Abstract
Koronararterielle Bypässe werden verwendet, wenn eine Stenosierung im Bereich der Koronararterien die adäquate arterielle Versorgung des Myokards gefährdet. Entsprechende Stenosierungen entstehen zumeist im Rahmen einer Atherosklerose, die koronararterielle Bypasschirurgie ist daher eine symptomatische Therapie. Klassischerweise erfolgt über eine Thorakotomie am kardioplegisch stillgelegten Herzen eine Revaskularisation mittels aortokoronarem Bypass (ACB), optimalerweise als arterieller Bypass unter Verwendung der A. thoracica interna, alternativ auch als Venenbypass (ACVB). Der Bypass mittels arterieller Gefäße zeigt hierbei bessere Langzeitergebnisse als der mittels venöser Gefäße. Komplikationen sind neben allgemeinen Operationsrisiken insb. ein Verschluss des Bypasses sowie das Postkardiotomiesyndrom.
Definition
- Aortokoronarer Bypass (ACB): Revaskularisierungsverfahren unter Umgehung einer Stenose mittels Graft-Gefäß, das die Aorta mit einer Koronararterie verbindet
Als Graft-Gefäß können sowohl Arterien als auch Venen verwendet werden, wobei arterielle Bypässe bessere Langzeitergebnisse erzielen!
Indikation
Die Operationsindikation zur Durchführung eines aortokoronaren Bypasses (ACB) ist nach sorgfältiger Abwägung der klinischen Beschwerden, der Befunde der Koronarangiographie, der kardialen Funktion und des Allgemeinzustandes des Patienten zu stellen. Die präoperative Risikostratifizierung kann durch klinische Scores wie den EuroSCORE II , STS-Score [1] und SYNTAX-Score [2] unterstützt werden [3].
- Bei persistierender Symptomatik trotz optimaler konservativer Therapie: Jede Stenose >50%
- Hauptstammstenose der linken Koronararterie >90% (bzw. >50% )
- Proximale RIVA-Stenose >50%
- Stenose >50% in der letzten verbliebenen offenen Koronararterie
- Zwei- oder Dreigefäßerkrankung mit Stenosen je >50% und LVEF ≤35%
- Nachweis eines großen Ischämiegebietes (Einschränkung der linksventrikulären Funktion >10% und/oder FFR <0,75)
Kontraindikation
- Reduzierte Lebenserwartung
- Komorbiditäten (COPD, pulmonale Hypertonie, Systemerkrankungen etc.)
- Alternativintervention: PCI
Es werden die wichtigsten Kontraindikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.
Ablauf/Durchführung
- Grundprinzip
- Thorakotomie (standardmäßig als komplette mediane Sternotomie) → Erstellung eines extrakorporalen Kreislaufs (Herz-Lungen-Maschine) → Kardioplegische Stilllegung des Herzens → Anastomosierung der Bypassgefäße distal der Stenose der Koronararterie unter Verwendung autologer Gefäße
- Revaskularisationsmöglichkeiten
- Arterieller Bypass
- Bessere Prognose und Offenheitsrate als bei Venenbypass [4]
- A. thoracica interna
- Gute Zugänglichkeit, räumliche Nähe zum Herzen
- LIMA-Bypass
- Verwendung der A. thoracica interna sinistra (LIMA)
- Die linke A. thoracica interna ist aufgrund der räumlichen Nähe besonders gut zur Überbrückung von Stenosen des Ramus interventricularis anterior (RIVA) geeignet
- Arteria radialis
- Zuvor Allen-Test durchführen
- Nachweis einer ausreichenden arteriellen Versorgung der Hand
- Abdrücken beider versorgender Arterien → Wiederholter Faustschluss → Einzelne "Öffnung" der beiden Arterien → Prüfung der Kollateralversorgung über die Hohlhandbögen (Arcus palmaris superficialis und Arcus palmaris profundus)
- Zuvor Allen-Test durchführen
- Aortokoronarer Venenbypass (ACVB)
- 1. Wahl: Vena saphena magna
- Alternative: Vena saphena parva
- Arterieller Bypass
- Neuere Verfahren: Minimalinvasive Verfahren; Operation über partielle Sternotomie; Operation am schlagenden Herzen
Komplikationen
Ein koronarer Bypass ist eine symptomatische Therapie, keine kurative. Die i.d.R. zugrunde liegende Atherosklerose (bzw. deren kardiale Folgeerscheinungen wie die KHK) müssen unbedingt behandelt werden.
- Postkardiotomie-Syndrom: Nach 1–6 Wochen Entwicklung einer autoimmunen fieberhaften Perikarditis oder Pleuritis möglich
- Verschluss des Bypasses
- Postoperative Herzbeuteltamponade mit kardiogenem Schock
Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.
Nachbehandlung
- Temporäre duale Thrombozytenaggregationshemmung (siehe: Antithrombozytäre Therapie bei KHK)
- Danach im Allgemeinen Umstellung auf antithrombozytäre Monotherapie lebenslang
- Therapie der Grunderkrankung (im Allgemeinen KHK) und Reduktion der kardiovaskulären Risikofaktoren
Fahrtauglichkeit nach koronarer Bypass-Operation
- Zur Fahrtauglichkeit bei KHK siehe auch:
- Siehe auch für Empfehlungen zur Fahrtauglichkeit im Rahmen weiterer kardiovaskulärer Erkrankungen:
- Fahrtauglichkeit nach Synkope
- Fahrtauglichkeit bei Herzrhythmusstörungen
- Fahrtauglichkeit bei Herzschrittmacher und ICD
- Fahrtauglichkeit bei Herzinsuffizienz
- Fahrtauglichkeit bei arterieller Hypertonie
- Fahrtauglichkeit bei Herzklappenerkrankungen
- Fahrtauglichkeit bei pAVK
- Fahrtauglichkeit bei Aortenaneurysma
- Fahrtauglichkeit bei hypertropher Kardiomyopathie
Studientelegramme zum Thema
- Studientelegramm 20-2018-2/3: Mortalitätsraten nach PCI vs. Bypass-Operation: Ermöglicht eines der Verfahren einen Überlebensvorteil?
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