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Placenta praevia

Letzte Aktualisierung: 30.5.2023

Abstracttoggle arrow icon

Die Placenta praevia ist durch die Implantation der Plazenta im Bereich des unteren Uterinsegments und des inneren Muttermundes charakterisiert. Sie bleibt in vielen Fällen asymptomatisch und wird mithilfe der Sonografie diagnostiziert. Typische Manifestation bei symptomatischen Verläufen ist eine plötzliche, schmerzlose, hellrote Blutung aus dem Wohlbefinden der Schwangeren heraus, die sich i.d.R. wehenlos und vor dem Blasensprung zeigt. Die Blutung tritt meist diskontinuierlich auf, kann jedoch auch massiv und zu einer vitalen Bedrohung für Mutter und Kind werden. Auch hier erfolgt die Therapie in Abhängigkeit von Symptomatik und Kreislaufstabilität von Mutter und Kind. Es müssen Komplikationen wie Gerinnungsstörungen durch einen hohen Blutverlust beachtet werden.

Definitiontoggle arrow icon

  • Plazentainsertionsstörung mit Implantation der Plazenta im Bereich des unteren Uterinsegments und des inneren Muttermundes nach der 20. SSW
    • Innerer Muttermund wird teilweise oder vollständig von Plazentagewebe überdeckt

Epidemiologietoggle arrow icon

Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.

Ätiologietoggle arrow icon

Klassifikationtoggle arrow icon

Die Klassifikation der Placenta praevia richtet sich danach, wieviel vom inneren Muttermund von der Plazenta bedeckt wird.

  • Tiefsitzende Plazenta: Der Unterrand der Plazenta liegt max. 2 cm vom inneren Muttermund entfernt [2]
  • Placenta praevia marginalis: Die Plazenta reicht bis an den inneren Muttermund heran
  • Placenta praevia partialis: Die Plazenta bedeckt den inneren Muttermund teilweise
  • Placenta praevia totalis: Die Plazenta bedeckt den inneren Muttermund vollständig

Symptome/Kliniktoggle arrow icon

  • Zunächst meist asymptomatisch, das Abdomen ist weich
  • Typische Manifestation: Plötzliche, schmerzlose, hellrote, vaginale Blutungen (bei sonstigem Wohlbefinden der Schwangeren)
    • Ursache: Plazenta löst sich anteilig von der Implantationsstelle durch u.a. [1][3]
      • Kontraktionen
      • Zervixreifung
      • Vaginale Manipulation
      • Lokale Infektion
    • Zeitpunkt: I.d.R. im 3. Trimenon vor dem Blasensprung, ggf. nach vaginaler Manipulation oder postkoital
    • Meist am wehenlosen Uterus, ggf. auch bei Geburt
      • In ca. 25% der Fälle wehenauslösend
    • Blutungsstärke variiert von sehr leicht und selbstlimitierend bis hin zu starken Blutungen mit hohem Blutverlust
      • Klassischerweise diskontinuierliche, „annoncierende“ Blutung, die nur selten initial vital bedrohlich ist; häufig selbstlimitierend
    • Zunächst i.d.R. keine fetale Beeinträchtigung, erst bei massiver Blutung oder sonstigen Komplikationen
  • Komplikationen bei starkem Blutverlust

Im Gegensatz zu einer vorzeitigen Plazentalösung sind die Blutungen bei der Placenta praevia nicht schmerzhaft!

Diagnostiktoggle arrow icon

Prophylaktische Diagnostik (vor Blutungseintritt) [2]

Diagnostik bei peripartaler Blutung mit V.a. Placenta praevia

  • Kontrolle der Vitalparameter von Mutter und Kind
    • Monitoring der mütterlichen Vitalzeichen: Überprüfung der hämodynamischen Stabilität der Schwangeren
      • Stärke des Blutverlustes, ggf. Identifikation der Blutungsquelle
    • Dauer-CTG: Überprüfung der Versorgung des Kindes
  • Orientierende körperliche Untersuchung: Palpation von Abdomen und Uterus, Bestimmung des Fundusstandes und des Uterustonus
  • Klinische Chemie: Kontrolle von Blutbild und Gerinnung
  • Abdominelle Sonografie: Sollte immer zur Bestimmung der Lage der Plazenta und damit zur Diagnosestellung oder dem Ausschluss der Placenta praevia und/oder Plazentationsanomalien stattfinden (in 95% der Fälle möglich)
    • Vitalitätskontrolle des Kindes (Herzaktion, Kindsbewegungen)
    • Darstellung des Plazentasitzes
  • Vaginale Sonografie, ggf. auch Farbdoppler: Detaillierte Diagnostik
    • Abstand zum inneren Muttermund, Diagnose/Ausschluss einer komorbiden Plazentalösung, ggf. mit retroplazentarem Hämatom
  • Vorsichtige Spekulumeinstellung: Immer unter Handlungsbereitschaft wegen der Gefahr, die Blutung zu aggravieren!
    • Blutungsursache und -stärke klären

Eine vaginale Tastuntersuchung sollte aufgrund des hohen Blutungsrisikos wenn möglich nicht stattfinden!

Differenzialdiagnosentoggle arrow icon

AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differenzialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Therapietoggle arrow icon

Das klinische Vorgehen ist abhängig von der Befundschwere, dem Zustand der Schwangeren und des Kindes sowie dem Gestationsalter. Prinzipiell unterscheidet man zwischen einem abwartenden und einem aktiven Vorgehen. Zum praktischen Vorgehen und Komplikationsmanagement siehe auch: Klinisches Management von Blutungen im 2. und 3. Trimenon und Invasive Maßnahmen zur Blutungsstillung bei peripartaler Blutung.

Vorgehensweise in Abhängigkeit von der Befundschwere bei Placenta praevia

Abwartendes Management

  • Indikationen
    • Keine bzw. geringe, nicht-hämodynamisch relevante Blutung
    • Unauffällige fetale Befunde
  • Bis 34. SSW: Schwangerschaft sollte (bei beherrschbarer Blutung) unter stationären Bedingungen fortgesetzt werden
  • 36. SSW anstreben: Fetales Risiko einer früheren Geburt muss gegen das Risiko einer erneuten Blutung abgewogen werden
  • Späterer Geburtsmodus: I.d.R. elektive Sectio caesarea

Aktives Management [1]

Komplikationentoggle arrow icon

Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.

Prognosetoggle arrow icon

Präventiontoggle arrow icon

  • Aufklärung der Patientin über mögliche Blutungskomplikation bei Diagnosestellung im Sonografie-Screening
  • Verzicht auf vaginale Manipulation und Geschlechtsverkehr
  • Von Fernreisen und großer körperlicher Anstrengung wird abgeraten; eine generelle körperliche Schonung ist jedoch nicht notwendig

Kodierung nach ICD-10-GM Version 2023toggle arrow icon

O44.-: Placenta praevia

  • O44.0-: Placenta praevia und tiefer Sitz der Plazenta ohne (aktuelle) Blutung
    • Placenta praevia und tiefer Sitz der Plazenta o.n.A.
      • O44.00: Tiefer Sitz der Plazenta ohne (aktuelle) Blutung
      • O44.01: Placenta praevia ohne (aktuelle) Blutung
  • O44.1-: Placenta praevia und tiefer Sitz der Plazenta mit aktueller Blutung

P02.-: Schädigung des Fetus und Neugeborenen durch Komplikationen von Plazenta, Nabelschnur und Eihäuten

Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2023, DIMDI.

Quellentoggle arrow icon

  1. Kainer et al.: Facharztwissen Geburtsmedizin. Elsevier GmbH 2021, ISBN: 978-3-437-23753-9.
  2. S2k-Leitlinie Peripartale Blutungen, Diagnostik und Therapie.Stand: 1. August 2022. Abgerufen am: 13. Dezember 2022.
  3. Uhl: Gynäkologie und Geburtshilfe compact. Georg Thieme Verlag 2018, ISBN: 978-3-131-07346-4.
  4. S2k-Leitlinie Prävention und Therapie der Frühgeburt.Stand: 1. September 2022. Abgerufen am: 21. April 2023.
  5. Goerke et al.: Klinikleitfaden Gynäkologie, Geburtshilfe. 7. Auflage Urban & Fischer 2010, ISBN: 3-437-22213-9.
  6. Haag et al.: Gynäkologie und Urologie (2012/13). 6. Auflage Medizinische Verlags- und Informationsdienste 2012, ISBN: 3-929-85175-x.
  7. Haag et al.: Gynäkologie und Urologie (2007/08). 3. Auflage Medizinische Verlags- und Informationsdienste 2006, ISBN: 978-3-929-85172-4.
  8. Diedrich et al. (Hrsg.): Gynäkologie und Geburtshilfe. 1. Auflage Springer 2000, ISBN: 3-540-65258-2.
  9. Kainer et al.: Facharztwissen Geburtsmedizin. Urban & Fischer 2016, ISBN: 978-3-437-23752-2.
  10. Schneider et al.: Die Geburtshilfe. Springer 2016, ISBN: 978-3-662-45063-5.
  11. Kainer, Hasbargen:Notfälle in der Geburtshilfe – peripartale BlutungenIn: Deutsches Ärzteblatt. 2008, doi: 10.3238/arztebl.2008.0629 . | Open in Read by QxMD.
  12. Strauss et al.: Geburtshilfe Basics 2006. Springer 2006, ISBN: 978-3-540-25668-7.
  13. Peiffer et al.:Conservative Management of Placenta Accreta/Increta after Vaginal BirthIn: Geburtshilfe Frauenheilkunde. 2012, doi: 10.1055/s-0032-1327827 . | Open in Read by QxMD.
  14. Ulrich et al.: Ultraschalldiagnostik in Geburtshilfe und Gynäkologie. Springer 2013, ISBN: 978-3-642-29632-1.
  15. Feige et al.: Kreißsaal-Kompendium: Das Praxisbuch für die Geburtshilfe. Thieme 2012, ISBN: 978-3-131-63761-1.

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