Abstract
Das Prostatakarzinom ist der häufigste maligne Tumor des Mannes und zeigt eine steigende Inzidenz mit dem Alter. Im Frühstadium ist die Erkrankung asymptomatisch, weshalb sie meist nur im Rahmen einer Früherkennungsuntersuchung entdeckt wird. Diagnostisch sind die digital-rektale Untersuchung, die Bestimmung des PSA-Wertes und die sonografiegesteuerte, transrektale Prostatastanzbiopsie die Mittel der Wahl. Bei Verdacht auf einen fortgeschrittenen Befund kann zusätzlich eine Knochenszintigrafie indiziert sein, da eine ossäre Metastasierung häufig ist.
Aufgrund des oft hohen Alters der erkrankten Patienten müssen die verbleibende Lebenserwartung und die histologische Differenzierung des Tumors (sog. Gleason-Score) bei der Therapieplanung beachtet werden. Vor allem bei jüngeren Patienten stehen sich die radikale Prostatektomie und die Strahlentherapie gleichwertig gegenüber, während bei älteren Patienten auch verschiedene abwartende Verfahren möglich sind: Dabei gilt es, zwischen einem klassischen Abwarten („Watchful Waiting“) mit rein symptomatischer Behandlung und der engmaschigen Überwachung („Active Surveillance“) mit konsequentem Re-Staging und ggf. Übergang zu kurativen Maßnahmen bei Tumorprogression zu unterscheiden. Grundlagen dieser Strategien sind die im Vergleich zu anderen Malignomen meist langsame Wachstumsgeschwindigkeit sowie die gute Prognose des lokalisierten Prostatakarzinoms.
Epidemiologie
- Häufigkeit
- Häufigste Tumorerkrankung des Mannes
- Zweithäufigste Krebstodesursache des Mannes (nach Lungenkarzinom) [1]
- Inzidenz
- 60-Jährige: 50 Fälle/100.000 Einwohner pro Jahr
- 80-Jährige: Bis zu 400 Fälle/100.000 Einwohner pro Jahr
- Weltweit unterschiedliche Inzidenz: Hoch in Nordeuropa und den USA, seltener in Südostasien
- Lebenszeitprävalenz: 15% (für klinisch auffälliges Prostatakarzinom)
- Mittleres Erkrankungsalter: 70 Jahre
Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.
Ätiologie
Risikofaktoren
- Laut der Leitlinien der European Association of Urology gibt es drei Hauptrisikofaktoren für das Prostatakarzinom:
- Alter
- Lebensort
- Familiäre Prädisposition
Das Lebensalter ist der Hauptrisikofaktor für die Entstehung eines Prostatakarzinoms!
- Weitere Risikofaktoren
- Chronische Erkrankungen
- Metabolisches Syndrom
- Chronische Prostatitis
- Geschlechtskrankheiten
- Lebensstilfaktoren
- Ernährung: Fettreiche Produkte und Fleischprodukte, Selenmangel, fischfreie Kost etc.
- Nikotinkonsum
- Geografische Faktoren
- In Europa gibt es ein Nord-Süd-Gefälle: Es konnte gezeigt werden, dass die Mortalität des Prostatakarzinoms mit der Menge an UV-Strahlung abnimmt, also in Südeuropa geringer als in Nordeuropa ist
- Ethnie
- Schwarze Männer in den USA sind deutlich häufiger betroffen als Vergleichsgruppen mit weißer Hautfarbe
- Das Risiko für in den USA lebende Japaner entspricht dagegen dem der US-amerikanischen Bevölkerung
- Chronische Erkrankungen
Protektive Faktoren
- 5α-Reduktasehemmer (z.B. Finasterid)
- Tomatenreiche Kost
Klassifikation
TNM-Klassifikation des Prostatakarzinoms
TNM | Ausdehnung | Klinische Einteilung |
---|---|---|
T1 | Klinisch nicht erkennbarer Tumor: Weder tast- noch sichtbar
| Lokal begrenztes Prostatakarzinom |
T2 | Auf die Prostata beschränkt, Prostatakapsel intakt
| |
T3 | Extraprostatisches Tumorwachstum, Tumor durchbricht Prostatakapsel
| Lokal fortgeschrittenes Prostatakarzinom |
T4 | Infiltration von Nachbarorganen (über Samenblase hinaus): Harnblase, Rektum, Schließmuskel oder Beckenwand | |
N1 | Regionärer Lymphknotenbefall | Fortgeschrittenes bzw. metastasiertes Prostatakarzinom |
M1 | Fernmetastasen
|
UICC-Stadieneinteilung des Prostatakarzinoms
UICC-Stadium | TNM |
---|---|
Stadium I | Bis T2a |
Stadium II | T2b oder T2c |
Stadium III | T3 |
Stadium IV | T4 oder N1 oder M1 |
Risikostratifizierung nach D'Amico
Fortgeschrittene Tumoren gelten immer als Hochrisikotumoren, lokal begrenzte können weiter nach D'Amico stratifiziert werden.
- Voraussetzung: T<3 und M0 und N0
- Anwendung: Entscheidung über das weitere Vorgehen bei lokal begrenztem Tumor
Risiko | Kriterien für die Einteilung |
---|---|
gering |
|
mittel |
|
hoch |
|
Symptome/Klinik
Frühes Stadium
- Keine Symptome
- Zumeist Entdeckung im Rahmen der Vorsorgeuntersuchung
- Inzidentelles Prostatakarzinom: Etwa 10% der Prostatakarzinome werden als Zufallsbefund im Rahmen der histologischen Untersuchung von TUR-P-Präparaten (z.B. aufgrund eines benignen Prostatasyndroms) entdeckt
Spätes Stadium
- Harnverhalt
- Hämaturie
- Inkontinenz
- Impotenz
- Harnstauungsnieren
- Schmerzen in den Knochen (meist lumbosakral) bei ossärer Metastasierung
- Gewichtsverlust
Diagnostik
Früherkennung und Basisdiagnostik des Prostatakarzinoms
- Vorbemerkung: Der Wert der Früherkennungsmaßnahmen ist umstritten. Obwohl mehr Prostatakarzinome früh entdeckt und therapiert werden, hat sich bisher kein eindeutiger Vorteil für das Überleben gezeigt. Es ist davon auszugehen, dass durch die Früherkennung viele Patienten übertherapiert werden bzw. ein Teil der entdeckten Karzinome nicht symptomatisch geworden wäre. Daher wird (in den aktuellen Leitlinien) empfohlen, den Patienten über die Möglichkeit der Früherkennung zu informieren, ihn jedoch über die Vor- und Nachteile der Früherkennungsmaßnahmen aufzuklären. Männern, die nach der Aufklärung eine Früherkennungsmaßnahme wünschen, kann das Bestimmen des PSA-Wertes angeboten werden. Zusätzlich sollte eine digital-rektale Untersuchung durchgeführt werden.
Digital-rektale Untersuchung (DRU)
- Vorbemerkung: Die digital-rektale Untersuchung der Prostata ist eine Untersuchung mit niedriger Sensitivität (ca. 50–65%) und moderater Spezifität (ca. 75–90%; je nach Studie abweichende Zahlen) . Die DRU ist daher als alleinige Maßnahme zur Früherkennung als nicht ausreichend anzusehen.
- Indikation (im Zusammenhang mit dem Prostatakarzinom )
- Als jährliche Vorsorgeuntersuchung ab einem Alter von 45 Jahren
- Als Basisdiagnostik bei Verdacht auf ein Prostatakarzinom
- Tastbefund
PSA-Wert
- Grundlagen
- Indikation
- Als PSA-Screening zur Früherkennung des Prostatakarzinoms (wird nicht von den Krankenkassen bezahlt)
- Als Basisdiagnostik bei Verdacht auf ein Prostatakarzinom
- Als Verlaufsparameter in der Therapie von PSA-positiven Prostatakarzinomen
- Interpretation (bzw. als suspekt gelten)
- Veraltet: Die Prostata-spezifische saure Phosphatase wurde früher als Marker für das Prostatakarzinom verwendet, wurde aber durch PSA ersetzt
Ergänzende Diagnostik: Transrektale Sonografie (TRUS)
- Interpretation
- Ermöglicht keine sichere Aussage bezüglich der Dignität, da Tumorgewebe oft isoechogen ist
- Kann zusätzliche Hinweise geben, ob die Kapsel der Prostata von Tumorgewebe durchbrochen ist
- Suspekt sind
- Echoarme (oder auch echoreiche), unregelmäßig begrenzte Areale
- Verstärkte Durchblutung
- Ausdehnung der Veränderung an die Außenseite der peripheren Zone
Eine Erhöhung des PSA-Wertes ist beim Prostatakarzinom nicht obligat!
Falsch-positive Ergebnisse des PSA-Tests treten bei Entzündungen, Manipulationen und anderen Prozessen an der Prostata durch erhöhte Enzymfreisetzung auf!
Diagnosesicherung bei suspekten Befunden in der Basisdiagnostik
- Transrektale, sonografiegesteuerte Prostatastanzbiopsie
- Indikation: Zur histologischen Sicherung bei suspektem Tastbefund in der digital-rektalen Untersuchung, bei suspektem PSA-Befund bzw. -Verlauf oder bei klinischem Verdacht auf ein Prostatakarzinom
- Durchführung: Unter Lokalanästhesie, Antibiotikaprophylaxe (z.B. mit Fluorchinolonen) und sonografischer Kontrolle werden 10–12 Gewebezylinder über einen transrektalen Zugang entnommen
- Wiederholung der Biopsie (innerhalb von 6 Monaten): Empfohlen, bei
- Ausgedehnten Highgrade-PIN (Nachweis in mind. 4 Gewebeproben)
- Atypischer mikroazinärer Proliferation (ASAP)
- Suspekter PSA-Wert bzw. PSA-Verlauf
- Ergänzende bildgebende Diagnostik: MRT (Beurteilung der Dichteunterschiede und Anwendung von Vergleichsalgorithmen)
- Experimentelle Methoden
- PCA3-Test: Identifikation eines Karzinoms durch Analyse des Urins nach Prostatamassage
Weitere Staginguntersuchungen
- Abdomensonografie: Bspw. zur Abklärung von Lebermetastasen, Harnstauung
- Laparoskopische pelvine Lymphadenektomie: Bei Verdacht auf Lymphknotenmetastasierung (empfohlen ab T3 )
- Durchführung: I.d.R. Entnahme von mind. 10 pelvinen Lymphknoten
- Ganzkörperknochenszintigrafie: Zum Nachweis ossärer Metastasen
- Röntgen der Wirbelsäule: Bei Verdacht auf ossäre Metastasen
- Osteoblastische Metastasen stellen sich radiologisch als Verdichtungsherde (≤2 cm) im Spongiosabereich der Wirbelkörper dar
- MRT des kleinen Beckens: Zur Bewertung der Operabilität bei cT3/4 und bei unklarem Befund bezüglich einer möglichen Durchbrechung der Kapsel
Pathologie
Ursprungsgewebe
-
Zumeist Adenokarzinome mit mikroglandulärer Anordnung der Drüsen und Auskleidung mit hochprismatischem Epithel
- Expression von Zytokeratin und PSA
- Seltenere Tumoren der Prostata
- Kleinzelliges Prostatakarzinom
- Muzinöses Adenokarzinom
- Duktales Prostatakarzinom
- Urothelkarzinom
- Plattenepithelkarzinom
- Rhabdomyosarkom
- Leiomyosarkom
Zum Vergleich: Normalbefunde
Tumorlokalisation
-
Einteilung der Prostata nach McNeal in 5 Zonen
- Periurethrale Mantelzone, anteriore Zone, transitionale Zone, zentrale Zone und periphere Zone
- Tumor meist ausgehend von der Peripherzone der Prostata (Außenzone): ca. 85%
- Seltener Ursprung in Transitionalzone: ca. 15%
- Tumor in der Innenzone: Rarität
Gleason-Score
- Definition: Prognostischer Parameter, der auf der histologischen Beurteilung der Drüsenmorphologie der Prostata beruht.
- Je höher sein Wert, desto höher der Grad der Entdifferenzierung
- Der Gleason-Score errechnet sich aus der Addition zweier Gleason-Grade
- Zur mikroskopischen Einschätzung dient das Material einer Prostatastanzbiopsie oder eines Prostatektomiepräparats.
- Berechnung bei der Prostatastanzbiopsie: Der häufigste und der am schlechtesten differenzierte Gleason-Grad werden zusammengefasst
- Berechnung bei einem Prostatektomiepräparat: Addition des am häufigsten mit dem am zweithäufigsten vorkommenden Entdifferenzierungsgrad (Gleason-Grad)
- Erläuterung: Ein Gleason-Grad 1 entspricht einer kaum entarteten Drüse, ein Gleason-Grad 5 dagegen einer so weit entarteten Drüse, dass die Herkunft nicht mehr erkennbar ist. Bei Vorhandensein eines Prostatakarzinoms finden sich meist Drüsenformationen in ganz verschiedenen Entartungsstufen. Zur Bestimmung des Gleason-Scores im Falle eines Prostatektomiepräparats werden zunächst die beiden Drüsenformationen ermittelt, die sich in der histologischen Untersuchung des Resektats am häufigsten finden. Die Berechnung des Gleason-Scores erfolgt dann durch Addition des Gleason-Grades der Morphologien dieser beiden Drüsenformationen. Bei Überwiegen der Drüsenmorphologie des niedrigeren Grades wird der Score durch ein „a“ gekennzeichnet, bei Überwiegen des höheren Grades durch ein „b“.
- Beispiel
- Befund im Prostatektomiepräparat: Verschiedenste Drüsenformationen, wobei am häufigsten Formationen nachweisbar sind, die einem Gleason-Grad 3 entsprechen. Am zweithäufigsten werden Formationen gefunden, die einem Gleason-Grad 4 entsprechen.
- Ergebnis: Gleason-Score: 3 + 4 = Gleason 7; Überwiegen des niedrigen Grades = Gleason 7a
Der Gleason-Score wird bei der histologischen Aufarbeitung eines Prostatektomiepräparats anders berechnet als bei der Prostatastanzbiopsie!
Der Gleason-Score dient der histopathologischen Einteilung des Adenokarzinoms der Prostata – entscheidend hierfür ist die Drüsenmorphologie!
Gleason-Grad | Morphologie |
---|---|
1 | Gut umschriebene, mikroskopisch gleich aussehende Drüsenformationen ohne Stromainvasion |
2 | Gleiche bis leicht variable Drüsenformationen mit geringer Stromainvasion |
3 | Variable Drüsenformationen mit Stromainvasion der Drüsenzellen, einzelne Drüsen aber noch identifizierbar |
4 | Drüsen nicht mehr einzeln identifizierbar, Drüsenherkunft anhand des kribriformen Wachstumsmusters noch erkennbar |
5 | Drüsenherkunft nicht mehr erkennbar, strang- oder haufenartiges Zellwachstum und Tumorzellnester mit zentraler Nekrose |
Der Gleason-Score der Stanzbiopsie errechnet sich durch „the most“ + „the worst“!
Differenzialdiagnosen
- Tumoren anderer Genese
- Benigne Prostatahyperplasie (BPH)
- Prostatitis
Histologische Differenzialdiagnose: Prostatische intraepitheliale Neoplasie (PIN)
- Kurzbeschreibung
- Prostatische intraepitheliale Neoplasien (PIN) gelten als Vorstufen des Prostatakarzinoms
- Je nach pathologischem Befund: Aufteilung in Low- und High-Grade-Neoplasie
- Pathologischer Befund: Reguläre Prostatadrüsen mit einzelnen dysplastischen Zellen
- Vorgehen: Bei High-Grade-PIN in ≥4 Stanzen oder atypischer mikroazinärer Proliferation (ASAP) Wiederholung der Stanzbiopsie innerhalb von 6 Monaten
AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differenzialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Therapie
Neben konkreten Behandlungsmaßnahmen (Operation, Bestrahlung) steht im frühen Stadium des Prostatakarzinoms auch ein abwartendes Konzept zur Auswahl (sog. „Active Surveillance“). Bei diesem Ansatz erfolgt eine engmaschige Überwachung mit Re-Staging und erst bei stattgefundener Tumorprogression die Einleitung einer Therapie. Eine palliative Behandlungsstrategie ist angezeigt bei Vorliegen von Fernmetastasen, sollte aber auch bei einer tumorunabhängigen Lebenserwartung ≤10 Jahren oder auf Patientenwunsch erwogen werden. Auch hier kann zunächst abgewartet und erst beim Auftreten von Symptomen eine Behandlung eingeleitet werden (sog. „Watchful Waiting“).
Zusammenfassung der Therapie [2][3]
Therapie bei nicht-metastasiertem Prostatakarzinom
-
Liegen keine Fernmetastasen vor, kann der Patient zwischen zwei gleichberechtigten kurativen Therapieoptionen entscheiden
- Radikale Prostatektomie
- Meist in Kombination mit einer Lymphadenektomie
- Bei Lymphknotenbefall
- Bei positiven Schnitträndern (R1-Resektion) in Kombination mit einer Bestrahlung des Tumorbetts
- Externe Bestrahlung (mit ca. 74–80 Gy)
- Ab mittlerem Risikoprofil (nach D'Amico) oder Lymphknotenbefall in Kombination mit einer Hormontherapie
- Präzise Durchführung mittels IGRT (Image-guided Radiotherapy)
- Radikale Prostatektomie
-
Für Patienten mit einem lokal begrenzten Prostatakarzinom mit niedrigem Risikoprofil (nach D'Amico) gibt es darüber hinaus alternative Therapiestrategien
- LDR-Brachytherapie mit Implantation von 125Iod-Seeds
- Active Surveillance
- Siehe auch: Detaillierte Therapie des Prostatakarzinoms
Therapie bei metastasiertem Prostatakarzinom
-
Patienten mit Fernmetastasen oder einer tumorunabhängigen Lebenserwartung ≤10 Jahren
- Hormontherapie (bzw. kombinierte Hormon-Chemotherapie, Details siehe unten) oder Watchful Waiting
- Zusätzlich palliative Behandlung bei Beschwerden oder Knochenmetastasen
- Siehe auch: Detaillierte Therapie des Prostatakarzinoms
Erläuterungen und Details von Therapieoptionen
Active Surveillance bei Prostatakarzinom
- Konzept: Durch ein zunächst abwartendes Vorgehen mit regelmäßigen Kontrolluntersuchungen soll ein Tumorprogress früh festgestellt werden, um erst dann eine kurative Therapie einzuleiten
- Vorteil: Unerwünschte Therapiefolgen können eventuell vermieden werden, da nicht jedes entdeckte Prostatakarzinom auch direkt behandlungsbedürftig ist
- Nachteil: Risiko der nicht-rechtzeitigen Therapie
- Indikation (alle müssen erfüllt sein)
- Patientenwunsch nach Aufklärung über Vor- und Nachteile aller möglichen Therapien
- Lokal begrenzter Tumor mit geringem Risikoprofil (nach D'Amico)
- Kleine Tumormasse in der Stanzbiopsie: ≤2 tumortragende Stanzen mit jeweils ≤50% Tumor pro Stanze
- Durchführung
- Engmaschige Überwachung mit Re-Staging
- Digital-rektale Untersuchung und PSA-Bestimmung alle 3 Monate in den ersten 2 Jahren (bei stabilem PSA erneute Bestimmung nur alle 6 Monate)
- Re-Biopsie nach 6 Monaten, anschließend in den ersten 3 Jahren alle 12–18 Monate, danach bei stabilem Befund alle 3 Jahre
- Einleitung einer kurativen (selten auch palliativen) Therapie erst bei Tumorprogression
- PSA-Verdopplungszeit unter 3 Jahren
- Indikationskriterien nicht mehr erfüllt
- Engmaschige Überwachung mit Re-Staging
Radikale Prostatektomie
- Synonym: Radikale Prostatovesikulektomie
- Zugangsweg: Retropubisch, perineal oder laparoskopisch
- Durchführung
- Entfernung der Prostata einschließlich Kapsel, Samenblasen und der prostatanahen Anteile der Samenleiter sowie anschließende Anastomosierung des Blasenhalses mit dem Harnröhrenstumpf
- Meist zusätzlich Lymphadenektomie
- Postoperativ: Verlaufskontrolle des PSA-Werts
- Sollte unterhalb der Nachweisgrenze liegen
- Komplikationen der radikalen Prostatektomie (oder Radiatio)
- Belastungsinkontinenz (zweithäufigste Therapiefolge nach Sterilität)
- Erektile Dysfunktion (in ca. 50–70% der Fälle)
- Anastomosenstrikturen
- Anastomoseninsuffizienz (in ca. 5%)
- Lymphozele
Da bei der radikalen Prostatektomie die Samenleiter durchtrennt werden, besteht anschließend immer eine Sterilität!
Hormontherapie (Androgendeprivation)
- Mögliche Verfahren
- Mittel der Wahl: Chemische Kastration durch GnRH-Analoga (z.B. Buserelin) oder GnRH-Blocker (z.B. Abarelix)
- Kombination mit nicht-steroidalen Androgen-Rezeptor-Antagonisten (z.B. Flutamid oder Cyproteronacetat) zur vollständigen Androgenblockade möglich
- Alternativ: Operative Kastration (beidseitige Orchiektomie)
- Mittel der Wahl: Chemische Kastration durch GnRH-Analoga (z.B. Buserelin) oder GnRH-Blocker (z.B. Abarelix)
- Zusätzlich wenn möglich Chemotherapie mit Docetaxel
- Optionen bei Progress trotz Kastration: Abirateron , Chemotherapie mit Docetaxel, Enzalutamid (Androgenrezeptorblocker) , Immuntherapie mit Sipuleucel-T
Watchful Waiting bei Prostatakarzinom
- Konzept: Palliative Strategie, bei der ggf. ein noch möglicher kurativer Ansatz aufgrund der tumorunabhängigen Lebenserwartung ≤10 Jahre unberücksichtigt bleibt
- Vorteil: Unerwünschte Therapiefolgen können eventuell vermieden werden, da das Prostatakarzinom nicht unbedingt die Lebensqualität und/oder -erwartung beeinflusst
- Nachteil: Mögliche Fehleinschätzung der Bedrohung durch das Prostatakarzinom bzw. der tumorunabhängigen Lebenserwartung
Detaillierte Therapie nach Tumorausdehnung und Risikoeinteilung
Kurative Therapieoptionen[2][3]
Ausdehnung bzw. Stadium | Kriterien | Therapieoptionen |
---|---|---|
Lokal begrenztes Prostatakarzinom und geringes Risikoprofil (nach D'Amico) |
| Patient und Arzt können gemeinsam zwischen folgenden Optionen wählen:
|
Lokal fortgeschrittenes Prostatakarzinom oder mittleres bzw. hohes Risikoprofil (nach D'Amico) |
| Patient und Arzt können gemeinsam zwischen folgenden Optionen wählen:
|
Rezidiv mit kurativer Intention |
|
Palliative Therapieoptionen [2][3]
Einteilung | Therapieoptionen | |
---|---|---|
Nicht-metastasiertes Prostatakarzinom |
| Patient und Arzt können gemeinsam zwischen folgenden Optionen wählen:
|
Metastasiertes Prostatakarzinom |
|
|
Komplikationen
- Metastasen
- Lokale Metastasierung in die pelvinen Lymphknotenstationen
- Knochenmetastasen
- Häufigster Ort der Filialisierung
- Klinik: Schmerzen (v.a. lumbosakrale Wirbelsäule) und pathologische Frakturen
- Pathologie: Es handelt sich überwiegend um osteoblastische Metastasen, aber auch osteolytische oder gemischt osteoblastisch-osteolytische Metastasen kommen vor
- Sonderform: Okkultes Prostatakarzinom = Prostatakarzinom, das nicht durch den Primärtumor, sondern durch die klinischen Symptome oder diagnostischen Befunde von Tumormetastasen (z.B. Rückenschmerzen bei ossären Metastasen) entdeckt wurde
- Komplikationen der Therapie
Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.
Prognose
- Prognostisch bedeutsame Faktoren sind:
- Gleason-Score
- TNM-Kategorie
- Resektionsränder bei OP
Tumorspezifische Mortalität unter palliativer Therapie | |
---|---|
Gleason-Score | Mortalität |
≤6 | <25% |
7 | 50% |
≥8 | >75% |
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Patienteninformationen
- Prostatakarzinom
- Früherkennung
- Frühstadium
- Spätstadium
Kodierung nach ICD-10-GM Version 2023
- C61: Bösartige Neubildung der Prostata
- D07.-: Carcinoma in situ sonstiger und nicht näher bezeichneter Genitalorgane
- D40.-: Neubildung unsicheren oder unbekannten Verhaltens der männlichen Genitalorgane
- D40.0: Prostata
- Z12.-: Spezielle Verfahren zur Untersuchung auf Neubildungen
- Z12.5: Spezielle Verfahren zur Untersuchung auf Neubildung der Prostata
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2023, DIMDI.