Abstract
Neben den physiologischen Blutbestandteilen können auch andere Stoffe, die entweder körpereigen sind (Fetttropfen, Fruchtwasser) oder von außen in die Blutbahn eingebracht wurden (Luft oder Knochenzement), die arteriellen Lungengefäße verlegen. Die dargestellten Sonderformen der Lungenembolie entsprechen im Erscheinungsbild (Dyspnoe, respiratorische Insuffizienz und Rechtsherzbelastungszeichen) einer 'normalen' Lungenembolie, sind immer akut lebensbedrohlich und werden intensivmedizinisch behandelt.
Fruchtwasserembolie
- Definition: Peripartal auftretende Embolisation von Fruchtwasserbestandteilen in den mütterlichen Kreislauf
- Epidemiologie
- Pathophysiologie
- Fruchtwasser embolisiert über Venen und Wundflächen des Uterus bzw. über die Plazenta
- Neben einer mechanischen Obstruktion durch feste Anteile des Fruchtwassers spielen die im Fruchtwasser enthaltenen vasoaktiven und prokoagulatorischen Substanzen eine krankheitsfördernde Rolle
- Risikofaktoren
- Hauptrisikofaktoren
- Maternales Alter >35 Jahre
- Sectio caesarea
- Placenta praevia
- Mehrlingsschwangerschaften
- Weitere diskutierte Risikofaktoren
- Geburtseinleitung
- Geburtskomplikationen (Uterusruptur, Zervixriss, hoher Vaginalriss)
- Hauptrisikofaktoren
- Klinik
- Leitsymptom: Peripartale kardiorespiratorische Dekompensation
- Prodromalstadium: Inkonstant und unspezifisch
- Agitation, Abgestumpftheit, Lichtempfindlichkeit, Apathie, Kältegefühl
- Phase I: Innerhalb von 30–60 Minuten nach Ereignis
- Maternale Klinik
- Dyspnoe, respiratorische Insuffizienz
- Schock
- Asystolie bzw. Herzrhythmusstörungen
- Neurologisch: Vigilanzminderung, Krampfanfall
- Fetale Klinik
- Kardiotokographie: Plötzliche Herzfrequenzabfälle des Feten (Dezelerationen)
- Maternale Klinik
- Phase II: Innerhalb von 30 Minuten bis 12 Stunden nach Ereignis
- Diffuse Blutungen, vor allem aus den großen uterinen Wundflächen
- Persistierende Hypotonie, ARDS, ggf. Multiorganversagen
- Therapie
- Immer intensivmedizinische Behandlung
- Intubation
- Volumensubstitution
- Katecholamintherapie
- Tranexamsäure bei Hyperfibrinolyse
- Bedarfsgerechte Gabe von Blutprodukten (Fibrinogenkonzentrat, Plasmakonzentrate, Erythrozyten- und Thrombozytenkonzentrate)
- Tonisierung des Uterus (Blutungsprophylaxe), ggf. Hysterektomie erwägen
- Ggf. Glucocorticoide
- Bei präpartalem Auftreten
- Notfall-Sectio (auch unter Reanimation)
- Einleitung einer neonatologischen Versorgung des Neugeborenen, ggf. Verlegungsbereitschaft in ein Perinatalzentrum
- Immer intensivmedizinische Behandlung
Fettembolie
- Definition: Embolisation von fettigem Material in die Lungenstrombahn bzw. auch in die Gefäße des ZNS
- Vorkommen vor allem bei geschlossenen Frakturen langer Röhrenknochen; als Rarität sind Fettembolien bei Pankreatitis, Sichelzellanämie und Liposuktionen (Fettabsaugung) beschrieben
- Pathophysiologie
- Mechanische Okklusion der kleinen pulmonalen Gefäße mit Verschlechterung des Gasaustausches und Rechtsherzbelastung
- Entzündungsreaktion durch inflammatorische Zytokine, freie Fettsäuren und andere freie Radikale als Bestandteil des Embolus; dadurch kommt es zur Endothelschädigung und Gerinnungsaktivierung, auch eine systemische Verbrauchskoagulopathie ist möglich
- Auch die Mikrozirkulation anderer Organsysteme kann durch Fettembolien betroffen sein, bevorzugt die des ZNS
- Klinik (Gurd's criteria )
- Major-Kriterien
- Respiratorische Insuffizienz mit radiologischen Zeichen
- Petechialer Ausschlag
- Neurologische Symptome wie fokale sensomotorische Defizite, Verwirrtheit, Vigilanzstörung
- Minor-Kriterien
- Tachykardie
- Fieber
- Anämie
- Thrombopenie
- Hohe BSG
- Veränderungen des Augenhintergrundes (Petechien, Fetteinschlüsse)
- Nierenversagen (Anurie, Oligurie, Lipidurie)
- Nachweis von Fettaugen im Sputum
- Major-Kriterien
- Therapie
- Es gibt keine kausale Therapie
- Eine Antikoagulation und Glucocorticoide sind umstritten
- Supportive (intensivmedizinische) Maßnahmen inklusive maschineller Beatmung, Katecholamingabe und Volumengabe zur Überbrückung, bis die Auswirkungen der Embolisation ausheilen
Luftembolie
- Definition: Venöse Embolisation von Luft in die Lungenstrombahn
- Ätiologie
- Zentralvenöse Katheterisierung (Anlage und Entfernung)
- Akzidentelle Injektion durch fehlerhafte Infusionen bzw. Injektion von Luft in suizidaler Absicht
- Selten als Folge bronchoventrikulärer Fisteln oder im Rahmen von Operationen mit funktioneller Fistelbildung zwischen lufthaltigen Strukturen und Gefäßsystemen
- Klinik: Symptome wie bei einer „normalen“ Lungenembolie
- Arterielle Luftembolie
- Akute Herzinsuffizienz, Myokardinfarkt, Herzrhythmusstörungen
- Akutes Nierenversagen
- Fokale neurologische Defizite, Vigilanzstörung
- SIRS
- Arterielle Luftembolie
- Diagnostik: Echokardiographie mit Nachweis von Luft in den (rechten) Herzhöhlen.
- Therapie
- Lokale Kompression des vermuteten Eintrittsortes der Luft im Sinne eines nahezu „luftdichten“ Verschlusses zur Verhinderung einer weiteren Luftembolisation
- Supportive (intensivmedizinische) Maßnahmen inklusive maschineller Beatmung und Katecholamintherapie
- Hyperbare Sauerstofftherapie: Bei Auftreten arterieller Komplikationen (insb. neurologischer Symptome)
Palacos-Embolie
- Definition: Respiratorische Insuffizienz infolge mechanischer Knochenzement-Embolisation oder indirekter systemischer Effekte nach Knochenzement-Implantation
- Vorkommen: Nach orthopädischen Eingriffen mit Knochenzement
- Pathophysiologie: Direkte mechanische Embolisation und thermische Effekte bzw. eine immunologisch vermittelte Freisetzung vasoaktiver Substanzen, wahrscheinlich treten Palacos-Embolien häufig kombiniert mit Fettembolien auf
- Klinik
- Symptome einer „normalen“ Lungenembolie
- ARDS
- Diagnostik: Angio-CT des Thorax zum Nachweis mechanischer Embolisationen
- Therapie
- Supportive (intensivmedizinische) Maßnahmen inklusive maschineller Beatmung und Katecholamintherapie
- Ggf. interventionelle oder operative Entfernung des embolischen Knochenzements
Kodierung nach ICD-10-GM Version 2021
- T79.-: Bestimmte Frühkomplikationen eines Traumas, anderenorts nicht klassifiziert
- T79.0: Luftembolie (traumatisch)
- Exklusive: Luftembolie als Komplikation bei:
- Abort, Extrauteringravidität oder Molenschwangerschaft (O00–O07, O08.2)
- Schwangerschaft, Geburt oder Wochenbett (O88.0)
- Exklusive: Luftembolie als Komplikation bei:
- T79.1: Fettembolie (traumatisch)
- Exklusive: Fettembolie als Komplikation bei:
- Abort, Extrauteringravidität oder Molenschwangerschaft (O00–O07, O08.2)
- Schwangerschaft, Geburt oder Wochenbett (O88.8)
- Exklusive: Fettembolie als Komplikation bei:
- T79.0: Luftembolie (traumatisch)
- T80.-: Komplikationen nach Infusion, Transfusion oder Injektion zu therapeutischen Zwecken
- T80.0: Luftembolie nach Infusion, Transfusion oder Injektion zu therapeutischen Zwecken
- T81.-: Komplikationen bei Eingriffen, anderenorts nicht klassifiziert
- T81.7: Gefäßkomplikationen nach einem Eingriff, anderenorts nicht klassifiziert
- Luftembolie nach einem Eingriff, anderenorts nicht klassifiziert
- Exklusive:
- Embolie:
- als Komplikation bei:
- Abort, Extrauteringravidität oder Molenschwangerschaft (O00–O07, O08.2)
- Schwangerschaft, Geburt oder Wochenbett (O88.‑)
- durch Prothesen, Implantate und Transplantate (T82.8, T83.8, T84.8, T85.8‑)
- nach Infusion, Transfusion und Injektion zu therapeutischen Zwecken (T80.0)
- traumatisch (T79.0)
- als Komplikation bei:
- Embolie:
- T81.7: Gefäßkomplikationen nach einem Eingriff, anderenorts nicht klassifiziert
- T82.-: Komplikationen durch Prothesen, Implantate oder Transplantate im Herzen und in den Gefäßen
- O88.-: Embolie während der Gestationsperiode
- Exklusive: Embolie als Komplikation von Abort, Extrauteringravidität oder Molenschwangerschaft (O00–O07, O08.2)
- O88.0: Luftembolie während der Gestationsperiode
- O88.1: Fruchtwasserembolie
- Anaphylaktoides Syndrom der Schwangerschaft
- O88.28: Sonstige Thromboembolie während der Gestationsperiode
- Embolie o.n.A. im Wochenbett
- Embolie o.n.A. während der Gestationsperiode
- O88.3: Pyämische und septische Embolie während der Gestationsperiode
- O88.8: Sonstige Embolie während der Gestationsperiode
- Fettembolie während der Gestationsperiode
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2021, DIMDI.