Zusammenfassung
Die myotonen Dystrophien und die nicht-dystrophen Myotonien sind heterogene Gruppen von Erkrankungen, deren gemeinsames Merkmal eine verzögerte Muskelrelaxation (Myotonie) ist. Die Betroffenen nehmen dies v.a. als Steifigkeit wahr. Die Myotonie ist bei den verschiedenen Formen unterschiedlich stark ausgeprägt: Bei den relativ häufigen myotonen Dystrophien handelt es sich um Multisystemerkrankungen, bei denen meist Paresen und extramuskuläre Symptome im Vordergrund stehen. Die Myotonie selbst ist häufig von untergeordneter Bedeutung oder fehlt klinisch. Bei den seltenen nicht-dystrophen Myotonien hingegen ist die Myotonie das Leitsymptom.
Die Diagnostik umfasst sowohl den Nachweis der myotonen Reaktion (klinisch und im EMG) als auch die Bestätigung mittels molekulargenetischer Diagnostik. Eine kausale Therapie existiert für keine der Erkrankungen. Im Vordergrund stehen die bedarfsgerechte Versorgung mit Hilfsmitteln und Physiotherapie. Selten ist die myotone Symptomatik derart ausgeprägt, dass sie medikamentös behandelt werden muss. Bei den myotonen Dystrophien ist häufig eine Behandlung von Begleiterkrankungen (u.a. Katarakt, Herzrhythmusstörungen und Diabetes mellitus) notwendig.
Definition
Grundlegende Begriffe
- Myotonie: Verzögerte Muskelrelaxation nach aktiver Bewegung [1]
- Initiierung einer Bewegung ungestört, Beendigung aber nur verzögert möglich
- Bei passiver Bewegung: Keine Tonuserhöhung
- Muskeldystrophie: Störung des Muskelaufbaus mit möglicher Muskelschwäche und -atrophie
Myotone Dystrophien und nicht-dystrophe Myotonien gehen mit einer mehr oder weniger ausgeprägten Myotonie einher – anders als die progredienten Muskeldystrophien!
Erkrankungen mit Myotonie
- Myotone Dystrophien: Multisystemerkrankungen infolge von Nukleotid-Repeat-Expansionen mit Paresen, myotoner Symptomatik und Begleitmanifestationen
- Nicht-dystrophe Myotonien: Ionenkanalerkrankungen (muskuläre Kanalopathien) mit myotoner Symptomatik und teilweise auch passagerer Schwäche
Allgemeine Diagnostik
- Anamnese, insb.
- Familienanamnese
- Hinweise auf vorangegangene Symptomatik/Auffälligkeiten in Kindheit/Jugend
- Neurologische Untersuchung mit Fokus auf Motorik (siehe auch: Neurologische Untersuchung der Motorik)
- Klinischer Nachweis der myotonen Reaktion
Myotone Dystrophien
- Ursache: Erkrankungen infolge von Nukleotid-Repeat-Expansionen
- Prävalenzen beider Erkrankungen: Jeweils etwa 3 Fälle/100.000 Personen (damit häufigste Erkrankungen mit Myotonie und häufigste Muskelerkrankungen) [2]
| Myotone Dystrophien [1] | |||
|---|---|---|---|
| Typ 1 (DM1; Typ Curschmann-Steinert) | Typ 2 (DM2; proximale myotone Myopathie, PROMM) | ||
| Ätiologie |
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| Manifestationsalter |
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| Muskuläre Symptome | Paresen und Myatrophien |
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| Myotonie |
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| Myalgien |
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| Extramuskuläre Manifestationen | |||
| Herz |
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| ZNS |
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| Endokrinum |
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| Diagnostik |
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| Therapie |
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| Prognose |
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Myotone Dystrophie Typ 1 (DM1; Typ Curschmann-Steinert)
Ätiologie
-
Autosomal-dominant vererbte Multisystemerkrankung mit instabiler Trinukleotid-Repeat-Expansion (CTG-Repeats) im DMPK-Gen (kodiert für die Myotonin-Proteinkinase) auf dem Chromosom 19q
- Anzahl der Repeats (pathologisch: 50 bis mehrere Tausend) korreliert positiv mit Schwere der Erkrankung und umgekehrt proportional mit Manifestationsalter
- Antizipation: Repeat-Anzahl bei nachfolgenden Generationen zunehmend → Erkrankung beginnt früher und/oder verläuft schwerer
- Vollständige Penetranz [4]
Symptomatik
- Leitsymptome: Distale Paresen, Myotonie, extramuskuläre Symptome (insb. Katarakt)
- Progrediente Paresen und Myatrophien
- Distale Extremitätenmuskulatur (etwa Steppergang durch Fußheberschwäche)
- Vordere Halsmuskulatur
- Häufig Facies myopathica: Beidseitige Ptosis, Atrophie der Mm. temporales, Herabhängen des Unterkiefers und Hypomimie, langes und schmales Gesicht
- Im Verlauf: Auch proximale Muskelgruppen betroffen
- Myotonie
- Symptomatik gegenüber Paresen häufig von untergeordneter Bedeutung
- Insb. Muskulatur von Hand, Unterarm und Gesicht (verzögertes Augenöffnen nach forciertem Lidschluss) betroffen
- Betroffene beschreiben häufig „Steifigkeit“ (etwa verzögertes Öffnen der Faust), insb. bei Kälte
- Extramuskuläre Symptome (fakultativ)
- Auge: Präsenile Katarakt (sehr häufig)
- Herz: Reizleitungsstörungen, Kardiomyopathie (dilatativ, seltener kongestiv)
- ZNS: Kognitive Defizite (Konzentrations- und Merkfähigkeitsstörung, Persönlichkeitsveränderungen), Hypersomnie
- Endokrinium: Hypogonadismus (insb. bei männlichem Geschlecht, mit Hodenatrophie und reduzierter Fertilität), Diabetes mellitus, Stirnglatze
- GI-Trakt: Dysphagie, Obstipation
- Keine oder geringe Myalgien
Zum klinischen Bild gehören i.d.R. keine Myalgien (im Gegensatz zur myotonen Dystrophie Typ 2)!
Verlaufsformen [1]
Kongenitale Form
- Manifestationsalter: Prä- bzw. perinatal innerhalb des ersten Lebensmonats
- Symptomatik
- Postpartale muskuläre Hypotonie („Floppy Infant“)
- Ausgeprägte Facies myopathica
- Saug- und Trinkschwäche
- Respiratorische Insuffizienz (häufig mit Intubationspflichtigkeit)
- Fußfehlstellungen
- Herzrhythmusstörungen
- Verzögerte motorische und kognitive Entwicklung mit (meist leichter) geistiger Behinderung
Infantile Form
- Manifestationsalter: Infantil: 1 Monat bis 9 Jahre
- Symptomatik
- Progrediente Paresen
- Myotone Symptomatik
- Sprachentwicklungsstörung, Lernbehinderung
- Im Verlauf: Manifestationen wie beim klassischen (adulten) Verlauf mit früher Hilfsmittelabhängigkeit
Weitere Formen
- Manifestationsalter
- Juvenil: 10 bis 19 Jahre
- Adult: 20 bis 39 Jahre
- Late-onset: ≥40 Jahre
- Symptomatik bei oligosymptomatischen Formen
Bei einer milden Verlaufsform wird eine Katarakt häufig nicht als Bestandteil der Multisystemerkrankung erkannt!
Diagnostik [1]
- Klinische Diagnosestellung
- Bestätigung mittels molekulargenetischer Diagnostik (obligat)
Familienanamnese
- Häufig milde motorische Symptomatik bei Vorfahren
Klinisch-neurologische Untersuchung
- Klinischer Nachweis der myotonen Reaktion
- Oligosymptomatische Formen werden häufig verkannt!
Laboruntersuchungen [1]
- Kreatinkinase (gelegentlich leicht ↑)
- Transaminasen, γ-Glutamyltransferase (häufig ↑)
- Glucose, HbA1c
- Cholesterin (LDL, HDL, Triglyceride)
- Schilddrüsenparameter
- Ggf. Hormondiagnostik
EMG
- Leitbefund: Myotone Entladungsserien (als „Sturzkampfbombergeräusch“ hörbar)
- Lokalisation: Insb. distale Muskeln und mimische Muskulatur
- Entladungsdauer: 0,5–5 ms
- Amplitude: Bis 0,5 mV, innerhalb der Serie meist abnehmend
- Entladungsfrequenz: Bis 150 Hz, innerhalb der Serie abnehmend
- Seriendauer: Max. 30 s
- Triggerfaktoren: Muskelkontraktion, Nadelbewegung
- Diagnostische Abgrenzung von der myotonen Dystrophie Typ 2 ist mittels EMG nicht möglich!
- Paretische Muskeln: Myopathisches Muster möglich
Genetische Diagnostik
- Diagnostischer Goldstandard
- Nach Aufklärung und schriftlicher Einwilligung
- Bestimmung der Trinukleotid-Repeat-Anzahl (CTG-Repeats) im relevanten Bereich des DMPK-Gens im EDTA-Blut
- Normalallel: 4–34 Repeats
- Prämutationsallel: 35–49 Repeats
- Pathologisches Allel: 50–4.000 Repeats
- Bei prädiktiver Diagnostik: Humangenetische Beratung
Sonstiges
- EKG und Langzeit-EKG: Sehr häufig Herzrhythmusstörungen
- Echokardiografie: Bei V.a. Kardiomyopathie
- Spaltlampenuntersuchung: Ggf. Kataraktentwicklung
- Lungenfunktionsprüfung
- Ggf. cMRT und neuropsychologische Leistungstestung: Bei V.a. zerebrale Beteiligung
- Ggf. Muskel-MRT
- Muskelbiopsie: Selten aus differenzialdiagnostischen Gründen durchgeführt
Verlaufsdiagnostik
- Kardiologische Untersuchung (jährlich): Relevante Herzrhythmusstörungen, Indikation für Herzschrittmacher?
- Augenärztliche Untersuchung (alle 2 Jahre): Kataraktentwicklung?
-
Lungenfunktionsuntersuchung: Lungenfunktion eingeschränkt?
- Asymptomatisch mit VC >75%: Jährlich
- Symptomatisch oder VC ≤75%: Halbjährlich
Therapie [1]
- Symptomorientierte Maßnahmen (keine kausale Therapieoption verfügbar)
- Lebenslange Physiotherapie
- Hilfsmittelversorgung gemäß Bedarf
- Psychosoziale Beratung
- Pharmakotherapie der Myotonie: Selten indiziert
- Schmerztherapie: Bei chronischen muskulären Schmerzen frühe multimodale Schmerztherapie
- Mögliche Wirkstoffe: NSAR, Muskelrelaxanzien (z.B. Methocarbamol), Koanalgetika (z.B. Gabapentin, Pregabalin, Amitriptylin, Duloxetin)
- Behandlung von Begleiterkrankungen
- Diabetes mellitus: Metformin
- Herzrhythmusstörungen: Prüfung der Indikation zur Herzschrittmacherimplantation
- Lungenfunktionsstörungen: Bei restriktiven Ventilationsstörungen oder Schlaf-Apnoe-Syndrom ggf. nicht-invasive Beatmung
- Kardiomyopathie: Therapie der Herzinsuffizienz
- Hypogonadismus: Hormonsubstitution
- Hypersomnie: Ggf. Modafinil oder Methylphenidat (beides Off-Label Use!)
- Schilddrüsenunterfunktion: Hormonsubstitution
- Katarakt: Ggf. Operation
Besondere Situationen
- Kinderwunsch [1][1]
- Aufklärung über Vererbungsrisiko
- Angebot zur Pränataldiagnostik im Fall einer Schwangerschaft
- Schwangerschaft[1]
- Symptomverschlechterung bei Mutter möglich
- Erhöhte perinatale Komplikationsrate
- Anästhesie [5]
- Vermeidung einer myotonen Reaktion
- Verzicht auf depolarisierende Muskelrelaxanzien
- Keine Gabe von Cholinesterasehemmern
- Vermeidung von Auskühlung und mechanischen Reizen
- Erhöhtes Aspirationsrisiko
- Vermeidung einer myotonen Reaktion
Prognose
- Progredienter Verlauf, interindividuell sehr unterschiedlich
- Lebenserwartung reduziert durch [6]
- Respiratorische und kardiale Komplikationen
- Neoplasien
Myotone Dystrophie Typ 2 (DM2; proximale myotone Myopathie, PROMM)
Ätiologie
-
Autosomal-dominant vererbte Multisystemerkrankung mit instabiler Tetranukleotid-Repeat-Expansion (CCTG-Repeats) im CNBP-Gen auf dem Chromosom 3q
- Anzahl pathologischer Repeats: 75 bis 11.000
- Ggf. geringfügiger Antizipationseffekt (Repeat-Anzahl bei nachfolgenden Generationen zunehmend) ohne klinische Konsequenz
Symptomatik
- Leitsymptome: Proximale Paresen, Myalgien, extramuskuläre Symptome (insb. Katarakt)
- Progrediente Paresen
- Proximale Extremitätenmuskulatur und Kopfbeuger
- Proximale Atrophien möglich
- Im Verlauf Beteiligung der distalen Muskelgruppen und Gesichtsmuskulatur (sog. Facies myopathica, selten) möglich
- Myalgien (häufig)
- Bei Belastung oder auch spontan
- Myotonie
- Klinisch nur selten feststellbar
- Extramuskuläre Symptome
- Auge: Präsenile Katarakt (sehr häufig)
- Herz: Reizleitungsstörungen, Kardiomyopathie
- Endokrinium: Diabetes mellitus , Hypogonadismus, Hyperhidrose
- GI-Trakt: Obstipation
- ZNS: Kognitive Defizite (Konzentrations- und Merkfähigkeitsstörung, Persönlichkeitsveränderungen), Hypersomnie
Nur selten zeigen sich klinische Hinweise auf eine Myotonie (im Gegensatz zur myotonen Dystrophie Typ 1)!
Eine Hyperhidrose wird nur bei der myotonen Dystrophie Typ 2 beobachtet!
Diagnostik [1]
- Klinische Diagnosestellung
- Bestätigung mittels molekulargenetischer Diagnostik (obligat)
Klinisch-neurologische Untersuchung
- Nachweis der myotonen Reaktion (klinisch häufig nicht erfolgreich)
Laboruntersuchungen
- Kreatinkinase (häufig leicht ↑)
- γ-Glutamyltransferase (häufig leicht ↑)
- Glucose, HbA1c
- Schilddrüsenparameter
- Ggf. Hormondiagnostik
EMG
- Leitbefund: Myotone Entladungsserien, häufig geringer ausgeprägt als bei der myotonen Dystrophie Typ 1
- Lokalisation: Proximale und distale Muskelgruppen
- Entladungsdauer: 0,5–5 ms
- Amplitude: Bis 0,5 mV, innerhalb der Serie meist abnehmend
- Entladungsfrequenz: Bis 150 Hz, innerhalb der Serie abnehmend
- Seriendauer: Max. 30 s
- Triggerfaktoren: Muskelkontraktion, Nadelbewegung
- Differenzialdiagnostische Abgrenzung von der myotonen Dystrophie Typ 1 ist mittels EMG nicht möglich!
- Paretische Muskeln: Myopathisches Muster möglich
Genetische Diagnostik
- Diagnostischer Goldstandard
- Nach Aufklärung und schriftlicher Einwilligung
- Bestimmung der Tetranukleotid-Repeat-Anzahl (CCTG-Repeats) im relevanten Bereich des CNBP-Gens im EDTA-Blut
- Pathologisches Allel: 75 bis >10.000 Repeats
- Bei prädiktiver Diagnostik: Humangenetische Beratung
Sonstiges
- EKG und Langzeit-EKG: Sehr häufig Reizleitungsstörungen
- Echokardiografie: Bei V.a. Kardiomyopathie
- Spaltlampenuntersuchung: Ggf. Kataraktentwicklung
- Ggf. cMRT und neuropsychologische Leistungstestung
- Muskelbiopsie: Selten aus differenzialdiagnostischen Gründen durchgeführt
Verlaufsdiagnostik
- EKG (halbjährlich): Relevante Reizleitungsstörungen, Indikation für Herzschrittmacher?
- Augenärztliche Untersuchung (jährlich): Kataraktentwicklung?
Therapie [1]
- Symptomorientierte Maßnahmen (keine kausale Therapieoption verfügbar)
- Lebenslange Physiotherapie
- Hilfsmittelversorgung gemäß Bedarf
- Psychosoziale Beratung
- Schmerztherapie: Bei chronischen muskulären Schmerzen frühe multimodale Schmerztherapie
- Mögliche Wirkstoffe: NSAR, Muskelrelaxanzien (z.B. Methocarbamol), Koanalgetika (z.B. Gabapentin, Pregabalin, Amitriptylin, Duloxetin)
- Behandlung von Begleiterkrankungen
- Diabetes mellitus: Metformin
- Herzrhythmusstörungen: Prüfung der Indikation zur Herzschrittmacherimplantation
- Kardiomyopathie: Therapie der Herzinsuffizienz
- Hypogonadismus: Hormonsubstitution
- Hypersomnie: Ggf. Modafinil oder Methylphenidat (beides Off-Label Use!)
- Schilddrüsenunterfunktion: Hormonsubstitution
- Katarakt: Ggf. Operation
Besondere Situationen
- Schwangerschaft [1]
- Aufgrund des Erkrankungsbeginns in höherem Alter i.d.R. keine Schwangerschaftskomplikationen
- Bei Schwangeren mit manifester DM2: Erhöhtes Risiko für Frühgeburtlichkeit und möglicherweise Symptomverschlechterung
- Anästhesie [5]
- Vermeidung einer myotonen Reaktion
- Verzicht auf depolarisierende Muskelrelaxanzien
- Keine Gabe von Cholinesterasehemmern
- Vermeidung von Auskühlung und mechanischen Reizen
- Erhöhtes Aspirationsrisiko
- Vermeidung einer myotonen Reaktion
Prognose
- Benigner Verlauf (im Vergleich zur myotonen Dystrophie Typ 1)
- Schmerzen können Lebensqualität beeinflussen
Nicht-dystrophe Myotonien
- Erkrankungen infolge einer Funktionsstörung verschiedener Ionenkanäle (muskuläre Kanalopathien) [7]
- Alle aufgeführten Erkrankungen sind selten (Chloridkanal-Myotonien) bzw. sehr selten (Natriumkanal-Myotonien)
| Nicht-dystrophe Myotonien | ||||
|---|---|---|---|---|
| Chloridkanal-Myotonien | Natriumkanal-Myotonien | |||
| Myotonia congenita Typ Thomsen | Myotonia congenita Typ Becker | Paramyotonia congenita Eulenburg | Kaliumsensitive Myotonie | |
| Ätiologie | ||||
| Pathophysiologie |
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| Häufigkeit |
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| Manifestationsalter |
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| Symptome |
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| Diagnostik |
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| Therapie |
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| Prognose |
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Depolarisierende Muskelrelaxanzien (Succinylcholin) sowie Fenoterol sind bei Patient:innen mit Myotonie kontraindiziert!
Myotonia congenita Typ Becker – Geschichte der Namensgebung
Peter Emil Becker (1908–2000) ist Erstbeschreiber der Myotonia congenita Typ Becker. Er war ab 1934 Oberscharführer bei der SA und trat 1940 in die NSDAP ein. Von 1936 bis 1938 arbeitete er als Assistent am Kaiser-Wilhelm-Institut für Anthropologie unter Fritz Lenz, einem der führenden Rassenhygieniker der NS-Zeit. Anschließend war er in der Erbbiologischen Abteilung der Universitätsnervenklinik Freiburg tätig. 1957 übernahm er das Direktorat des Instituts für Menschliche Erblehre der Universität Göttingen von seinem Lehrer Fritz Lenz. In Ermangelung eines anderen Begriffs für die Myotonia congenita Typ Becker wird dieser vorerst in AMBOSS weiter verwendet. [9][10]
Pharmakotherapie der Myotonie
Allgemeine Hinweise [1]
- Indikation: Insb. Off-Label-Präparate nur bei schwerer Symptomatik indiziert
- Alle Präparate: Strenge Nutzen-Risiko-Abwägung aufgrund kardialer Nebenwirkungen
- Echokardiografie und EKG vor Therapiestart, in 1. Behandlungswoche und regelmäßig im Verlauf
- Als Dauertherapie mit festem Dosierschema oder teilweise als Kurztherapie 2–3 Tage vor einem Zeitpunkt mit gewünschter besserer Beweglichkeit möglich
- Ggf. weitere spezifische Therapiehinweise bei den jeweiligen Krankheitsentitäten
| Pharmakotherapie der Myotonie (Antimyotonika) [1] | |
|---|---|
| Wirkstoffe (Off-Label Use!) | |
| 1. Wahl |
|
| 2. Wahl | |
Aufgrund des Risikos für Reizleitungsstörungen ist der Einsatz von Antimyotonika nur unter strenger Nutzen-Risiko-Abwägung empfohlen!
Mit Ausnahme von Mexiletin zur Behandlung der nicht-dystrophen Myotonien handelt es sich bei der Gabe von Antimyotonika um Off-Label-Therapien!
Meditricks
In Kooperation mit Meditricks bieten wir durchdachte Merkhilfen an, mit denen du dir relevante Fakten optimal einprägen kannst. Dabei handelt es sich um animierte Videos und Erkundungsbilder, die auf AMBOSS abgestimmt oder ergänzend sind. Die Inhalte liegen meist in Lang- und Kurzfassung vor, enthalten Basis- sowie Expertenwissen und teilweise auch ein Quiz sowie eine Kurzwiederholung. Eine Übersicht aller Inhalte findest du im Kapitel „Meditricks“. Meditricks gibt es in unterschiedlichen Paketen – für genauere Informationen empfehlen wir einen Besuch im Shop.
Myotone Dystrophie Typ 1 (Curschmann-Steinert)
Myotone Dystrophie Typ 2 (PROMM)
Myotonia congenita
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Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025
- G71.-: Primäre Myopathien
- G71.1: Myotone Syndrome
- Dystrophia myotonica [Curschmann-Batten-Steinert-Syndrom]
-
Myotonia congenita:
- dominant [Thomsen-Syndrom]
- rezessive Form [Becker]
- o.n.A.
-
Myotonie:
- arzneimittelinduziert
- chondrodystrophisch
- symptomatisch
- Neuromyotonie [Isaacs-Mertens-Syndrom]
- Paramyotonia congenita [Eulenberg-Krankheit]
- Pseudomyotonie
- G71.1: Myotone Syndrome
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.