Abstract
Die dilatative Kardiomyopathie (DCM) kann primär (idiopathisch) oder sekundär durch z.B. ischämische oder valvuläre Herzschädigung entstehen und manifestiert sich durch eine Druck- bzw. Volumenbelastung mit enddiastolischer Druckerhöhung im linken Ventrikel und Vorhof. Durch Einschränkung der Kontraktionsfähigkeit mit systolischer Auswurfschwäche entsteht ein Rück- und Vorwärtsversagen mit typischen Symptomen der Linksherzinsuffizienz. Echokardiographisch zeigt sich eine Vergrößerung von linkem Vorhof und Ventrikel mit verminderter Auswurffraktion (LVEF↓).
Die Behandlung umfasst vor allem die medikamentöse Therapie der resultierenden (Links‑)Herzinsuffizienz (z.B. mit ACE-Hemmern und Diuretika). Bei höhergradiger DCM ist die Implantation eines kardialen Defibrillators (ICD) oder eine Herztransplantation indiziert. Insgesamt besitzt die DCM jedoch eine schlechte Prognose – die 10-Jahres-Überlebensrate liegt nur bei 10–15%.
Epidemiologie
- Häufigste Kardiomyopathie
- Inzidenz: 6 Fälle/100.000 Einwohner pro Jahr
- Geschlecht: ♂ > ♀ (3:1)
Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.
Ätiologie
Primäre Genese
- Idiopathisch (ca. 50%)
Sekundäre Genese
- Koronare Herzkrankheit
- Arterielle Hypertonie
- Vitien
- Virusinfektionen des Myokards
-
Genetische Disposition
- Genmutation mit familiärer Häufung
- Autoimmunerkrankungen
-
Chemische Noxen
- Alkoholabusus
- Kokain
- Kardiotoxische Medikamente (Doxorubicin)
- Mangelernährung
- Thiaminmangel
- Selenmangel
Pathophysiologie
Aufgrund einer strukturellen Veränderung primärer oder sekundärer Genese kommt es zu einer verminderten Kontraktionsfähigkeit des Herzmuskels. Dadurch entsteht eine Druck- bzw. Volumenbelastung mit enddiastolischer Druckerhöhung im linken Ventrikel und Vorhof mit reduzierter linksventrikulärer Ejektionsfraktion.
Symptome/Klinik
- Frühzeichen: Palpitationen, Belastungsdyspnoe, thorakales Druckgefühl
- Im Verlauf
- Progrediente Linksherzinsuffizienz
- Rückwärtsversagen: Lungenstauung / Lungenödem → Dyspnoe
- Vorwärtsversagen: Minderdurchblutung der Peripherie → periphere Zyanose
- Kombinierte Links- und Rechtsherzinsuffizienz (Globalinsuffizienz)
- Relative Mitralklappeninsuffizienz
- Progrediente Linksherzinsuffizienz
Diagnostik
- EKG
- Prognostisch ungünstig: Linksschenkelblock
- Labor
- BNP-Bestimmung (Herzinsuffizienzparameter)
- Autoantikörpersuche
- Echokardiographie
- Dilatation von linkem Vorhof und Ventrikel
- Reduzierte linksventrikuläre Ejektionsfraktion
- Wandbewegungsstörungen
- Thrombenausschluss
- Röntgen-Thorax
- Kardiomegalie mit Abrundung der Herzspitze → sog. Holzschuh-Form des Herzens
- Pulmonale Stauungszeichen
- Endomyokardbiopsie (siehe Pathologie)
Pathologie
- Makroskopie
- Histologie (idiopathische DCM)
- Interstitielle Fibrose ohne interstitielle Entzündung
- Insbesondere subendokardial > subepikardial
- Kaliberschwankungen der Kardiomyozyten
- Kernatypien
Therapie
- Allgemeinmaßnahmen
- Meidung kardiotoxischer Noxen
- Schonung
- Flüssigkeitsrestriktion
- Medikamentös
- Therapie der Herzinsuffizienz
-
Antikoagulation
- Weitere Hinweise und Empfehlungen siehe therapeutische Antikoagulation - klinische Anwendung
- Therapie der zugrundeliegenden Erkrankung (Immunsuppression, Viruselimination)
- Interventionell/operativ
- Bei LVEF <35%: ICD-Implantation zur Prävention des plötzlichen Herztodes durch Kammerflimmern
- Hauptindikation für Herztransplantation
Komplikationen
- Progrediente Linksherzinsuffizienz → Globalinsuffizienz
- Systemische Thromboembolien → Schlaganfall, Lungenembolie, Mesenterialinfarkt
- Ventrikuläre Tachykardien → Kammerflimmern
- Plötzlicher Herztod
Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.
Prognose
- 10-Jahres-Überlebensrate: 10–15%
Kodierung nach ICD-10-GM Version 2021
- I42.-: Kardiomyopathie
- Exklusive: Ischämische Kardiomyopathie (I25.5); Kardiomyopathie als Komplikation bei: Schwangerschaft (O99.4), Wochenbett (O90.3)
- I42.0: Dilatative Kardiomyopathie
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2021, DIMDI.