer 2015, ISBN: 978-3-662-46499-1.
  11. Treatment of Taeniasis.Stand: 15. Oktober 2020. Abgerufen am: 24. März 2022.
  12. Garcia et al.:Efficacy of combined antiparasitic therapy with praziquantel and albendazole for neurocysticercosis: a double-blind, randomised controlled trialIn: The Lancet Infectious Diseases. Band: 14, Nummer: 8, 2014, doi: 10.1016/s1473-3099(14)70779-0 . | Open in Read by QxMD p. 687-695.
  13. Speer, Gahr: Pädiatrie. 4. Auflage Springer 2013, ISBN: 3-642-34268-x.
  14. Fachinformation - Vermox.. Abgerufen am: 23. Februar 2022.
  15. Wendt et al.:The Diagnosis and Treatment of Pinworm InfectionIn: Deutsches Ärzteblatt international. 2019, doi: 10.3238/arztebl.2019.0213 . | Open in Read by QxMD.
  16. Berner et al.: DGPI-Handbuch: Infektionen bei Kindern und Jugendlichen. 7. Auflage Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI) 2018, ISBN: 978-3-132-40790-9.
  17. Berner et al.: DGPI-Handbuch: Infektionen bei Kindern und Jugendlichen. 6 . Auflage Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI) 2013, ISBN: 978-3-131-44716-6.
  18. Schmid: Ambulanzmanual Pädiatrie von A–Z. Springer 2014, ISBN: 978-3-642-41892-1.

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