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Ikterus und Cholestase

Letzte Aktualisierung: 12.5.2023

Abstracttoggle arrow icon

Ikterus bezeichnet die Verfärbung von sichtbaren Geweben durch die Einlagerung von Bilirubin. Häufig kommt es hierbei zu einer gelblichen Verfärbung des Hautkolorits oder der Skleren (ab 2 mg/dL). Eine Hyperbilirubinämie kann vielfältige Ursachen haben, die sich grundsätzlich in prähepatische Ursachen (vermehrter Anfall von Bilirubin) und cholestatische Ursachen auf intra- und posthepatischer Ebene (verminderte Gallenbildung, -sekretion oder gestauter Gallenabfluss) untergliedern lassen. Klinisch zeigen sich neben der Gelbfärbung typischerweise ein starker Juckreiz sowie bei cholestatischer (stauungsbedingter) Ursache oftmals eine Entfärbung des Stuhls mit Dunkelfärbung des Urins. Die Diagnostik umfasst u.a. die Laborchemie (u.a. Cholestaseparameter, Leberwerte, Hämolysezeichen) und die Bildgebung (z.B. Sonografie der Gallenwege). Die Behandlung richtet sich nach der Grunderkrankung – der häufig sehr belastende Pruritus kann auch symptomatisch durch Gabe von Cholestyramin, Opioidantagonisten oder Ursodesoxycholsäure gelindert werden.

Definitiontoggle arrow icon

  • Ikterus (von altgriech. íkterus = „Gelbsucht“): Durch Bilirubinablagerung verursachte Gelbfärbung von Haut/Schleimhaut und Skleren
    • Sklerenikterus: Bei Serumbilirubinwerten >2 mg/dL
    • Hautikterus: Bei Serumbilirubinwerten >3 mg/dL
  • Pseudoikterus: Farbstoffablagerungen, z.B. durch wiederholten, übermäßigen Karottengenuss
  • Cholestase: Pathophysiologische Bezeichnung für jede Störung der Gallenbildung bzw. -sekretion (nicht-obstruktive intrahepatische Cholestase) oder für Störungen des Gallenabflusses, sowohl in der Leber (obstruktive intrahepatische Cholestase) als auch zwischen Leber und Duodenum (obstruktive extrahepatische bzw. posthepatische Cholestase)

Ätiologietoggle arrow icon

Ikterus ist ein Leitsymptom, das Ausdruck vieler verschiedener Erkrankungen sein kann, bei denen es zu einer äußerlich sichtbaren Bilirubinerhöhung im Blut kommt. Zur Einteilung der Ursachen eines Ikterus gibt es verschiedene Ansätze, wobei klassischerweise nach dem Ort der ursächlichen Störung in prä-, intra- und posthepatische Formen unterteilt wird. Bei einem prähepatischen Ikterus kommt es also zu einem Bilirubin-Anstieg, dessen Ursache „vor der Leber“ liegt (bspw. Hämolyse), wohingegen die Ursache beim intra- und posthepatischen Ikterus „in“ bzw. „hinter der Leber“ liegt – dabei handelt es sich immer um eine obstruktive oder nicht-obstruktive Cholestase.

Die ätiologische Einteilung der cholestatischen Erkrankungen kann wiederum nach verschiedenen Gesichtspunkten erfolgen (u.a. nach Anatomie, Pathophysiologie, zeitlichem Verlauf), allerdings hat sich eine kombinierte Einteilung bewährt, wobei der Übergang zwischen den verschiedenen Cholestase-Formen mitunter fließend ist.

Die folgende Einteilung möglicher Ursachen eines Ikterus berücksichtigt sowohl den Ort der ursächlichen Störung (prä-/intra-/posthepatisch) als auch die verschiedenen Cholestaseformen, die einem intra- bzw. posthepatischen Ikterus zugrunde liegen können.

Ein Ikterus muss nicht zwangsläufig mit einer Cholestase einhergehen, sondern kann auch prähepatische Ursachen haben. Umgekehrt schließt ein fehlender Ikterus eine Cholestase nicht aus, da bspw. im Frühstadium einer Cholestase mitunter noch kein Ikterus auftritt!

Pathophysiologietoggle arrow icon

Einem Ikterus liegt ein erhöhtes Serumbilirubin zugrunde. Das Serumbilirubin spiegelt das Gleichgewicht aus Bilirubinproduktion und hepatobiliärer Ausscheidung wider. Die Ursachen können auf prähepatischer, hepatischer und posthepatischer Ebene liegen.

  • Anstieg unkonjugiertes (indirektes) Bilirubin
  • Anstieg konjugiertes (direktes) Bilirubin
    • Beeinträchtigte Ausscheidung über die Gallenwege
    • Rückdiffusion

Symptome/Kliniktoggle arrow icon

  • Klinisch kann es bei cholestatischen Erkrankungen neben einem Ikterus je nach Genese auch zu folgenden Symptomen kommen:
    • Entfärbte (acholische) Stühle
    • Dunkler Urin
    • Pruritus
    • Ggf. Fettmalabsorption (Steatorrhö, Gewichtsverlust)

Diagnostiktoggle arrow icon

Laborchemie

Quotient <0,7 (bis 1) = „Entzündungstyp“ ≥1 = „Nekrosetyp“
Mögliche Ursachen

Merkspruch: „AST > ALT bei Schwerer Leberzellschädigung (Quotient >1). ALT > AST bei Leichter Leberzellschädigung (Quotient <1)“

AST findet sich auch in der Skelett- und Herzmuskulatur, sodass differenzialdiagnostisch auch Muskelerkrankungen und insbesondere ein Myokardinfarkt bei einem Quotienten ≥1 bedacht werden müssen!

Bildgebung

Differenzialdiagnostik Ikterus

Klassischerweise werden beim Ikterus gemäß seiner Ursachen prä-, intra- und posthepatische Formen unterschieden. Allerdings beinhalten die intrahepatischen Ursachen eine sehr inhomogene Gruppe an Erkrankungen, die sich in ihrem klinischen Bild stark unterscheiden. Die klassischen Befunde des intrahepatischen Ikterus beziehen sich dabei auf nicht-obstruktive cholestatische Erkrankungen. Mechanisch-obstruktive Erkrankungen auf intrahepatischer Ebene stellen eine Übergangsform dar, zeigen aber aufgrund ihrer Pathophysiologie eher die Befundkonstellation des posthepatischen Ikterus.

Genese Stuhlfarbe Indirektes Bilirubin im Serum Direktes Bilirubin im Serum Bilirubin im Urin Urobilinogen im Urin Weitere wegweisende Befunde
Prähepatischer Ikterus Prähepatische Erkrankungen (z.B. Hämolyse) Dunkel ↑↑ Normal Normal ↑↑ (keine Dunkelfärbung des Urins , allerdings brauner Urin bei Hämoglobinurie möglich)
Intrahepatischer Ikterus Nicht-obstruktive Cholestase (z.B. Leberversagen bei Hepatitis, Schock) Hell (selten dunkel)

(Urinfarbe dunkel) Normal oder ↑
Posthepatischer Ikterus Mechanisch-obstruktive Cholestase (z.B. Choledocholithiasis) Hell Normal ↑↑ ↑↑ (Urinfarbe sehr dunkel) Normal (bzw. sogar ↓ )

Differenzialdiagnosentoggle arrow icon

Weitere Ursachen von Pruritus (siehe dort).

AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differenzialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Therapietoggle arrow icon

Komplikationentoggle arrow icon

  • Komplikationen der jeweiligen Grunderkrankung
  • Komplikationen der Cholestase
    • Hepatomegalie: Durch über längere Zeit bestehenden Gallenrückstau kommt es zu einer Entzündungsreaktion
  • Bei Neugeborenen besteht die Gefahr eines Kernikterus

Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.

Meditrickstoggle arrow icon

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Hyperbilirubinämie und Ikterus

Hyperbilirubinämie und Ikterus – Teil 1

Hyperbilirubinämie und Ikterus – Teil 2

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Quellentoggle arrow icon

  1. Dietel et al.: Harrisons Innere Medizin (2 Bände). 16. Auflage ABW Wissenschaftsverlagsgesellschaft 2005, ISBN: 978-3-936-07229-7.
  2. Flasnoecker (Hrsg.): TIM, Thieme's Innere Medizin. 1. Auflage Thieme 1999, ISBN: 978-3-131-12361-9.
  3. Laborlexikon.de.. Abgerufen am: 1. Januar 2012.
  4. Gressner, Arndt: Lexikon der Medizinischen Laboratoriumsdiagnostik. 2. Auflage Springer 2012, ISBN: 978-3-642-12920-9.
  5. Dancygier: Klinische Hepatologie. Springer 2013, ISBN: 978-3-642-55902-0.
  6. Gerok: Die Innere Medizin. 11. Auflage Schattauer 2007, ISBN: 978-3-794-52222-4.
  7. Herold et al.: Innere Medizin 2020. Herold 2020, ISBN: 978-3-981-46609-6.

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