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Herzschrittmacher

Letzte Aktualisierung: 27.9.2023

Abstracttoggle arrow icon

Ein Herzschrittmacher dient der Behandlung bradykarder Herzrhythmusstörungen. Dabei kann er den Herzrhythmus überwachen und – wenn notwendig – durch elektrische Stimulation des Myokards die Funktion des primären Schrittmacherzentrums übernehmen. Ein implantierbarer Cardioverter-Defibrillator (ICD) hingegen kann tachykarde Herzrhythmusstörungen identifizieren und durch Überstimulation oder Defibrillation in einen normalen Rhythmus überführen. Bei Herzinsuffizienz und asynchronem Kontraktionsablauf der Herzkammern, bspw. im Rahmen eines kompletten Linksschenkelblocks, kann die kardiale Resynchronisationstherapie (CRT) eingesetzt werden, um die Kontraktion wieder zu synchronisieren und so die Pumpfunktion zu verbessern. Dabei wird ein spezieller Herzschrittmacher mit drei Schrittmachersonden implantiert.

Indikationtoggle arrow icon

Aufbau und Funktionsweisetoggle arrow icon

Aufbau

  • Aggregat
    • Titangehäuse, das eine Batterie und einen Impulsgenerator beinhaltet
    • Etwa so groß wie eine Streichholzschachtel
    • Wird normalerweise in Lokalanästhesie links oder rechts pektoral zwischen M. pectoralis und seiner Muskelfaszie implantiert
    • Haltbarkeit der Batterie ist stark vom Funktionsmodus bzw. der grundlegenden Erkrankung abhängig , neuere Modelle halten zwischen 5 und 15 Jahren
  • Elektroden bzw. Sonden
    • Isolierte Drähte, die das Schrittmacheraggregat mit dem Myokard verbinden
      • Das proximale Ende der Elektrode ist mit dem Schrittmacheraggregat verbunden
      • Das distale Ende der Elektrode liegt entweder im rechten Vorhof und/oder im rechten Ventrikel und bei biventrikulären Systemen zusätzlich im Sinus coronarius
      • Damit es zu keiner Dislokation der Elektrode kommt, wird das distale Ende über eine kleine Schraube oder einen Anker im Myokard befestigt
    • Implantiert werden die Elektroden meist, indem die Vena subclavia oder Vena brachiocephalica chirurgisch dargestellt werden und die Elektroden transvenös bis zum rechten Herzen vorgeschoben werden

Funktionsweise

  • Elektroden registrieren das EKG des Patienten und leiten es weiter zum Schrittmacheraggregat
  • Die Ausschläge der EKG-Kurve können vom Schrittmacheraggregat erkannt und als Trigger genutzt werden, um entweder einen elektrischen Impuls auszulösen oder zu unterdrücken
  • Der elektrische Impuls wird über die Elektroden auf das Myokard übertragen, wo es zu einer Erregung und Kontraktion der jeweiligen Herzkammer (Vorhof und/oder Ventrikel) kommt

Antibradykarde Schrittmachertoggle arrow icon

Um die Funktion von antibradykarden Schrittmachern zu beschreiben, wurde ein dreistelliger bzw. fünfstelliger Buchstabencode entwickelt. Häufig werden nur die ersten drei bis vier Positionen des Codes angegeben. Zusätzlich können Schrittmacher an der Anzahl der vorhandenen Elektroden unterschieden werden. Einkammerschrittmacher besitzen eine Elektrode, die entweder im rechten Vorhof oder der rechten Kammer platziert wird . Zweikammerschrittmacher besitzen 2 Elektroden - eine liegt im rechten Vorhof und eine im Ventrikel. Dreikammerschrittmacher besitzen zusätzlich eine Sonde, die den linken Ventrikel stimulieren kann.

Buchstabenkodierung von Schrittmachern

  • 1. Position: Stimulationsort
    • A = Atrium
    • V = Ventrikel
    • D = Dual (A+V)
  • 2. Position: Ort der Signalwahrnehmung
    • A = Atrium
    • V = Ventrikel
    • D = Dual (A+V)
  • 3. Position: Reaktion
    • I = Inhibierung
      • Erklärung: Der Schrittmacher stimuliert das Myokard permanent mit einer festgelegten Frequenz, wird jedoch eine Eigenaktivität des Herzens registriert, wird dadurch die Impulsabgabe am Stimulationsort gehemmt.
      • Beispiel: Ein Schrittmacher stimuliert permanent den rechten Vorhof aufgrund einer Sinusbradykardie. Wird allerdings eine Eigenaktivität des Vorhofs registriert, so wird die Impulsabgabe durch den Schrittmacher inhibiert.
    • T = Triggerung
      • Erklärung: Der Schrittmacher stimuliert das Myokard nur dann, wenn am Ort der Signalwahrnehmung eine Eigenaktivität registriert wird.
      • Beispiel: Bei einer AV-Überleitungsstörung wird im Vorhof eine Eigenaktivität registriert. Daraufhin wird die Impulsabgabe im Ventrikel getriggert.
    • D = Dual (I+T)
  • 4. Position: Frequenzadaptierung
    • R = Frequenzadaptierung vorhanden
    • 0 = Keine Frequenzadaptierung
  • 5. Multifokale Stimulation („Multisite-Stimulation“)
    • A = Atrium
    • V = Ventrikel
    • D = Dual
    • 0 = Keine

Gängige Typen oder Modi

Einkammerschrittmacher/-modi

  • VVI-Schrittmacher/Modus = „Ventrikelbedarfsschrittmacher“
  • AAI-Schrittmacher/Modus = „Vorhofbedarfsschrittmacher“
    • Indikation: Bei Sinusbradykardie mit intakter AV-Überleitung
    • Funktionsweise: Stimuliert den rechten Vorhof; anschließend erfolgt eine physiologische antegrade Erregung der Ventrikel

Zweikammerschrittmacher/-modi

Dreikammerschrittmacher

Bei einem Dreikammerschrittmacher liegt eine Sonde im rechten Vorhof, eine im rechten Ventrikel und eine (zur Stimulation des linken Ventrikels) im Sinus coronarius, um die synchrone Kontraktion beider Ventrikel zu gewährleisten. Siehe dazu auch: Kardiale Resynchronisationstherapie.

Um die Funktion eines Schrittmachers nachzuvollziehen, liest man den dreistelligen Buchstabencode am besten von hinten nach vorne. Am Beispiel eines VAT (indiziert bei höhergradigen AV-Blockierungen) ergibt sich daraus folgende Funktion (TAV) : Der Schrittmacher wird einen elektrischen Impuls abgeben (T=Triggern), wenn im Vorhof (A=Atrium) eine Eigenaktivität registriert wird. Das Ziel des elektrischen Impulses wird der Ventrikel (V) sein. Am Beispiel eines VVI (indiziert bei Bradyarrhythmia absoluta) ergibt sich daraus diese Funktion (IVV): Die Impulsabgabe durch den Schrittmacher wird gehemmt (I=Inhibierung), wenn im Ventrikel (V) eine Eigenaktivität registriert wird. Es wird in diesem Fall also im Ventrikel (V) zu keiner Impulsabgabe kommen bzw. es kommt immer dann zu einer Impulsabgabe, wenn keine Eigenaktivität registriert wird.

Antitachykarde Schrittmachertoggle arrow icon

Ein ICD (= Implantierbarer Cardioverter-Defibrillator) kann ventrikuläre Tachykardien und/oder Kammerflimmern identifizieren und mittels antitachykardem Pacing (ATP) oder Defibrillation eigenständig terminieren.

Indikation [1]

Ein ICD sollte nur bei entsprechender individueller Prognose implantiert werden, also einer Lebenserwartung deutlich >1 Jahr bei gutem Funktionsstatus.

Eine Deaktivierung der Schockfunktionen eines ICD, die ein einwilligungsfähiger Patient nach informierter Aufklärung verlangt, muss durchgeführt werden. (DGIM – Klug entscheiden in der Inneren Medizin)

Aufbau und Funktionsweise

Ein ICD muss nicht immer gleichzeitig ein Herzschrittmacher sein, viele ICD-Systeme ermöglichen aber auch eine Funktionalität als (Einkammer‑)Schrittmacher!

Resynchronisationstherapietoggle arrow icon

Bei der kardialen Resynchronisationstherapie (CRT) werden die Schrittmachersonden so platziert, dass linker und rechter Ventrikel wieder synchron kontrahieren.

Radiologische Überprüfung der Schrittmacherlagetoggle arrow icon

Zur Darstellung eines Herzschrittmachers auf einer Röntgen-Thorax-Aufnahme und zur Überprüfung der korrekten Lage, siehe: Radiologische Überprüfung der Schrittmacherlage.

AMBOSS-Pflegewissen: Perioperative Pflege bei Herzschrittmacheranlagetoggle arrow icon

Siehe auch AMBOSS Pflegewissen: Perioperative Pflege

Pflege des temporären Herzschrittmachers

Perioperative Pflege bei permanentem Herzschrittmacher

  • Präoperative Pflege
    • Nahrung: Nach hausinternen Standards
      • Nahrungskarenz: 6 h vor Eingriff
      • Trinken: Bis 2 h vor Eingriff in kleinen Mengen
    • Haarentfernung: Nach hausinternen Standards bzw. ärztlicher Anordnung
      • Hals, oberer Thorax (bis Mamillenhöhe), Schultern, Achseln, Oberarme
  • Postoperative Pflege
    • Basismonitoring
    • Röntgen-Thorax: Routinemäßig zur Lagekontrolle nach jeder Schrittmacheranlage
    • Bewegung
      • Ggf. körperliche Schonung nach ärztlicher Anordnung
      • Arm und Schulter der operierten Seite schonen
      • Vorsichtige Kontrakturprophylaxe des Schultergelenks
      • Unterstützung bei alltäglichen Aktivitäten
    • Körperpflege: Nach hausinternen Standards, ggf. mit Unterstützung des Pflegepersonals
    • Verbandsversorgung: Druckverband am OP-Tag, ggf. kühlen
      • Nach hausinternen Standards bei Frauen: Tragen eines BH für 3 Tage (tags und nachts)
      • Verbandskontrolle: Insb. auf Nachblutungen
      • Verbandswechsel: Nach hausinternen Standards, Wechselintervall nach hausinternen Standards , Einstichstelle auf Entzündungszeichen beobachten
      • Fadenzug: Nach ärztlicher Anordnung

Pflege bei Herzschrittmacher

  • Beratung
    • Patient:innen sollten immer ihren Herzschrittmacherausweis mitführen
    • Keine beengende Kleidung am Schrittmacher
    • Vermeiden stark elektromagnetischer Felder
    • Behandelnde Ärzt:innen über den Herzschrittmacher informieren
    • Angeordnete Medikamente regelmäßig einnehmen
    • Nachsorgetermine wahrnehmen
  • MRT: Nur im Ausnahmefall

Komplikationentoggle arrow icon

  • Schrittmachersyndrom
  • Schrittmacherinduzierte Reentrytachykardie
  • Ausfall des Herzschrittmachers mit symptomatischer Bradykardie bis Asystolie
    • Elektrische Felder
      • Kurzwellentherapie (Hochfrequenztherapie): Bei der Diathermie kommt es zur Ausbildung von elektromagnetischen Feldern, die einen störenden Einfluss auf die Herzschrittmacherfunktion haben
    • Magnetische Felder, z.B. MRT
    • Perforation oder Dislokation der Schrittmachersonde, Defekt von Batterie oder Kabel
      • Kribbelgefühl im Arm kann durch eine dislozierte Elektrode entstehen
  • Infektionen

Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.

Fahrtauglichkeit bei Herzschrittmacher und ICDtoggle arrow icon

Private Fahrer Berufskraftfahrer
Bei Schrittmacher-Patienten [2]
Nach Schrittmacherimplantation oder -wechsel

Keine Einschränkung

  • Nach Synkopen und bei Schrittmacher-Abhängigkeit nach 4 Wochen
  • Sonst nach 1 Woche
Bei ICD-Patienten [2]

Nach ICD-Implantation

Fahruntauglichkeit
Nach Schockabgabe durch ICD
  • Bei adäquatem Schock: Nach 3 Monaten
  • Bei inadäquatem Schock: Nach Ursachenbehebung
Fahruntauglichkeit
Nach Aggregat- oder Sondenwechsel

Nach 1–2 Wochen

Fahruntauglichkeit
Bestehende Indikation zur ICD-Implantation, aber Verweigerung durch Patienten

Je nach Indikation

Fahruntauglichkeit

MRT-Untersuchungen bei Herzschrittmacher-Trägerntoggle arrow icon

Mögliche Wechselwirkungen mit elektromagnetischen Feldern des MRT (Auswahl) [3]

  • Generierung von Spannungspulsen in den Elektroden, die je nach Interpretation zur (fehlerhaften) Inhibition oder Stimulation führen
  • Gleichrichtungsprozesse führen zur (fehlerhaften) Inhibition oder Stimulation
  • Induktion thermischer Herzgewebeschädigung an der Elektrodenspitze
  • Neustart des Schrittmachers in nicht an den Patienten angepassten Modus
  • Missempfindungen der Schrittmachertasche
  • Beeinflussung mechanischer Steuerungselemente

Konventionelle Herzschrittmacher [3]

  • Bewertung der MRT-Fähigkeit
  • Voraussetzungen für MRT-Untersuchung
    • Indikation für MRT-Untersuchung gegeben, andere Verfahren sind für Fragestellung unzureichend
    • Nutzen überwiegt in individueller Nutzen-Risiko-Analyse [3]
    • Ausführliche Aufklärung des Patienten
    • Anpassung der radiologischen Untersuchungsbedingungen
    • Umprogrammieren des Schrittmachers für die Dauer der MRT-Untersuchung [3]
    • Untersuchung
      • Monitoring (Pulsoxymetrie, EKG-Monitoring)
      • Verfügbarkeit eines externen Defibrillators sowie eines passenden Programmiergeräts für den Schrittmacher
      • Kardiologe vor Ort bzw. in Rufbereitschaft
    • Reprogrammierung des Schrittmachers unmittelbar nach MRT
    • Ggf. Verlaufskontrolle der Schrittmacherfunktion

Bedingt MR-sicherere Herzschrittmacher [3]

  • Zulassung für MRT-Untersuchung bei Einhaltung herstellerspezifischer Nutzungsbedingungen
  • Voraussetzungen für MRT-Untersuchung
    • Zulassung für jeweilige Untersuchungsregion liegt vor
    • Abgeschlossene Einheilung des Schrittmachers nach Implantation (mind. 6 Wochen)
    • Elektrisch intakte Elektroden
    • Keine implantierten stillgelegten Elektroden bzw. Elektrodenadapter oder -verlängerungen
    • Anpassung der radiologischen Untersuchungsbedingungen nach Herstellerangaben
    • Umprogrammieren des Schrittmachers für die Dauer der MRT-Untersuchung in speziellen MR-Modus
    • Untersuchung
      • Monitoring (Pulsoxymetrie, EKG-Monitoring)
      • Verfügbarkeit eines externen Defibrillators sowie eines passenden Programmiergeräts für den Schrittmacher
    • Reprogrammierung des Schrittmachers unmittelbar nach MRT

Für MRT-Untersuchungen bei Patienten mit MR-sicheren Herzschrittmachern sind umfangreiche herstellerspezifische Nutzungsbedingungen zu beachten!

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Patienteninformationentoggle arrow icon

Quellentoggle arrow icon

  1. Fahreignung bei kardiovaskulären Erkrankungen.Stand: 1. April 2018. Abgerufen am: 30. Mai 2018.
  2. McDonagh et al.:2021 ESC Guidelines for the diagnosis and treatment of acute and chronic heart failureIn: European Heart Journal. 2021, doi: 10.1093/eurheartj/ehab368 . | Open in Read by QxMD.
  3. Sommer et al.:MR-Untersuchungen bei Patienten mit Herzschrittmachern und implantierbaren Kardioverter‑DefibrillatorenIn: Der Kardiologe. Band: 11, Nummer: 2, 2017, doi: 10.1007/s12181-017-0124-6 . | Open in Read by QxMD p. 97-113.
  4. Hahn: Checkliste Innere Medizin. 6. Auflage Thieme 2010, ISBN: 978-3-131-07246-7.
  5. Morschhäuser, Fischer: Praxis der Herzschrittmacher-Nachsorge. 2.. Auflage Springer 2013, ISBN: 978-3-642-35273-7.
  6. Pocket-Leitlinien Herzschrittmachertherapie.Stand: 1. Januar 2005. Abgerufen am: 10. November 2016.
  7. Lewalter, Lüderitz: Herzrhythmusstörungen. 6. Auflage Springer 2010, ISBN: 978-3-540-76754-1.
  8. Herold et al.: Innere Medizin 2020. Herold 2020, ISBN: 978-3-981-46609-6.

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